Die wirkliche syrische Katastrophe macht der Mainstream unsichtbar.


Die öffentlich-rechtlichen Medien achten peinlich genau darauf, ja nicht ihr virtuelles Bild der dortigen humanitären Katastrophe anzukratzen. Die Reizworte Fassbomben, Krankenhäuser und Zivilisten halten den Großteil der Menschen hierzulande erfolgreich davon ab, die beklemmende Realität in Syrien zu erkennen und – daraus schlussfolgernd – kritische Fragen zu stellen.


Beginnen wir mit einem Zitat (sinngemäße Übersetzung PA):

„In den von den USA kontrollierten Gebieten [Syriens] werden sämtliche fundamentalen Grundsätze des Völkerrechts verletzt. Die Situation in den Flüchtlingslagern al-Rukban und al-Hawl ist als kritisch anzusehen. Mittels der Schaffung inhumaner Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern innerhalb der illegal okkupierten Gebiete Syriens schaffen die USA die Bedingungen für eine Rückkehr von Terrororganisationen, die darauf zielen, die Instabilität im Land und in der Region aufrechtzuerhalten.“ (1)

Das berichtete Michail Misintjew vom russischen Kriegsministerium. al-Rukban wurde hier schon mehrfach thematisiert. Es liegt im Süden Syriens, in der Region al-Tanf, al-Hawl dagegen im Nordosten des Landes, in der Region Hasakah. In al-Hawl (auch al-Hol genannt) hat sich die Anzahl der Flüchtlinge in den vergangenen Monaten auf über 70.000 versiebenfacht (2). Nach Angaben des russischen Versöhnungszentrums sterben dort täglich zwischen zehn und zwanzig Bewohner infolge der katastrophalen Bedingungen. Die Besatzer und ihre Proxies sind unfähig beziehungsweise bewusst nicht willens, für menschenwürdige Bedingungen in den Lagern zu sorgen (3).

Die Okkupanten aus jenen Staaten, deren Politiker und Medien sich kaum einbekommen, wenn sie von Fassbomben und Giftgas fabulieren, erfahren keinerlei Kritik, Protest oder Empörung ob der von ihnen zu verantwortenden humanitären Katastrophe.

Ist es so, dass der UN-Sicherheitsrat in seiner Mehrheit diese humanitäre Katastrophe verurteilt und gemeinsame Maßnahmen zu ihrer Lösung vorschlägt? Nein, wir erfahren nicht einmal, dass Russland wiederholt entsprechende Vorschläge beim höchsten Gremium der Staatengemeinschaft einbringt.

In der gerade erwähnten, weitgehend von Inherent Resolve und SDF kontrollierten Provinz Hasakah geschehen noch weitere humanitäre Katastrophen. Dort verbrennt nämlich die Ernte beziehungsweise die Saat auf den Feldern. Über die ihm nahe stehende Wochenzeitung al-Naba (4) verkündete der Islamische Staat diese Brände als seinen Erfolg. Als Zünder nutzt er Mobiltelefone, die per Anruf einen Lithium-Ionen-Akku kurzschließen, welcher dann einen Metallstreifen zum Glühen bringt. In den trockenen Gegenden Ostsyriens genügt das, um mit hoher Sicherheit einen Brand entfachen zu können (5,6).

Ist die dadurch hervorgerufene Katastrophe keine Nachricht wert? Die verdeckt operierenden und erstaunlich lebensfähigen Zellen des Islamischen Staates rühmen sich dieser Brandschatzungen. Die dadurch hervorgerufene Nahrungsmittelknappheit ist mit der Gefahr einer Hungersnot verbunden – einer humanitären Katastrophe. Das müssen Sie, liebe Leser wirklich nicht wissen – findet die ARD-Tagesschau. Oder sind die dort Wirkenden inzwischen ideologisch so zusammengestutzt, dass sie so etwas tatsächlich nicht mehr wahrnehmen?

Hat der geneigte ARD-Zuschauer bei „seinem“ Sender zuvor erfahren, dass hier ein katastrophaler Zustand bereits bestand und nun noch verschärft wird, der direkt auf das Konto der westlichen Staaten geht? Bereits im Jahr 2015 stellten Ökonomen des Welternährungsprogramms fest, dass in Syrien eine Hungerkatastrophe droht, weil einseitige EU-Sanktionen die Einfuhr von Düngemitteln und weiteren diversen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln verbieten (7).

Wenn jeder dritte Syrer regelmäßig hungrig zu Bett geht, dann ist das eine humanitäre Katastrophe. Für die ARD ist es nicht der Rede wert (8).

Spätestens im September 2016 lag den Vereinten Nationen ein detaillierter Bericht zu den katastrophalen Folgen vor, welchen die Sanktionen westlicher Staaten, einschließlich der EU zugrunde liegen (9). Haben die Leser den Aufschrei aus der UNO-Zentrale gehört – und natürlich seine ausführliche Würdigung in den öffentlich-rechtlichen Medien? Mir ist er entgangen oder aber – und das ist sehr viel wahrscheinlicher – es gab ihn nicht.

All das sind reale humanitäre Katastrophen. Betrachten Sie nun die künstliche Realität, welche durch die herrschende Macht und die ihr Unterworfenen gezeichnet wird. Das hier war der letzte Bericht der ARD-Tagesschau zur humanitären Katastrophe in Syrien – und was Sie da lesen, ist eine Lüge:

„Meldung vom 29.05.2019 02:11:41
UN-Sicherheitsrat: Deutsche Helferin macht ihrem Ärger Luft
Eindringlich hat die stellvertretende UN-Nothilfekoordinatorin Müller im UN-Sicherheitsrat gefordert, Zivilisten in der syrischen Region Idlib zu schützen. Seit einem Monat werden dort Kliniken beschossen. Von Georg Schwarte. | mehr“ (10)

Es ist die Lüge eines Indoktrinierten, der sich seiner Lügen nicht bewusst ist. Denn er ist vollständig gefangen in der ideologischen Welt, die ihn schon vor langer Zeit aufgeschnupft hat. Er ist unfähig, seinen eigenen Bericht kritisch zu prüfen. Für mich ist Georg Schwarte nicht mehr geeignet, als Journalist zu arbeiten. Als Frontreporter für Jene, mit denen er sich kritiklos solidarisiert, bietet er sich dagegen um so mehr an. Jene, denen er eine angebliche Solidarität vorschiebt – die Menschen in Syrien – sind es mitnichten.

Georg Schwarte ist ein Kriegspropagandist erster Güte. Seine Berichte, wie auch ihre Veröffentlichung sind keine Versehen, sie sind in ihrem Stil genauso gewünscht und akzeptiert. Sie stimmen mit der Linie der ARD-Chefredaktion überein. Weil Schwarte so gut prädestiniert ist, ein zu vermittelndes Propaganda-Thema umfassend über der Bevölkerung breitzuwalzen, bekommt er dafür auch die entsprechende Bühne. Nur wenige Tage zuvor durfte er die im Prinzip gleiche Geschichte, nur unter einem etwas anders geschnittenen Gewand schon einmal ablassen:

„UN-Sicherheitsrat zu Syrien
Wer bombardiert Krankenhäuser in Idlib?
Stand: 18.05.2019 04:18 Uhr
Dem UN-Sicherheitsrat geht der Rat aus: Eine beklemmende Sitzung zu den Bombenangriffen auf Krankenhäuser im syrischen Idlib zeigt, dass die eigenen Resolutionen nicht befolgt werden. | Von Georg Schwarte, ARD-Studio New York“ (11)

Vergleicht man die Aussagen, kommt dem aufmerksamen Leser unweigerlich der Eindruck, dass die stellvertretende UN-Nothilfekoordinatorin Ursula Müller (siehe weiter oben) Stil und Inhalt der Stellungnahme einfach von ihrem Vorgesetztem, dem britischen UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock abgekupfert hat.

In seinen Bericht baute der Medienkrieger Georg Schwarte einen altbewährten Trick ein:

„Kann dieser Sicherheitsrat nicht irgendetwas tun, wenn Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser zur Kriegstaktik werden, die keinen mehr aufregen?“ (12)

Er verknüpfte diverse Lügen einer UN-Nothilfekoordinatorin mit derer Aufforderung, etwas dagegen zu tun. Etwas gegen das zu tun, was die Lüge als Wahrheit hinzustellen sucht. Wie immer war es „nur“ ein Zitat, womit sich ARD-Journalisten regelmäßig die Hände in Unschuld waschen. Schwarte hatte ja nur berichtet – berichtet in einem selbst von ihm verfassten, emotional schön einseitig aufgepoppten Kommentar. Was aber hinter dem Kommentar steht, ist doch wohl offensichtlich: Es ging um moralisches Verurteilen als Voraussetzung für „Eingreifen“, Intervenieren, KRIEG FÜHREN.

Wieder können wir das Prinzip erkennen, an dem sich Propaganda als solche überführen lässt. Propaganda schließt mit einer klaren emotionalen Botschaft, die allzu oft nach Gewalt ruft. Immer verbrämt im: „Wir müssen eingreifen“. Doch beabsichtigt ist etwas anderes: Sie sollen das Eingreifen akzeptieren und mittragen. Ein Aufruf zur Gewalt, geäußert von einer deutschen Spitzenfunktionärin der Vereinten Nationen und wohlwollend beklatscht von einem ARD-Korrespondenten. Wenn Ihnen das bewusst wird, können Ihnen die Augen aufgehen, was mit Ihren Hirnen im täglichen medialen Sumpf versucht wird.

Noch etwas können wir in Georg Schwartes Bericht bewundern:

„Müller will, dass im Konflikt um Idlib eine Lösung gefunden wird.“ (13)

Er und der gesamte Bericht zeichnen eine Deutung, die den Eindruck vermittelt, dass alle in ihm handelnden äußeren Kräfte des selbst ernannten Wertewestens tatsächlich außen vor sind und von außen die friedliche Lösung eines kriegerischen Konflikts suchen. Man versieht sich selbst mit der aufrichtigen Rolle eines Mediators. Doch ist das eine komplette Umkehr der Realität und damit eine weitere verdeckte Lüge. Denn sowohl Deutschland, als auch die UNO und nicht zuletzt er selbst, Georg Schwarte, sind aktive, parteiische Teilnehmer des Syrien-Krieges. Und so kam dann auch noch das, was, ganz nach dem vorgeschriebenen Narrativ, unweigerlich kommen musste (Hervorhebung PA):

„Gibt es da nichts mehr zu sagen oder zu tun, wenn Fassbomben willkürlich über Wohnbezirken abgeworfen werden, ein klarer Bruch internationalen Rechts und geltender Resolutionen?“ (14)

Man kann 500 mal gegen die Lüge schreiben, dann wird sie einfach 5.000 mal wiederholt, um Herzen und Hirne der Menschen zu gewinnen – mit dem Zwecke, sie zu benutzen. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen: Die öffentlich-rechtlichen Medien, vornweg die ARD-Tagesschau, belügen systematisch ihr Publikum. Sie verbreiten Falsch-Nachrichten, Fake News. Und eben diese Medien haben die Dreistigkeit, vor den Falsch-Nachrichten anderswo zu warnen.

Übrigens: Der UNO und ihren Partnerorganisationen als scheinbar unabhängigen Sachwaltern der Völkergemeinschaft blind zu vertrauen, ist völlig unangebracht. Im Interesse der herrschenden Macht hat sie schon wenige Jahre nach ihrer Gründung Kriege legitimiert, ja mitgeführt.

Eine deutsche UN-Diplomatin und ein deutscher ARD-Korrespondent ritten also auf Krankenhäusern in Syrien herum. Wohlgemerkt haben beide es nie für notwendig gehalten, die angeblichen, mutwilligen Bombardierungen von syrischen Krankenhäusern ernsthaft auf Glaubwürdigkeit zu prüfen. Das Ausschmücken von Gerüchten und Verleumdungen sowie lautstarke Empörung im Kanon der Meinungsherrschaft – das ist alles, was sie zu sagen haben. Nur allzu gut passen da Initiativen zu Syrien ins Bild, die Deutschland gemeinsam mit Vorzeigedemokratien wie Katar und Kuweit im UN-Sicherheitsrat einbringt (15-17). Das hat noch mehr Geschmäckle, wenn man sich vor Augen führt, dass Katar seit Kriegsbeginn islamistische Milizen in Syrien aktiv mit Waffen und Ausrüstung unterstützt hat (18).

Doch gibt es in Syrien täglich nachweisbar eine tatsächliche humanitäre Katastrophe, die unseren beiden Moralisten, plus jenen in Diensten der EU vollständig und immerfort durch das Großhirn rutscht.

Damit sei Nummer drei im Rat der hier behandelten Lügenbarone aufgeführt:

„Am 17. Mai 2019 hat der Rat die restriktiven Maßnahmen der EU gegen das syrische Regime bis zum 1. Juni 2020 verlängert. Die EU hat beschlossen, im Einklang mit ihrer Syrien-Strategie ihre restriktiven Maßnahmen gegen das syrische Regime und dessen Unterstützer zu verlängern, da das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung andauert.“ (19)

Die EU verlängert ihre Sanktionen, „da das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung andauert“. Hierzu habe ich eine einzige Frage:

Wo?

Das kann uns weder die EU, noch die deutsche UN-Diplomatin, noch Georg Schwarte von der ARD sagen. Zudem ist „gewaltsames Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung“ absolut undifferenziert. Grundsätzlich gibt es so etwas auch regelmäßig in Deutschland! Das jedoch belastbar in konkreten Fällen für Syrien zu belegen und dabei auch noch die dazu führenden Umstände zu erläutern, ist seit dem Beginn des Krieges gegen das Land vollständig ausgeblieben. Es genügt der Vorwurf, die Anschuldigung, DIE VERLEUMDUNG, um Krieg gegen ein Land zu führen. „Verleumdung“ ist übrigens nach den Gepflogenheiten eines demokratischen Rechtsstaates strafrechtlich relevant! Warum gilt das nicht für EU-Bürokraten und Medienleute?

Das Schlimme was da geschieht, ist, dass alle in den Syrien-Krieg Verstrickten sich pausenlos bestätigend, gegenseitig auf die Schulter klopfen und auf diese Weise wunderbar in ihrer auf wundersame Weise bewiesenen Märchenwelt leben können. Schmalspurdenken und ideologische Unterwerfung ergeben zudem eine Mischung, die ausblendet, wen die EU-Sanktionen gegen Syrien wirklich treffen.

Es ist überhaupt kein Problem zu erkennen, dass das wahre Opfer die Zivilbevölkerung ist, deren Leid den EU-Gewaltigen angeblich so mächtig an die Nieren geht. Doch ist es mehr, denn die Zivilbevölkerung ist nicht etwa Opfer eines Kollateralschadens. Sie ist das berechnend ausgewählte Ziel.

„Im weiteren Sinne umfassen die derzeit geltenden Sanktionen gegen Syrien u. a. ein Erdölembargo, Restriktionen bei bestimmten Investitionen, das Einfrieren der in der EU gehaltenen Vermögenswerte der syrischen Zentralbank, Ausfuhrbeschränkungen für Ausrüstung und Technologie, die zur internen Repression verwendet werden können, sowie für Ausrüstung und Technologie zur Überwachung oder zum Abhören des Internets und von Telefongesprächen.“ (20,a1)

Die handelnden Politiker wissen ganz genau, was damit im Falle Syriens sanktioniert wird:

Im Prinzip alles!

Was ist das doch für ein skrupelloser Machtfilz der sich unter dem Mantel einer sogenannten Europäischen Union versteckt – der ein ganzes Volk in Geiselhaft nimmt, um politische und wirtschaftliche Ziele umzusetzen.

Sind die Journalisten der ARD so blöd, dass sie nicht einmal diesen einfachen Zusammenhang erkennen, den der EU-Sanktionen und des damit heraufbeschworenen Leids der Syrer? Wo ist sie hin, die Moral? Sie ist dort, wo sie anbefohlen wird. Wir finden sie dort, wo sie taugt, um Macht durchzusetzen, dort wo sie zu diesem Zweck Menschen verführen soll. Die jedem Menschen innewohnende Ethik und Empathie wird mit den „Zwängen des Systems“ zugedeckt.

Die EU verhängt auch Sanktionen gegen Syrien wegen eines angeblichen Einsatzes chemischer Waffen durch die syrische Armee und kann das nicht belegen (21). Die einzige Legitimation, die sie anwendet, ist die, dass es alle sagen. Dieser Verein gibt allen Ernstes vor, eine „Wertegemeinschaft“ zu sein, beruhend auf den „Grundsätzen der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ (22). Was jedoch hat deren praktisches Handeln – nicht nur gegenüber Syrien – mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu tun?

Nichts.

Was haben ARD-Journalisten dazu zu sagen?

Auch nichts.

Bereitwillig attestieren die, welchen eigentlich die Rolle einer vierten Gewalt zugeschrieben wird, das Herumtrampeln auf den Normen des Völkerrechts und des Rechtsstaates – mittendrin die ARD.

Ebenfalls schon im Jahr 2016 lag eine Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, einer Behörde die der UNO untersteht. Sie belegte die tatsächliche humanitäre Katastrophe, die Syriens Krankenhäuser betrifft. Nicht Fassbomben sind die Ursache, sondern die umfassendsten Wirtschaftssanktionen die je ein Land erdulden musste (23,24).

Die Europäische Union wurde übrigens im Jahre 2012 mit dem sogenannten Friedensnobelpreis geehrt – ein Hohn für Jene, die wirklichen Frieden ersehnen.

Einfache Dinge wie medizinische Verbrauchsmaterialien sind schon seit Langem nicht mehr in ausreichendem Maße verfügbar. Syrien hatte früher eine gut ausgebaute Pharmaindustrie, die einen Großteil der Medikamente selbst produzieren konnte. Doch fallen die Rohmaterialien unter das Sanktionsregime der EU und der USA. Hersteller so ziemlich aller Staaten fürchten, ihrerseits sanktioniert zu werden, wenn sie sich nicht an das Lieferverbot für Syrien halten. Medizinische Geräte können nicht betrieben werden, weil notwendige Ersatzteile und Betriebsstoffe fehlen. Hinzu kommt, dass die Sanktionen im Öl-Sektor natürlich mittelbar die gesamte Infrastruktur Syriens nachhaltig belasten (25,26).

Damit nicht genug wird Syrien durch die EU – also nicht nur durch das Finanzministerium der USA – seit 2012 vom internationalen Finanzmarkt abgekoppelt (27,28). Kraftwerksanlagen können nicht eingeführt werden, um die in großen Teilen zerstörte Energieversorgung wiederherzustellen. Krankenhäuser benötigen Strom dringend, um funktionieren zu können. Notstromaggregate zur Notversorgung müssen mit Diesel betrieben werden. Öl steht auf der Sanktionsliste – sowohl jener der USA als auch der EU.

UN-Mitarbeiter, die anonym bleiben möchten, sagten gegenüber Journalisten aus, dass die Sanktionen gegen Syrien der entscheidende Faktor für den Niedergang dessen Gesundheitswesens ist (29).

Das ist die reale humanitäre Katastrophe – nachprüfbar und folgerichtig.

Haben Sie, liebe Leser, das mal ordentlich aufbereitet durch die ARD-Tagesschau serviert bekommen? Kommen Politiker, die sehr wohl diese Katastrophe sehen und thematisieren (30), beim Sender ARD in gebührender Art und Weise zu Wort? Haben Sie gar Empörung und Protest vernommen?

Da ist nichts.

Aber Fassbomben auf Krankenhäuser, das bekommen Sie dafür regelmäßig aufs Brot geschmiert. Weil der öffentlich-rechtliche Sender, der das tut, nämlich seine durch Macht verordneten medialen Aufgaben im Krieg gegen Syrien wahrnimmt. Er vertuscht den Wirtschaftskrieg, der ähnlich katastrophal wie der Krieg mit Waffen ist. Die EU-Sanktionen sind Teil der systematischen Kriegführung gegen Syrien. Die Leitmedien sind es ebenso.

Wer dem Krieg das Wort redet, in dem er systematisch die Wahrheit verdreht, verzerrt und verschweigt, um gleichzeitig den Kriegstreibern permanent die beste Bühne bietet, ist ein große Gefahr für den inneren und äußeren Frieden.

Um was es wirklich geht, das sagte der ehemalige US-Außenminister Rex Tillerson in einer Rede an der Stanford-Universität ganz unverblümt:

„Wir erwarten, dass der Wunsch nach einem normalen Leben und der [wirtschaftliche, politische, militärische] Druck das syrische Volk und Einzelpersonen aus dem Regime aufrüttelt, um Assad zum Rücktritt zu zwingen.“ (31)

Sie verstehen, was da steht? Tillerson erklärte dem syrischen Volk, dass es so lange leiden muss, bis es seine politischen Führer gestürzt hat, damit sie durch solche, die dem Wertewesten genehm sind, ersetzt werden können. Sein Selbstverständnis – so wie es in der Rede zum Vorschein kommt – atmet die Sprache von Psychopathen. Psychopathen füllen ihre innere Leere, in dem sie entscheiden, wer wie und warum zu leiden hat. Sie lasten zudem ihrem Opfer auch noch auf, selbst schuld daran zu sein.

Machen wir uns nichts vor: So wie Tillerson spricht, so handeln die Bürokraten in der EU und den Regierungen der westlichen Staaten (a2). Die Opportunisten unterwerfen sich den Ideologen. Die Ideologen argumentieren im Sinne von Psychopathen.

Es bleibt eine armselige Nicht-Syrien-Berichterstattung der ARD über Syrien übrig. Schauen Sie selbst, was der Sender seit Anfang Juni 2019 zum Thema auf seiner Online-Plattform hinterließ (letzte Suche mit dem Suchbegriff Syrien am 15.6.2019):


DAS verstehen die Vertreter öffentlich-rechtlicher Medien unter objektiver Berichterstattung. DAS ist es, was der Bürger hier über Syrien aufnehmen darf. Entscheiden Sie selbst, liebe Leser, ob sich das mit dem Attribut „eingeengte Sicht“ überhaupt noch sinnvoll beschreiben lässt. Wer sich solche Scheuklappen anlegen lässt, wie sie ARD und Co. sich selbst und uns anbieten, wird auf jede angestoßene Emotion wunschgemäß reagieren.


Bitte bleiben Sie schön aufmerksam.


Anmerkungen

(a1) Die Europäische Union ist nicht geneigt, die exakte Sanktionsliste, die sie gegen Syrien vorhält, auf einem für Interessenten einfach zugänglichen Weg bereitzustellen. Das wäre zum Beispiel etwas für echte Journalisten.

(a2) Die Kälte und Umenschlichkeit bürokratischer Sprache lässt sich sehr klar aus den Verordnungen und Durchführungsbestimmungen der EU-Behörden herauslesen. Bis ins Detail verliebt, werden dort Sanktionen in mathematischer Korrektheit ausformuliert, die zu großem Leid für die Menschen in den betroffenen Staaten – also beileibe nicht nur Syrien – führen.

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden.

Quellen

(1) 10.6.2019; http://tass.com/world/1063074

(2) 8535. Sitzung des UN-Sicherheitsrates; 28.5.2019; https://www.un.org/press/en/2019/sc13826.doc.htm

(3) 29.5.2019; http://tass.com/world/1060572

(4) https://www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/schlaglicht/schlaglicht-2016-12-kommunikationsstrategie-des-is; abgerufen: 14.6.2019

(5) 24.5.2019; https://southfront.org/harvest-of-fire-isis-claims-responsibility-for-crops-fires-in-iraq-and-syria/; Primärquelle: al-Naba (IS)

(6) 30.5.2019; https://www.cbsnews.com/news/isis-beaten-in-iraq-and-syria-but-remnants-crop-burning-hits-harvest-hard/

(7) Juni 2015; https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Syria%20Food%20Security%20Assessment%20Report%202015.pdf

(8) Fabian Köhler; 1.5.2017; https://www.heise.de/tp/features/Wie-die-syrische-Zivilbevoelkerung-unter-den-EU-Sanktionen-leidet-3695626.html

(9) Justine Walker; 16.5.2016; https://theintercept.com/document/2016/09/28/humanitarian-impact-of-syria-related-unilateral-restrictive-measures/

(10,12-14) Georg Schwarte; 29.5.2019; https://www.tagesschau.de/ausland/idlib-173.html

(11) Georg Schwarte; 18.5.2019; https://www.tagesschau.de/ausland/un-sicherheitsrat-syrien-119.html

(15) 24.1.2019; https://www.spiegel.de/politik/deutschland/katar-bundesregierung-genehmigt-export-von-teilen-eines-raketensystems-a-1249767.html

(16) 4.6.2019; http://tass.com/world/1061536

(17) 9.11.2016; http://ny.mission.qa/en/news/detail/2016/11/16/qatar-submits-draft-resolution-to-u.n.-on-human-rights-violations-in-syria

(18) Mark Mazzetti, C. J. Chivers, Eric Schmitt; 29.6.2013; https://www.nytimes.com/2013/06/30/world/middleeast/sending-missiles-to-syrian-rebels-qatar-muscles-in.html?pagewanted=1&_r=0&hp

(19,20) https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2019/05/17/syria-eu-renews-sanctions-against-the-regime-by-one-year/; entnommen: 12.6.2019

(21) 19.3.2018; https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2018/03/19/use-of-chemical-weapons-in-syria-eu-adds-4-persons-to-sanctions-list/

(22) 24.9.2009; https://www.bpb.de/internationales/europa/europaeische-union/42851/grafik-werte-der-eu

(23) WHO; 2016; http://applications.emro.who.int/docs/COPub_SYR_2016_EN_18985.pdf?ua=1

(24) 20.5.2019; https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Syrien.html

(25) Karin Leukefeld; 2.3.2019; https://www.rubikon.news/artikel/hilfe-fur-syrien

(26) 30.3.2019; https://www.nachdenkseiten.de/?p=50545

(27) Amtsblatt der Europäischen Union; 18.1.2012; https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32012R0036&from=DE

(28) https://www.bundesbank.de/de/service/finanzsanktionen/sanktionsregimes/syrien-610914; entnommen: 14.6.2019

(29) Rania Khalek; 28.9.2016; https://theintercept.com/2016/09/28/u-s-sanctions-are-punishing-ordinary-syrians-and-crippling-aid-work-u-n-report-reveals/

(30) Zaklin Nastic; 21.5.2019; http://justicenow.de/2019-05-21/der-wirtschaftskrieg-gegen-syrien-muss-ein-ende-finden/

(31) Daniel McAdams; 17.1.2018; http://www.ronpaulinstitute.org/archives/featured-articles/2018/january/17/breaking-tillerson-unveils-new-us-syria-plan-assad-must-go/; https://de.usembassy.gov/de/tillerson-ueber-die-kuenftige-syrien-politik/ (Link zur vollständigen Rede funktioniert nicht)

(Titelbild) Syrien, Flagge, Nationalflagge; Autor: chickenonline (Pixabay); 20.1.2016; https://pixabay.com/de/illustrations/syrien-nationalflagge-naher-osten-1151151/; Lizenz: Pixabay License

Von Ped

7 Gedanken zu „Humanitäre Katastrophen – Zwischen Dichtung und Wahrheit“
    1. Sind Sie keiner? 😉
      Oder anders herum: Sie und ich sind schon zwei. Und auf diesem bescheidenen, kleinen Blog allein lesen jeden Tag hunderte. Also, bleiben wir optimistisch.
      Herzlich, Ped

  1. (…) Leider interessiert es auch keinen. (…)

    Doch….. jetzt sind wir schon Drei

    Ein großes Bravo für Ihre Arbeit.

  2. Auch wenn es schwer fällt angesichts Ihres, mal wieder sehr gut geschriebenen Berichts, optimistisch zu bleiben, so macht es doch Hoffnung das immer mehr Menschen Zugang zu solchen Informationen haben und sich aus der Propaganda ablösen können. Ihre Arbeit und Ihr Blog sind eine ganz wertvolle, bereichernde Quelle, ich kenne niemanden der so einfühlsam und ehrlich Informationen mitteilt.

    Mal wieder vielen Dank und Hut ab, Herr Frey! Weiter so!

  3. „Oder sind die dort Wirkenden inzwischen ideologisch so zusammengestutzt, dass sie so etwas tatsächlich nicht mehr wahrnehmen?“ (Zitat PA) Gemeint sind sicher die treuherzig blickenden Damen und Herren der ARD- und ZDF-Magazine, die nach deren eigener Auffassung etwas mit Nachrichten zu tun haben sollen. Ich glaube die braucht niemand zusammenstutzen, die sind so, die waren so und die werden auch immer so bleiben. Ich denke mal das ist das Einstellungskriterium Nummer Eins. Wenn sie sich dann ein paar Jahre so in die Bresche geworfen haben für ihre Dienstherren dürfen sie vielleicht mal ne eigene Reportage machen. Viel zu erwarten ist da aber auch nicht, siehe Ruge, Wickert, Bednarz und Co.

  4. Ich lese auch, seit nocheinparteibuch aus bekanntem Grund inaktiv. Und versuch meinen Nachwuchs gerade auch kritisches Denken (und Misstrauen) nahe zu bringen. Ab und an hören sie ja mal doch zu.
    Hoffnung auf Besserung, also in Syrien, bleibt. Gerade bei analitik neuer Artikel: böser Cop guter Cop zu Trump und Putin. Gut analysiert, kurz und treffend. Plausibel.
    Komischerweise gibt es immer noch (Bekanntenkreis) Leute, die „Fassbomben“ ohne zu hinterfragen schlucken.

    1. Schön, dass Sie noch einmal Nocheinparteibuch (NPB) ins Gespräch gebracht haben. Seine Präsenz und die von Ulla ist unersetzbar, da kann es keinen Zweifel geben. Versuchen wir, so gut wie möglich, auf unsere Weise das zu vermitteln, was sie zu geben befähigt waren – und vielleicht gibt es ja doch noch mal einen weiteren Frühling von NPB. Ich würde mich sehr, sehr freuen.
      Herzlich, Ped

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