Als im Jahre 2014 die Milizen des selbsternannten Führers aller Kurden Mahmut Barzani  die nordirakische Stadt Kirkuk vom Islamischen Staat (IS) befreiten, war das nur eines von vielen Narrativen, welches benötigt wurde, um das Konzept des Teile und Herrsche hinter einem edelmütigen Kampf gegen böse Terroristen verstecken zu können. Wird diese Politik von der US-Regierung unter Donald Trump im Irak weitergeführt? Analysieren wir dazu vergangene und aktuelle Ereignisse.


Irak – Versuchte Zerschlagung eines Staates

Begeben wir uns zurück in die Jahre 2014/2015 und befassen wir uns genauer mit dem Narrativ, das damals in Kirkuk angewandt wurde. Danach kam die Peshmerga, die bewaffnete Organisation des Barzani-Pseudostaates der irakischen Armee zu Hilfe, die unter dem Druck des Islamischen Staates (IS, Daesh) nach Süden zurück gewichen war. So die Heldengeschichte. Doch kritischen Geistern stellen sich viele Fragen.

So zogen sich 30.000 Soldaten und verbündete Milizen der irakischen Armee damals im Prinzip kampflos aus der nordirakischen Millionenstadt Mossul zurück. 30.000 Militärs verließen Mossul und Umgebung vor 800 Kämpfern des IS und ließen dabei komplette nagelneue Militärtechnik zurück; unter anderem mehrere hundert fabrikneue Humvees. [1]

Bei allem Fanatismus und der Brutalität islamistischer Kämpfer ist das für mich ein Märchen. Sie glauben, die irakische Armee wäre feige gewesen? Sie glauben dies alles konnte passieren trotz der unzähligen westlichen Militärberater, die diese Armee hochgerüstet hatten; trotz hunderter Spezialkräfte westlicher Militärs und Geheimdienste und der Luftüberwachung durch die größte Militärmacht auf diesem Globus? Was damals geschah, war einer der unzähligen Akte innerhalb einer groß angelegten Inszenierung. Wobei speziell hinter diesem Akt die Aufgabe umzusetzen war, eine komplette Armee mit Waffen auszurüsten – den Islamischen Staat.

So wurde ein neuer Feind selbst erschaffen. Um ihn als solches glaubhaft zu machen, wurde er bewaffnet und mit den Möglichkeiten versehen, quasi staatliche und ökonomische Strukturen aufzubauen. Die USA, selbst ernannter Führer der Demokratie, setzten mit dem Islamischen Staat praktisch ein Förderprogramm für die Wiedereinführung des Frühfeudalismus um. Die Erhaltung eines Restgebietes zur Erhaltung der Bedrohung und die „Befreiung“ der sonstigen IS-Gebiete aber konnte in das Konzept des Greater Middle East und der Schaffung eines Neuen Nahen Osten eingebettet werden. Daesh ist der gezüchtete Spaltpilz, um die dauerhafte Zerstörung beziehungsweise Zerstückelung bestehender Staatsgebilde einzuleiten. Dazu gehörte zwingend die Teilung des Irak und die Schaffung eines Kurdenstaates mit Washingtons Gnaden. Eine Strategiekarte aus dem Pentagon sagt mehr als tausend Worte [b1]:

Damit dieser Kurdenstaat dauerhaft überlebensfähig sein konnte, brauchte er Eines sehr dringend: die sprudelnden Ölquellen des Irak, die bei Mossul, mehr noch aber bei Kirkuk zu finden sind. An diese Quellen kam die ganz und gar nicht demokratische Clique um Barzani heran, als man ihr im speziellen Akt die Rolle des Befreiers von Kirkuk zuschrieb. Nicht erst mit der Übernahme der Großstadt durch die irakische Zentralregierung [2] ist das Thema nun erneut in den Fokus gerückt. Das Öl im Norden des Irak ist eine Profitquelle erster Güte für die Sparten der Ölindustrie, gehören doch dessen Förderkosten von einem bis zwei US-Dollar pro Barrel zu den weltweit Niedrigsten. [3] Passend dazu hatten eine Reihe westlicher und chinesischer Konzerne schon vor dem Syrien-Krieg Explorations- und Schürfrechte in den später von den Kurden besetzten Gebieten bei Kirkuk erworben. [4]

Wie in Syrien so unterliefen der US-Militärmacht in der Vergangenheit immer wieder „bedauerliche Missverständnisse“, die ihre Rolle als Terroristenbekämpfer in einem sehr speziellen Licht erscheinen lässt. Die USA als treuer Freund eines neuen einigen Irak? Hier ein Beispiel aus dem Jahr 2015:

„„Bei einem Luftangriff der amerikanischen Luftwaffe in der Provinz Fallujah sind mindestens 30 Soldaten der irakischen Armee getötet und über 20 weitere verletzt worden.  Der Vorsitzende des irakischen Sicherheits- und Verteidigungskomitees Hakim al-Zamili bestätigte den Angriff auf die 55. Brigade der irakischen Armee und veranlasste eine sofortige Untersuchung des Vorfalls. Weiter sagte al-Zamili aus, dass Irak den Vorfall vor Gericht bringen will.“ [5]

Sie brauchen sich nur die Empörung westlicher Politiker und Medien vorstellen, welche aufkäme, würde die russische Luftwaffe versehentlich die von den US-Militärs gehütete SDF „versehentlich“ bombardieren, was ein vergleichbares Blutbad zur Folge hätte. Warum nur unterlaufen der US Air Force des langjährigen Weltgendarms ständig solche „Missverständnisse“? Die Frage ist nicht beantwortbar, weil es sich eben nicht um Missverständnisse handelt.

Die FSA und der erste große Flaggentausch in Syrien

In Syrien hat man ein und dasselbe Prinzip vom Beginn des als solchen inszenierten „Volksaufstandes gegen das Assad-Regime“ an praktiziert. „Spontan“ erschien eine Freie Syrische Armee (FSA) auf der Bildfläche, um wohl organisiert und ausgerüstet den bewaffneten Kampf gegen das Land zu führen. Als die Anziehungskraft dieser Miliz rasch schwand und sie 2012 der totalen militärischen Niederlage entgegen taumelte, tauchten statt ihr wie aus dem Nichts in Massen islamistische Glaubenskämpfer in Syrien auf. Das war mit dem ersten „Umflaggen“ verbunden, denn nicht wenige FSA-Kämpfer wurden durch Sold, die eigene Vergangenheit und Druck „überzeugt“, den Vorgesetzten zu wechseln.

Wichtig bei alldem war, dass weiter Kämpfer mit Waffen nach Syrien strömten, um Chaos anzurichten. Das passte perfekt in das westliche Narrativ aus sich selbst heraus zerfallender Staaten im Nahen Osten. Die Legende vom „Bürgerkrieg“ in Syrien konnte bedient werden. Je mehr Milizen, die sich gern auch gegeneinander bekämpfen durften, desto besser. Alles was dem Zerfall des Landes diente, war den Dirigenten des „Greater Middle East“ willkommen. Bestens ließ sich dahinter die massive Intervention verbergen, der Syrien seit 2011 ausgesetzt wurde.

Im Wissen um die Hintergründe ist auch die wundersame Auferstehung einer sogenannten Neuen Freien Syrischen Armee (seit 2015) verstehbar; wiederum (nun in Jordanien) aufgerüstet und geschult von den Demokratien des Westens. Auf diese Weise war es auch möglich, dass Narrativ von der „moderaten militärischen Opposition“ (ein wahrlich meisterliches Orwell’sches Sprachkunstwerk) aufrecht zu erhalten. Hauptsache man entzog die Gebiete der syrischen Regierung, denn so ließ sich der Flaggentausch zwischen den Milizen bewerkstelligen; wie auch die Inszenierung des Kampfes gegen den IS (aus diesen Gebieten heraus) nach außen hin verkaufen.

Die operativen Umsetzer des in US-amerikanischen Denkfabriken wie RAND und Brooking Institution ausgetüftelten „kreativen Chaos“ lancierten immer neue Gruppierungen, deren Vertreter sich in dem Glauben wogen, einen Schnitt für eigene oder die Interessen der Kollektive hinter ihnen machen zu können.

Einbindung der syrischen Kurden in das Teile und Herrsche

15293291489_af897deecdOhne sich tatsächlich dessen bewusst zu werden, gaben sich auch die Kurden für dieses Spiel her. Erinnern Sich sich noch, wie die Notwendigkeit einer starken Bewaffnung der (syrischen) Kurden in die Köpfe gebracht wurde?

Durch eine Inszenierung!

Kobane im Jahr 2014 war sorgfältig gewählt. Das blutige Schauspiel fand auf syrischem Boden statt. Den IS der die Stadt Kobane angriff, hatte man zuvor mit den Waffen des Westens hochgerüstet. Wer glaubt ernsthaft, dass es damals um die Kurden ging? Warum wurde niemand stutzig, als der Islamische Staat zwar die Kurden in Kobane angriff, aber die Stadt nicht eroberte. Das trotz seiner militärische Überlegenheit und der Fanatisierung seiner Kämpfer.

Warum griff die türkische Armee, in Sichtweite des Geschehens, ausgerechnet in Kobane nicht ein? Dass die türkische Führung damals keinerlei Skrupel kannte, die syrische Souveränität zu verletzen, hatte sie immer wieder bewiesen. Kobane war eine ideal ausgewählte Bühne, um das Geschehen in den Medien ordentlich als das „Abschlachten der Kurden“ zu vermarkten. Täglich bekam der Fernsehzuschauer frische Bilder aus der syrischen Grenzstadt. Mit Kobane konnte der Westen beginnen, die nächste Volksgruppe zu infiltrieren und zu bewaffnen. Kobane war das Schauspiel, um den Krieg gegen Syrien weiter eskalieren zu können. Denn eine verdeckte US-amerikanische Unterstützung des bewaffneten Armes der Kurden in der Türkei, der PKK (welche der YPG in Nordsyrien nahe steht), war schon vor dem Syrien-Krieg auch in den deutschen Massenmedien bekannt geworden. [6] Im Februar 2016 schließlich warf der türkische Präsident Recep Erdogan den USA offen vor, die Türkei mittels der Kurden zu hintergehen. [7][8]

Die USA hatten spätestens seit 2014 die Luftherrschaft über diesem Gebiet und kontrollierten so die Kämpfe. Diese Erkenntnis teile ich mit Renato Velez von Al-Masdar News; einer Nachrichten-Plattform mit Sitz im Libanon, welche über Informationsquellen im Umfeld der syrischen Regierung verfügt. [9]

„During the first months of the US-led Coalition campaign, ISIS‘ gains continued – particularly in Syria – with the notable exception of advances by the Kurdish YPG, heavily backed by US airstrikes. It seems the goal of the Coalition was not to defeat but rather to “contain” ISIS (i.e. demarcating an area of operations for the terrorist groups, so they can continue destabilizing the Syrian government), helping to create a Kurdish autonomous entity and laying the ground for a US-backed partition of the Syrian Arab Republic.“ [10]

zu deutsch:

„Während der ersten Monate der von der US-geführten Kampagne [gegen den Terror] gewann ISIS kontinuierlich an Raum – insbesondere in Syrien – mit der bemerkenswerten Ausnahme von Fortschritten durch die kurdische YPG, die massiv von der US-Luftwaffe unterstützt wurde. Es scheint, als ob das Ziel der Koalition weniger die Zerschlagung als vielmehr die Einhegung von ISIS war, in einer Weise, die deren Fläche so eingrenzte, dass sie die Destabilisierung der syrischen Regierung fortsetzen konnte; dabei die Etablierung eines autonomen kurdischen Gebietes lancierend und somit die Grundlage eines US-abhängigen Territoriums auf dem Gebiet der Syrischen Arabischen Republik legend.“ [Übers. PA]

Die Erlangung von Luftherrschaft über syrischem Territorium, das war ein weiteres wesentliches und erfolgreich umgesetztes Ziel der Kobane-Show. Und Stück für Stück gingen die US-Geheimdienste und Militärs weiter voran. Illegale(!) Flughäfen und Stützpunkte wurden im Norden Syriens errichtet. [11] 

2016-05-27_us-soldateninsyrien_rtdeutschZunehmend tummelten sich militärische Spezialkräfte und Geheimdienste in dem Gebiet. [12][b3] Und immer stärker begannen diese Kräfte die Politik der syrischen Kurden auf Eroberungen in Syrien zu konditionieren. [13] All das gekoppelt mit der Legendenpflege von den bedrängten Kurden und dem alternativlosen Kampf gegen die bösen Terroristen von Daesh. Die Parallelen zum Nordirak sind offensichtlich.

Dompteur des Krieges im Nahen Osten: Inherent Resolve

Die Betroffenheit der Menschen wurde geplant ausgenutzt, um Inherent Resolve als Mission im Kampf gegen Terrorismus zu verkaufen und die Souveränität des Landes Syrien dreist zu verletzen. Ein Jahr später hatte der IS über 60 Prozent des syrischen Territoriums unter seiner Kontrolle. Was für ein Erfolg für Inherent Resolve! Ja, das war er tatsächlich, denn das Konzept sah es so vor. Inherent Resolve schützte in weiten Gebieten Syriens den IS vor dessen wahren Bekämpfern, der syrischen Armee und der mit ihr kämpfenden Hisbollah-Milizen.

Machen Sie sich bewusst, wie die „Koalition gegen den Terror“ – als die Inherent Resolve aus der Taufe gehoben wurde – ihren völkerrechtswidrigen Einsatz in Syrien begründetete. Sie nahm Bombenanschläge in Westeuropa, ausgeführt von Menschen unterschiedlicher Nationalität (die wenigsten davon Syrer) und keinesfalls aufgeklärt, zum Anlass, um militärisch in Syrien zu intervenieren. Und NACHDEM dies geschehen war, erreichte der Islamische Staat seine größte Machtausdehnung auf syrischem und irakischen Territorium. Diese Erfolge gelangen dem IS unter kompletter Beobachtung durch die Luftüberwachung von Inherent Resolve.

Täglich exportierte der IS von Syrien geraubtes Öl im Wert von Millionen US-Dollar unter Zuhilfenahme tausender Tankfahrzeuge, die sich geradezu lindwurmartig durch die Wüste schlängelten über die Türkei in alle Welt. Auch das unter den wachen Augen von Inherent Resolve. Fragen Sie sich eventuell auch, für wen die deutsche Bundesluftwaffe tatsächlich völkerrechtswidrig in Syrien aufklärt? [14]

Jetzt, im Herbst 2017, da Sie diesen Text hier lesen, hat sich daran nichts geändert. Inherent Resolve moderiert nach wie vor für Terroristen den Krieg gegen Syrien. Das ist auch völlig logisch, denn der ökonomische Krieg gegen Syrien wird ja ebenso unverändert – gerade auch von Deutschland aus – weitergeführt. Es gibt keinen Krieg des Westens gegen den Terror, es gibt nur eine märchenhafte Geschichte dafür und die ist notwendig, um den Staatsterrorismus des Westens zu verbergen.

Das ist das, was man seit dem Einsatz der Mudjahedin in Afghanistan im Nahen und Mittleren Osten immer weiter ausbaute, in dem man reguläre Armeen des Westens durch mehr oder weniger fanatische Ideologen und Machthungrige aus der Region ersetzte. Man formte und unterstützte Glaubenskrieger, die in der Engstirnigkeit ihres Glaubens meinten, sie könnten westliche Eliten für ihre Zwecke ausnutzen. Glaubenskrieger denken aber nicht psychopathisch, so brutal sie ihren Kampf auch führen mögen – ganz im Gegensatz zu der Kaste, auf die sie sich da einlassen.

Kostümwechsel im Syrien des Jahres 2017

Der rasche Wechsel von Namen und Bündnissen zur Erhaltung der Legende einer demokratischen Werten anhängenden, einigen und nennenswert starken moderaten Opposition ist im Syrien-Krieg immer weiter gegangen. Die kurdische Opposition gehört dabei gefühlt zu den besonders Guten. Eine besondere Rolle spielt dabei die SDF und das Statement einer Sprecherin der SDF lässt ahnen, wessen Lied diese militärisch-politische Gruppierung in Nord- und Ost-Syrien singt:

„İlham Ahmed, Sprecherin der SDF, gab der saudischen Zeitung Al-Riyadh ein Interview in dem sie Saudi Arabiens mögliche Rolle für ein Syrien frei von Konfessionskämpfen und ethnischen Spannungen betonte. Eine Kooperation sei seitens der SDF möglich. Sie beschuldigte Katar extremistische Oppositionsgruppen untersützt zu haben und ging dabei nicht auf die anfängliche Unterstützung der Saudis für den IS und andauernde Untersützung weiterer Islamisten wie die Jaish al Islam ein. Der wichtigste Partner zur Bekämpfung des IS sei jedoch weiterhin die USA, sagte Ilham Ahmed gegenüber Al Riyad.“ [15]

Man muss sich verdeutlichen, dass die „Befreiung Raqqa’s vom IS“ ein unter saudischer Kontrolle stehendes Rechtssystem abschaffte; die archaische Rechtssprechung der wahabitisch ausgelegten Sharia, mittels der das Köpfen und das Abtrennen von Gliedmaßen zum Standard-Strafenkatalog gehören. [16][17] Die zwölf Sharia-Richter in Raqqa waren allesamt Saudis. [18] So wird es offensichtlich: Die bisherigen Partner im Spiel um die Aufteilung Syriens – dem Konsumenten verkauft als Befreiung vom IS – sind auch die neuen Partner.

Deutlicher kann eine Abhängigkeit von anderen politischen Akteuren, die in Syrien sämtlich nichts zu suchen haben, kaum zum Ausdruck gebracht werden. [19] Dabei passierte absolut nichts im Osten des Landes, solange die syrische Armee beschäftigt war, die Terroristen im westlichen Teil des Landes zu bekämpfen. Als sie und ihre Verbündeten entscheidend Boden nach Osten gewannen – hin in das Kerngebiet des IS – gelangen der SDF plötzlich wundersame entscheidende großflächige Geländegewinne gegen den Islamischen Staat. Das praktisch ohne Verluste an Menschen und Material. 

In Deir-ez-Zor und der Umgebung des Euphrat-Tales kann man exemplarisch betrachten, WER tatsächlich gegen die wahabitischen Extremisten erbittert und unter großen Verlusten kämpft, während zur gleichen Zeit nur wenige Kilometer entfernt davon, die Gruppierungen der SDF ein – sagen wir es nonchalant – sorgenfreies Leben führen.

Gespaltene US-Politik

Schauen wir wieder in den Nord-Irak.

Sie können sich sicher sein, dass eine von Hillary Clinton geführte US-Regierung, gemeinsam mit der israelischen Regierung, vehement das von Barzani angestoßene Referendum als „legitimen Ausdruck der Freiheitsbestrebungen des kurdischen Volkes“ unterstützen würde.

Schauen wir auf die Reaktion von Trumps Administration: Nüchtern wird von ihr das Referendum als nicht zielführend zur Lösung der Konflikte im Nahen Osten betrachtet. Die von den früheren maßgeblichen Kräften der US-Politik ausgerüsteten und unterstützten Peschmerga stehen plötzlich ohne internationale Unterstützung da. Einzig Israel, als wichtiger Akteur des ziokonservativen Kartells befürwortete es ostentativ. [20]

Als die Peschmerga im Jahr 2014 Kirkuk mitsamt seinen ergiebigen und billig auszubeutenden Ölquellen vom IS „befreiten“, besetzten sie ein Gebiet, das jenseits angestammter von Kurden bewohnter Territorien lag. Den Segen für diesen Schritt hatten sie von ihren neokonservativen Gönnern aus Washington bekommen.

Nun – drei Jahre später – machte die Zentralregierung in Bagdad ernst und beendete mit Waffengewalt die kurdische Verwaltung und einhergehende wirtschaftliche Ausbeutung von Kirkuk. Letzter Anstoß war Barzani’s Referendum, welches ohne Zweifel dafür gedacht war, den status quo zu zementieren. Wie waren die Reaktionen? Nehmen wir das Urgestein der Ziocons John McCain:

„Meine Sorge ist es, dass Bagdad das Gefühl hat, sie hätten freie Hand, um schiitische Milizen und konventionelle Waffen einzusetzen, um Kirkuk mit Gewalt wieder einzunehmen. Das sollte eine Rote Linie sein, die nicht überschritten werden darf.“ [21]

McCain ist einer der wichtigsten politischen Akteure der (teil-)entmachteten neokonservativen Eliten, die das große Blutvergießen über den Nahen Osten brachten. Die Analysten der großen US – Think Tanks wie Eric Brown vom Hudson Institute lieferten die ideologische Basis und sie kommen nach wie vor zu Wort. Sie glauben, Eric Brown geht es um die kurdischen Menschen?

„Die USA müssen alles tun, um diese Bemühungen zu unterstützen. Die Selbstbestimmung innerhalb der kurdischen Gebiete ist in unserem eigenen strategischen und nationalen Sicherheitsinteresse.“ [22]

Selbstbestimmung der Völker und Ethnien war für die USA immer dann ein Thema, wenn es in ihr viele Jahrzehnte bewährtes Prinzip des Teile und Herrsche passte. Die Kurden, welche sich seit vier Jahrzehnten für dieses Spiel hergaben, müssten es längst verstanden haben. Doch Macht macht auch blind …

Man muss sich in Barzani hinein versetzen. Er hat mit Sicherheit reichlich Trigger bekommen, die ihn ermutigten, dieses Referendum anzustoßen. Der Barzani-Clan hat seine Protege’s überall, aber doch eher nicht in der Trump-Regierung.

Denken Sie, dass die irakische Armee vor einem Jahr diese von McCain gezogene „Rote Linie“ auch schon überschritten hätte? Ich meine: Ganz sicher nicht. Schauen Sie auf die Reaktion der den Kurden nahe stehenden Medien:

„US administration surprisingly quiet after Coalition threatens to bomb Kirkuk instigators“ [23]

Diejenigen, denen Barzani seine Macht tatsächlich verdankt, wie auch dessen politische Riege selbst, wurden völlig überrascht davon: „dass die US-Administration schwieg, als die Koalition drohte, Kirkuk zu bombardieren“ [sinng. Übers. PA]. Schlimmer noch für die kurdisch-barzanische Führung sagte der US-amerikanische Präsident:

„Wir haben seit langem ein gutes Verhältnis zu den Kurden und wir stehen auch an der Seite des Irak. Auch wenn wir uns da niemals hätten einmischen dürfen. Und wir ergreifen nicht Partei.“ [24]

„Wir ergreifen nicht Partei“ ist als Signal an die irakische Regierung zu verstehen, dass die USA sich deren Aktivitäten zur Sicherung der Einheit des Irak nicht in den Weg stellen wird. So wie sie eben auch das Referendum Barzani’s rundweg ablehnten.

Das ist eben keine stringente Fortsetzung einer Politik des Greater Middle East, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten aus Washington betrieben wurde. Sie erleben US-Machtkampf auf irakischem Boden! Brett McGurk, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten zur Bekämpfung des IS ließ in der New York Times verlauten:

„Every member of our coalition believes that now is not the time to hold this referendum.“ [25]

„Alle Mitglieder unserer Koalition glauben, dass jetzt nicht der Zeitpunkt dafür ist, ein Referendum abzuhalten.“ [Übers. PA] US-Verteidigungsminister James Mattis den Barzani kurz zuvor in Erbil empfangen hatte, riet Barzani in einem persönlichen Telefonat dringend von dieser Provokation für die irakische Regierung ab.  [26][27] Das war einen Monat vor dem Barzani-Referendum. Tage später hatte sich in ähnlicher Weise der britische Verteidigungsminister Michael Fallon geäußert. [28] Nach dem Referendum forderte US-Außenminister Rex Tillerson einen:

„vereinten, föderalen, demokratischen und gedeihenden Irak“ [29]

Geht es noch deutlicher? Worte und Taten, darauf wies ich immer wieder hin, sind wohl beide wichtig – doch voneinander zu unterscheiden. Sie sehen ein abgestimmtes Verhalten  – der höchsten Politiker in der Trump-Administration.

Mit markigen Worten hatte Donald Trump Anfang Oktober mit der Aufhebung des Nuklear-Abkommens mit dem Iran gedroht. Haben Sie etwas davon gehört, dass offenbar auch Einheiten der iranischen Revolutionären Garden bzw. mit ihnen verbundene Milizen die irakische Armee unterstützen? Wir reden von jenen Garden, die Trump vorgibt, als Terrororganisation einstufen zu wollen. [30]

„Teheran stehen im Irak erhebliche Machtmittel zur Verfügung, darunter die schiitischen Milizen, die im Rahmen der Haschd al-Schaabi (der sogenannten Volksmobilisierung) aktiv sind. Obwohl diese Milizen einer im November 2014 verabschiedeten Resolution des irakischen Parlaments zufolge dem sicherheitspolitischen Establishment des Landes unterstellt sind, gilt die oberste Loyalität mancher dieser Milizen den Revolutionsgarden und Entscheidungsträgern der Islamischen Republik Iran. Diese Milizen werden vom Iran angeleitet, finanziert und ausgebildet und in manchen Fällen sogar von Iranern kommandiert.“ [31]

Das Erste sind Worte für die politische Bühne; die Manege aus der markige Worte hallen und von der die Medien berichten:

„Sicherlich müssen iranische Milizen, die sich im Irak befinden, jetzt, da der Kampf gegen den IS zu Ende geht, nach Hause gehen.“ [32]

Diese Forderung ist kaum ultimativ. Vielmehr ist sie so unbestimmt wie sie politisch nicht durchsetzbar ist und das weiß Washington. Das Zweite ist handfeste Politik und die sah und sieht bei den Ereignissen um das Barzani-Referendum ganz anders aus. Die Drohung einer Kündigung des Atom-Deals richtet sich aus Sicht der Ziocons in den USA und Israel in ihrer Paranoia zweifellos gegen den Iran. Aus Sicht der Trump-Riege aber zielt sie auf ganz andere, was es für die transatlantisch geführten und neokonservativ geprägten Massenmedien zu einem Eiertanz macht, Partei gegen oder für Trump zu ergreifen. Das besprechen wir jedoch in einem weiteren Artikel.

Bleiben Sie schön aufmerksam.


Quellen

[1] 12.6.2014; https://www.theguardian.com/world/2014/jun/11/mosul-isis-gunmen-middle-east-states

[2] 17.10.2017; https://flutterbareer.wordpress.com/2017/10/16/irakische-armee-erobert-kirkuk-an-einem-tag/

[3] 18.12.2015; http://www.shortnews.de/id/1182650/us-air-force-bombardiert-irakische-armee#

[3] https://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/96878EC082634BE6E04400144FAFBA7C

[4] Daniel Neun; 19.7.2014; https://www.radio-utopie.de/2014/06/19/posse-um-die-lukrativen-oel-felder-in-der-irakischen-region-kurdistan/

[5] 9.12.2010; https://www.welt.de/politik/ausland/article11508055/Washingtons-doppeltes-Spiel-mit-den-Kurden.html

[6] https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/02/10/erdogan-verliert-die-nerven-frontal-angriff-auf-die-usa/

[7] 19.2.2016; http://de.reuters.com/article/t-rkei-kurden-idDEKCN0VS1SH

[8] https://www.reddit.com/r/syriancivilwar/comments/2rvpbt/almasdar_news/

[9] Renato Velez; 5.9.2016; https://www.almasdarnews.com/article/demise-caliphate-isis-held-territory-shrinks-becomes-big-pocket/

[10] 20.1.2016; http://www.heute.at/news/welt/USA-uebernehmen-erstmals-Flugplatz-in-Syrien;art23661,1251828

[11] 30.5.2016; http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4998803/Tuerkei-bietet-USA-gemeinsamen-Einsatz-in-Syrien-an

[12] 22.8.2016; http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/5073170/Kurden-starten-Grossangriff_Assad-droht-Rueckschlag

[13] 10.6.2017; https://www.almasdarnews.com/article/sdf-wir-sind-bereit-fur-eine-kooperation-mit-saudi-arabien/

[14]  http://kaliningrad-domizil.ru/portal/information/politik-and-gesellschaft/verteidigungsminister-schoigu-zu-ergebnissen-in-syrien/

[15] 15.9.2017; http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-assad/assad-aide-says-syria-will-fight-any-force-including-u-s-backed-militias-idUSKCN1BQ2QD?il=0

[16] 21.3.2014; http://www.al-monitor.com/pulse/security/2014/03/isis-enforces-islamic-law-raqqa-syria.html

[17] 23.8.2014; http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/11052984/Inside-an-Isil-town-Raqqa-is-being-slaughtered-silently.html

[18] Die Klingen Arabiens; Martin Gehlen; 13.10.2014; http://www.handelsblatt.com/politik/international/hinrichtungen-in-saudi-arabien-die-bekommen-ihre-gerechte-strafe/10830296-2.html

[19][21][23] 17.10.2017; http://www.deutschlandfunk.de/irak-kurden-konflikt-die-usa-wollen-neutral-bleiben.1773.de.html?dram:article_id=398388

[20] 13.9.2017; https://www.israelnetz.com/politik-wirtschaft/politik/2017/09/13/israel-unterstuetzt-kurdenstaat/

[22] 16.10.2017; http://www.nrttv.com/EN/Details.aspx?Jimare=17012

[24][26] 22.8.2017; https://www.nytimes.com/2017/08/22/world/middleeast/iraq-kurds-independence-mattis-barzani-tillerson.html

[25] 22.8.2017; http://www.kurdistan24.net/en/news/c3fade80-3aaa-4433-890d-9b360d69fae2

[27] 30.8.2017; http://www.rudaw.net/english/kurdistan/30082017

[28] 22.9.2017; https://www.theguardian.com/world/2017/sep/22/masoud-barzani-on-the-kurdish-referendum-iraq-we-refuse-to-be-subordinates

[29] 29.9.2017; http://derstandard.at/2000065007107/USA-wollen-Gespraeche-zwischen-Kurden-und-Bagdad-foerdern

[30] 13.10.2017; http://www.tagesspiegel.de/politik/atomabkommen-isoliert-trump-den-iran-oder-sich-selbst/20455318.html

[31] 9.10.2017; http://www.mena-watch.com/warum-der-iran-gegen-das-referendum-in-irakisch-kurdistan-ist/ Übersetzung aus: https://besacenter.org/perspectives-papers/iran-kurdish-challenge/

[32] 22.10.2017; https://www.tagesschau.de/ausland/tillerson-iran-103.html

[b1] Der Neue Nahe Osten; Blood borders: How a better Middle East Would Look; Ralph Peters; 2006; Armed Forces Journal; http://www.armedforcesjournal.com/blood-borders

[b2] Titel: Twin-Explosion in southeastern Kobane on 8th October 2014; Autor: Karl-Ludwig Poggemann; Quelle: http://niemandswelt.de/vom-dschihad-ueber-krieg-zum-islamischen-staat; Lizenz: Public Domain

[b3] Name: US-Soldaten in Nordsyrien (Mai 2016); Quelle: https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/38576-aufnahmen-zeigen-us-soldaten-mit/; Lizenz: k.A.

[Titelbild] Datei: krak-of-chevaliers-1078528_960_720.jpg; Quelle: https://pixabay.com; Lizenz: CC0 Public Domain

Von Ped