Die russische Intervention in der Ukraine korrespondiert mit dem Bankrott einer politischen Strategie des Westens.
Die langsame, stetige Abwendung russischer Politik vom Westen begann nicht mit der Präsidentschaft Wladimir Putins. Nein, sie wurde ihm übertragen. Denn den russischen Eliten wurde im Laufe der Dekade von 1990 bis 1999 immer mehr bewusst, dass sie von ihren westlichen „Partnern“ getäuscht wurden.
Über drei Jahrzehnte hinweg hatte Russland darauf aufmerksam gemacht, dass es seine nationalen Sicherheitsinteressen durch westliche Politik gefährdet sieht. Schon aus diesem Grunde wirkt es befremdlich, wenn von einem „unprovozierten russischen Angriffskrieg“ in der Ukraine gesprochen wird. Zumal es selbst der dem Westen sehr zugetanen russischen politischen Elite vor der Jahrtausendwende besorgniserregend aufgefallen war, in welch dreister Weise die vermeintlichen Partner Russland geostrategisch einzukreisen begannen. Und so meint der Autor, dass der Aufstieg Putins unter anderem eine Folge genau dieser Besorgnisse ist.
„Die NATO-Erweiterung wird für die Russen nicht ohne Grund bedeuten, dass sich die Militärgrenze ihrer eigenen nähert. Das ist unbestritten. Und wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dass wir nach einem Konflikt oder einem Grund suchen, Europa zu spalten, insbesondere mit Russland, das das nicht verdient hat. Es wird sehr schwierig für uns sein, zu verhindern, dass dieses Land (Russland) das Gefühl hat, umzingelt zu sein. Es ist wichtig, Russland Garantien zu geben, ein noch stärkeres Abkommen zur Lösung der Zukunftsfragen zwischen Russland und den westlichen Ländern ins Auge zu fassen und darüber nachzudenken. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn es sich anfühlt, als würden wir Blöcke nachbauen.“ (1)
Wer hat das gesagt? Es war der damalige französische Staatspräsident Francois Mitterrand. Und wann hat er es gesagt? Er sagte es im Jahre 1994. Was trieb ihn zu dieser Aussage? Merken wir uns die Jahreszahl: 1994.
Zusicherungen
Der westdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher war sich Ende Januar 1990 völlig darüber im Klaren, dass die deutsche Wiedervereinigung nur dann möglich würde, wenn man eine NATO-Osterweiterung ausschließen würde:
„Andererseits machte Genscher deutlich, dass Veränderungen in Osteuropa und der deutsche Einigungsprozess nicht zu einer «Beeinträchtigung sowjetischer Sicherheitsinteressen» führen dürfen. Deshalb sollte die NATO eine «Ausdehnung ihres Territoriums nach Osten, z.B. eine Annäherung an die sowjetischen Grenzen», ausschließen. Genscher fügte hinzu, dass «Überlegungen, den Teil Deutschlands, der heute die DDR bildet, in die militärischen Strukturen der NATO einzubeziehen, die deutsch-deutsche Annäherung blockieren würden.»“ (2)
Genscher war es auch, der am 6. Februar des gleichen Jahres bei einem Treffen mit dem britischen Außenminister Douglas Hurd darauf hinwies:
„Wir müssen den Russen zusichern, dass wir Polen nicht in die NATO aufnehmen, falls seine Regierung eines Tages den Warschauer Pakt verlässt.“ (3)
Die im Gleichstrom der Meinung schwimmenden hiesigen Massenmedien wollen den Bürgern weismachen, dass es 1990 lediglich um eine NATO-Mitgliedschaft der deutschen Ostgebiete gegangen und eine NATO-Mitgliedschaft osteuropäischer Staaten gar nicht vorstellbar gewesen wäre (4). Aber allein schon die obige Aussage von Genscher weist darauf hin, dass es eben nicht so war!
James Baker, damals US-Außenminister, versuchte Gorbatschows Bedenken einer NATO-Expansion nach Osteuropa aus dem Wege zu räumen. In dessen Beisein erklärte er am 9. Februar 1990 unmissverständlich:
„Wir verstehen, dass es nicht nur für die Sowjetunion, sondern auch für andere europäische Länder wichtig ist, Garantien zu haben, dass, wenn die Vereinigten Staaten ihre Präsenz in Deutschland im Rahmen der NATO beibehalten, sich der derzeitige militärische Hoheitsbereich keinen Zoll in Richtung Osten ausweiten wird.” (a1, 5)
Einen Tag später versicherte der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl dem russischen Staatschef Michail Gorbatschow:
„Wir sind der Meinung, dass die NATO ihren Geltungsbereich nicht ausweiten sollte. Wir müssen eine vernünftige Lösung finden. Ich verstehe die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion völlig, und mir ist klar, daß Sie, Herr Generalsekretär, und die sowjetische Führung dem sowjetischen Volk klar erklären müssen, was geschieht.“ (6)
NATO-Generalsekretär Manfred Wörner betonte in einer Rede am 17. Mai 1990:
„Allein die Tatsache, dass wir bereit sind, keine NATO-Truppen über das Gebiet der Bundesrepublik hinaus zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ (7)
Dazu noch ein längerer Auszug aus der Diskussion des sowjetischen Staatschefs Gorbatschow mit US-Außenminister Baker am 9. Februar 1990 (siehe auch weiter oben), bei der Baker es Gorbatschow freistellte, die Beantwortung der Frage aufzuschieben oder diese sofort zu beantworten (Hervorhebung durch Autor):
„Angenommen, die Wiedervereinigung findet statt, was würden Sie vorziehen: ein vereinigtes Deutschland außerhalb der NATO, absolut unabhängig und ohne amerikanische Truppen; oder ein vereinigtes Deutschland, das seine Verbindungen zur NATO beibehält, aber mit der Garantie, dass sich die Rechtsprechung oder die Truppen der NATO nicht östlich der gegenwärtigen Grenze ausbreiten werden?” (5i)
Gorbatschow antwortete sofort und unmissverständlich die Sicherheitsinteressen seines Landes zum Ausdruck bringend (Hervorhebung durch Autor):
„[…] Wir beabsichtigen, alle diese Fragen auf der Ebene der Führung eingehend zu erörtern. Es versteht sich von selbst, dass eine Ausweitung der NATO-Zone nicht akzeptabel ist.“ (5ii)
Worauf Baker erwiderte: „Wir sind damit einverstanden.“ (5iii)
Warum gab es im Jahre 1990 diese Vielzahl an Stellungnahmen über die Unmöglichkeit einer NATO-Osterweiterung? Weil den Politikspitzen im Westen völlig klar war, dass andernfalls die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion (später Russlands) unmittelbar verletzt worden wären.
Geschichtsklitterung im kontrollierten Informationsraum
Die in den vergangenen Jahren in den Massenmedien verbreitete „wissenschaftliche Richtigstellung“ bestimmter westlicher Experten zu dieser klar feststellbaren Tatsache ist abenteuerlich. Es ist Propaganda. Und außerdem ist es eine bemerkenswerte Projektion. Weil diese Leute nämlich Russland überhaupt das Recht absprechen, als größtes Land der Erde eigene Sicherheitsinteressen zu vertreten und die eigene Politik danach auszurichten. Aus der eigenen schmalspurigen Sicht maßt man sich an, über Russland hinweg zu bewerten, was dessen Sicherheit abträglich ist und was nicht. Während man es als völlig normal ansieht, dass der westliche Machtblock nach Gutdünken seine Claims neu absteckt. Und zwar ohne Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen des Anderen.
Oder man ist pathologisch, es schon immer gewesen, und lügt dreist — gegenüber dem Publikum und gegenüber Russland.
Der inzwischen verstorbene Hannes Adomeit hat diese argumentative Trickserei wohl am besten hinbekommen und sein Spin wurde breit in den Medien ausgestreut. Der Trick besteht darin, den Leuten einzureden, die Sowjetunion hätte lediglich auf einem NATO-freien Ostdeutschland bestanden und eine NATO-Erweiterung in die osteuropäischen Regionen wäre damals schlicht undenkbar gewesen.
So hätten Wörners wie auch Bakers Worte (siehe weiter oben) sich lediglich auf Ostdeutschland bezogen und die sowjetische Führung hätte damals damit stillschweigend zugestimmt, dass die osteuropäischen Länder jederzeit in die NATO aufgenommen werden könnten (8, 9). Das hat die sowjetische Führung nicht! Es wäre ja auch ein völliger Blödsinn seitens Moskaus gewesen, auf einem NATO-freien Status Ostdeutschlands Wert zu legen, während man gleichzeitig eine NATO-Osterweiterung absegnete.
Am 6. März 1991 fanden sich die politischen Leiter der Außenministerien der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands zu einem Arbeitstreffen zusammen. Der deutsche Vertreter Jürgen Chroborg äußerte bei diesem Treffen:
„Wir haben während der 2+4-Gespräche klar darauf hingewiesen, dass wir die NATO nicht jenseits der Elbe erweitern werden. Wir können deshalb Polen und den anderen keinen NATO-Beitritt vorschlagen.“ (10)
Und der Abgesandte der USA, Raymond Seitz, stellte klar:
„Wir haben der Sowjetunion klar zu verstehen gegeben, in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und anderswo, dass wir aus dem Rückzug der sowjetischen Truppen aus Osteuropa keinen Profit schlagen werden.“ (10i)
Der letzte Botschafter der USA in der UdSSR, Jack F. Matlock, äußerte Jahrzehnte später:
„Ich war bei mehreren Treffen anwesend, bei denen amerikanische, britische und deutsche Offizielle Gorbatschow und Außenminister Schewardnadse versicherten, dass die Nato nicht weiter nach Osten expandieren würde, nachdem die ehemalige DDR mit in das Bündnis aufgenommen worden ist. Tatsächlich sagte Außenminister Baker mehrmals, die Nato würde »keinen Zentimeter« expandieren.“ (11)
Öffentlich-rechtliche Sender in Deutschland ficht das alles nicht an:
„Für den langjähriger Russland-Korrespondent der ARD, Johannes Grotzky ist Putins Beharren auf die Absprache [die NATO nicht nach Osten zu erweitern] «Rosinenpickerei».“ (12)
Es wird also der Eindruck erweckt, dass Russland irgendwelche „Nichtigkeiten“ vorschieben würde, um seine militärische Intervention in der Ukraine zu rechtfertigen. Gern und bereits gewohnheitsmäßig versteckt man sich hinter „Experten“:
„Der Historiker Müller erklärt, dass bis einschließlich 1993 die russische Regierung unter Jelzin die Auffassung vertreten habe, dass ein NATO-Beitritt Polens eine Angelegenheit des Landes und des Bündnisses sei. Eine kontinuierliche Ablehnung Russlands hinsichtlich der NATO-Aufnahme von ostmitteleuropäischer Staaten, wie sie jetzt von Putin vermittelt wird, gebe es demnach nicht.“ (12i)
Nur: Es gab sie eben doch, diese Ablehnung, und zwar massiv und von Beginn an, nicht erst seit 1993. Was selbst Staatsmedien in Deutschland, wenn auch eher ungewollt, einräumen. Die Deutsche Welle zitierte den früheren Kriegsminister Polens Janusz Onyszkiewicz:
„Die Russen waren natürlich gegen unsere NATO-Mitgliedschaft, doch wir haben mit allen Mitteln versucht, diesen Widerstand zu überwinden.“ (13)
Der Vertrauensbruch tritt offen hervor
Trotzdem ist die oben genannte Jahreszahl 1993 durchaus von Bedeutung, weil bis dahin noch russische Streitkräfte in Polen stationiert waren. Kaum waren diese abgezogen, wurde ein NATO-Beitritt zum Thema gemacht. Nehmen wir eine russische Perspektive aus jenen Tagen ein, konnte das nur alarmierend wirken.
Die sowjetischen/russischen Streitkräfte waren gerade erst aus den osteuropäischen Staaten abgezogen worden, da wurden umgehend mächtige Hebel in Bewegung gesetzt, um die NATO quasi „nachrücken“ zu lassen. Das bedeutete nicht nur einen massiven Vertrauensbruch, sondern auch eine ungenierte Verletzung russischer Sicherheitsinteressen.
Während die USA Russland das eher informelle Bündnis eines Partnership for Peace (PfP, in deutsch Partnerschaft für den Frieden) vorschlugen, welches für alle Staaten offen sein sollte, trieb Washington seine militärische Expansion mit der NATO-Erweiterung voran, Russland dabei ausschließend. Die russische Führung begriff das als betrügerische Symbolpolitik und den Versuch der verstärkten Blockbildung gegen statt mit Russland (14).
Sichtlich empört warf Russlands damaliger Präsident Boris Jelzin bereits im Jahre 1994 den USA vor, ihre Zusagen zu brechen und eine neue Spaltung Europas herauf zu beschwören. In einem Brief an US-Präsident Bill Clinton schrieb er:
„Lieber Bill: Ich habe Ihre Botschaft vom 2. Dezember aufmerksam gelesen. Die Frage der Entwicklung der NATO ist heute von zentraler Bedeutung für unsere Beziehungen und für die europäische Stabilität insgesamt. Deshalb sollte in dieser Frage nichts unzureichend zwischen uns diskutiert werden.“ (15)
und weiter:
„Ich kann Ihrer Einschätzung nicht zustimmen, dass dieses Dokument nichts Neues und Unerwartetes enthält. Ich bin nicht geneigt, die Situation zu dramatisieren, aber die Forderung des NAC bedarf einer sorgfältigen Analyse und Erläuterung uns gegenüber. […] Das Problem sollte in großem Maßstab angegangen werden, es sollte ein Dialog über die Annahme spezifischer Verpflichtungen und Sicherheitsgarantien für Russland und die NATO geführt werden, die dem Charakter der radikalen Veränderungen in der europäischen Situation entsprechen würden. Nur in diesem Kontext könnte man die NATO-Erweiterung in Betracht ziehen […].“ (15i)
Was hatte Russlands Präsidenten damals so erzürnt? Der im Zitat erwähnte NAC steht für North Atlantic Council, den Nordatlantikrat. Das ist die Schnittstelle der NATO zur Politik der Mitgliedsstaaten, das höchste Gremium des Paktes, der politisch übergeordnete Arm des Bündnisses (16). Clinton hatte in seinem Brief an Jelzin (vom 2. Dezember 1994) die Osterweiterung der NATO als praktisch nicht mehr zu diskutieren in den Raum gestellt und sich über die dazu geäußerte ablehnende Haltung des russischen Außenministers Andrej Kosyrew mokiert (17).
Schon im Jahr zuvor, also 1993, hatte Jelzin eine NATO-Osterweiterung als illegal bezeichnet und sich dabei auf den 2+4-Vertrag von 1990 bezogen. An Clinton schrieb er, es sei der „Geist des Vertrages, [der] die Option, das NATO-Gebiet nach Osten auszudehnen“, ausschließe (18). Und auch 1997 tauchte noch kein Putin im Kreml auf, als der damalige russische Außenminister Jewgeni Primakow erklärte:
„[die] wahre rote Linie [sei,] wenn sich die Infrastruktur der NATO in Richtung Russland bewegt.“ (18i)
Man muss dazu festhalten, dass all diese führenden Politiker eine Integration Russlands in das „westliche Wertesystem“ konsequent unterstützten (19). Alle drei gerade Genannten sahen im Westen ihre Partner, was sie auch sprachlich so ausdrückten. Diese Wortwahl, „Partner“, wurde auch lange Zeit von Jelzins Amtsnachfolger Putin genutzt. Das lässt sich durchaus auch als Ausdruck russischer Naivität bezeichnen, im Umkehrschluss aber eben auch als Ausdruck skrupelloser westlicher Machtpolitik. Damals, in den 1990er-Jahren, traute man es sich in den hiesigen, deutschen Medien auch noch, so etwas anzusprechen. Ja, man ahnte sogar, welche Konsequenzen sich daraus mittelfristig für die russische Politik ergeben würden:
„Denn diese Grundausrichtung der russischen Politik [in Richtung Westen] ist keineswegs unumkehrbar, so wenig wie der Transformationsprozeß Russlands in Richtung bürgerlicher Gesellschaft unumkehrbar ist. Dies trotz aller Lamentos über die Wiedergeburt des russischen Großmachtchauvinismus nicht zu erkennen, macht das Elend westlicher Russland-Politik aus.“ (20)
Heute könnte man solch eine Erkenntnis in Bezug auf deren Veröffentlichung in einem Leitmedium als bemerkenswert scharfsinnig qualifizieren. Denn die Zeiten und Maßstäbe haben sich inzwischen rasant nach unten bewegt. Fahren wir im Zitat aus der taz des Jahres 1995 fort:
„Vom Beginn der Debatte über die «Osterweiterung» der Nato an haben die westlichen Staaten es verabsäumt, Russland einen definierten Platz im Rahmen eines europäischen Sicherheitssystems einzuräumen. Sie haben die russischen Vorschläge zur Ausgestaltung der OSZE beiseite gewischt, weil sie in ihnen nur den Versuch sahen, die Nato zu neutralisieren.“ (20i)
Und weiter:
„Sie haben sich der Frage nicht gestellt, welche institutionellen Formen der Zusammenarbeit sie Russland anbieten müssen, damit das Land die Nato-Erweiterung «schluckt». Es handelt sich trotz aller entgegenlaufenden Rhetorik um nichts als Triumphalismus. Deswegen könnte Kosyrews baldiges Verschwinden in die Murmansker Gefilde doch ein Wegzeichen sein — in die falsche Richtung.“ (20ii)
Westliche Geostrategie
Mit dem wirtschaftlichen Ausweiden Russlands begnügte sich der anglo-amerikanische Machtblock schon damals nicht. Die systematische Schwächung bis hin zur Zerstückelung des ehemaligen sowjetischen Imperiums war sein Ziel. Robert Gates war sieben Jahre lang Vizedirektor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA. Die Interna, die er in seinen Memoiren veröffentlichte, sind beeindruckend. Unter anderem schrieb er:
„Als die Sowjetunion Ende 1991 zusammenbrach, wollte Dick [Cheney] nicht nur die Zerschlagung der Sowjetunion und des russischen Imperiums, sondern auch von Russland selbst.“ (21)
Dick Cheney war damals US-Kriegsminister, nachfolgend Vorstandsvorsitzender des Technologie- und Ölkonzerns Halliburton und später US-Vizepräsident unter George W. Bush (22). In einem Memorandum zu einer geplanten Sitzung des US-Außenministeriums wurde bereits am 25. Oktober 1990 offen die NATO-Osterweiterung auf die Tagesordnung gesetzt. Diplomatisch kaum verschlüsselt zeigte sich schon damals, wohin die Reise gehen würde, denn Cheney plädierte dafür, „die Tür offen [zu] lassen“, während das US-Außenministerium „es vorzieht, einfach festzustellen, dass die Diskussion über eine Erweiterung der Mitgliedschaft nicht auf der Tagsordnung steht […]“ (23).
So sehr ein Boris Jelzin auch die neoliberale Agenda des Westens in seinem Land mitgetragen haben mag. So sehr traue ich dem Politiker zu sehen, welche Gefahr für die bloße Existenz Russlands er am Himmel aufziehen sah, als ihm bewusst wurde, wie unter anderem er in Bezug auf die NATO-Osterweiterung hintergangen wurde. Gut möglich, dass es sogar genau dieser Punkt war, der ihn und sein Umfeld dazu trieb, einen Wladimir Putin an die Spitze der russischen Regierung zu berufen.
Man ging auf die russischen Belange in den 1990er-Jahren so wenig ein, wie man es heute tut. Es hat sich seitdem an der US-geführten Politik des Wertewestens im strategischen Sinne rein gar nichts geändert. Jelzin sprach Clinton im Mai 1995 direkt an:
„Nun zur Frage der europäischen Sicherheit — eine Frage, die nicht weniger wichtig ist als die, die wir gerade diskutiert haben. Sie ist sogar noch wichtiger! Ich möchte ein klares Verständnis für Ihre Idee der NATO-Erweiterung bekommen, weil ich jetzt nichts anderes als eine Demütigung für Russland sehe, wenn Sie weitermachen; was denken Sie, wie es für uns aussieht, wenn ein Block weiterbesteht, während der Warschauer Pakt abgeschafft wurde?“ (24)
Die russische Politik hat einen schmerzhaften Erkenntnisprozess durchlaufen, der — das sei nochmals betont — nicht mit Putins Machtübernahme begann. Jelzin selbst wurde zunehmend bewusst, dass die hehren Worte von einer anzustrebenden „Sicherheitspartnerschaft“ nichts weiter als leere Worte waren und sich dahinter bedrohliche Prozesse verbargen. Jelzin im Originalton gegenüber Clinton, geäußert im Mai 1995:
„Es ist eine neue Form der Einkreisung, wenn sich der eine überlebende Block des Kalten Krieges bis an die Grenzen Russlands ausdehnt. Viele Russen haben ein Gefühl der Angst. Was wollt ihr denn damit erreichen, wenn Russland euer Partner ist? fragen sie. Ich frage in ihrem Sinne: Warum wollt ihr das tun? Wir brauchen eine neue Struktur für gesamteuropäische Sicherheit, nicht erneut die alte!“ (24i)
Es geht hier um einen eklatanten Vertrauensbruch. Die westlichen Mächte täuschten und tricksten, um sich einen geostrategischen Vorteil zu verschaffen. Sie begriffen Russland eben nicht als gewonnenen Partner, sondern beäugten es misstrauisch als Konkurrenten, ja potenziellen Gegner.
Sie missbrauchten die Offenheit der sowjetischen Führung in einer Zeit von Aufbruch und Neuanfang (Stichwort Perestrojka). Sie instrumentalisierten die persönlichen Beziehungen der Verhandlungsführer. Jelzin sprach den US-Präsidenten damals stets mit „Dear Bill“ (lieber Bill) an, wie auch Gorbatschow zuvor ein vertrauensvolles Verhältnis zu US-Außenminister Baker entwickelt hatte. Und nicht anders verhielt es sich bei Putins Kontakten zur US-Führung, als er in den Kreml einzog.
Das Argument von Unverbindlichkeit aufgrund fehlender schriftlicher Verträge ist ein manipulatives Ablenkungsmanöver. Die Sicherheitsinteressen der UdSSR und Russlands wurden vom Westen klar erkannt, damals im Jahre 1990 und auch danach, bis heute. Aber wie sich herausgestellt hat, wurden diese Interessen niemals ernsthaft und ehrlich anerkannt. Denn die angebliche Anerkennung des Erkannten war letztendlich pure Heuchelei.
Und genau diese Heuchelei — obwohl man einen Sachverhalt klar erkennen kann, diesen einfach nicht anzuerkennen — findet man auch in den Gleichstrommedien. Wider besserem Wissen tut man so, als wären die von Russland vorgebrachten eigenen Sicherheitsinteressen schlicht nicht existent. Das Ergebnis unter anderem dieser Ignoranz wie Arroganz sehen wir jetzt: den blutigsten Konflikt, den Europa seit dem Zweiten Weltkrieg erfahren hat.
Einer der Strippenzieher in diesem unehrlichen strategischen Spiel, das ausschließlich und rücksichtslos den eigenen Vorteil anstrebt, war Zbigniew Brzezinski. 1997 erschien seine Abhandlung „The Great Chessboard“. Russland wurde in diesem Buch im Rahmen einer „Sicherheitspartnerschaft“ lediglich die Rolle eines zurecht gestutzten Vasallen zugestanden und der NATO-Staat Ukraine — die Sicherheitsinteressen Russlands eklatant verletzend — wurde vorweg genommen.
„Da die EU und die NATO sich nach Osten ausdehnen, wird die Ukraine schließlich vor der Wahl stehen, ob sie Teil einer dieser Organisationen werden möchte. Es ist davon auszugehen, dass sie, um ihre Eigenständigkeit zu stärken, beiden beitreten möchte […]. Obwohl dies Zeit brauchen wird, kann der Westen […] schon jetzt das Jahrzehnt zwischen 2005 und 2015 als Zeitrahmen für eine sukzessive Eingliederung der Ukraine ins Auge fassen.” (25)
Brzezinski war eine graue Eminenz, ein einflussreicher Ideologe und Berater mehrerer US-Präsidenten. Seine Überlegungen aus den 1990er-Jahren, als an einen Wladimir Putin noch gar nicht zu denken war, sind so authentisch, wie sie auch Ursache und Wirkung wieder in die richtige Reihenfolge setzen.
Vielleicht hat ein Boris Jelzin Brzezinskis Rolle nicht durchschaut. Putin und auch der damalige Außenminister Primakow waren sich jedoch darüber im Klaren und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie „The Great Chessboard“, erschienen im Jahre 1997, gelesen haben. Noch einmal wiederholt sei das Zitat von Jewgeni Primakow, ebenfalls aus dem Jahr 1997:
„[die] wahre rote Linie [sei,] wenn sich die Infrastruktur der NATO in Richtung Russland bewegt.“ (18ii)
Russland in die NATO
Es gibt da eine bemerkenswerte Episode im Verhältnis der NATO zur Sowjetunion, respektive Russland.
Die sowjetische Führung unter Gorbatschow hat in den Jahren vor und nach der deutschen Wiedervereinigung ernsthafte Versuche unternommen, das Blockdenken und die damit einhergehende Spaltung zwischen Staatengruppen zu überdenken und zu überwinden. In diesem Sinne war ihr auch an einem vereinten Deutschland gelegen, das keinem Militärpakt angehört.
Gorbatschow und sein damaliger Außenminister Schewardnadse konnten mit der NATO leben. Die NATO als Militärbündnis war für sie kein Problem. Freilich nur dann, wenn dieses Bündnis militärischer Teil eines Systems kollektiver Sicherheit war, das jedem offen stand. In Diskussionen mit US-Außenminister Baker fand letzterer sehr geschmeidig immer wieder Argumente, um Gorbatschow eine NATO-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands schmackhaft zu machen.
Der sowjetische Führer steckte in einem Dilemma. Einerseits war er von der Machbarkeit einer ganz anderen, neuen, zwischenstaatlichen, auf Kooperation basierenden Politik überzeugt. Zu der es auch gehörte, Vertrauen entgegen zu bringen und in Vorleistung zu gehen. Andererseits spürten er und seine Berater sehr wohl, dass die ganzen Kapriolen, vor allem der US-Verhandlungsführer, auf Eines hinausliefen: Russland auszugrenzen. Ein Militärbündnis, dass Russland ausgrenzt, konnte potenziell als Waffe gegen Russland verwendet werden. Also äußerte Gorbatschow gegenüber Baker im Mai 1990:
„Und wenn keines meiner Argumente Sie überzeugt, dann werde ich dem Präsidenten [US-Präsident Bush] vorschlagen und öffentlich verkünden, dass wir auch der NATO beitreten wollen. Sie sagen ja, dass die NATO nicht gegen uns gerichtet ist, dass sie nur eine Sicherheitsstruktur ist, die sich an die neue Realität anpasst. Wir werden also vorschlagen, der NATO beizutreten.“ (26)
Dieser Vorschlag war ernst gemeint und wurde dann Wochen später von Gorbatschow auch gegenüber Bush (Senior) vorgebracht:
„Wenn der Kurs, der auf die Umwandlung der Union, auf ihre politische Diffusion in den gesamteuropäischen Prozess abzielt, ernst gemeint ist, dann ist das natürlich eine ganz andere Sache. Aber dann stellt sich die Frage nach der Umwandlung der NATO in eine wirklich offene Organisation, deren Tür keinem Staat verschlossen werden kann. Dann könnten wir wahrscheinlich auch darüber nachdenken, Mitglied der NATO zu werden.“ (27)
Diese Vorschläge wurden niemals ernsthaft aufgenommen. Schließlich liefen sie ja auch den eigentlichen Zwecken der NATO zuwider: vasallenhafte von den USA kontrollierte Einbindung der militärischen Strukturen anderer Staaten zum Ersten und die Rolle als Kampfhund gegenüber dem größten Land der Erde zum Zweiten. Die NATO wäre andernfalls eine völlig andere Organisation geworden, die das Blockdenken als geostrategisches Konzept aufgelöst hätte. Genau das war auch das Ansinnen, als Wladimir Putin, nur kurz nach seinem Amtsantritt den Vorschlag Gorbatschows aufnahm und der NATO ein Angebot Russlands unterbreitete, dem Bündnis beizutreten (28).
Fazit
32 Jahre lang war man sich seiner Sache sicher, Russland systematisch mit einer Methode des Tricksens und Täuschens einhegen, schwächen und schließlich spalten zu können. Russland hat in diesen 32 Jahren seine Sicherheitsinteressen stets offen kommuniziert. Aber da waren keine Partner. Nun werden diese Nicht-Partner auch nicht mehr als Partner behandelt. Russland sieht sich im Krieg und handelt entsprechend radikal. Nur ein radikaler Wechsel in der Politik dieser vermeintlichen Partner Russlands wird das verändern können.
Das Narrativ der Informationshoheit, dass ein Wladimir Putin eine Bedrohung durch die NATO für sich erfunden hätte, um angeblich einen imperialen Anspruch auf die angeblich demokratische, in Wirklichkeit extrem nationalistische, ja faschistoide Ukraine zu vertuschen (29), kann deshalb der Realität schlicht und einfach nicht standhalten.
Von 1987 bis 1991 war Jack F. Matlock Botschafter der USA in der Sowjetunion. Im Jahre 1997 wurde er zu einer NATO-Osterweiterung im US-Senat befragt und antwortete:
„Sollte sie vom Senat der Vereinigten Staaten gebilligt werden, so könnte sie als der größte strategische Fehler seit dem Ende des Kalten Krieges in die Geschichte eingehen. Weit davon entfernt, die Sicherheit der Vereinigten Staaten, ihrer Verbündeten und der Nationen, die dem Bündnis beitreten wollen, zu verbessern, könnte es eine Kette von Ereignissen fördern, die zur größten Sicherheitsbedrohung für diese Nation seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion führen könnte.“ (30)
Er sollte recht behalten.
Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.
Anmerkungen und Quellen
(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung — Nicht kommerziell — Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen — insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors — kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 29. August 2024.
(a1) Übersetzungen aus dem Englischen unter Zuhilfenahme von DeepL.com.
(1) 01.12.2023; karlof1’s Geopolitical Gymnasium; Karl Sanchez; Lavrov’s Presser in the Lion’s Den; zitiert von Francois Mitterand, 1994; https://karlof1.substack.com/p/lavrovs-presser-in-the-lions-den; Primärquelle: 01.12.2023; Russisches Außenministerium; https://mid.ru/ru/foreign_policy/news/1918688/
(2) 01.02.1990; National Security Archive; U.S. Department of State; Unclassified Doc No. C06264304; Genscher outlines his vision of a new European architecture; https://nsarchive.gwu.edu/document/16112-document-01-u-s-embassy-bonn-confidential-cable
(3) 06.02.1990; National Security Archive; Mr. Hurd to Sir C. Mallaby (Bonn). Telegraphic N. 85: Secretary of State’s Call on Herr Genscher: German Unification.; https://nsarchive.gwu.edu/document/16113-document-02-mr-hurd-sir-c-mallaby-bonn; Primärquelle: Documents on British Policy Overseas, series III, volume VII: German Unification, 1989-1990. (Foreign and Commonwealth Office. Documents on British Policy Overseas, edited by Patrick Salmon, Keith Hamilton, and Stephen Twigge, Oxford and New York, Routledge 2010). pp. 261-264
(4) 03.12.2021; ARD-Tagesschau; Silvia Stöber; Hat die NATO Versprechen gebrochen?; https://www.tagesschau.de/faktenfinder/nato-erweiterung-mittel-ost-europa-101.html
(5 bis 5iii) 09.02.1990; National Security Archive; Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. (Excerpts); https://nsarchive.gwu.edu/document/16117-document-06-record-conversation-between; (5) S. 5,; (5i bis 5iii) S. 8/9; Primärquelle: Archiv der Gorbachev Foundation, Fond 1, Opis 1
(6) 10.02.1990; National Security Archive; Memorandum of conversation between Mikhail Gorbachev and Helmut Kohl; https://nsarchive.gwu.edu/document/16120-document-09-memorandum-conversation-between; Primärquelle: Mikhail Gorbachev i germanskii vopros, edited by Alexander Galkin and Anatoly Chernyaev, (Moscow: Ves Mir, 2006)
(7) 17.05.1990; NATO Speeches; Manfred Wörner; The Atlantic Alliance and European Security in the 1990s; https://www.nato.int/docu/speech/1990/s900517a_e.htm
(8) 2018; Bundesakademie für Sicherheitspolitik; Hannes Adomeit; NATO Osterweiterung: Gab es westliche Garantien?; https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/arbeitspapier_sicherheitspolitik_2018_03.pdf
(9) 20.02.2022; Neue Zürcher Zeitung; Hannes Adomeit; Die Nato habe versprochen, sich nicht nach Osten auszudehnen, sagt Putin — stimmt das?; https://www.nzz.ch/international/hat-die-nato-bei-der-osterweiterung-gegenueber-russland-gelogen-ld.1669445
(10, 10i) 18.02.2022; Der Spiegel; Klaus Wiegrefe; Neuer Aktenfund von 1991 stützt russischen Vorwurf; https://www.spiegel.de/ausland/nato-osterweiterung-aktenfund-stuetzt-russische-version-a-1613d467-bd72-4f02-8e16-2cd6d3285295; Artikel hinter Registrierschranke
(11) 30.04.2024; Cicero; Gregor Baszak; Interview mit Jack F. Matlock: „Der Kalte Krieg endete durch Verhandlungen“; https://www.cicero.de/aussenpolitik/russland-ukraine-us-aussenpolitik-jack-f-matlock
(12, 12i) 22.02.2022; Deutschlandfunk; Warum wirft Putin der NATO vor, Absprachen gebrochen zu haben?; https://www.deutschlandfunk.de/russland-ukraine-konflikt-nato-osterweiterung-100.html
(13) 12.03.2019; Deutsche Welle; Monika Sieradzka; 20 Jahre NATO: Der polnische Musterknabe; https://www.dw.com/de/20-jahre-in-der-nato-der-polnische-musterknabe/a-47852604
(14) 16.03.2018; National Security Archive; NATO Expansion: What Yeltsin Heard; https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2018-03-16/nato-expansion-what-yeltsin-heard
(15, 15i) 03.12.1994; National Security Archive; Yeltsin Letter to Clinton; https://nsarchive.gwu.edu/document/27163-doc-09-yeltsin-letter-clinton; Freedom of Information Lawsuit. State Department
(16) 29.08.2007; ARD-Tagesschau; Wie funktioniert die NATO?; https://www.tagesschau.de/ausland/meldung-ts-1358.html
(17) 02.12.1994; National Security Archive; Clinton Letter to Yeltsin; https://nsarchive.gwu.edu/document/27162-doc-08-clinton-letter-yeltsin; Freedom of Information Lawsuit. State Department
(18 bis 18ii) 10.02.2022; Dekoder; Kristina Spohr; Die Geschichte der NATO-Osterweiterung; https://www.dekoder.org/de/gnose/nato-osterweiterung-debatte-versprechen
(19) 28.02.1994; taz; Klaus-Helge Donath; Andrej Kosyrew, der „Junge aus Guttaperch“; https://taz.de/Andrej-Kosyrew-der-Junge-aus-Guttaperch/!1574554/
(20 bis 20ii) 28.12.1995; taz; Christian Semler; Wende der Wegzeichen?; https://taz.de/!1478955/
(21) 14.01.2014; Robert M. Gates, Duty: Memoirs of a Secretary at War, Knopf Doubleday, (S. 97); Zitat entnommen bei Infosperber; 12.08.2023; Jacques Baud; Das Versprechen, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnt; https://www.infosperber.ch/politik/welt/das-versprechen-dass-sich-die-nato-nicht-nach-osten-ausdehnt/
(22) US-Botschaft in Deutschland; Vice President Dick Cheney; https://usa.usembassy.de/etexts/gov/biograph/cheney.htm#bio; abgerufen: 13.03.2024
(23) 25.10.1990; U.S. Department of State; Memorandum; NATO Strategy Review Paper for October 29 Discussion; https://nsarchive.gwu.edu/document/16141-document-27-james-f-dobbins-state-department; Primärquelle: George H. W. Bush Presidential Library: NSC Philip Zelikow Files, Box CF01468, Folder “File 148 NATO Strategy Review No. 1
(24, 24i) 10.05.1995; National Security Archive; U.S. Department of State; Memorandum of Conversation between President Clinton and President Yeltsin, Kremlin, Moscow; https://nsarchive.gwu.edu/document/27172-doc-18-memorandum-conversation-between-president-clinton-and-president-yeltsin
(25) The Great Chessboard (Die einzige Weltmacht); Zbigniew Brzezinski; 1997; Basic Books, New York; Deutsche Ausgabe: Fischer Taschenbuch-Verlag (dtv) unter Lizenz Beltz Quadriga Verlag, Weinheim u. Berlin; ISBN 3-596-14358-6; http://fischer-tb.de; S. 178/179
(26) 18.05.1990; National Security Archive; Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow; https://nsarchive.gwu.edu/document/16132-document-18-record-conversation-between; S. 25/26; Primärquelle: Gorbachev Foundation Archive, Fond 1, Opis 1
(27) 31.05.1990; National Security Archive; Record of Conversation, M.S. Gorbachev and G. Bush, Washington D.C., The White House [Plenary, with delegations, excerpts]; https://nsarchive.gwu.edu/document/20378-national-security-archive-doc-16-record; S. 4; Primärquelle: Gorbachev Foundation, Fond 1, Opis 1
(28) 19.01.2022; Foreign Policy; Elisabeth Braw; When Putin Loved NATO; https://foreignpolicy.com/2022/01/19/putin-russia-ukraine-nato-george-robertson/
(29) 26.09.2022; taz; Jens Uthoff; „Imperiale Politik wird scheitern“; https://taz.de/Historiker-ueber-Geschichte-der-Ukraine/!5881389/
(30) 15.02.2022; Responsible Statecraft; Jack F. Matlock Jr.; I was there: NATO and the origins of the Ukraine crisis; https://responsiblestatecraft.org/2022/02/15/the-origins-of-the-ukraine-crisis-and-how-conflict-can-be-avoided/
(Titelbild) Betrug, Maske, Verschwörer; Autor: Sammy-Williams (Pixabay); 03.04.2019; https://pixabay.com/de/photos/betrug-hacker-sicherheit-virus-4126798/; Lizenz: Pixabay License
Ein wirklich bedeutender Artikel, lieber Ped, der die Behauptung westlicher Medien und Politiker, Russland würde in der Ukraine „einen unprovozierten, brutalen Angriffskrieg führen“, völlig widerlegt.
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Wenn ich den Artikel lese, stelle ich bei mir selbst fest, dass viele der damaligen Vorgänge und Details im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung und den Zusicherungen westlicher Politiker, die Nato „keinen Zentimeter“ nach Osten auszuweiten, in Vergessenheit geraten sind.
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Es ist wirklich ein Jammer, dass die Blöd-Zeitung diesen Artikel nicht veröffentlicht, denn deutlicher kann man die Lügen des Westens kaum sichtbar machen.
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Übrigens: Das Blöd über die Vorgänge um die, wegen der Weiterleitung eines AfD-Videos, von der Polizei aus dem Unterricht geholten Schülerin berichtet, wundert mich. Was ist da los? Hat Trump wieder zugeschlagen?
Herzlichen Dank für die akribische Zusammenstellung der Ereignisse um den Zusammenbruch der UdSSR und die nahezu allesamt gebrochenen Versprechen des Westens.
Ich weiß noch genau, wie Genscher im TV die Erklärung abgab, die NATO werde keinen Zentimeter nach Osten ausgedehnt, ja nicht einmal nach Ostdeutschland.
Aber was will man erwarten, wenn schon im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkrieg, das Verfassungsgericht urteilte, nicht der Angriffskrieg wäre verfassungswidrig, nach GG wäre es nur die Vorbereitung dazu.
Als Bürger ohne jeglichen politischen Einfluß bleibt uns ja letztlich nur, immer wieder auf die Lügen der Obrigkeiten hinzuweisen, um so die vollständige Hypnose und Massenbildung zu verhindern.
Ganz herzliche Grüße, Steffen!
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Danke auch für die Korrekturhinweise!
Herzlich, Ped
Vielen Dank für diesen sehr, sehr starken Artikel.
Mal wieder einer Ihrer etwas längeren Artikel.
Wie immer sehr gut recherchiert und schön erzählt. Ein Genuss! Gerade weil der Inhalt keineswegs schmackhaft ist, hilft das Studium der Zutatenliste, sich nicht den Magen zu verderben. Vielleicht hilft es, wenn Sie einen solchen Artikel einer Ihrer Programmbeschwerden, als Gratiszugabe für den Empfänger hinzufügen, Er wird es nicht erwähnen, aber vielleicht pustet es in der Langzeitwirkung ein paar Hirnwindungen frei.
(die Hoffnung stirbt zuletzt)
Alles Gute!
Ergänzend ein Hinweis auf die sogenannte (inoffizielle) Wolfowitz-Doktrin von 1992, die den Anspruch formulierte, kein Staat dürfe jemals in der Lage sein, dem – salopp ausgedrückt – (US-) Frosch die Locken zu bürsten:
„The document was widely criticized as imperialist, as the document outlined a policy of unilateralism and pre-emptive military action to suppress potential threats from other nations and prevent dictatorships from rising to superpower status.“
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https://en.wikipedia.org/wiki/Wolfowitz_Doctrine
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Das ist der Leitgedanke bis heute und zeigt, dass außer Lug & Betrug von den USA nichts zu erwarten ist. Um so höher ist die Haltung der Russischen Föderation zu achten, bis an die Grenze des Erträglichen zu gehen, um ein nukleares Finale zu verhindern.
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Übrigens stehen die vier im Wikipediaartikel genannten, an der ‚Defense Planning Guidance for the 1994–1999 fiscal years‘ beteiligten Schurken (Wolfowitz, Cheney, Powell und Libby) alle auf der Liste von Millenium Report „103 Suspected 9-11 Criminal Coconspirators“, außer Powell alle frühere Assets bei PNAC.
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Für mich bleibt es eine der großen Fragen, welchen Lauf die Geschichte genommen hätte, wenn Putin (er soll nach 9/11 der erste gewesen sein, der Bush anrief) sich nicht auf diesen schändlichen Schmarrn von den 19 Arabern hätte vergattern lassen; dies auch und vor allem angesichts der erneuten Barbarei des zionistischen Regimes in Gaza.
Denen, die immernoch die Behauptung eines „Angriffskrieges durch Russland“ nachäffen verlinke ich regelmäßig diese Dokumentation:https://odysee.com/@nudaveritas:f/NudaVeritas-I-DE:4 Darin wird unmißverständlich die Entwicklung der Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion skizziert. Der Bundesregierung ist diese Entwicklung durchaus bewußt, dennoch unterstützt sie unverhohlen die ukrainischen Faschisten, während sie die politische Opposition im eigenen Land als rechts diffamiert. Diese Doku ist den Manipulierten und Russophoben gewidmet und sollte an die Maingläubigen weiterverbreitet werden.
„Stephan Suschke platzt der Kragen: Wütender Brief an Anton Hofreiter“
So heißt es in einem Artikel hinter der Bezahlschranke der Berliner Zeitung. Ich habe mir die Mühe gemacht, eine Quelle zu finden, aus welcher der gesamte (köstliche) Inhalt lesbar ist und will Euch das Schreiben nicht vorenthalten:
„Sehr geehrter Herr Hofreiter,
Ich finde es gut, dass Sie endlich Seit an Seit mit Herrn Röttgen und Frau Strack-Zimmermann marschieren. Da wird deutlich, dass auch ein ungedienter Grünen-Politiker sein patriotisches Herz auf dem richtigen Fleck hat. Ich finde auch, dass Sie – natürlich gemeinsam mit den anderen beiden – endlich die Waffe ergreifen sollten und unsere Freiheit am Dnjepr, also am Dnipro, um genau zu sein, verteidigen sollten. (Das hat ja am Hindukusch auch so gut geklappt.) Außerdem ist es gut, dass man gegen die Russen endlich mal auf der richtigen Seite steht und diese Schmach des verlorenen Weltkriegs ausmerzen kann.
Für Ihre, die Geschichte mutig umdeutende, Grünen-Kollegen Marieluise Beck und Ralf Fücks hat ja eigentlich das ukrainische Volk Hitler besiegt. Das waren wahrscheinlich die von Herrn Melnyk so geschätzten Bandera-Leute, die sich nach ihren Judenmorden als Wiedergutmachung in die Rote Armee eingereiht haben. Es werden sich Quellen in amerikanischen Archiven finden lassen, da werden die Kollegen von Annalena findig sein, waren sie immer. Die Russen hatten nichts anderes zu tun, als unsere deutschen Frauen zu vergewaltigen, während die Ukrainer mutig und keusch vorangestürmt sind.
Aber ich denke, für Sie wäre es gut, wenn Sie nicht nur immer den Mund, aufmachen, sondern endlich konsequent sind und dienen – IN STAHLGEWITTERN. Die Deutschen brauchen solche Vorbilder wie Sie. Ich auch. Dann gewinne ich endlich den Glauben an Politiker zurück. Im Übrigen plädiere ich auch dafür, dass der Etikettenschwindel mit der Heinrich-Böll-Stiftung endlich aufhört. Da gibt es doch etliche bessere Namen: Ernst Jünger wäre vielleicht ein bisschen feige, besser wäre Erwin Rommel – ein Siegertyp, hatte dummerweise Kontakt zu den Verrätern vom 20. Juli; bleibt nur General Rudel, aufrechter Kämpfer gegen die Russen in 2530 Feindflügen, mit einer Abschussquote, bei der Putin bleich werden würde: 3 Schiffe, 70 Landungsfahrzeuge und 519 Panzer! Das waren noch deutsche Soldaten. Aber da fuhr auch die deutsche Bahn regelmäßig.
Ich finde die Grüne Partei sollte sich endlich auch praktisch zu ihren ideologischen Wurzeln bekennen, die sie seit vierzig Jahren so schamhaft verborgen hat. Der Gleichberechtigung wegen, mit Annalena und Kathrin in der vordersten Reihe, Ost und West, „die Reihen fest geschlossen“, vereint gegen den Russen, den gemeinsamen Feind. Das wird vielleicht mit der Frisur bei der Annalena ein bisschen schwierig werden, aber von dem gesparten Steuergeld kann sie noch die eine oder andere Granate für die Ukraine im Diplomatenkoffer mitbringen. Wenn die Agnes SZ mit ihren Freunden von Rheinmetall spricht, würden die vielleicht eine Sonderedition produzieren: DIE GUTE ANNALENA. Aber der Fotograf müsste unbedingt dabei sein, weil er den neuen Akzent von Annalena dokumentieren muss: das role model feministischer Außenpolitik im Schützengraben, in den Weiten der Ukraine, das entscheidende add on für die Weltpolitik und das in Tarnfarben – ich sehe den OSCAR schon vor mir. Nicole Kidman könnte das gut spielen. Des einen Stahlhelm ist das Gesicht der anderen.
Aber ich vermute, dass Sie Argumente gegen den deutschen Stahlhelm haben, weil Sie sich für unverzichtbar an der deutschen Heimatfront halten. Ich ja nicht. Aber vielleicht überdenken Sie ihre Position nochmal und wagen ein bisschen mehr Mut, gerade im Angesicht dieses feigen, läppischen Kanzlers, der halsstarrig versucht, Deutschland aus dem Schussfeld russischer Waffen rauszuhalten. Eine dumme, man darf ja nicht mal sagen, rückwärtsgewandte Position. Leider, wegen dem Hitler und der Moral, die Sie und Ihre Partei ja klugerweise gepachtet haben; das müsste man erst ein bisschen zurechtbiegen, aber da denken ja die Marieluise und der Ralf vor. Nichtsdestotrotz Vorwärts, oder wie das so schön im ersten Weltkrieg hieß: Jeder Schuss ein Russ!
In kriegerischer Verbundenheit
Stephan Suschke
PS: Weil vom Namensgeber Ihrer Stiftung die Rede war. Pflichtlektüre für Sie und nicht nur Ihre Grünen-Kollegen wäre Heinrich Bölls DER ZUG WAR PÜNKTLICH: Die Reise eines deutschen Soldaten, die ins Herz der Ukraine führt und in den Tod.
Der Theatermacher Stephan Suschke wurde 1958 in Weimar geboren. Er ist ein deutscher Theaterregisseur und Theaterintendant und Autor. Er ist aktuell Schauspieldirektor am Landestheater Linz.“
Quelle: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/other/stefan-suschke-platzt-der-kragen-wütender-brief-an-anton-hofreiter/ar-BB1jUp3i