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Eine Zusammenfassung aus russischer Sicht.


Die auf der Krim ansässige Nachrichten-Plattform Southfront hat Anfang August 2018 die syrischen Ereignisse seit dem Eingreifen Russlands in den Syrien-Konflikt in einer umfangreichen Analyse aufgearbeitet. Im zweiten Teil legt sie den Fokus vor allem auf die Kampfhandlungen selbst, welche im genannten Zeitraum landesweit stattfanden. (a1). 


Vorwort Peds Ansichten

Dieser Teil erscheint mir vor allem deshalb wichtig, weil er die völlig unter den Tisch gekehrte Realität eines erbitterten militärischen Ringens der syrischen Zentralregierung gegen ein modernst ausgerüstetes und ideologisch fanatisiertes Söldnerheer aus dutzenden Staaten dieser Erde wieder ans Licht bringt. Es ist ein Teil der A-Geschichte, nach der die Medienkonsumenten verlernt haben, zu fragen.

Nichts lasen Sie in den Massenmedien davon, dass erst mit dem Eingreifen der russischen Fliegerkräfte die Infrastruktur von al-Qaida, ganz besonders aber die des Islamischen Staates empfindlich gestört, ja zerstört wurde. Niemand in den Massenmedien stellte die Frage, warum Inherent Resolve, die sogenannte Intervention der USA und ihrer westlichen Verbündeten gegen den Islamischen Staat unfähig oder doch eher unwillens war, dies mit seiner gewaltigen Luftstreitmacht und – davon können wir ganz sicher ausgehen – im Prinzip lückenlosen Luftüberwachung Syriens, schon vorher zu tun. Ganz im Gegenteil hatte der IS sein Herrschaftsgebiet in Syrien und im Irak signifikant ausgedehnt und halbstaatliche Strukturen aufbauen können (1). Ein kritischer Beobachter muss sich doch die Frage stellen, was das für 24.000 Lufteinsätze über dem Irak und Syrien waren, von denen Inherent Resolve so stolz berichtet (2).

Es war schon sehr bezeichnend, der Vorschlag türkischer Politiker im Jahr 2016, dem Islamischen Staat eine Legitimation zu verschaffen, in dem man für ihn eine diplomatische Vertretung in Istanbul vorschlug (3), während bis dahin die gleichen Politiker daraufhin arbeiteten, eine „offizielle“ Flugverbotszone für syrische Flugzeuge im Norden, bis hin zur Stadt Aleppo durchzusetzen – natürlich wegen der vielen Fassbomben, von denen komischerweise die Aleppiner nie eine gesehen haben (4).

Die USA hatten in jener Zeit bereits über dem Osten Syriens de facto eine Flugverbotszone geschaffen. Das war aber eher eine „moderierte“ Schutzzone für die Terroristen, die es der syrischen Luftwaffe verwehrte, wirksam gegen diese Militanten vorzugehen. Russland würde diese Flugverbotszone ab September 2015 Stück für Stück zurückbauen, wobei es das nicht nur mit seinen militärischen Fähigkeiten bewerkstelligte, sondern auch mit vielfältigen Aktivitäten auf politischem und diplomatischem Parkett.

Wie Sie in Teil eins dieser Southfront-Dokumentation lesen konnten, waren nie mehr als ein paar Dutzend russische Kampfflugzeuge über Syrien im Einsatz. Auch die Anzahl russischer Einsatzkräfte hob sich beileibe nicht ab von der Anzahl – wohlgemerkt illegal in Syrien operierender – westlicher Militärs. Und trotzdem wendete sich erst mit dem Engagement Russlands das Blatt entscheidend gegen die Militanten des Islamischen Staates und der Terrororganisation al-Qaida. In den westlichen „Qualitätsmedien“ aber fand dieses erbitterte militärische und letztlich erfolgreiche Ringen seitens Syriens, Russlands und des Iran schlicht nicht statt.

Das durfte es auch nicht, denn al-Qaida und Daesh waren und sind nun einmal Zöglinge des Westens (5,6). Diese Zöglinge sind verhasst in Syrien und nur weil das so ist, hatte Syrien überhaupt eine Chance im Kampf gegen einen technisch, wirtschaftlich und medial haushoch überlegenen Gegner. Solch ein Gegner gab überhaupt nicht die Gelegenheit „nebenbei“ das eigene Volk zu bombardieren oder zu „chlorieren“ oder zu „sarinieren“. Es erschließt sich als hahnebüchener Unsinn, wenn man um die Kräftekonstellationen im Nahen Osten und ganz speziell in Syrien weiß.

Übrigens hätte ich da einen Vorschlag:

Im Jemen gibt es seit einigen Jahren einen tausendfachen Mord an der Zivilbevölkerung durch Bombardements der saudischen Luftwaffe. Die Weißhelme als – Zitat des deutschen Außenministers Heiko Maas – „starkes Symbol der Menschlichkeit und Hoffnung“ (7) können ihre Fähigkeiten, medienwirksam kleine Kinder (8) zu retten, im Jemen gern und rasch unter Beweis stellen. Und ganz sicher werden dann unsere Medien voller Mitgefühl über diesen heldenhaften Einsatz berichten.

Sie zweifeln?

Mit Recht. Wichtiger sind für die Weißhelme derzeit „Hilfen in Idlib“. Auch dort zeichnet sich das Ende der Herrschaft von HTS, Ahrar al-Sham, IS und Konsorten ab (9). Doch von al-Qaida werden wir auch diesmal nichts erfahren, dafür von Rebellen und Aufständischen. Bald also werden wir wieder aus erster Hand vom „Terror Assads und Putins gegen die armen Menschen“ hören. Wir sollten diese Lügen nicht mehr länger so hinnehmen.

Hier also nun Teil 2 der Southfront-Dokumentation:


Die russische Militärkampagne in Syrien 2015 – 2018 (Teil 2)

11.8.2018; Originalquelle: https://southfront.org/russian-military-campaign-in-syria-2015-2018/


Militärische Entwicklungen

In der Zeit vom 30. September 2015 bis zum 9. Juni 2018 führten die syrischen Regierungstruppen, unterstützt durch Russland und den Iran, eine Reihe von Schlachten gegen ISIS, Jabhat al-Nusra und deren Alliierte. Sie alle können in drei Kategorien unterteilt werden:

  • Operationen zur Stabilisierung der Situation und der Abwendung eines Sturzes der Regierung in Damaskus
  • Operationen zur Vernichtung der eingedrungenen terroristischen Gruppen – ISIS, Jabhat al-Nusra [Ahrar al-Sham, Dschaish al-Islam und weitere] – im Norden und Osten sowie in Zentralsyrien
  • Operationen zur Befreiung der diversen von Militanten gehaltenen Taschen innerhalb der von der Regierung gehaltenen Regionen

Ende September 2015 waren die syrischen Streitkräfte über verschiedene Operationsräume verstreut, ihre Kommunikation war überdehnt und die Operationen waren schlecht geplant und koordiniert. Zu jener Zeit flossen über die Türkei [massenweise] Waffen, Munition, Ausrüstung und Kämpfer zu den militanten Gruppen in Syrien. Für Russland bestand die Aufgabe, der SAA (Syrische Arabische Armee) in all diesen Aspekten Unterstützung zu leisten.

Der generelle Ablauf des Konflikts [ab Ende September 2015] lässt sich in vier Etappen unterteilen:

Norden der Provinz Latakia, Homs und Palmyra

Am Beginn der Operationen lag der Schwerpunkt zur operationellen Unterstützung Russlands für die SAA, die NDF (Nationale Verteidigungskräfte) und die anderen regierungstreuen militärischen Verbände in den Provinzen Latakia, Hama, Deir Ez-Zor und der Umgebung von Damaskus. In Deir Ez-Zor bestand die Hauptaufgabe der russischen und syrischen Fliegerkräfte in der Feuerunterstützung und Versorgung der vom IS belagerten Garnision der Provinzhauptstadt, um den Fall [an den IS] zu verhindern. Dieses Ziel blieb bis in das Jahr 2017, als die Belagerung durchbrochen werden konnte, relevant.

In der Provinz Latakia trieben russische Kräfte den Vormarsch der SAA entlang der Autobahn M4 voran, was den Regierungstruppen erlaubte, von Oktober 2015 bis zum August 2016 die Kontrolle über die Provinz wieder zu erlangen. Die SAA, die NDF und Pro-Regierungs-Milizen verkürzten signifikant den von Militanten gehaltenen Teil der syrisch-türkischen Grenze, was in der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Kinsabba mündete.

Die Front im Norden der Provinz stabilisierte sich und der Versuch einer durch Jabhat al-Nusra geführten Offensive in Richtung der syrischen Küste wurde zunichte gemacht. Der Abschuss des russischen Kampfbombers Su-24 durch die türkische Luftwaffe machte das deutlich. Ankara war nämlich nicht bereit, zu akzeptieren, dass die syrische Regierung die Kontrolle über die Landesgrenze wieder erlangte. Hatten doch türkische Eliten enorm vom illegalen grenzüberschreitenden Handel profitiert, wie sie auch bis dahin so den freien Nachschub an Verstärkungen und Versorgung der in Syrien operierenden Militanten realisieren konnten.

Eine weitere Offensive wurde Ende Oktober 2015 in der Provinz Aleppo eröffnet und dauerte bis zum Dezember 2016 an. Sie diente der Aufhebung der Blockade im Norden und Südwesten der Provinzhauptstadt durch Jabhat al-Nusra einerseits und der durch den Islamischen Staat [IS, Daesh] im Osten andererseits. Die Regierungskräfte hoben die zwei Jahre andauernde Belagerung der Kuweiris Militärbasis durch den IS auf, erweiterten die Pufferzone westlich des Khanasir Highways (Hauptversorgungsroute für den von den Regierungskräften gehaltenen Teil der Stadt Aleppo) und durchschnitten die Hauptversorgungslinie aus der türkischen Stadt Kilis zu den durch die Militanten gehaltenen Gebieten von Aleppo [City]. Damit teilten die SAA und ihre Verbündeten die von den Militanten besetzten Gebieten in zwei voneinander isolierte Taschen. Dieser Fortschritt war entscheidend für den weiteren Verlauf der Kampfhandlungen um die Stadt Aleppo.

Kleinere militärische Operationen wurden von Oktober bis Dezember 2015 auch im Norden der Provinz Hama durchgeführt. In diesem Gebiet erreichte die syrisch-iranische Allianz – verglichen mit den Entwicklungen in Latakia und Aleppo – nur begrenzte Gebietsgewinne. Die Regierungskräfte erreichten Fortschritte entlang der Autobahn M5 und westlich von dieser und kreisten eine Reihe von durch Militante gehaltene Städte und Dörfer ein, einschließlich Kafr Zitra und Lataminah. Anschließende Gegenattacken der Militanten resultierten ihrerseits in limitierten Gebietsgewinnen und die Fronten dort stabilisierten sich mehr und mehr.

Inmitten der Erfolge in West- und Nordsyrien, gelangen den Regierungstruppen eine Reihe von Angriffen auf Stellungen des IS in der Provinz Homs. Am 27. März 2016 befreiten sie die antike Stadt Palmyra. Wenige Tage später, am 3. April, wurde mit al-Qaryatayn eine weitere wichtige Stadt befreit. Truppen des IS in Zentralsyrien wurden gezwungen, sich in die syrische Wüste zurückzuziehen.

Im folgenden Juni, unternahmen die SAA, Spezialeinheiten (Desert Hawks) und weitere Regierungskräfte von Ithriyah aus den Versuch, Tabqua [gelegen am Euphrat, mit dem strategisch wichtigen Staudamm] zu erreichen und vom IS zu befreien. Jedoch überdehnten sie ihre Versorgungslinien und waren gezwungen, sich zurückzuziehen, nachdem sie Verluste durch eine Reihe von Gegenangriffen des Daesh erlitten hatten.

Einer der Schlüsselfaktoren hinter den Erfolgen der SAA und ihrer Verbündeten war die massive Luftkampagne der russischen Fliegerkräfte. Die russische Luftwaffe unterstützte nicht nur umfänglich die Regierungstruppen sondern leistete beträchtliche Aufwände, um die Infrastruktur von Jabhat al-Nusra und des IS zu zerstören; insbesondere deren Konvois, Stützpunkte, Waffendepots, Führungsstäbe und andere Einrichtungen tief hinter den Frontlinien. Attackiert wurden Ziele in den Provinzen Idlib, Aleppo, Deir Ez-Zor und Raqqa. Die Öl-Infrastruktur und Öl-Transportkonvois wurden mit zu den wichtigsten Zielen der Luftkampagne [das Bild zeigt die damaligen Transfer-Routen des Islamischen Staates für das geraubte syrische Öl aus Zentral- und Ostsyrien; einmal über die Provinz Aleppo (linke Seite) und dann über Barzanis Pseudo-Kurdenstaat im Nordirak (rechte Seite) [b1]].



Damit untergrub das russische Militär nachhaltig eine der wichtigsten Einnahmequellen des IS.

Aleppo City, West-Ghouta, Nord-Hama, Rückzug aus Palmyra

Nach dem Scheitern eines Deals zwischen den USA und Russland zur Unterstützung einer Waffenstillstandsvereinbarung in dem vom Krieg geplagten Land, ging die von Russland geführte Operation gegen die Militanten im Juni 2016 in ihre zweite Phase. Der Deal hatte ausdrücklich Jabhat al-Nusra und andere mit al-Qaida verbundene Gruppen wie auch den Islamischen Staat vom Waffenstillstand ausgenommen. Jedoch waren die sogenannten moderaten Oppositionsgruppen nicht in der Lage, sich von ihren terroristischen Verbindungen zu lösen. Immer wieder teilten sich diese Gruppen die gleichen Einrichtungen und Positionen an den Frontlinien mit Einheiten von Jabhat al-Nusra. So war eine Waffenruhe nicht umsetzbar. Besonders kompliziert war die Situation in der Stadt Aleppo, welche zum Teil durch den Block um Jabhat al-Nusra kontrolliert wurde.

Mit dem Scheitern des Versuchs eines nachhaltigen Waffenstillstands begann die SAA am 25. Juni mit den Operationen zur Wiedereroberung Aleppos, welche am 22. Dezember 2016 mit der vollständigen Befreiung der Stadt abgeschlossen werden konnten. Während des Sommers drangen die SAA und ihre Verbündeten in das Gebiet der Mallah-Farmen vor und schnitten die Militanten im östlichen Teil Aleppos durch die Übernahme der Kontrolle über die Castello Road (im Norden Aleppos) von ihrer einzigen Versorgungslinie ab.

Danach schlugen die Regierungstruppen alle Versuche der Militanten, die Belagerung zu durchbrechen, zurück. Im Oktober und November des Jahres tobten besonders erbitterte Kämpfe im Gebiet von al-Rashidin. Die eingeschlossenen Militanten wurden in eine zermürbende Schlacht gezwungen, in deren finaler Phase sie große Verluste an Waffen und Versorgungsgütern erlitten, während die SAA effektiv ihre Vorteile in militärischer Ausrüstung, Personal und Feuerkraft nutzte. Dabei wurden ständig humanitäre Korridore für die Evakuierung von Zivilisten aus den Kampfgebieten offen gehalten.

Am 13. Dezember wurde eine lokale Feuerpause zwischen den kämpfenden Seiten erreicht und bis zum 22. Dezember waren schließlich alle verbliebenen radikalen Mitglieder der militanten Gruppen und ihre Angehörigen unter Zurücklassung all ihrer schweren Waffen über einen offenen Korridor in die von Militanten beherrschte Provinz Idlib abgezogen. Dieser Deal verhinderte weitere Verluste an zivilen Menschenleben, die unvermeidlich im Häuserkampf der dicht bebauten Stadt aufgetreten wären. Aleppo, auch bekannt als das industrielle Herz Syriens und zweitgrößte Stadt des Landes war endgültig befreit.

Neben den regulären Truppen der SAA und der NDF waren in die Operation alle Spezialeinheiten des syrischen Militärs und der von Iran unterstützten Milizen eingebunden, so die 4. Panzerdivision, die Republikanischen Garden, die syrische Marine, die Tiger Forces, Desert Hawks, die Miliz der Syrischen Sozialen Nationalistischen Partei, die al-Quds-Brigaden, die libanesische Hisbollah und die irakischen al-Nujaba-Milizen. Außerdem nahmen russische Spezialeinheiten und ein Corps der Iranischen Islamischen Revolutionären Garden an den Kämpfen teil. Berichten zufolge waren in der Stadt und ihrer näheren Umgebung 25.000 Kämpfer der Regierungsseite gegen etwa 15.000 Militante verschiedener Fraktionen in diese Schlacht eingebunden.

Keine Seite veröffentlichte offizielle Informationen über die eigenen Verluste. Verschiedenen Quellen zufolge wurden bis zu 1.500 Soldaten und Paramilitärs auf Regierungsseite in der Schlacht getötet. Auf der anderen Seite geht man von 2.000 getöteten Extremisten aus. Die Anzahl verletzter Militanter ist unbekannt. Weiterhin verbrauchten al-Nusra und ihre Verbündeten während der Kämpfe einen großen Teil ihrer Bestände an ungelenkten Raketen und panzerbrechenden Lenkraketen und verloren zudem eine große Anzahl gepanzerter Fahrzeuge.

Ein Hauptaugenmerk der Operation lag auf dem permanenten Offenhalten humanitärer Korridore. Laut russischem Verteidigungsministerium wurden in dieser Zeit über 150.000 Zivilisten aus den Kampfgebieten evakuiert.

Interessanterweise ist anzumerken, dass während der Schlacht um Aleppo in unmittelbarer Nähe Syriens der nuklear betriebene Schlachtkreuzer Pjotr Weliki und der Flugzeugträger Admiral Kusnezow im Mittelmeer kreuzten [b2].



Experten zufolge war die Einbeziehung dieser leistungsfähigen Kriegsschiffe in die Operation der russischen Einsatzkräfte, insbesondere derer Fähigkeiten zur Luftabwehr wichtig, um Washington von jedweder Entscheidung für eine Intervention abzuhalten. Schließlich verhinderte das eine direkten Konfrontation der US-geführten Koalition mit der syrischen Regierung, was zu einer nicht umkehrbaren Eskalation hätte führen können.

Zwei weitere wichtige Faktoren hatten Auswirkungen auf die Situation in Aleppo:

  • eine von Jabhat al-Nusra geführte Offensive auf Stellungen der Regierung in Nord-Hama
  • eine Offensive des Islamischen Staates auf die antike Stadt Palmyra

Beide Attacken wurden während der beiden entscheidenden Phasen in der Schlacht um Aleppo eingeleitet, einmal Ende August und dann Anfang Dezember. Sowohl der IS als auch Jabhat al-Nusra vereinigten de facto ihre Bemühungen, die SAA und ihre Verbündeten an verschiedenen Fronten zu attackieren. Dies im Versuch, die Kräfte des syrischen Militärs zu zersplittern und so von seinen Operationen um die Befreiung der strategisch wichtigen Stadt abzuhalten.

Der von Jabhat al-Nusra geführte Vorstoß in Nord-Hama begann am 29. August 2016. Der Angriff wurde aktiv von Jund al-Aqsa unterstützt, welche sich ein Jahr später mit dem Islamischen Staat verbündeten, wie auch von sogenannten moderaten oppositionellen Gruppen. Unter Ausnutzung des Überraschungseffekts und dem Einsatz von VBIEDs [b3] durchbrachen die Militanten die Verteidigung der NDF und eroberten eine Reihe von Dörfern [b3].



Von September bis in die erste November-Dekade dauerten die erbitterten Kämpfe an. Am 6. November gelang es schließlich der SAA, der NDF und verbündeten Milizen, die Gebietsgewinne der Militanten rückgängig zu machen und die Front zu stabilisieren.

Der IS startete seinen Angriff auf Palmyra am 8. Dezember und eroberte es zwei Tage später. Die Einnahme der antiken Stadt gelang ihm nach heftigen Kämpfen mit der SAA und der NDF. Am 11. Dezember starteten die Regierungskräfte einen – allerdings erfolglosen – Gegenangriff zur Wiedereroberung. Am 12. Dezember schließlich begann eine groß angelegte Offensive des Islamischen Staates zur Einnahme der westlich von Palmyra gelegenen Tiyas-Luftwaffenbasis, doch alle Angriffe der Terroristen scheiterten, ebenso wie die Versuche, die Straße zwischen dem Stützpunkt und der zentralen syrischen Stadt Homs zu blockieren. Ab dem 22. Dezember stabilisierte sich die Frontlinie. 

Entsprechend den zur Verfügung stehenden Daten, konzentrierte der IS für seine Dezember-Offensive bis zu 5.000 Militante. Die Regierungspositionen wurden von 3.000 Kämpfern der SAA, Hisbollah, Liwa Fatemiyoun und später verstärkt durch die Tiger Forces verteidigt. Sie erhielten dabei breit angelegte Luftunterstützung durch die syrische und russische Luftwaffe. Regierungsquellen zufolge wurden in den Auseinandersetzungen über 600 IS-Mitglieder getötet. Pro-IS-Quellen sprachen ihrerseits von 300 Toten auf Seiten der Regierungskräfte. 

Während der Monate Oktober und November, noch vor dem entscheidenden Sieg in Aleppo, führte die SAA eine weitere erfolgreiche Operation in der Umgebung von Damaskus durch, die Befreiung West-Ghoutas von den Militanten. Die Regierungskräfte durchbrachen deren Verteidigung und zwangen sie Ende November, einer Versöhnungsvereinbarung zuzustimmen. In deren Folge wurde eine große Anzahl von Kämpfern und deren Familien in die von Militanten gehaltene Provinz Idlib transferiert. Viele Betroffene und deren Familien nahmen aber auch das Angebot der syrischen Regierung an, wieder in ein legales, ziviles Leben zurückzukehren und blieben in der Region.

Die syrisch-iranisch-russische Allianz erreichte mit der Befreiung der Millionenstadt Aleppo und West-Ghoutas wichtige Siege, verlor aber Palmyra. Letzteres wirkte sich nachteilig auf das öffentliche Bewusstsein aus und wurde von den Mainstream-Medien ausgeschlachtet, um die durch Russland gestützte Anti-Terror-Kampagne zu diskreditieren. Die westlichen Medien versuchten auf jede erdenkliche Weise, die Erfolge für Syrien und seine Verbündeten in den Schatten des Rückschlags von Palmyra zu stellen.

Wiedereroberung von Palmyra, Wadi Barada, Ost-Aleppo, Western Qalamoun, Deir ez-Zor (Stadt), syrische Wüste

Die dritte Etappe der russischen Militäroperation in Syrien startete unmittelbar nach Befreiung der Metropole Aleppo. Über 25.000 Kämpfer die zuvor an dieser Operation teilnahmen, konnten nun für weitere Operationen im ganzen Land eingebunden werden. Der (erneute) Fall von Palmyra bewog die syrisch-iranisch-russische Allianz, ihre strategischen Planungen im Angesicht des Rückschlags, zu ändern. Die folgenden Ziele und Prioritäten wurden nun erkannt und als verbindlich gesetzt:

  • Sicherung und Wiederherstellung der Ordnung in der befreiten Stadt Aleppo
  • Rückeroberung Palmyras vom IS
  • großflächige Zurückdrängung des IS in den östlichen Regionen der Provinzen Aleppo und Homs, nach Gelingen Aufhebung der Belagerung der Stadt Deir ez-Zor
  • Verhandlungen mit den Militanten, welche Gebiete (Taschen) in den von der Regierung kontrollierten Regionen besetzt hielten, mit dem Ziel von Übergabevereinbarungen und / oder der Gewährung sicherer Durchgänge; bei Scheitern Ziehen der militärischen Karte

Die Militäroperation zur Rückeroberung von Palmyra begann am 13. Januar 2017 aus Richtung der zu jener Zeit noch vom IS belagerten Luftwaffenbasis Tiyas. Einheiten der SAA, der Tiger Forces, Liwa Fatemiyoun, Hisbollah, der Republikanischen Garden und des 5. Angriffscorps lieferten sich mit den Terroristen des Islamischen Staates über einen Monat lang Gefechte entlang der Tiyas-Palmyra-Autobahn, bis sie am 2. März Palmyra wieder erobern und zwei Tage später dann endgültig sichern konnten.

Der Vorstoß war durch eine außerordentlich starke russische Beteiligung gekennzeichnet, einschließlich der von PMCs (also Söldnern), der russischen Luftwaffe und dem starken Engagement von Spezialkräften. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums verlor der IS in den resultierenden Kämpfen über 1.000 Mitglieder durch Tod oder Verwundung, mit ihnen 19 Kampfpanzer, 37 Schützenpanzer, 98 mit schweren Waffen bestückte Geländewagen und über 100 weitere Fahrzeuge.

Die schweren Verluste, welche Daesh während der im Dezember geführten Schlacht um Palmyra und der fehlgeschlagenen Einnahme der Tiyas Luftwaffenbasis zugefügt wurden, waren die Voraussetzungen für späteren erfolgreiche Operationen gegen die terroristischen Gruppen in den Wüsten von Homs und Deir ez-Zor, wie auch dem östlichen Gebiet der Provinz Aleppo.

Von Januar bis Juni 2017 trieben die Regierungstruppen die IS-Terroristen im Osten Aleppos auf breiter Front zurück. Dabei wurden die Luftwaffenbasis Jirah, Deir Haffer, Maskanah und eine Reihe weiterer Orte befreit. Mitte Juni erreichte der Vormarsch der SAA den südlichen Rand der Provinz Raqqa. Das verursachte große Bestürzung in den Mainstream-Medien und führte zu wachsenden Spannungen innerhalb der US-geführten Koalition und ihrer Proxies.

Am 18. Juni schoss eine auf dem Flugzeugträger H.W. Bush stationierte F/A-18 Super Hornet ein syrisches Kampfflugzeug vom Typ Su-22M4 südlich der Stadt Tabqah ab, die zu jener Zeit von Milizen der sogenannten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) besetzt gehalten wurde. Die Su-22M4 unterstützte die SAA bei Operationen gegen Daesh in diesem Gebiet. Die USA behaupteten, den Jet in einem Akt der Selbstverteidigung abgeschossen zu haben, weil er die SDF angegriffen hätte. Ungeachtet dieser Bemühungen, der des Islamischen Staates und jener der US-geführten Koalition und ihrer Proxies am Boden, etablierte die SAA die volle Kontrolle über den Verkehrsknoten Resafa, womit die Straße von Ithriyah nach Resafa gesichert und der SDF der weitere Vorstoß nach Zentralsyrien verwehrt wurde [Mitte Juni 2017 werden weite Teile Syriens noch vom Islamischen Staat kontrolliert; siehe dunkelbraune Flächen im Bild [b4].].



Von Mai bis September 2017 führten die Regierungsstreitkräfte eine weitere Offensive gegen den Islamischen Staat durch, diesmal in Zentral- und Ostsyrien. Sie befreiten die gesamte Wüstenregion nördlich und südlich der Autobahn Homs – Palmyra und erreichten schließlich die Grenze zu Jordanien, sowohl nordöstlich als auch nordwestlich des Gebietes von al-Tanf. Im Verlauf der Operation wurden die von den USA unterstützten Proxies zu Mitgliedern eine sogenannten Neuen Freien Syrischen Armee (NFSA) umgeflaggt, welche dann auf geheimnisvolle Weise in dem Gebiet auftauchten und versuchten, die Fortschritte der SAA im Osten Syriens zu torpedieren. Diese Versuche blieben jedoch erfolglos.

Während dieses Vorstoßes, führte das syrische Militär die erste Luftlandeoperation seit Kriegsbeginn durch. Am 11. August 2017 landeten Einheiten der Tiger Forces, geführt von General Suheil al-Hassan hinter den Verteidigungspositionen des Islamischen Staates in Nähe der Verwaltungsgrenze zwischen den Provinzen Raqqa und Homs. Die Operation führte unmittelbar zur Einnahme zweier Stützpunkte und dem darauf folgenden Hauptangriff der SAA in das Gebiet. 30 IS-Kämpfer wurden im Verlaufe der Kämpfer getötet.

Ungeachtet all dieser Fortschritte, blieb das Problem des von der US-geführten Koalition betriebenen Stützpunktes al-Tanf, einschließlich der dadurch geblockten Autobahn Damaskus – Bagdad ungelöst. Washington machte deutlich, den Highway auch weiterhin für die syrische Regierung zu sperren, in dem es Luftangriffe auf prosyrische Milizen (zum Beispiel am 18. Mai) flog [10]. Die US-geführte Koalition deklarierte für sich die Zuständigkeit für eine 50 Kilometer breite Zone rund um al-Tanf [11]. Sie begründete das mit der Notwendigkeit, den IS in der Region bekämpfen zu müssen [US-Truppen völkerrechtswidrig auf syrischem Boden bei al-Tanf [b5]].



Allerdings wurde bald offensichtlich, dass dies für den IS in Wirklichkeit eine Schutzzone bedeutete, in der er sich frei bewegen konnte. Die USA hatten praktisch eine exklusive Zone geschaffen, in der die IS-Terroristen sich regenerieren, neu gruppieren und kampfbereit machen konnten, während sie durch eine durch die USA etablierte Flugverbotszone geschützt waren.

Am 23. Juli gingen Regierungstruppen gegen IS-Positionen entlang der Autobahn Palmyra – Sukhna – Deir ez-Zor vor, um die Wüstenstadt Sukhna einzunehmen. Sie erreichten die Stadt am Ende des Monats und übernahmen bis zum 5. August die vollständige Kontrolle über sie. Am 27. August starteten die SAA und ihre Verbündeten schließlich eine Offensive, um die Belagerung der Stadt Deir ez-Zor durch Daesh zu durchbrechen. Am 5. September gelang die Aufhebung der Belagerung des westlichen Teils der Stadt. Vier Tage später durchbrachen die Regierungstruppen auch die Einschließung des Flughafens von Deir ez-Zor. Alle IS-Gegenattacken konnten zurückgeschlagen werden.

Regierungsquellen zufolge nahmen an den diversen Vorstößen gegen Daesh, die zur Befreiung Zentralsyriens und der Aufhebung der Belagerung von Deir ez-Zor führten, über 50.000 Kämpfer unterschiedlicher Fraktionen teil. Es wurde von rund 3.000 getöteten oder verwundeten IS-Kämpfern berichtet. Nach Oppositionsquellen verloren die Regierungskräfte 1.000 Soldaten. Nach einem monatelangen Häuserkampf wurde Deir ez-Zor am 17. November 2017 schließlich vollständig vom IS befreit.

Desweiteren wurde eine militärische Operation zur Einnahme des Ostufers des Euphrat durchgeführt. Die SAA befreite dabei am 12. Oktober die Stadt al-Mayadin und am 19. November al-Bukamal (ganz im Südosten Syriens). Der Islamische Staat war damit in diesem Gebiet definitiv geschlagen, sein selbst proklamiertes Kalifat kollabiert. [Weniger als ein Jahr nach der Befreiung von Deir ez-Zor sind fast eine halbe Millionen Menschen in die Provinz zurückgekehrt und haben damit ihren Status als Flüchtling aufgeben können. Das sind Meldungen, die Sie in den gelenkten Massenmedien auch weiterhin vergeblich suchen werden [12].]

Zur selben Zeit wie den oben beschriebenen Entwicklungen führte die SAA noch drei weitere militärische Operationen im Westen Syriens durch.

Im Zeitraum vom 23. Dezember 2016 bis zum 29. Januar 2017 erlangten die Regierungstruppen die Kontrolle über das eingeschlossene Gebiet des Wadi Barada in der Provinz Rif Dimashq. Ein Teil dieses Gebietes wurde dank erfolgreicher Versöhnungsvereinbarungen zwischen der Regierung und mehr oder weniger moderaten Rebellen der lokalen bewaffneten Gruppen befreit. Die Befreiung dieses Gebietes erlaubte es der SAA die Wasserversorgung von Damaskus (wieder) sicherzustellen.

Vom 21. Juli bis zum 15. August 2017 führten die SAA, Hisbollah und die libanesische Armee eine koordinierte Operation gegen Hayat Tahrir al-Sham (früher Jabhat al-Nusra) und den IS im Gebiet des westlichen Qalamon an der syrisch-libanesischen Grenze durch. In deren Folge wurde die gesamte Grenze vollständig terroristenfrei.

In der Zeit vom 7. Oktober 2017 bis zum 13. Februar 2018 eroberte die SAA desweiteren große Areale im östlichen Teil der sogenannten Idlib-Tasche im Nordosten der Provinz Hama und dem Osten von Idlib. Dabei wurden 1.000 Kämpfer des Islamischen Staates von Hayat Tahri al-Sham [HTS] und anderer militanter Gruppen getötet. Der Vorstoß zeigte erneut, dass in den meisten Taschen die Kontrolle durch ein Konglomerat sogenannter oppositioneller und außerdem terroristischer Gruppen schon seit den frühen Jahren des Krieges ausgeübt wurde. Im Laufe der Zeit schwanden die Möglichkeiten der Militanten, im direkten Kampf mit der SAA zu bestehen, zusehends.

Ost-Ghouta, Gebiet von Yarmouk Area, Ost-Qalamoun, Rastan-Tasche

Mit Ende des Winters 2017/2018 ging die russische Militäroperation in Syrien in die vierte Phase. In dieser Phase galt es für das syrische Militär, sich mit den übrigen, von Militanten besetzten und innerhalb syrisch verwalteter Gebiete gelegenen Taschen zu befassen, um Ordnung in Sicherheit in den kürzlich befreiten Gebieten zu gewährleisten. Das galt insbesondere für die Stadt Deir ez-Zor und das Euphrat-Tal.

Großen Raum nahm die militärische Operation gegen HTS, Jaish al-Islam, Ahrar al-Sham und Faylaq al-Rahman im Gebiet von Ost-Ghouta, direkt östlich der syrischen Hauptstadt Damaskus gelegen, ein. Die Operation Damaszener Stahl dauerte vom 18. Februar bis 14. April 2018. An ihr waren 25.000 Kämpfer der SAA, der Tiger Forces, der Republikanischen Garden, von Liwa al-Quds, der NDF, der 4. Panzerdivision, des 5. Angriffscorps und anderer regierungstreuer Milizen beteiligt.

Diese Kräfte wurden von russischen Spezialeinheiten unterstützt und standen 15.000 bis 18.000 Militanten gegenüber. Die Regierungskräfte teilten die von den Militanten gehaltene Tasche in zwei Teile und räumten dann die beiden neuen Taschen nacheinander von den Terroristen. Wie schon in vielen Fällen zuvor, trugen lokale Versöhnungsvereinbarungen in großem Maße zum Erfolg der Operation bei.

Die Operation konnte weder durch eine Operation unter falscher Flagge (False Flag) unterminiert werden, die einen Giftgasangriff der syrischen Armee gegen Zivilisten am 7. April in der Stadt Douma vorzutäuschen suchte. Noch gelang das durch einen Angriff der NATO-Staaten USA, Großbritannien und Frankreich mit Marschflugkörpern auf Ziele in Syrien am 14. April. Der US-geführte Angriff konnte weder wirksamen militärischen noch politischen Druck auf die Regierung in Damaskus erzeugen, wie er auch die endgültige Befreiung von Ost-Ghouta nicht zu verhindern vermochte. Die Anschuldigungen vor der UNO seitens der USA und ihrer Verbündeten, welche behaupteten, Syriens Regierung hätte Giftgas in Douma eingesetzt, entbehrten jeder Logik.

Während der Auseinandersetzungen wurden etwa 550 Militante getötet und 1.200 weitere liefen zur SAA über. Quellen auf Seiten der Militanten gaben die Verluste der Regierungskräfte mit 600 Kämpfern an. Die Leitmedien und Medienkanäle der „Opposition“ behaupteten „tausende“ von Zivilisten seien während der Operation getötet worden doch wurde diese Zahl niemals bestätigt.

Unmittelbar anschließend (19. April bis 21. Mai) begann die Operation gegen den Islamischen Staat im [ehemaligen] Yarmouk-Flüchtlingslager südöstlich von Damaskus. In dieser spielten palästinensische Milizen wie Liwa al-Quds und das Oberkommando der Volksfront zur Befreiung Palästinas auf Regierungsseite eine wichtige Rolle. Dabei akzeptierten Nicht-IS-Militante ein Versöhnungsangebot des syrischen Militärs, womit der östliche Teil von Yarmouk zuerst gesichert werden konnte. Gleichzeitig erfolgte ein groß angelegter komplexer Angriff auf die IS-Positionen. 

Die Islamisten in dem belagerten Gebiet erlitten große Verluste an militärischer Ausrüstung, Versorungsgütern und panzerbrechenden Waffen. Ende Mai war schließlich der gesamte südliche Teil von Damaskus gesichert. Laut den staatlichen russischen, syrischen und iranischen Medien wurden alle IS-Kämpfer eliminiert. Ungeachtet dessen berichteten Quellen vor Ort, dass letztlich einige IS-Kämpfer und deren Familien – etwa 1.600 Personen – erlaubt wurde, das Gebiet über einen offenen Korridor zu verlassen; unter Zurücklassung all ihrer schweren Waffen.

Noch zwei weitere Erfolge gelangen der syrisch-iranisch-russischen Allianz in Ost-Qalamoun und dem Gebiet um Rastan:

Die Militanten in Rastan akzeptierten am 2. Mai ein Kapitulationsangebot, bei dem sie unter Zurücklassung ihrer Waffen das Gebiet bis zum 16. Mai verlassen durften. Etwa 11.000 Mitglieder militanter Gruppen und deren Familien verließen Rastan und nahe gelegene Stützpunkte und wurden über einen offenen Korridor in die von Militanten beherrschte Idlib-Tasche transferiert [Ein immer wiederkehrendes Bild der vergangenen zwei Jahre waren die sogenannten Grünen Busse, in denen der Transfer der Militanten stattfand, hier der aus Ost-Ghouta [b6].].



Schon zuvor hatten am 17. April militante Gruppen ein Kapitulationsangebot in Ost-Qalamoun akzeptiert. Dies gewährte den Militanten, bei Abgabe ihrer Waffen, Straffreiheit und volle Wiederherstellung ihres bürgerlichen Status und die Rückkehr in ein ziviles Leben. Am 25. April hatte das syrische Militär wieder die volle Kontrolle über das Gebiet hergestellt.

Es sei angemerkt, dass die Militanten in Ost-Qalamoun eine große Anzahl schwerer Waffen, einschließlich Kampfpanzern, panzerbrechenden Waffen, Raketenwerfern und anderen Waffen übergaben. Mit einem solchen Arsenal hätte man für eine beträchtliche Zeit den Vorstoß der SAA aufhalten können. In Anbetracht der gerade zurückliegenden Siege der SAA entschied man sich trotzdem für das Niederlegen der Waffen.

Im Juni 2018 hatten die SAA und ihre Verbündeten einen großen Teil des Landes befreit, einschließlich der Städte Aleppo und Deir ez-Zor, des gesamten Raumes Damaskus und unter Liquidierung einer Reihe von Taschen der [sogenannten] Opposition, die bis dahin in von der Regierung kontrollierten Gebieten existiert hatten. Das von Daesh selbst proklamierte Kalifat in Syrien war mittels einer Reihe wohlgeplanter und durchgeführter militärischer Kampagnen zerschlagen worden.

Schließlich begannen die SAA und ihre Verbündeten am 18. Juni die Operation zur Befreiung Südsyriens vom Islamischen Staat und HTS, verbunden mit der Wiederherstellung der vollständigen Kontrolle über die syrisch-jordanische Grenze. Zuvor unternahm Damaskus, assistiert von russischen Beratern, eine Reihe von Versuchen, Versöhnungsvereinbarungen mit relativ moderaten „Oppositionsgruppen“ abzuschließen. Wie inzwischen schon üblich war das, bei Abgabe ihrer Waffen, mit der vollständigen Wiederherstellung ihrer bürgerlichen Rechte (einschließlich Straffreiheit) verbunden. All diese Versuche wurden von HTS und seinen Unterstützern sabotiert. Deshalb musste die militärische Karte gezogen werden. Innerhalb des folgenden Monats befreite die SAA die komplette Provinz Daraa [und Suweida] und schuf damit die Voraussetzungen zur Bekämpfung des IS an der Ostseite der Golanhöhen [Provinz Quneitra].

Ab dem 21. Juli räumte die SAA dann auch innerhalb von zehn Tagen die bis dato von Daesh gehaltene Tasche an den Golanhöhen. Trotzdem war damit die Sicherheit in der Region noch nicht vollständig wiederhergestellt und so waren weitere Maßnahmen zum Schutz vor terroristischen Angriffen erforderlich. [Was der Überfall des IS in Suweida mit 300 Toten und 30 verschleppten Frauen und Mädchen deutlich machte.]

Sind die Probleme im Süden Syriens [al-Tanf wird an dieser Stelle außen vor gelassen] gelöst, wird sich das Augenmerk der SAA und ihrer Verbündeten auf die Provinz Idlib richten. Die Türkei hat zuletzt sowohl ihren Einfluss als auch ihre Präsenz dort verstärkt, doch hat sie keinerlei rechtliche Grundlage, HTS und die mit ihr verbundenen militanten Gruppen vor einem Angriff des syrischen Militärs zu schützen.

Die Erdogan-Regierung muss sich dabei entscheiden, ob sie sich von den international übereinstimmend als terroristisch zu bezeichnenden Gruppen distanziert oder sie weiter in irgendeiner Form unterstützt und Beziehungen mit ihnen hält, während sie gleichermaßen das Rahmenwerk der in Syrien erreichten Vereinbarungen achtet, welches sie selbst mit Russland und dem Iran im Astana-Format erarbeitete. Die Antwort wird umso dringender, je näher der Beginn der SAA-Offensive gegen die Militanten in Idlib rückt.

Ergebnisse der militärischen Operation

Das russische Verteidigungsministerium lieferte bereits Ende 2017 einen umfangreichen Report zu den Resultaten seiner militärischen Operation in Syrien. Mit Stand vom 7. November 2017 gibt dieser Bericht an, dass:

  • 54.000 Mitglieder militanter Gruppen eliminiert [wohl Tote und Verwundete zusammen genommen] wurden,
  • 354 Kampfpanzer vernichtet wurden,
  • über 12.000 Einheiten an schweren Waffen, Fahrzeugen und anderer Ausrüstung vernichtet wurde,
  • 4.200 der eliminierten Militanten aus den grenznahen Regionen Russlands [Kaukasus, mittelasiatische Republiken] kamen,
  • die russischen Fliegerkräfte über 30.000 Kampfeinsätze mit 92.000 Luftschlägen durchführten,
  • was einem Tagesschnitt von 100 Kampfeinsätzen und 250 Luftschlägen entspricht und
  • zudem 7.000 Kampfeinsätze mit Hubschraubern durchgeführt wurden,
  • Kampfflugzeuge der Admiral Kusnezow 420 Kampfeinsätze flogen (davon 117 bei Nacht) und 1.252 Ziele angriffen,
  • die russische Marine zudem zehn Angriffe auf Ziele der Militanten mit 70 Marschflugkörpern vom Typ Kalibr durchführte.

Dabei erfolgte der erste Einsatz mit Marschflugkörpern gegen die Terroristen bereits eine Woche nach Beginn des Einsatzes, am 7. Oktober 2015.

Russische Pioniere entschärften in Syrien über 100.000 Minen und IEDs und folgten den im Land stattfindenden Operationen unmittelbar. Hierfür setzten sie Uran-6 Minenräumroboter-Systeme, OKO-2 Bodenradar-Systeme und weitere moderne Ausrüstung ein. Bis heute (August 2018) wurden 1.000 syrische Pioniere von ihren russischen Kollegen [im Minenräumen] geschult und das Trainingsprogramm wird – ebenfalls bis heute – weitergeführt.

Russland hat eine wichtige Rolle in der logistischen und wartungstechnischen Unterstützung für die SAA gespielt, sowohl auf der koordinierenden Ebene wie auch direkt vor Ort. Dem Verteidigungsministerium zufolge, unterstützten russische Spezialisten aktiv das syrische Militär bei der Wartung und Wiederherstellung militärischer Ausrüstung. Zwar sind die meisten Aktivitäten nicht öffentlich gemacht worden, doch ist [beispielsweise] bekannt, dass Russland eine Fabrik zur Reparatur von Panzern in der Provinzhauptstadt Homs wiederherstellte. Das Werk wird inzwischen von der syrischen Regierung betrieben.

Außerdem leisteten russische Spezialisten und Offiziere ihren Beitrag zur Verbesserung von Syriens Fähigkeiten zur Luftverteidigung, in dem sie Unterstützung an Luftverteidigungs- und Radarsystemen gaben und syrische Offiziere entsprechend ausbildeten. Im April 2018 berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, dabei eine Quelle aus dem russischen Verteidigungsministerium zitierend, dass Russland in den vergangenen Jahren 40 Panzir-S1 Kurz- und Mittelstrecken-Raketensysteme an Syrien geliefert hat.

In der Zeit vom September 2015 bis August 2017 führten russische Spezialisten über 3.000 Wartungs- und Instandhaltungs-Tätigkeiten und über 25.000 damit verbundene Tätigkeiten an russischen Waffen und Ausrüstung durch, die in Syrien eingesetzt wird. Zudem testete das russische Militär über 600 Typen von Waffen und Ausrüstung, einschließlich des Luftüberlegenheits-Jets MiG-29SMT, des Kampf-Jets der fünften Generation Su-57 und einen der weltweit fortschrittlichsten Begleitpanzer, den BMPT-72 Terminator.

Die beiden Su-57 Kampfflugzeuge bestanden im Februar 2018 Tests unter realen Bedingungen. Dem Verteidigungsministerium zufolge, nutzte einer der Jets ein weiterentwickeltes System zum Abschuss von Marschflugkörpern gegen Ziele der Militanten.

Am 22. Dezember 2017 teilte der russische Verteidigungsminister Sergej Shojgu mit, dass insgesamt 48.000 russische Einsatzkräfte an der Militärkampagne in Syrien beteiligt waren. Er fügte hinzu, dass 14.000 von ihnen mit staatlichen Auszeichnungen geehrt wurden.

Verluste auf Seiten des russischen Militärs

Vom Beginn der Operation, am 30. September 2015 bis zum 20. Juni 2018 verlor das russische Militär 93 Soldaten im Kampf und bei Unfällen. Davon starben allein 39, als am 6. März 2018 ein An-26 Transportflugzeug in Nähe der Khmeimim-Luftwaffenbasis aufgrund eines technischen Defekts abstürzte. Bei Kampfhandlungen selbst ließen 43 Soldaten und Einsatzkräfte ihr Leben.

Weiterhin verlor das russische Militär, offiziellen Quellen zufolge, 14 Flugzeuge; UAVs [Drohnen] nicht mitgerechnet.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass 92 Menschen starben, als eine Tu-154 des russischen Verteidigungsministeriums auf dem Weg von Sotschi zur Khmeimim-Airbase am 25. Dezember 2016 über dem Schwarzen Meer abstürzte. Dazu gehörten 64 Mitglieder des Alexandrow-Ensembles, acht Besatzungsmitglieder, sieben Soldaten, neun Journalisten, drei Zivilisten und der Direktor für den Bereich Kultur im russischen Verteidigungsministerium.

Vergleicht man die russischen Verluste mit denen der US-Luftwaffe [US Air Force; USAF] und der US-Marine bei deren Operationen in Syrien, dem Irak und Afghanistan, lässt sich schnell erkennen, dass Russland in der gegebenen Zeit höhere Verluste an Flugzeugen hatte. Eine Ursache liegt im Rückstand, den Russland gegenüber den USA im Bereich unbemannter Luftfahrzeuge (UAVs; Drohnen) hat, weshalb es keine bewaffneten Drohnen einsetzt. Der Hauptgrund aber muss in den unterschiedlichen Einsatzkonzepten der russischen Luftwaffe und der USAF gesucht werden. 

Die USA haben Bodenziele immer entweder aus großen Höhen mit gelenkter Munition oder mittels UAVs bekämpft. Im Gegensatz dazu wurde – auch wenn Russland seinerseits viele Einsätze aus großen Höhen mit Lenkmunition durchführte – der Hauptteil der russischen Angriffe aus niedriger Höhe geflogen. Russland wendete das Konzept der traditionellen Luftunterstützung an [Close Air Support; CAS], bei denen die Kampfflieger ständig in enger Kommunikation mit Beobachtern stehen, die entweder direkt in die Einheiten an der Front eingebunden sind oder auch hinter den feindlichen Linien operieren.

Attacken aus niedriger Höhe resultieren in besseren Trefferquoten, allerdings auch in einem erhöhten Risiko, abgeschossen zu werden. Die massive Nutzung von Kampfhubschraubern im Rahmen der CAS-Rolle, welche die russische Luftwaffe lebte, ermöglichte eine präzise und wirksame Luftunterstützung für die Kampfeinheiten am Boden; sowohl in offenem Gelände als auch in städtischen Gebieten.

Es gibt keine bestätigten Daten über Verluste von PMCs [sprich Söldnern], die für Russland [im Rahmen der Syrien-Operation] tätig waren. Glaubt man den Spekulationen, die durch die Leitmedien und Beobachtergruppen gestreut wurden, müsste die Zahl der toten und verwundeten PMCs mindestens zwischen 1.000 und 1.500 liegen. Das Problem ist, dass halbwegs prüfbare Berichte, welche wenigstens den Namen, sowie Datum und Ort für den Tod oder die Verwundung der jeweiligen Person angeben, für gerade einmal 30 PMCs existieren. Die realen Verluste von russischen PMC dürften sich zwischen 200 und 300 bewegen.

Fortsetzung folgt (geplanter Termin: 2.9.2018).


Anmerkungen

Der Originaltext wurde nicht eins zu eins, sondern sinngemäß und in eine gut lesbare Form übersetzt und außerdem dort, wo es mir angemessen erschien und der Kontext nicht gefährdet war, auch leicht eingekürzt. Es geht mir um die Weiterreichung der im Text enthaltenen Fülle von Sachinformationen an deutschsprachige Leser. Sollten trotzdem den Sinn entstellende Passagen durch fleißige wie aufmerksame Leser festgestellt werden, kann mir das gern mitgeteilt werden. Zum Verständnis sind einige wenige kurze Bemerkungen sowie Direktverlinkungen (in Blockklammern gesetzt) und Bilder hinzugefügt worden.

Dieser Artikel ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Beachten Sie bitte unbedingt auch die Urheberrechte von Southfront und vergessen Sie nicht, gut lesbar die Primärquelle dort, einschließlich des Direktlinks https://southfront.org/russian-military-campaign-in-syria-2015-2018/, mit anzugeben. Southfront bietet dort die Dokumentation auch als (englischsprachiges) Video an.

Quellen

(1) 30.11.2017; https://www.epochtimes.de/politik/welt/oel-schmuggel-des-is-so-ist-erdogans-sohn-darin-verstrickt-a1289012.html

(2) 19.8.2018; https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Inherent_Resolve

(3) 11.5.2016; https://noch.info/2016/05/islamischer-staat-isis-wird-sein-erstes-konsulat-in-istanbul-eroeffnen-der-tuerkische-aussenminister/

(4) 3.8.2015; http://www.taz.de/!5216971/

(5) 27.6.2017; https://www.rubikon.news/artikel/wie-der-westen-den-islamischen-staat-erschuf

(6) 6.8.2018; http://www.awdnews.com/index/us-support-for-isis-elements-in-eastern-euphrates/

(7) 17.8.2018; https://twitter.com/AuswaertigesAmt/status/1030410643478925315

(8) 16.8.2018; https://www.heise.de/tp/features/Saudi-arabische-Koalition-Angriff-auf-Kinder-ist-ein-legitimer-Angriff-auf-Planer-und-Operateure-4139192.html

[9] 31.7.2018; https://www.heise.de/tp/features/Idlib-Der-letzte-Hort-der-dschihadistischen-Herrschaft-in-Syrien-4124940.html

[10] 14.6.2017; https://quemadoinstitute.org/2017/06/14/al-tanf-syria-analysis-where-is-the-fake-news-coming-from/

[11] 7.6.2017; http://www.inherentresolve.mil/News/Article/1205543/coalition-statement-on-actions-near-at-tanf-syria/

[12] 17.8.2018; http://sananews.sy/en/?p=2241

[b1] Öl-Transfer des IS aus Syrien; Datum: 3.12.2015; Quelle: RT deutsch; Lizenz: k.A.

[b2] Flugzeugträger Admiral Kusnezow; Datum: 12.12.2011; Autor: britische Regierung; Quelle: http://www.defenceimagery.mod.uk/fotoweb/ (entnommen bei Wikimedia); Lizenz: Open Government Licence v1.0 

[b3] zu VBIED umgebauter LKW; wahrscheinlich im Raum Aleppo 2016; Quelle: https://twitter.com/tracterrorism/status/652953138270478337

[b4] Militärische Lage in Syrien und dem Irak am 9.6.2017; Karte von Southfront.org;
https://southfront.org/wp-content/uploads/2017/06/09june_Iraq_Syria_War_Map.jpg?x43560

[b5] 22.11.2017; US-Spezialeinheiten in al-Tanf (Syrien); Autor: Jacob Connor; Quelle: https://www.dvidshub.net/image/3978211/5th-sfg-escort; Lizenz: Public Domain 

[b6] 1.4.2018; SAA, SANA, Twitter; Grüne Busse für Transport von Terroristen und Angehörigen von Ost-Ghouta nach Idlib; Quelle: https://twitter.com/C_Military1/status/980400147669684224

(Titelbild) Oktober 2017; ausgebranntes Wrack an der Khanasser Road (in Nähe der Stadt Aleppo); Autor: Christian; Quelle: http://unusualtraveler.com/aleppo/; Lizenz: k.A.; Veröffentlichung mit persönlicher Genehmigung des Autors

Von Ped

Ein Gedanke zu „Der Syrien-Krieg seit 2015 (2)“
  1. Vielen Dank an dich Ped für die Übersetzung dieses zweiten Artikel von Southfront. Prima Arbeit, werde ihn gleich an meine Kumpels weiter leiten. Die warten schon darauf.
    Wünschen wir dem syrischen Volk, das es seine komplette Souveränität wieder erlangt und einen Dank und den Respekt an die unterstützenden Kräfte, allen voran Rußland.

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