Der Umbau oder auch die personelle Neubesetzung demokratischer Strukturen ist ein unerschöpfliches Thema.


Wie auch die Erfolge solcher Maßnahmen eher fragwürdig sind. Wird möglicherweise von einer fehlerhaften Grundannahme ausgegangen? Außerdem stellt sich die Frage, ob das, was wir unter Demokratie verstehen, tatsächlich erstrebenswert ist. Letzten Endes sei die ketzerische Frage gestattet, ob unser Verständnis von Demokratie möglicherweise auf einem Missverständnis, und zwar einem emotionalen Missverständnis beruht.


Das Ganze beginnt schon bei der Definition des Begriffes:

1) ohne Plural: Volksherrschaft; politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen, andere Abstimmungen oder losbestimmte Vertreter an der Machtausübung im Staat teilhat
2) ohne Plural: Regierungssystem, das das in 1) beschriebene Prinzip verwirklicht
3) Staat, dessen Regierungssystem das Prinzip 1) verwirklicht
4) auf andere gesellschaftliche oder politische Ebenen übertragene Bedeutung 1) (ohne Plural) Prinzip der freien und gleichberechtigten Willensbildung und Mitbestimmung in unter- oder überstaatlichen Gruppen oder Organisationen durch deren Angehörige (1)

Suchen Sie sich das Passende heraus, liebe Mitleser. Auf welcher der vier Ebenen wollen wir Hand anlegen? Oder belassen wir es alles so? Was konkret wollen wir eigentlich dabei verbessern? Was treibt uns an, bestimmte Dinge zu ändern — oder auch nicht zu ändern? Gute Argumente? Was sind gute Argumente?

Werfen wir einen Blick in die Vergangenheit. Befassen wir uns mit einem Ereignis, das gemeinhin als Sternstunde der Demokratie bezeichnet wird. Ein Ereignis, in dem des Volkes Stimme Gehör fand. Oder vielleicht doch nicht? Sprach vielleicht eine fremde Stimme durch des Volkes Mund?

Am 18. März 1990 fanden Volkskammerwahlen in der DDR statt. Es waren dann auch die letzten, denn die DDR-Volkskammer beschloss wenig später, sich — und den Staat, dessen Bürger sie vertrat, gleich mit — abzuschaffen. Gemeinhin werden diese Wahlen als die ersten freien, demokratischen Wahlen in der DDR überhaupt gelobt. Ich kann mich noch erinnern, dass ich im Jahr zuvor erstmalig so frei war, nicht zur Wahl (Kommunalwahl) zu gehen, was übrigens auch ein Markenzeichen freier, demokratischer Wahlen ist. Und da haben wir sie wieder, die Demokratie.

Diese gelebte Demokratie erlaubte den Bürgern der DDR erstmalig eine freie, durchdachte Willensentscheidung. Als aktive Staatsbürger trafen sie eine selbstverantwortete Wahl. Sagt man jedenfalls im Wahrheitsministerium der besten Demokratie, die wir jemals hatten (2).

Die CDU-geführte „Allianz für Deutschland“ gewann damals die Wahlen mit 40 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ihr Wahlprogramm titelte mit „Nie wieder Sozialismus — Freiheit und Wohlstand“ (3). Ist dies ein starkes Argument? Für mich ist es das, aber kein starkes rationales, sondern ein emotionales, ein suggestives. Eines, das die Antwort vorweg nimmt. Denn wer wollte schon in die Schwärze des Sozialismus schauen, der schließlich für alles verantwortlich gewesen war, was die DDR in eine existenzielle Krise geführt hatte? Auf der anderen Seite strahlte das verlockende Licht des Wohlstandes und persönlicher Freiheiten.

Die über Jahrzehnte hinweg intensiv über die Gebrechen und Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems, samt seiner Demokratie und Kriegsbereitschaft, aufgeklärten DDR-Bürger interessierten sich in ihrer übergroßen Mehrheit für all das plötzlich nicht mehr. Eine jahrzehntelange Indoktrination mit der Ideologie des sozialistischen Zentralismus ging innerhalb weniger Monate den Bach hinunter. Wie war das möglich? Hatten die Teilnehmer des Systems in jenen Monaten einfach nur gründlich wie kritisch über alles nachgedacht, um sodann eine fundamentale Neubewertung des „alten“, sozialistischen Demokratiesystems gegenüber dem „neuen“, kapitalistischen vorzunehmen? Das mag im Einzelfall zutreffen, keineswegs jedoch für die Masse der Bevölkerung.

Die Mechanismen solch eines Verhaltens sind typisch für ein gelebte Demokratie — es sind Machtmechanismen.

Auch die DDR-Bürger besaßen die Fähigkeit, sich an die jeweils Mächtigen anzuschmiegen. Erst recht, wenn jene ihnen volle Schaufenster und das Geld versprachen, mit dem man die Auslagen trotzdem niemals leer kaufen könnte.

Und die Gewinner der Wahl zur Volkskammer der DDR im Jahre 1990 hatten das Geld und die politische Macht genau so, wie ihr Publikum den dazu notwendigen Opportunismus entgegen brachte. Das ist nichts Schlechtes, wir sind als Menschen nun einmal so. Hat man sich in der DDR also damals für eine neue Art Demokratie entschieden? Der Autor meint: Bewusst nimmer, unbewusst jedoch sehr wohl. Wenn man sich unbewusst für die Demokratie entscheidet, von wo entnimmt man dann sein Bild von eben dieser Demokratie?

In den Wochen vor der Abstimmung fanden in der DDR, einem souveränen Staat, einem von den Vereinten Nationen und nicht zuletzt auch einem von der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Staat 400 Veranstaltungen der bundesrepublikanischen Unionsparteien mit 80 derer Spitzenpolitiker statt (4). Bleiben wir entspannt und sachlich, um trotzdem festzuhalten, dass es sich hier um die Einmischung eines fremden Staates in die Belange der DDR handelte, um die Willensbildung seiner Bürger zu manipulieren. Der westdeutsche Bundeskanzler Helmut Kohl hielt frank und frei Wahlkampfreden in der DDR — und seine neu gewonnenen Anhänger jubelten ihm zu. Wir reden von freien, demokratischen Wahlen…

Also bitte: Freie, demokratische Wahlen hatte man in der DDR zuvor auch, nur halt eben auch mit dem einen oder anderen dunklen Fleck. Es gab in der DDR auch demokratische Strukturen, Gewaltenteilung, einen Rechtsstaat. Alles, was für eine Demokratie benötigt wird. Nun bedürfte es noch eines Volkes, welches das Konstrukt ausfüllt. Was es nicht tat, nicht tun konnte. Denn diese Strukturen dienen primär niemals der Demokratie, sondern stets der Macht.

Von welcher Demokratie reden wir eigentlich?

Welche Gehirnregion wird es bei der Mehrzahl der Menschen wohl gewesen sein, die sich für eine massiv aus dem Westen einmischende, im Stile einer „Nichtregierungsorganisation“ heutigen Stils vorgehenden Partei entschied, um deren Vertreter (gelegentlich auch als Agenten bezeichnet) in die Volkskammer zu entsenden?

Die westdeutsche SPD hatte sich damals übrigens vehement gegen eine Übernahme der DDR durch die BRD eingesetzt. Eine Konföderation zweier gleichberechtigter Staaten, mit der Perspektive eines Zusammenfindens und späteren möglichen Verschmelzens zu einem Staat schwebte ihr, und nicht nur ihr, vor. Noch mehr aber votierten die Sozialdemokraten, mit Lafontaine an der Spitze, für einen blockfreien Status des wiedervereinigten Deutschland. Ein Ausstieg, sowohl aus dem Warschauer Pakt im Osten als auch dem NATO-Pakt im Westen, wurde als zukunftsträchtige Friedensgarantie angesehen. Wie konnten Millionen gelernter DDR-Bürger diesen so wichtigen Aspekt für ein geeintes Deutschland ausblenden?

Das ist keine Frage rationaler Logik.

Die Parteien Westdeutschlands pumpten 40 Millionen D-Mark in den Wahlkampf des Nachbarlandes, davon ein beträchtlicher Teil aus Steuergeldern. Zehntausende Kassetten und Schallplatten mit Reden Helmut Kohls wurden in die DDR versendet. Hunderte Wahlhelfer aus der BRD klebten mit zehntausenden Plakaten alles zu, was wie eine Wand aussah (5). Jens Reich, Mitbegründer des DDR-oppositionellen Neuen Forums, kommentierte das später so:

„Das Bonner Nilpferd ist in einer Massivität gekommen, dass man einfach hilflos war. Im Wahlkampf ist einfach der gesamte Apparatismus des Westens in den Osten gebracht worden. Dem hatten wir nichts entgegenzusetzen. Das waren in die DDR exportierte Westwahlen.“ (6)

Das war nicht nur der Versuch, sondern die erfolgreiche Umsetzung von Einflussnahme eines ausländischen Staates. Vor den Bundestagswahlen 2021 lieferte der Bezahlsender ZDF unter anderem so etwas:

„»Stand heute ist die Bundestagswahl sicher gegen Manipulationen». Das sagt Innenminister Seehofer. Gefahren von Angriffen, auch aus dem Ausland, gibt es. Die Behörden sind alarmiert. […] »Auch von ausländischen Staaten gibt es Versuche, Einfluss zu nehmen. Es gebe Anhaltspunkte«, sagt Haldenwang. Noch sei aber »die Intensität auf niedrigem Niveau«. […] In Verdacht stehen vor allem Russland und China.“ (7)

Das ist die Paranoia der Mächtigen, die dafür eine angebliche Gefahr für die Demokratie vorschieben. Andererseits haben genau diese Mächtigen überhaupt kein Problem, sich in fremde Belange einzumischen.

Demokratie ist eine Machtfrage und Macht usurpiert alles, um es zum eigenen Zweck zu verwerten. Daher stellt sich vielleicht gar nicht die Frage nach einer „besseren“ Demokratie, sondern wie wir mit Macht umgehen.

Macht zielt als universelles Prinzip stets auf Fremdbestimmung. Macht möchte im Außen verbessern. Sind wir, Sie und ich, stets immun gegen Eingebungen von Macht? Macht ist auch bequem, nicht nur wenn man mittels ihrer steuert, sondern auch wenn man sich ihr unterwirft. Vielleicht gibt es ja einen netten Deal, der Unterwerfung erträglich macht? Macht entbindet uns davon, selbst verantwortete Entscheidungen zu treffen, unser Lebensrisiko zu akzeptieren und damit das Leben selbst anzunehmen. Macht trägt die Ideologie der Starken, welche über die Schwachen herrschen, ja herrschen müssen. Es ist, subjektiv erfahren, Berufung, so wie es real Überhebung darstellt. Treiben wir das gedanklich weiter: Wenn Demokratie nur eine Form institutioneller Macht ist, dann ist die Hinnahme dieser Demokratie auch eine Akzeptanz von Macht und Herrschaft.

Man meint ja üblicherweise mit Demokratie eine Art Volksherrschaft (siehe ganz oben). Über wen oder was herrscht das Volk? Zum Beispiel über die Sklaven, wie im alten Griechenland. Dort, in den Stadtstaaten, gab es eine gelebte Demokratie, sagt man — das alles in einer Sklavenhaltergesellschaft. Und das ist kein Widerspruch. Die Sklavenhalter hatten ein Prozedere gefunden, mittels dessen die bestehenden Machtverhältnisse ausbalanciert werden konnten. Man arrangierte sich und kultivierte sozusagen die Herrschaftsverhältnisse. Insofern waren sich die Demokraten der Antike auch einig in der Position gegenüber den Sklaven. Über deren Leben man teilweise bis ins Detail verfügte. Es war für die Sklaven damals sicher schwierig, oft sogar lebensgefährlich, sich nicht mit der Demokratie ihrer Herren zu arrangieren.

Und wie sieht es heute aus?

Wir stehen hier vor einem komplexen Problem. Wie arrangieren wir unser Leben? Wo lassen wir uns von, übrigens sehr effizienten wie bequemen und daher bevorzugten, Automatismen leiten? Wie reflektieren wir unsere Automatismen? Ist uns klar, dass das Bequeme, Erprobte gewissermaßen eine Dominanz in unserem Alltag inne hat? Wie oft glauben wir, rational zu agieren, auch zu argumentieren, und tun dies gar nicht?

Schließlich: Wenn wir von Demokratie reden, ist es nicht eher eine Emotion, die uns eine Illusion von Gerechtigkeit, Gleichheit und Frieden vermittelt? Weil wir uns doch so etwas tiefen Herzens ersehnen? Weil unser Wesen friedlich ist? Der „Witz“ an der Sache liegt darin begründet, dass, wenn wir alle dies selbst lebten, so etwas wie Demokratie überflüssig wäre. Das gilt für das systemische Konstrukt gleichermaßen wie für seine Institutionen.

Aber wir sind nicht so, warum auch immer. Daher müssen wir die Dinge im Außen suchen, und nennen sie dann halt Freiheit, Gleichheit, Demokratie. Zwangsläufig werden wir dann auch immer wieder enttäuscht, zum Beispiel, dass bei Wahlen Kriegstreiber in die Parlamente gewählt werden.

Demokratie als Schlagwort kann auch als Falle verstanden werden: Die Folgsamsten sind diejenigen, die sich für besonders frei halten (frei nach Milosz Matuschek). Oder leicht verändert: Die Folgsamsten sind diejenigen, die glauben, dass Demokratie, als systemische Struktur, es schon richten wird.

Aufgrund der positiven emotionalen Verbindung, die wir zu solchen Begriffen aufgebaut haben, ist eines latent: Die Gefahr, dass wir über diese Assoziationen manipuliert werden können. Dann wird Demokratie nur als Monstranz für das ultimativ Gute, den Höhepunkt der Entwicklung der menschlichen Zivilisation, verkauft. Das nicht Greifbare wird dann durch die reale Macht Ausübenden gottgleich idealisiert. Womit sodann alles andere beliebig in das finstere Gegenbild verwandelt und bekämpft werden kann.

Um es auf die Spitze zu treiben, ist das so, als würde man auf die deutschen Panzer für den Stellvertreterkrieg in der Ukraine schreiben: „Dieser Panzer tötet für die Demokratie, die Freiheit, ja den Frieden.“

Was tun wir nun mit der Demokratie? Oder anders gefragt: Wie gehen wir mit den Mechanismen der Macht um, welche die Demokratie zu vereinnahmen suchen? Wie kann man sich ihrem Einfluss entziehen, im Rahmen der Freiheitsgrade, die uns als Menschen in verschiedenem Maße zur Verfügung stehen?

Vielleicht sollten wir den Begriff der Demokratie (Volksherrschaft) entweder durch einen anderen Begriff ersetzen oder diesem zumindest ein neues Leben einhauchen. Eines, das Herrschaftsdenken weitgehend aus seinem Wesen streicht. Ein Prinzip, in dem reine Emotionen durch reflektierte Emotionen bereichert und korrigiert werden, eines, das sich im wahrsten Sinne des Wortes durch Herz und Verstand statt Ego und Machtstreben auszeichnet.

Die parlamentarische Demokratie zeichnet sich durch ein institutionalisiertes Regelwerk aus, in dem konkurrierende Interessen verhandelt werden, und zwar grundsätzlich im Gegeneinander. Parteienbündnisse sind in der Regel Zweckbündnisse. Konsens die Erkenntnis des Machbaren bei der Durchsetzung von partikularen Interessen. Um die Macht wird im wahrsten Sinne des Wortes gekämpft: als Spiegelfechterei der Fassadendemokratie und als beinharte Auseinandersetzung im Hintergrund. Nicht umsonst bezeichnet sich das Ringen um die Entsendung von „Volksvertretern“ als „Wahlkampf“. Nein, ein solches System trägt nicht den Frieden in sich! Aber es wird von den Menschen akzeptiert. Das System lebt als Matrix in den Köpfen und deshalb ist es illusorisch, das System zu „verbessern“.

Möglicherweise hilft eine grundsätzlich veränderte Handlungsmaxime. Eine, die weg von dem Versuch geht, das große gesellschaftliche Gefüge der repräsentativen, der Fassadendemokratie zu stürzen — und sich dabei fast zwangsläufig überhebt. Dafür eine, in der neue, kleine, weniger komplexe und damit überschaubare Strukturen organisch wachsen, um sich bei Nichtbedarf auch wieder aufzulösen, sozusagen menschliche statt übermenschliche Strukturen. Das verhinderte „nebenbei“, dass den Menschen Strukturen (Institutionen) und Regeln mit mehr oder weniger Zwang übergeholfen werden.

Es beginnt mit Achtsamkeit, mit sich im Frieden sein, dem Willen zum Verstehen, dem Widerstehen gegenüber dem Drang, sich in Konflikte hineinziehen zu lassen: Das ist das Angebot, das ein jeder Mensch seinen Mitmenschen machen kann. Eines, das der Autor in der Erkenntnis „Du veränderst nicht die Welt, aber die Welt verändert sich durch dich.“ zusammenfasst. Wenn man so will, ist es dann auch ein Vorleben von ganz persönlicher, verinnerlichter, allein mit sich selbst ausgehandelter Basisdemokratie.

Auf solch einer Basis kann man sich in basisdemokratische Projekte einbringen oder sie gar selbst entwickeln. Aufgrund der sozialen Kompetenz wird Vernetzung stattfinden und Mitstreiter werden hinzustoßen. Alles wird beweglich sein, ja fließen. Nicht die Institutionen und definierte Regeln werden im Mittelpunkt stehen, sondern die gemeinsamen Inhalte, die mit Lebensfreude vorangetrieben werden. Macht- und Herrschaftsdenken könnten in dieser Atmosphäre in den Hintergrund treten oder sogar weitgehend verschwinden.

Man darf ja mal träumen…

Bitte bleiben Sie schön achtsam, liebe Leser.

Übrigens: Der Ostermontag steht erfreulicherweise wieder mehr im Zeichen der Ostermärsche für den Frieden. Die Leser, natürlich vor allem aus Dresden und Umgebung, sind herzlich eingeladen, sich am Ostermarsch in Dresden zu beteiligen.

  • Beginn: Montag, 10. April, 11:30 Uhr,
  • Ort: Dresden, Postplatz (Nähe historisches Stadtzentrum, Zwinger, Staatsoper)

Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell — Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er — einschließlich der Primärquelle — gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 9. April 2023.

(1) https://www.wortbedeutung.info/Demokratie/; abgerufen: 05.04.2023

(2) Deutscher Bundestag; 1990: Erste freie Wahlen in der DDR; https://webarchiv.bundestag.de/archive/2007/0307/geschichte/parlhist/wahlhist/wg1990.html; abgerufen: 05.04.2023

(3) Deutsche Kinemathek; Allianz für Deutschland Plakat: „Nie wieder Sozialismus“; https://wwsf.deutsche-kinemathek.de/index.php/Detail/Object/Show/object_id/609; abgerufen: 05.04.2023

(4) Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth: Helmut Kohl: „Ich wollte Deutschlands Einheit“. 3. Auflage. Propyläen, Berlin 1996, ISBN 3-549-05597-8, S. 316.

(5) Michael Schneider; Die abgetriebene Revolution. Von der Staatsfirma in die DM-Kolonie; Verlag Elefanten-Press, Berlin 1990, ISBN 3-88520-371-5, S. 114 ff.

(6) 02.09.2013; Focus; Bürgerrechtler Jens Reich: Politik ist nicht mein Beruf; https://www.focus.de/politik/deutschland/20-jahre-wende/mir-war-beklommen-buergerrechtler-jens-reich_id_1863975.html

(7) 14.07.2021; ZDF, Kristina Hofman; Seehofer: Stand heute ist die Wahl sicher; https://www.zdf.de/nachrichten/politik/cybersicherheit-bundestagswahl-seehofer-100.html

(Titelbild) Reichstag, Bundestag, Demokratie, Volk; Autor: benjaminkerber (Pixabay); 07.06.2017; https://pixabay.com/de/photos/bundestag-volke-deutschland-berlin-2375439/; Lizenz: CC0 Creative Commons

Von Ped

12 Gedanken zu „Demokratie — alles nur ein Missverständnis?“
  1. Vielen Dank, lieber Ped, für diesen Artikel.
    .
    Zitat aus dem Artikel: „Volksherrschaft; politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen, andere Abstimmungen oder losbestimmte Vertreter an der Machtausübung im Staat teilhat“
    .
    Da gibt es aus meiner Sicht schon mal etwas grundsätzliches zu kritisieren.
    .
    Es sollte nicht so sein, dass das Volk lediglich an der Machtausübung teilhat, also in gewisser Weise daran beteiligt ist, sondern es hat so zu sein, dass das Volk das Fundament der Machtausübung sein muss, ohne deren jederzeit sicherzustellenden Zustimmung gar keine Macht ausgeübt werden darf.
    .
    Das ist natürlich eine Idealvorstellung, zu deren Umsetzung zunächst einige schwierig zu lösende Hindernisse beiseite geräumt werden müssten. Wie stellt man z.B. jederzeit die mehrheitliche Zustimmung des Volkes fest? Auf welche Kompromisse müsste man sich einlassen, um sich der Lösung dieser Frage zu nähern und wie weit entfernt man sich dabei von der oben genannten Idealvorstellung?
    .
    Wie ist die immer weiter fortschreitende Zentralisierung von Staatsgebilden einzuordnen, wenn man weiß, dass echte Demokratie tatsächlich nur auf lokaler bzw. regionaler Ebene funktionieren kann. Das wird z.B. deutlich, wenn man sich folgende Regeln für eine funktionierende Demokratie ins Gedächtnis ruft:
    .
    (1.) Diejenigen, die abstimmen, müssen objektiv über den zur Abstimmung stehenden Gegenstand informiert sein – Sonst stimmen sie nicht ab.

    (2.) Die Abstimmenden müssen von den Folgen der Abstimmung selbst betroffen sein – Sonst stimmen sie nicht ab.
    .
    Um überhaupt erst mal eine Vorstellung davon zu bekommen, wie weit wir uns mit unserer sogenannten „Demokratie“ von der Idealvorstellung mittlerweile entfernt haben, sollte man sich diesen sehr guten Vortrag von Wolfgang Wodarg ansehen, den er gleich am Anfang der 149. SCA-Sitzung gehalten hatte…
    .
    https://mp-tube.de/w/r3ExRR99AKSZhGwrXwRcHS?start=2m

  2. Eine Demokratie, beruhend auf Souveränität, Selbstbestimmung, auf echter demokratisch gewählter Räte / Strukturen …und die Bürger entscheiden, wie sie wann wen wofür… und wie oft für welche Aufgabe wählen
    Ja, ich träume mit. Aber manchmal werden Träume wahr.

  3. In seiner Schrift „Zum ewigen Frieden“ referiert Immanuel Kant über die republikanische Staatsform, die es ermöglichen soll, daß der Bürger über Krieg und die damit verbundenen Beschwernisse über sich selbst beschließen müsse, um diesen überhaupt erst stattfinden zu lassen.
    Staatsrechtlich betrachtet ist die Gleichsetzung von Demokratie und Republik nicht statthaft, dies wird aber heutzutage (absichtlich?) bei der Interpretation verwischt. Auch Kant muß wohl schon die nahezu beliebige Formbarkeit der Massen einigermaßen suspekt gewesen sein, gleichwohl hatte er für eine Weltregierung wenig übrig, weshalb er für internationale Konfliktlösungen einen ultraminimalen Weltstaat (UWS) vorschlug, welcher außer der friedlichen Schlichtung von Konflikten keinerlei Befugnisse und Funktionen haben dürfe, das ganze aber mit republikanischen Eigenschaften.
    Gab es je eine Zeit, in welcher Völkerbund und später die UNO diesen Vorstellungen nahekamen? Vermutlich nicht.
    Bertha von Suttner („Die Waffen nieder!“) schwebten internationale Schiedsgerichte vor.
    Von unmittelbarer Einflußnahme der betroffenen Völker ist auch bei ihr nicht die Rede.
    Vor einigen Jahren verbreitete man die Legende, Demokratien hätten in der Geschichte nie Krieg gegeneinander geführt, Gegenbeispiele neutralisierte man, indem man einer Kriegspartei den Status einer Demokratie kurzerhand absprach.
    Dabei war schon der amerikanische Bürgerkrieg 1861 – 1865 ein herausragendes Gegenbeispiel gewesen oder auch im 19. Jahrhundert der peruanisch – bolivianisch – chilenische Krieg; in moderner Zeit sind es der russisch- georgische Krieg 2008, der Kosovokrieg 1999, der Ukrainekrieg 2014 bis …
    In all diesen Fällen hatte es demokratisch gewählte Regierungen und Präsidenten gegeben, gefestigte republikanische Verhältnisse hingegen weniger.

    Zum ewigen Frieden

    Nie las ein Blick, von Tränen übermannt,
    ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.
    Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft
    die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

    Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:
    »Mir wird es finster, und es werde Licht!«
    Für alles Werden, das am Menschsein krankt,
    stirbt der Unsterbliche. Er glaubt und dankt.

    Ihm hellt den Abschied von dem dunklen Tag,
    daß dir noch einst die Sonne scheinen mag.
    Durchs Höllentor des Heute und Hienieden
    vertrauend träumt er hin zum ewigen Frieden.

    Er sagt es, und die Welt ist wieder wahr,
    und Gottes Herz erschließt sich mit »und zwar«.
    Urkundlich wird es; nimmt der Glaube Teil,
    so widerfährt euch das verheißne Heil.

    O rettet aus dem Unheil euch zum Geist,
    der euch aus euch die guten Wege weist!
    Welch eine Menschheit! Welch ein hehrer Hirt!
    Weh dem, den der Entsager nicht beirrt!

    Weh, wenn im deutschen Wahn die Welt verschlief
    das letzte deutsche Wunder, das sie rief!
    Bis an die Sterne reichte einst ein Zwerg.
    Sein irdisch Reich war nur ein Königsberg.

    Doch über jedes Königs Burg und Wahn
    schritt eines Weltalls treuer Untertan.
    Sein Wort gebietet über Schwert und Macht
    und seine Bürgschaft löst aus Schuld und Nacht.

    Und seines Herzens heiliger Morgenröte
    Blutschande weicht: daß Mensch den Menschen töte.
    Im Weltbrand bleibt das Wort ihr eingebrannt:
    Zum ewigen Frieden von Immanuel Kant!

    Karl Kraus 1936

    Herzlich, Steffen Duck!

  4. Diesem Thema, zu groß für einen solchen Artikel und erst recht für einen Kommentar, wollte ich erst aus dem Weg gehen.

    Aber dann dachte ich, ein (kleiner) Tritt gegen das Schienbein ist zwar schmerzhaft, kann aber als Anregung ganz nützlich sein.

    “Wir sind für die demokratische Republik als die für das Proletariat unter dem Kapitalismus beste Staatsform, aber wir dürfen nicht vergessen, dass auch in der allerdemokratischsten bürgerlichen Republik Lohnsklaverei das Los des Volkes ist.”

    Das schrieb ein gewisser Wladimir I. (der hoffentlich von einem zeitgenössischen Landsmann, Wladimir W., nicht vergessen ist). Soll heißen, als kleine Kritik müsste zumindest einfließen, dass der Begriff “bürgerliche Demokratie” nicht vorkommt und damit die Analyse aus klassentheoretischer Sicht nicht zureichend ist.

    Weiterhin stellt sich die Frage, ob wir, da es an allen Ecken brennt, überhaupt noch in einer Situation sind, die “Demokratiefrage” friedlich-schiedlich zu verhandeln, und falls ja, mit wem.

    Wir sind mit zunehmender Frequenz mit echten (Kapitalismus, Krieg, totale Überwachung) und inszenierten (Klima, Covid, Great Reset, Energiewende, Flüchtlinge, Inflation, Globaler Pandemievertrag, drohendes Bargeldverbot) Krisen konfrontiert.

    Ein Beispiel: Wenn die Entartete Union ansetzt, künftig unter dem Vorwand der Raumklimaqualität (ihre wahren Absichten kennen die nur selber) den CO2-Gehalt in meiner Wohnung zu messen, weiterhin den akustischen Raumkomfort inklusive Sprachverständlichkeit (!), dann gibt es da aus meiner Sicht nichts zu verhandeln. Aus einem derart übergeschnappten, kriminellen Konstrukt kann man nur AUSTRETEN!

    Im übrigen gilt nicht nur für diesen absolutistischen, kriegstreiberischen Brüsseler Saustall, was der Herr W. I. zu bürokratischen Apparaten zu sagen hatte:

    “… machen wir die Staatsbeamten zu einfachen Vollstreckern unserer Aufträge, zu verantwortlichen, absetzbaren, bescheiden bezahlten ‘Aufsehern und Buchhaltern’ …, das ist unsere proletarische Aufgabe.”

    Zur Vertiefung des eben gesagten empfehle ich, wenigstens einmal pro Woche dieses kurze Video anzuschauen und dazu die Namen und Leistungen unserer wahrlich großartigen Politschranzen zu memorieren:

    () https://www.youtube.com/watch?v=2tlE5qSlXbk

    1. Kaum hatte ich meine bescheidene – unvollkommene – Attacke gegen diese Europäische Kreatur geritten, kreuzte Davor Slobodanovich Vuyachich meinen Weg.
      Ehre, wem Ehre gebührt, deshalb in aller Kürze noch ein Zitat und einen Link:
      „… ist der Autoritarismus der Bürokratie der wichtigsten Institutionen der Europäischen Union, der den Bürgern als notwendiges Mittel zum angeblichen Schutz von Demokratie und Menschenrechten aufgezwungen wird, unbestreitbar. In der Tat gibt es zahlreiche Mechanismen, um die nationalen parlamentarischen Demokratien vollständig zu umgehen und den Willen der europäischen Verwaltung um jeden Preis durchzusetzen, egal wie schädlich er für ein bestimmtes Land der EU ist. Was die Verfolgung der politischen Opposition anbelangt, so gibt es glücklicherweise noch keine Massenverhaftungen ihrer Mitglieder und keine Konzentrationslager, aber dafür wird sie nach wie vor sehr wirksam unterdrückt, indem ihr einfach die Finanzierung verweigert wird.“

      https://antikrieg.com/aktuell/2023_04_08_derbevorstehende.htm

      Lesenswert!

  5. „Demokratie ist die Diktatur der Dummen“ – frei nach Friedrich Schiller.
    Daher: Demokratie ist nicht erstrebenswert. Weil sie stets zur Herrschaft des Pöbels verkommt.
    q.e.d.

  6. Als jemand, der mit 5 Jahren 1989 noch nicht bewusst dabei war, fällt mir dazu ein, dass „Nie wieder Sozialismus, Freiheit und Wohlstand“ doch ein ziemlich ehrliches Programm gewesen ist. Falls bis dato irgendwelche Zweifel daran bestanden haben – die Grünen lösen das Versprechen spätestens jetzt zu 120% ein.
    .
    Vielleicht noch ein Hinweis. Herz und Verstand sind kein günstiger Gegenentwurf zu Ego und Machtstreben. Die Nazis waren sicherlich mit Herz und Verstand bei der Sache. Vielleicht liegt da auch schon die ganze Pointe. Sie waren bei der Sache. Statt beieinander zu sein. Und weil man nicht beieinander ist, aber sich danach sehnt, beschwört man im Gleichschritt Marsch die Einheit als ganzes. Die Einheit – ach da war doch was. 😉

  7. Vielen Dank für diesen erhellenden Artikel. War 1990 19 Jahre alt, kann mich an diese Plakate noch gut erinnern. Die Position der SPD mit Blockfreiheit ist mir nicht mehr genau erinnerlich, mir ist nur noch erinnerlich, daß der Beitritt nicht nach Artikel 23 erfolgen sollte, sondern in einem langem Prozeß .Wäre die Nummer mit NATO-Austritt klar kommuniziert worden, hätte ich vermutlich SPD gewählt. Fand aber den ganzen Wahlkampf der „Allianz für Deutschland“ sehr überzeugend und sehr auf Volkes Seele abgestimmt. Mich hatte nur gewundert, daß die keine absolute Mehrheit gekriegt haben. Die überwiegenden Leute in meinem Umfeld gaben an, daß sie die CDU wählen wollen würden, „weil die das Geld haben“.

    Zu den Ereignissen 1989 habe ich jetzt eine interessante Publikation eines Zeitzeugens gelesen: Michael Wolski, 1989 Mauerfall Berlin. Er behauptet, daß der Gebrauch der Schußwaffe an der Grenze nur noch bei Gefahr von Leib und Leben nach den Vorfälle von Chris Gueffroy zulässig gewesen war. War für mich unvorstellbar, Nachfragen bei Bekannten, die bei den Grenztruppen gedient hatten, bestätigten dies. Das Buch kam mir in den Sinn, als sie rhetorisch fragten, ob eine fremde Macht durch die Stimme des Volkes gesprochent habe. Sie haben es anders gemeint, als in diesem Buch beschrieben. Erhältlich ist das Buch beim Monopolisten: https://www.amazon.de/1989-Mauerfall-Berlin-Zufall-Planung/dp/1692046314

  8. Demokratie heißt Herrschaft (Machtausübung) des Volkes. Punkt. Was das Volk ist, also wer an der Machtausübung des Volkes teilhaben kann, da weichen die Positionen dann schon erheblich voneinander ab. In der griechischen Polis waren es nur die freien Bürger, nur die Männer und nur die eine gewisse Reife (Militärdienst, eigener Hausstand o.ä.) hatten. Heute nimmt man da eher banal eine Altersgrenze, Staatsangehörigkeit und Mündigkeit an.

    Die ganzen Formen der indirekten Demokratie über Parteien und Vertreter waren der Größe eines Staatsgebildes geschuldet. Mit den heutigen technischen Mitteln könnte jeder Bürger über eine Gesetzesvorlage oder eine Exekutiventscheidung direkt abstimmen, nachdem der Text vorher allen Bürgern zur Verfügung gestellt wurde. Gleiches gilt für eine Gerichtsentscheidung. Allerdings hat man dann keinen Rechtsstaat mehr, auf den man sich verlassen könnte.

    Gewaltenteilung. Warum? Ein Volk, eine Herrschaft. Exekutive, Legislative und Jurisprudenz (und Informationsverbreitung) sind Formen der Machtausübung, die dem Volk zustünden – in einer Demokratie. StPO § 127 (1) ist ein Rest direkter Machtausübung durch Jedermann. Schöffen bei Gericht sind ein anderer Rest. Lynchen ist Demokratie in extremo.

    Rechtsstaat und Demokratie sind komplementär. Je mehr Rechtsstaat (bindend und auf Jahre hinaus geltend, gar internationale Verträge), desto weniger Freiraum für Entscheidungen des Demos zu diesen Themen. Wie viele der Gesetzgeber des GG leben noch? Also ist GG Gerontokratie oder Nekrokratie, nix Demokratie. Oder man müsste regelmäßig darüber abstimmen, um es in den Augen des aktuellen Demos als bindend ansehen zu können. Ich persönlich finde den Rechtsstaat wichtiger als „Demokratie“. „Demokratischer Rechtsstaat“ ist ein Oxymoron. Und warum eine Demokratie „freiheitlich“ sein soll, erschließt sich mir auch nicht. In der Hochzeit der Coronahetze gab es für so viele Unfreiheiten Mehrheiten. Und nicht nur da.

    Kurz, die Ideologie des Westens mag etwas subtiler als die der DDR gewesen sein. Logischer ist sie aber auch nicht.

    1. Zitat: „warum eine Demokratie „freiheitlich“ sein soll, erschließt sich mir auch nicht. In der Hochzeit der Coronahetze gab es für so viele Unfreiheiten Mehrheiten.“
      .
      Es wird eben immer wieder die Bedeutung der Vierten Gewalt, also der Medien, unterschätzt.
      Eine der Grundvoraussetzungen für Demokratie ist schließlich, dass Abstimmen nur Menschen erlaubt sein sollte, die einerseits objektiv über den zur Abstimmung stehenden Gegenstand informiert sind und andererseits von den Folgen der Abstimmung selbst betroffen sind. Letztere Voraussetzung macht den lokalen bzw. regionalen Charakter einer funktionierenden Demokratie deutlich, die in zu großen Staatsgebilden zwangsläufig verloren gehen muss.
      .
      Weiteres Beispiel. Wie man u.a. in Berlin beobachten konnte, geht die Polizei brutal gegen friedliche Demonstranten vor, was ein weiteres Grundproblem mit unserer Demokratie sichtbar macht. Offenbar sind die Polizisten so erzogen und indoktriniert, dass sie selbst nicht mehr fähig sind, eigenständig zu erkennen, was Recht und was Unrecht ist. Da gibt es ganz offensichtlich einen Herdenkodex, der ein Ausbrechen aus der von oben vorgegebenen Linie sehr schwierig oder gar unmöglich macht. Außerdem fehlt offenbar das Bewusstsein für die Bedeutung der Polizei für eine funktionierende Demokratie und welche Aufgaben ihr dabei zukommen.
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      Der Auftritt des Polizisten auf der Bühne, während der ersten großen Freiheitsdemo in Berlin, hatte deutlich gezeigt, worum es geht. Dieser Polizist hatte sichtlich mit seinem Gewissen gerungen, den Abbruch der Demo fortzusetzen. Dieser Mann hatte das Unrechtsbewusstsein, dass den vielen übrigen Polizisten fehlte. Mann stelle sich nur vor, dass eine genügend große Anzahl der Polizisten sich geweigert hätte, die von der Regierung geforderten Rechtsverstöße umzusetzen. In kürzester Zeit hätte es mit der PLandemie vorbei sein können und wahrscheinlich hätte so manch ein grün- oder sozi-Politiker die Flucht ergriffen.
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      Um das alles in die richtige Richtung zu lenken, bedarf es eben objektiv berichtende Medien, die ja nicht nur informieren, sondern auch Trends etablieren, beispielsweise darüber, was in einer Gesellschaft als gutes und was als schlechtes Verhalten gilt, was dann wiederum u.a. auch das Verhalten der Polizei beeinflusst.

  9. So, ich habe jetzt echt viel über Roger Waters gegrübelt. Und nebenbei ist für hier ein wenig abgefallen. Aus der Wikipedia:
    „So wurden z. B. die internationalen Sportorganisationen lange vor den Korruptionsskandalen als Wirtschaftsunternehmen gekennzeichnet, von denen demokratische Strukturen zu erwarten naiv sei.“
    (https://de.wikipedia.org/wiki/Dekonstruktion#cite_note-15)
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    Vorweg der Originalartikel handelt von Dekonstruktion als einer philosophischen Methodik(?) der Textanalyse. Ich habe an der Idee nichts gefunden, was ernsthaft über eine tiefgreifende (Text-) Analyse, und die gezielte Nutzung von unterschiedlichen Narrativen zu diesem Zweck, hinausgeht (man möge mich gerne eines besseren belehren). Aber dieser Satz oben, der mit dem Thema dort (im Gegensatz zu hier) gar nichts zu tun hatte – der hat mich gerade umgehauen.
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    Wir lassen mal für den Moment die Frage beiseite, was Demokratie ist oder sein soll (um später wieder darauf zurück zu kommen?). Der Satz legt als Basisannahme zu Grund, dass es naiv sei, von einem Wirtschaftsunternehmen demokratische Strukturen zu erwarten. Sonst funktioniert er nicht.
    Jetzt folgen wir mal ganz kurz den sogenannten ‚Reichsbürgern‘ in den Kaninchenbau und stellen fest, dass der deutsche Staat als ‚Unternehmen‘ im Handelsregister eingetragen ist (wie ein Wirtschaftsunternehmen), er hat ein Bankkonto (genau genommen mehrere – wie viele andere Wirtschaftsunternehmen auch), er ist eine juristische Person (genau genommen mehrere, wie viele andere Wirtschaftsunternehmen auch; z.B die Deutsche Bahn, die eine Schienensparte, ein Busunternehmen und einiges mehr unterhält) und er ist vielen der üblichen Regeln zum Beispiel eines ausgeglichenen Haushaltes, an die Einhaltung von Recht und Gesetz (ja wirklich, lies GG Art. 20 (3) ) ect. pp. unterworfen (oder er muss sich irgendwie refinanzieren, Strafe Zahlen ect. pp., wie viele andere Wirtschaftsunternehmen auch; ungeachtet der Frage, ob er das tatsächlich muss oder das nur geglaubt wird – der soziale Konsens ist da eindeutig, und solange das so ist, verhält sich der Staat so, als müsste er . ) – der Staat ist also in vielerlei Hinsicht ein klassisches Wirtschaftsunternehmen. Demnach wäre es doch dann naiv, von ihm ‚demokratische Strukturen‘ (die “ sind wichtig, weil wir ja am Anfang ausgeklammert hatten, was wir genau darunter verstehen wollen) zu erwarten?
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    Andererseits. Ich wohne zur Miete bei einer Wohnungsgenossenschaft. Das ist auch ein Wirtschaftsunternehmen, hat aber einen recht konkreten sozialen und auch demokratischen Auftrag oder Anspruch. Darum darf ich alle paar Jahre einen Wahlzettel ausfüllen. Muss ich erläutern, warum das mit ‚Demokratie‘ nicht viel zu tun hat? Der ganze Prozess hat so viele ‚demokratische‘ Defizite, man weiß gar nicht, wo man anfangen, geschweige denn aufhören soll.
    Aber die Beobachtung aller Wohnungsgenossenschaften die ich kenne macht deutlich, dass sie trotz bestenfalls mangelhaft organisierter ‚demokratischer Strukturen‘ völlig anders agieren und wirtschaften als Beispielsweise die hier ebenso ansässige vonovia. Sie werden ihrem sozialen Anspruch, der ja durch die ‚demokratischen Strukturen‘ umgesetzt werden sollte, durchaus gerecht – bei Gegenmeinung einfach mal einen Plattenbau einer Wohnungsgenossenschaft betreten und dann einen von vonovia.
    Wenn man meiner Einschätzung folgen will, dass die ‚demokratischen Strukturen‘ mangelhaft, also dysfunktional sind, und darum kaum zu diesem Unterschied führen können, dann stellt sich die Frage, wie es denn dann sein kann, dass es trotzdem einen gibt? Die Frage wird noch dringlicher, wenn man der Grundannahme, ‚demokratische Strukturen‘ seien von Wirtschaftsunternehmen nicht zu erwarten, folgen will.
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    Ohne näher darauf eingehen zu wollen, seien an dieser Stelle vielleicht ein paar Fragen eingestreut. Was ist ein Wirtschaftssubjekt. Ist das ein Subjekt oder ist das ein Objekt? Wieso stellt sich die Frage, wenn es doch Wirtschaftssubjekt heißt? Was ist ein Wirtschaftsunternehmen? Was ist ein Mensch: etwa auch ein Wirtschaftsunternehmen? Ein Wirtschaftssubjekt? Ein Objekt? Oder doch ein Subjekt? Oder ist der Begriff ‚Subjekt‘ doch auch nur ein Objekt, das mithin den Blick auf das eigentlich gemeinte Lebendigsein, die Fähigkeit zum kreativen Ausdruck aller lebendigen Wesen verstellt?
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    Wenn ich nur kurz darüber nachgrübele, mutmaße ich spontan, dass eingangs erwähnte Feststellung‚ von Wirtschaftsunternehmen könne man keine demokratischen Strukturen erwarten, dem Erfahrungswissen von Menschen entspringt und entspricht (oder auch entgegenkommt) die in den Wirtschaftsunternehmen in denen sie unterwegs waren, an der alltäglichen Verwirklichung demokratischer Prinzipien gescheitert sind. Daraus schließen sie (logisch streng betrachtet unzulässig), dass man von Wirtschaftsunternehmen keine ‚demokratischen Strukturen‘ erwarten darf.
    Ich mutmaße, dass wir (sollte ich an der Stelle lieber ‚ich‘ sagen?) gerne Demokratie als Ergebnis der Organisation von Dingen erwarten (Staaten, Kommunen, Gewerkschaften, Genossenschaften, Vereine) – aber vielleicht vergessen, dass das nur Objekte sind, ‚Demokratie‘ an sich Objekten aber herzlich egal sein kann. Was immer wir positives damit Verbinden – entweder sie ist uns als lebendige Wesen wichtig oder nicht. Den Objekten mit denen wir unsere Leben und unsere soziale Wirklichkeit organisieren und strukturieren dürfte das herzlich egal sein, bzw. die haben als Objekte ja überhaupt keine eigene innere Haltung – was nicht heißt, dass von Wirtschaftsunternehmen keine demokratischen Strukturen zu erwarten sind, sondern schlicht, dass wir sie selber einbringen müssen. Und das scheint möglich zu sein – denn trotz aller Defizite in den ‚demokratischen Strukturen‘ meiner Wohnungsgenossenschaft ist es den Mitarbeitern dort möglich in einer Art und Weise zu handeln, die am Ende des Tages einen sicht- und fühlbaren Unterschied macht.
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    Schon wieder zu lang. Ich komme darum lieber nicht mehr darauf zurück, was ‚Demokratie‘ ist oder sein soll. Ein paar Andeutungen zu meiner Meinung sind im Text ja enthalten. 😀

  10. Ein Nachtrag zum Thema Demokratie und dem Dreck von tausend Jahren:
    „Es war nicht gewünscht, dass jemand aus dem Westen [Also aus der Demokratie; Anm. von mir] unter einem Ostdeutschen [also aus der Diktatur; Anm. von mir] arbeitet“ (18). Das Standardwerk „ABC des Journalismus“ lieferte 1994 eine passende Begründung: Ostdeutsche Redakteure würden zwar die Region und die Gefühlslage „der dort lebenden Menschen“ besser kennen, hätten aber „Defizite bei der Nachrichtenbearbeitung, bei der Recherche und im wettbewerbsorientierten Denken“ und wüssten auch deutlich weniger (19).“
    (https://www.manova.news/artikel/der-osten-im-westen)
    Ich glaube, so hätte man in einem anderen demokratischen Rechtsstaat (Wahlrecht, Parlament, Förderalismus, ihr wisst schon) auch super über Juden schreiben können.

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