Teilen, Abwerten, Töten: Wie man „Kopfkino“ und „falsche Filme“ stoppen und damit aus der Gewaltspirale aussteigen kann.

von Christiane Borowy (übernommen von rubikon.news)


Kennen Sie das? Sie fahren gerade Auto, jemand schneidet ihnen die Vorfahrt ab und zwingt Sie zur Vollbremsung, oder Sie fahren mit der Deutschen Bahn und ihr Zug bleibt kurz vor der Ankunft am Ziel im Nirgendwo mit der Begründung „Personenschaden“ stecken? Sie sind auf einem Friedenscamp und befinden sich plötzlich fassungslos in einer Debatte darum, wer der Bessere der Besseren ist, der Veganer oder der Vegetarier? Sie schreiben jemandem eine Email, und derjenige antwortet einfach nicht? Je nach Temperament schweigen Sie resigniert, oder ziehen sich zum Beispiel aus der Politik oder aus einer Beziehung zurück, damit Ruhe und Frieden herrscht. Doch in ihrem Inneren redet es unaufhörlich! Das, was im Inneren oft unbemerkt abläuft, steht dem, was wir im kriegerischen Weltgeschehen als Eintritt in die Gewaltspirale durch „Trennen, Abwerten, Töten“ (Ganser) wahrnehmen können, oft in Nichts nach! Wie kann man mit Achtsamkeit seinen inneren Eintritt in die Gewaltspirale stoppen?

Eine Hammergeschichte

Mir ist aus meiner Schulzeit ein Comic in Erinnerung geblieben, der sehr treffend, aber humorvoll beschreibt, was passieren kann, wenn man sich allein aufgrund von Vorurteil innerlich von einer Person trennt und die Beziehung gewaltsam beendet. Während meines Studiums begegnete mir die Geschichte dann bei Paul Watzlawick in seinem Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ erneut:

„Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er ‚Guten Tag‘ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: ‚Behalten Sie Ihren Hammer‘.“ [1]

Die Geschichte bricht ja glücklicherweise an der Stelle ab.

Jeder kann sich nun selbst überlegen, wie es wohl weitergehen könnte, und sich die Frage stellen: Wie reagiert der Nachbar? Was wäre, wenn dessen Aktionen und Gefühle auch auf Vorurteilen basieren, die er sich beispielsweise von seinem „schon immer so impulsiven und komplett irrationalen“ Nachbarn gemacht hat? Was würde passieren, wenn er aus Angst, dass ihn der brüllende Nachbar umbringen will, schneller sein will und zur Waffe greift?

Ich überlasse Sie an dieser Stelle Ihrer eigenen Phantasie.

Unsere Beziehungen erfahren häufig eine große Belastung oder gehen sogar in die Brüche, wenn wir uns durch negative Annahmen über einen anderen Menschen in eine Trennung hineindenken, die es in Wahrheit gar nicht gibt.

Was ist da los? Was ist gut daran, sich Urteile über einen Menschen zu bilden und dann sein Handeln allein nach diesem Urteil auszurichten?

Komponenten der Gewaltspirale: Teilen, Abwerten, Töten (TAT)

TAT im Äußeren

Der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser bündelt ein wesentliches Muster der Entstehung von Kriegen und Gewalt in der Formel „T.A.T.“ das heißt „Teilen, Abwerten, Töten“. Demzufolge fängt die Gewaltspirale schon vor der eigentlichen Gewalttat an, und zwar dadurch, dass man Menschen teilt, also voneinander trennt, beispielsweise entlang religiöser Zugehörigkeit oder anderer homogener/heterogener Gruppenmerkmale, wie sie zum Beispiel die Soziologen Elias und Scotson empirisch untersucht haben („Etablierte und Außenseiter“). Die so getrennten Gruppen beginnen sich gegenseitig abzuwerten und zu beleidigen, bezeichnen die anderen beispielsweise als Tiere – „die Schweine“, „Zecken“, „die Ratten“ etc. Dadurch sinkt die Hemmschwelle zur Gewalt, weil es legitimer erscheint, Tiere zu jagen und zu töten, als ebenbürtige Menschen zu erschießen, so wie einst beispielsweise Präsident George W. Bush in seiner Rede kurz nach dem 11. September 2001 sagt, dass die Vereinigten Staaten diejenigen „jagen und bestrafen“ werden, die ihrer Ansicht nach für die Anschläge verantwortlich sind: „Make no mistake, the United States will hunt down and punish those responsible for these cowardly attacks.“

Die Geschehnisse in der Welt lassen sich scheinbar nur wenig beeinflussen, noch dazu, wenn eine Machtelite, die nur 1% der Gesamtbevölkerung der Welt ausmacht, die Geschicke der anderen 99% lenkt.

Wie könnte man verhindern, dass einer kleinen Elite die Manipulation so gut gelingt?

Vielleicht ist es möglich, wenn sich die anderen 99% der Gesamtbevölkerung der Welt darüber klar würden, dass sie tagtäglich in ihrem Innern den Einstieg in die Gewaltspirale ebenso ablaufen lassen wie „die da oben“.

TAT im Inneren

Kehren wir zu unserem Beispiel zurück: Der Mann, der sich den Hammer leihen will, hat sich ohne Zutun seines Nachbarn in eine Gewaltspirale manövriert. Diese einfache Geschichte veranschaulicht bildhaft, welche Komponenten in einer Gewaltspirale zusammenkommen.

Ausgangspunkt ist immer das Prinzip der Teilung, beziehungsweise (inneren) Spaltung, ein Ausstieg aus der Verbindung zu sich selbst oder einem anderen Menschen. In diesem Fall beginnt die Spaltung mit einem inneren Zweifel: „Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will?“ Bevor er geklingelt hat, also vor der tatsächlichen Begegnung und der Möglichkeit nachzufragen „Leihst du mir deinen Hammer?“, hat er Angst („Was, wenn“), dass der Nachbar nicht hilfsbereit ist. Obwohl dieser Gedanke nichts mit der Realität außerhalb seiner selbst zu tun hat, läuft das Gedanken- und Gefühlskarussell in ihm weiter, die negativen Gedanken stapeln sich aufeinander, und er teilt auch seine Umwelt in zwei getrennte Pole ein, und zwar in hilfsbereite und egoistische Menschen: „Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen?“

Nun wird er richtig sauer, und schließlich steigert sich sein Erleben einer Trennungsrealität („Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat“) zu einer Abwertung des Anderen: „Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben.“ Ein Kerl ist – in abwertendem Kontext laut Duden – ein Molch. Damit ist der Nachbar für ihn kein Mensch mehr.

Jetzt ist er schon ziemlich weit in der Gewaltspirale, und er geht nach dem Klingeln sofort zum – immerhin noch verbalen – Angriff über, stürmt zu seinem Nachbarn und schreit ihn an. Wie gesagt, lässt die Geschichte offen, ob er den Nachbarn tatsächlich auch töten würde, aber die gute Beziehung zum Nachbarn ist an der Stelle in der Geschichte auf jeden Fall beendet.

Trauma als die Mutter aller Konflikte: Innere Trennung und Spaltung

Die eingangs genannten Beispiele sowie diese Geschichte veranschaulichen: Wenn es Unfrieden in zwischenmenschlichen Beziehungen gibt, dann meist deshalb, weil wir auf der Basis von falschen Urteilen, zum Beispiel: „Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich“ oder: „Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen“, handeln, ohne uns dieser Vorurteile bewusst zu sein. Die Gefühle, die diese Vorurteile und Gedanken auslösen können, bleiben ebenfalls unreflektiert: „Jetzt reicht´s mir wirklich.“ Wir halten das, was in unseren Köpfen vorgeht, für real und wahr, wir identifizieren uns damit und SIND dann unsere Gedanken und Gefühle: „Und so stürmt er hinüber, […] bevor er ‚Guten Tag‘ sagen kann, schreit ihn unser Mann an.“

Paul Watzlawicks Geschichte vom Mann, der sich einen Hammer leihen will, ist so anschaulich, dass sie Eingang in einen Comic für Vorschulkinder gefunden hat. Sie zeigt auf, wie leicht es ist, in eine Gewaltspirale zu geraten.

Doch warum machen wir das überhaupt? Spätestens seit George Herbert Mead und dem symbolischen Interaktionismus ist bekannt, dass der Mensch ein soziales Wesen und damit auf die harmonische Beziehung zu anderen Menschen angewiesen ist.

Warum passiert es dennoch relativ häufig, dass Menschen in eine Gewaltspirale geraten, obwohl es, so betrachtet, selbstschädigendes Verhalten ist, Beziehungen zu anderen Menschen zu beenden?

Weil wir es so gelernt haben, wenn man dem Glücksforscher Daniel Hess Glauben schenken darf. In seinem Buch „Glücksschule“ weist er darauf hin:

„Mit dem Unterdrücken, Verdrängen oder Abspalten von Gefühlen, Bedürfnissen und Verhaltensweisen beginnt die innere Trennung. […] Ebenso gehört zu dieser gelernten Wahrnehmung der Realität, dass wir uns mit dem Gedankenstrom identifizieren, der alles in voneinander getrennte Elemente einteilt, benennt sowie bewertet und der gewisse dieser Elemente anstrebt, während er andere ablehnt und loszuwerden versucht.“ [2]

Der ursprüngliche Konflikt besteht vereinfacht gesagt darin, dass unser Innenleben zu einem prägenden Zeitpunkt im Leben nicht zu den Verhältnissen in der Außenwelt gepasst hat.

Der Münchner Psychologie-Professor Franz Ruppert bringt es wie folgt auf den Punkt:

„Und psychische Spaltungen sind eine Folge von Traumata. Dann haben wir kein gesundes Ich mehr zur Verfügung und auch keinen eigenen Willen. Dann werden wir immer mehr von äußeren Faktoren gesteuert und von unseren nicht verarbeiteten Ängsten, unseren Wut- und Schamgefühlen.“

Wir tun das, weil wir diese Verhaltensweisen im Laufe unserer Entwicklung erlernt haben. Sie haben unsere Existenz gesichert. Somit ist an der inneren Trennung und Spaltung per se nichts falsch. Schlimm für uns selbst und andere ist nur, wenn wir nicht mehr wahrnehmen, dass wir damit wieder aufhören können.

Nur: Wie kann man mit etwas aufhören, von dem man nicht mehr realisiert, dass man überhaupt damit angefangen hat? Gelernt ist eben gelernt und damit zur Gewohnheit geworden. Wie kann ich das „Kopfkino“ verlassen und dem alles in getrennte Elemente einteilen wollenden „Gedankenstrom“ entsteigen? Wie kann ich letztlich den Konflikt befrieden und den Einstieg in die Gewaltspirale stoppen?

WAUB versus TAT: Wahrheit, Achtsamkeit, Umkehr und Beziehung als Weg der Transformation

So wie die Formel TAT die Komponenten einer Gewaltspirale im Äußeren beschreiben kann, stellt WAUB eine ähnlich greifbare Formel dar, die das positive Gegenteil beschreiben kann: Welche Komponenten gehören dazu, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden?

Wahrheit: „Stimmt das?“

„Mein Kind, was werden wir nun sprechen?“, fragt Papageno in Mozarts Zauberflöte, als sie in der Klemme sitzen, und Pamina antwortet ihm: „Die Wahrheit! Die Wahrheit! Und wär‘ sie auch Verbrechen“.

Die Suche nach und die Konfrontation mit der Wahrheit im Sinne sachlicher und schonungsloser Selbstreflexion ist laut Ruppert der einzige Ausweg aus Trauma und (selbst-)zerstörerischem Verhalten.

Ruppert, der immer wieder in seinen Vorträgen und Interviews darauf hinweist, dass es beinahe unmöglich ist, nicht traumatisiert zu sein, empfiehlt jedem Menschen, sich mit der Wahrheit über die erfahrenen Traumata zu konfrontieren, sie verstehen und damit heilen zu lernen.

So wie im politischen Weltgeschehen Wahrheit und Aufklärung über gesellschaftliche Missstände der Heilung dienen, verhält es sich auch mit inneren Prozessen.

Die Suche nach der Wahrheit enthält immer die prüfende Frage „Stimmt das?“ und „Wie sicher bin ich, dass das Erlebte oder Erfahrene wahr ist?“

Unser Mann, der sich den Hammer ausborgen will, wäre mit dieser Frage gar nicht erst in die Gewaltspirale geraten, denn wahrscheinlich hätte er bei seiner inneren, trennenden Annahme „Vielleicht will er mir den Hammer gar nicht leihen“ gemerkt, dass er sich gar nicht so sicher sein kann, dass das wahr ist. Er hätte einfach nur überlegen müssen, wie oft ihm sein Nachbar beispielsweise schon ausgeholfen hat, und dabei hätte er vielleicht gemerkt, dass der Nachbar ihm schon viermal den Rasenmäher geliehen, dreimal auf die Kinder aufgepasst und beim Ausheben der Baugrube für den Gartenteich geholfen hat.

Achtsamkeit: „Was denke und fühle ich gerade?“

Einen weiteren Beitrag zum Ausstieg aus der inneren Gewaltspirale leistet Achtsamkeit. Achtsamkeit meint das Hinterfragen und Beobachten dessen, was ich in einem bestimmten Moment, in einer bestimmten Situation denke und fühle. Dabei ist wichtig, dass ich mich nicht mit den Gedanken und Gefühlen identifiziere, sondern eine Art Zuschauer im Theater meiner Gedanken und Gefühle bin.

Wenn unser Mann ohne Hammer nicht geprüft hätte „Stimmt das?“, dann hätte er mit Achtsamkeit den Eintritt in den Sog der Gewaltspirale noch verhindern können, indem er gemerkt hätte: „Ich fühle mich unruhig.“ und „in mir kommen zweifelnde Gedanken auf“. Das hätte er zunächst wahrnehmen und beobachten können, bevor er zum Nachbarn aufbricht. Dann hätte er Ursachenforschung betreiben können, warum er denn so unruhig ist und die Hilfsbereitschaft seines Nachbarn anzweifelt. Vielleicht hat er das schon öfter so erfahren. Dann hätte er aber merken können, dass er aufgrund vergangener Erfahrungen so denkt und fühlt und dass das folglich nichts mit der aktuellen Situation beziehungsweise dem Nachbarn zu tun hat.

Umkehr: „Wie wäre es, wenn das Gegenteil der Fall wäre?“

Mit dem Prinzip der Umkehr von Aussagen und dem Hinterfragen von Gedanken und Gefühlen ist die amerikanische Lehrerin und Buchautorin Byron Katie und die von ihr entwickelte Methode „The Work“ bekannt geworden.

Das Umkehren der Gedanken, Aussagen und Annahmen über sich oder eine Situation bewirkt in praktischer Weise das, was Foucault als „Das Andere denken“ bezeichnet hat, und ist ein Schritt zur Erkenntnis nicht nur über sich selbst, sondern über sich hinaus. Wenn ich das Gegenteil von dem denke, was ich bisher gedacht habe, fühle ich auch etwas anderes.

In unserem Beispiel könnte der Gedanke, der die Wut unseres Mannes weiter gesteigert und die Abwertung veranlasst hat („Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben“) umgekehrt lauten: „Leute wie ich vergiften mir das Leben“ oder „Leute wie mein Nachbar bereichern einem das Leben“.

Hätte er dann geprüft, wieder in Achtsamkeit, wie er sich fühlt, wenn er diese Gedanken denkt, wäre die Wut möglicherweise verschwunden.

Hilfreich bei der Umkehr ist der Weg in die Empathie. Man löst sich von sich selbst und wendet sich in gedanklich positiver Weise zum anderen Menschen hin. Das wiederum führt zur Auflösung der Gewaltspirale, denn man tritt in

Beziehung: „Was möchte ich, was mein Gegenüber?“

„Achtsamkeit bedeutet zu erspüren und zu respektieren, was dem Gegenüber ein Herzensanliegen wäre.“ (Klaus Huber)

Wenn ich erst so weit bin, dass ich mich von meinen negativen Gedanken mittels Umkehr gelöst und mich dem anderen Menschen zugewandt habe, fangen echter Kontakt und Beziehung an, weil ich überhaupt erst jetzt erfassen kann, welche Gedanken und Gefühle mein Gegenüber hat. Frieden bedeutet, im Kontakt zu den eigenen Gedanken und Gefühlen zu sein, d.h. sie wahrzunehmen, anstatt sich mit ihnen zu identifizieren, und gleichzeitig im Kontakt mit dem zu sein, was ein Anderer denkt und fühlt.

Unser Mann in der Geschichte hat alle bisher genannten Möglichkeiten des Verhinderns von Gewalt ausgelassen und die Frage nach dem, was ihn mit dem Nachbarn verbindet, wäre noch eine Chance zum Frieden gewesen.

Er hinterfragt jedoch weder sich, noch fragt er beim Läuten an der Tür seinen Nachbarn, ob er vielleicht einen Hammer hat und ihm den leihen mag. Er denkt überhaupt nicht darüber nach, ob Hilfsbereitschaft etwas ist, das ihn eher mit seinem Nachbarn verbindet, weil man sich oft schon gegenseitig geholfen hat. Außerdem kommt er gar nicht auf die Idee, dass er seinem Nachbarn keine Freude macht, wenn er ihn anschreit.

Es findet weder im Innern noch im Äußeren ein Gespräch, ein Dialog statt, sondern er agiert nur seinen inneren Vorstellungen und Vorurteilen entsprechend, ohne den Nachbarn auch nur an einer Stelle einzubeziehen.

Innerer und äußerer Friede müssen kultiviert werden

Frieden durch Empathie und Achtsamkeit zu erreichen, ist eine Frage der Kultur. Es bedarf der Arbeit und Pflege, wie Byron Katie selbst sagt (ihre Methode heißt nicht umsonst „The Work“), um in Konfliktsituationen ungute Gedanken und Gefühle zu transformieren.

Es kommt dabei nicht darauf an, sich schlechte Gedanken und Gefühle „wegzumachen“, sie nicht haben zu wollen. Das würde nur in die Verdrängung und weitere Abspaltung führen.

Vielleicht versuchen wir, uns liebevoll auch unserer „schlechten“ Gedanken anzunehmen und wahrzunehmen, wenn wir einen „geheiligten Zorn“ verspüren. Es kommt auf die Umwandlung an.

Harmonische Beziehungen fallen nicht vom Himmel, wir können sie entwickeln und daran wachsen. Das braucht manchmal Zeit, doch vielleicht lohnt es sich, wenn wir sie uns nehmen, denn wir werden mit Glück, Frieden und Liebe belohnt.


Anmerkungen

Dieser Artikel wurde unter Creative Commons (CC BY-NC-ND 4.0) original bei rubikon.news veröffentlicht. Mehr zu Christiane Borowy erfahren Sie hier.

Quellen

[1] Anleitung zum Unglücklichsein; Paul Watzlawick; 2010; Piper; ISBN: 978-3-492-95053-4; https://www.piper.de/buecher/anleitung-zum-ungluecklichsein-isbn-978-3-492-95053-4-ebook

[2] Glücksschule; Daniel Hess; Novum-Verlag; 2014; ISBN 978-3-99038-752-8; http://www.zeitpunkt.ch/news/artikel-einzelansicht/artikel/schule-zum-glueck.html

[Titelbild] Autor: Gerd Altmann; Titel: Herz; Quelle: https://pixabay.com/de/herz-silhouette-liebe-gl%C3%BCck-1982316/; Lizenz: CC0 Public Domain