Die angestrebte weltweite Abschaffung des Bargeldes durch politische -, Wirtschafts- und Finanzeliten wird von den Menschen völlig unterschätzt. Sie wird unterschätzt in den bereits erreichten Fortschritten und sie wird unterschätzt in ihren tiefgreifenden Konsequenzen. Die Bargeldabschaffung ist nämlich nicht nur ein gigantisches Geschäftsmodell sondern – und das ist noch viel schwerwiegender – wichtiger Teil zur Etablierung eines alle Lebensbereiche kontrollierenden Überwachungssystems. Und Indien mit seinen über eine Milliarde Einwohnern scheint das perfekte Testfeld zu sein.
Der Banker, Volkswirtschaftler und Journalist Norbert Häring hat sich intensiv mit den Aktivitäten der vor allem in den USA beheimateten Lobby beschäftigt, welche mit Macht auf eine globale Durchsetzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs drängt. Die folgenden, von mir jeweils kommentierten Texte entnahm ich den Artikeln seiner Webseite:
Herzlichen Dank an Norbert Hähring, dass ich die Texte hier veröffentlichen kann!
Im Herbst 2016 führte die indische Regierung – völlig überraschend – neue Banknoten ein. Die bisherigen Banknoten waren über Nacht nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen und mussten in Finanzinstituten gegen die neuen Noten umgetauscht werden. Dieser Umtausch war mit weiteren Restriktionen verbunden, die letztlich zu einem Chaos in Indien führten. Was das für die Menschen dort bedeutete, kann Ihnen ein Vorortbericht nahe bringen, der Norbert Häring zugesandt wurde:
Brief aus Kerala
von Norbert Häring; 9.1.2017; Quelle: http://norberthaering.de/de/27-german/news/751-kerala
Ein Deutscher, der im indischen Bundesstaat Kerala in einer Kleinstadt lebt, berichtet per E-Mail seinem Freund in Deutschland davon, wie sich für ihn und andere in der täglichen Praxis die „Demonetarisierung“ darstellt, die Ministerpräsident Narendra Modi am 8. November 2016 verkündet hat. Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Adressaten drucke ich die Mails hier ab.
Anonymus, Kerala, 14. 11. 2016: So eine indische Währungsreform ist schon sehr aufregend! Alle 500,- und 1000,- Rupien Scheine, die 86% der umlaufenden Geldmenge ausmachen, wurden über Nacht für ungültig erklärt. Für ahnungslose Touristen besteht die Möglichkeit einmalig Rs. 5000,- in neue Scheine umzutauschen, allerdings wie für alle anderen auch, nur bis zum 30. Dezember. ( 1000,- Rupien sind ca. 13,80 Euro ) Blöd ist dabei, wenn manche Reisende sich für ganz schlau hielten und für ihre geplante Fahrt günstig vielleicht auf einmal 30.000,- umtauschten… Pech. Wohl auch mit Umtauschbescheinigung. Da sind sie jetzt ganz hart.
Auch die tausenden Wanderarbeiter aus Orissa, Bihar und West-Bengal, die hier in Kerala ohne Papiere als Sklaven in den unmenschlichen Sperrholzfabriken z.B. Perumbavoors arbeiten und ihr Geld bis zur Heimfahrt verstecken, haben ganz schlechte Karten! Es gibt deshalb schon kleine Unruhen.
Es gelten zum Teil sehr komplizierte Regelungen, die sich auch täglich ändern können, um seine alten, nun ungültigen Scheine in neue umzutauschen. Das Land befindet sich in einem völligen Chaos, Aufstände drohen und finden teilweise schon statt.
Unter bestimmten Voraussetzungen, die für uns zum Glück zutreffen, können wir bis zu 2,5 Lakh (Rupien 250.000,-) aber nur Rs. 49.000,- pro Tag bar auf’s Konto einzahlen, ohne Herkunftsnachweise vorlegen zu müssen, was an einer von drei Schlangen in unserer völlig verstopften Bank geschieht. Wir hatten wider Erwarten doch über zweihundert Tausender im Hause, was ich gar nicht mehr genau wußte, muß also mindestens fünf Mal in diesen Malstrom.
Man steht stundenlang an, es wird geschubst, gedrängelt und immer sind alle ganz eng aneinandergequetscht. Es stinkt, ist furchtbar heiß, zum Schneiden dicke Luft und lärmt noch mehr als sonst, weil keiner weiß wo er sich nun anstellen soll. Platziert sich einer zwei Stunden falsch, wie mir prompt passiert, muß er wieder auf „Los“. Eine Schlange ist zum Einzahlen größerer Beträge, die nächste nur zum Umtausch und die dritte für das Einzahlen kleinerer Werte sowie das Abheben frischen Geldes. Man bedenke, Frauen bilden an jedem Schalter separate Schlangen, es winden sich letztlich 6(!) Menschenreihen kreuz und quer durch den relativ kleinen Raum, vorbei an nur halboffenen mit dicken Ketten fixierten Scherengittern in den Gang die enge Treppe runter – Entsetzlich!
Dazwischen im stockdunklen Flur noch ein improvisiertes Tischchen, an dem vor Schweiß triefendes Personal sitzt, um des Schreibens Unkundigen zu helfen die Formulare auszufüllen. Durch das ganze Gedrängel schieben sich ab und zu Leute mit großen offenen Körben, gefüllt mit frischen Geldbündelhaufen die Treppen in den Bankraum hoch, erstaunlicherweise gehen, obwohl eigentlich physikalisch unmöglich, die Massen auseinander um die „Heiligkeit“ passieren zu lassen. Ist der Transport vorüber, batscht die Menge unter Geschrei, wer nun vor wem an welcher Schlange stand, wieder zusammen.
Gestern versuchte die Filialleitung Blechmarken zur Reihenfolgeregelung zu verteilen, die Menschen sprangen wie Hühner übereinander her um eine zu ergattern, – Gekreisch, Gebuffe, abgerissene Taschen, runtergefallenes, nicht wiederzufindendes Zeug… – ich kann Dir sagen!
Und dann! – Die Kassierer sitzen in den Banken immer in so kleinen extra Drahtkäfigen mit vorne einem handgroßen Loch und nur einer winzigen Tür hinten. Die Bude sah nach nur zwei Tagen aus wie Dagobert Ducks Geldspeicher, nur auf indisch! In Kartons, Schüsseln, Eimern und lose die Drahtwände hochgestapelt die alten Geldscheinbündel. Manchmal rutscht alles zusammen, wird dann mit den Füßen irgendwie weggeschoben, die Menge draußen drängt auf Abfertigung. Vollkommen überforderte Bankangestellte kommen zitternd in den Verschlag zu Hilfe und versuchen dem Geldgebirge wieder notdürftig Form zu geben und nebenbei, mit einer stotternden alten Geldzählmaschine, Ordnung in die Bleistift-und-Ratzel-Buchführung zu bringen.
Es ist nebenbei eine, wenn auch ziemlich brutale Methode, den Menschen das elektronische Bezahlen und Kreditkartenleben schmackhaft zu machen. Ich sage nur: langfristig geplante Bargeldabschaffung! Offiziell will man mit der äußerst aufwendigen Aktion das Schwarz-, Bestechungs- und Falschgeld eindämmen… Derartige Aktionen können natürlich überall auf der Welt vollzogen werden, auch in Deutschland – Vorwände finden sich immer…!
Einige Tage später, Teil II
Mittlerweile hat sich die Bankensituation, zumindest bei uns im Dorf, etwas beruhigt, ist aber dennoch angespannt und von Normalität kann keine Rede sein. Andernorts geht es jetzt erst richtig los, da ganze Geschäftszweige infolge von Bargeld- und Wechselgeldknappheit zusammenbrechen, was natürlich Kettenreaktionen auslöst und Tausende ins Elend stürzt. Hunderte Leute setzen ihrem Leben ein Ende, nicht wissend, wie sie das alles überstehen sollen; Haben sie z.B. kürzlich ihr gesamtes Land für die Behandlung einer Krankheit oder eine geplante Hochzeit verkauft, wird dieses Geld plötzlich als illegal eingestuft und erfordert ungeheure Anstrengungen es zu legalisieren, wenn überhaupt möglich. Andere, besonders Ältere und Gebrechliche brechen während des manchmal tagelang dauernden Anstehens vor und in den Banken zusammen, oft mit Todesfolge.
Zunehmende Demos, Streiks und teilweise gewalttätige Aufstände sind an der Tagesordnung, so manche Landesregierung opponiert vehement gegen die Entscheidungen und Vorgehensweise der Zentralregierung in Delhi.
Gestern, nachdem ich in unserer Bank für mich alles soweit erledigt hatte, gab ich dem sichtbar überarbeiteten Filialleiter ein Zeichen, ihn gern persönlich sprechen zu wollen. Er zuckte zusammen, fürchtete wahrscheinlich irgendeine Beschwerde meinerseits, bat mich aber dennoch in sein Büro. Ich hatte keine Klage vorzubringen, sondern ganz im Gegenteil, versicherte ihm und seinem Kollegium meine höchste Bewunderung. Hatte ich nun fünf Tage die Gelegenheit, über jeweils mehrere Stunden Zeuge der unglaublichen Belastung, welcher er und die Angestellten ausgesetzt sind, zu erleben. Unflätige Worte, Beleidigungen bis hin zu Handgreiflichkeiten gegenüber dem Personal sind keine Seltenheit.
Die Mitarbeiter kommen täglich in aller Herrgottsfrühe in die Filiale, sortieren und zählen Berge von Scheinen, kommen während der radikal verlängerten Öffnungszeiten kaum zum Wassertrinken, geschweige denn Mittagessen und wenn dann gegen 20:00 der letzte Kunde widerwillig das Haus verläßt, fangen sie wieder an Geld zu sortieren und, viel wichtiger, sämtliche zehntausende Überweisungs-, Abhebungs- und Einzahlungsscheine, die auf riesigen Spießen lauern, in das Computersystem einzugeben, wozu tagsüber keine Zeit war. Vor 1:00 früh kommen sie nie nach Hause…
Er nahm das Paket Marzipan-Leedus für ihn und die Mitarbeiter entgegen, wurde ganz still und Tränen rannen ihm aus den Augen. Niemals hätte bisher ein einziger Kunde ein Wort der Anerkennung oder auch nur des Dankes für diese Mordsarbeit übrig gehabt, nun muß erst ein Ausländer kommen um dies zu tun. Er schäme sich für sein Volk mir gegenüber. Selten habe ich so tiefe emotionale Momente erlebt.
Kerala, 13. 12. 2016.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag, – es gibt immer noch kaum Bargeld von den Banken, man mußte ja alles einzahlen und bekommt davon wöchentlich nur lächerlich wenig (Rupien 24000,- /ca. 300,- Eu) in riesigen Rs. 2000,- Scheinen, die keiner wechseln kann, ausgezahlt. Man treibt die Menschen dadurch mit Zwang zu Konteneröffnungen und bargeldlosem Geldtransfer. Dies ist aber auf Grund fehlender Infrastruktur, speziell auf dem Lande kaum durchsetzbar. Es brodelt gefährlich und nun kommt noch dazu eine Goldkonfiszierung. Wo doch der Inder Gold so liebt…
Ende
Zur Goldbeschlagnahmung hier ein Bericht mit eingebettetem, englischsprachigem Nachrichtenvideo aus Indien:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/12/09/indien-beschlagnahmt-gold-von-privaten-anlegern/
Ende Text 1 aus Norbert Härings Veröffentlichungen
Die indische Regierung gab vor, mit dieser Maßnahme den Schwarzgeldhandel bekämpfen zu wollen. Sind also Verdächtigungen, dass dies Teil einer Strategie zur Bargeldabschaffung ist, nur aus der Luft gegriffen? Die Informationen aus dem nächsten Text von Norbert Hähring lassen anderes vermuten.
Hochinteressant finde ich die Partnerschaft der United States Agency for International Development (USAID) mit der indischen Regierung, in der sie sich für eine flächendeckende Einführung des digitalen (bargeldlosen) Zahlungsverkehrs in Indien stark macht. Was interessiert eine Nichtregierungsorganisation (NRO) das indische Finanzsystem? Die Frage löst sich in Wohlgefallen auf, wenn man die dahinter stehenden Interessen großer US-Konzerne erkennt.
Die USAID ist als direkt dem US-Außenministerium unterstehende NRO demnach offenbar beauftragt, weltweit politische Prozesse für private Interessen zu beeinflussen und bekommt dafür milliardenschwere Zuschüsse. Das hat sie in Russland zur unerwünschten NRO gemacht. Sehr bezeichnend sind auch 23 Millionen US-$ welche über die USAID der al-Qaida nahen pseudohumanitären Organisation „Weißhelme“ in Syrien zuflossen.
Dabei kann dieses „Entwicklungshilfeministerium“ aus einem gewaltigen Budget schöpfen. Jährlich fließen der USAID 20 – 30 Milliarden US-$ zu. Und u.a. mit diesen Geldern hat sie, gestützt durch das dortige Finanzministerium, in Indien das Unternehmen Catalyst gegründet, welches sehr rege Aktivitäten zur flächendeckenden Verbreitung des digitalen Zahlungsverkehrs in Indien vorantreibt. Hinter Catalyst stehen Konzerne bzw. konzernnahe illustre Stiftungen (die man ohne weiteres auch als steuersparende Unternehmens-Auslagerungen bezeichnen kann). Zählen wir sie schon mal (unvollständig) auf: Die Gates-Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates, die Dell-Stiftung des gleichnamigen IT-Unternehmens, die PMB Metlife Foundation des Finanzdienstleisters MetLife, Mastercard, Visa, eBay (Omidyar Network) und die sogenannte „Better Than Cash Alliance“ („Besser als Bargeld – Allianz“).
Und welche Gönner hat die „Better Than Cash Alliance“: Master Card, Visa, die Gates-Stiftung, die Ford Foundation, die USAID und andere. Aber lassen wir am Besten wieder Norbert Hähring zu Wort kommen:
Ein gut gehütetes offenes Geheimnis: Washington steckt hinter Indiens brutalem Bargeld-Experiment
von Norbert Hähring; 1.1.2017; Quelle: http://norberthaering.de/de/27-german/news/746-washington-und-indiens-bargeld
Mit einem Schlag erklärte die indische Regierung am 8. November 2016 die beiden größten Geldscheine und damit über 80 Prozent des indischen Bargelds mit sofortiger Wirkung für ungültig. Worüber erstaunlicherweise niemand zu reden oder zu schreiben scheint, ist die entscheidende Rolle, die Washington dabei spielte. Dabei wurde sie nur sehr oberflächlich verborgen.
Präsident Barack Obama hat die „strategische Partnerschaft“ mit Indien zu einer außenpolitischen Priorität erklärt. Schließlich gilt es China einzuhegen. Im Rahmen dieser Partnerschaft hat die Entwicklungshilfeorganisation der US-Regierung, USAid, ein Kooperationsabkommen mit dem indischen Finanzministerium geschlossen. Dabei geht es auch darum, in Indien und weltweit die Bargeldnutzung zugunsten digitaler Bezahlverfahren zurückzudrängen.
Am 8. November erklärte die indische Regierung überraschend mit einem Schlag die beiden größten Banknoten und damit über 80 Prozent des umlaufenden Bargelds für ungültig. Diese konnten nur begrenzte Zeit auf Bankkonten eingezahlt werden, bevor sie ungültig verfallen. Die Bargeldabgabe durch Banken wurde streng limitiert. Fast die Hälfte der Inder hat kein Bankkonto und sehr viele keine Bank in der Nähe. Die Wirtschaft läuft ganz überwiegend auf Bargeldbasis. Folgerichtig gab es eine extreme Geldknappheit und große Härten vor allem für die ärmeren und ländlichen Bevölkerungsgruppen. Auch im Dezember litten die Menschen noch erheblich unter Geldmangel und den damit einhergehenden Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und Essen, sowie nötige Dienstleistungen, etwa von Ärzten und Krankenhäusern zu bezahlen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal erheblich niedriger gewesen ist, als in den Vorquartalen. Chaos und Betrug regierten auch noch im Dezember.
Vier Wochen vorher
Nur knapp vier Wochen vor dieser überfallartigen Aktion verkündete USAid die Gründung von „Catalyst: Inclusive Cashless Payment Partnership“ um bargeldloses Bezahlen in Indien entscheidend voranzubringen. In der Pressemitteilung vom 14.10. heißt es, diese Initiative „markiert die nächste Phase in der Partnerschaft zwischen USAid und dem indischen Finanzministerium um universelle finanzielle Inklusion voranzubringen“. Die Mitteilung taucht in der Liste der Pressemitteilungen von USAid nicht (mehr?) auf – auch nicht, wenn man speziell nach „Indien“ filtert. Man muss wohl wissen, dass es sie gibt, oder zufällig beim Googeln darauf stoßen. Diese und andere Pressemitteilungen, die damals langweilig erschienen und kaum jemand interessierten, sind nach dem 8. November sehr viel interessanter – und verräterischer – geworden.
Im Nachhinein wird erkennbar, wenn man die entsprechenden Verlautbarungen liest, dass die Catalyst-Initiative und die Partnerschaft von USAid mit dem indischem Finanzministerium, aus der sie hervorging, nichts anderes waren als Tarnprojekte zur Vorbereitung des November-Überfalls auf die Bürger Indiens. Schon der Name Catalyst lässt im Nachgang die Programmatik deutlich erkennen.
Direktor für Projekt-Inkubation von Catalyst wurde Alok Gupta, bis dahin Chief Operating Officer des World Ressources Institute in Washington, zu dessen größten Geldgebern USAid gehört. Er war Mitglied des ursprünglichen Teams der Unique Identification Authority of India, die das – unter Big-Brother-Aspekten gruselige – biometrische Identifikationssystem Aadhaar entwickelt hat. Nach einem Bericht der indischen Economic Times hat USAid sich verpflichtet Catalyst für drei Jahre zu finanzieren. Wie viel Geld dabei fließt, werde geheim gehalten.
Badal Maluick, CEO von Catalyst war zuvor Vizepräsident des größten indischen Online-Marktplatzes Snapdeal. Er sagte zur Gründung von Catalyst:
„Die Mission von Catalyst ist es, multiple Koordinationsprobleme zu lösen, die die Durchdringung von digitalem Bezahlen unter Händlern und unter Konsumenten mit niedrigem Einkommen blockiert haben. (…) Die Regierung hat zwar (…) in einer konzertierten Aktion digitales Bezahlen gefördert, aber es gibt noch das Problem der letzten Meile, wenn es um Akzeptanz bei Händlern geht, und Koordinationsprobleme. Wir wollen diesen Problemen mit einem holistischen Ökosystem-Ansatz begegnen.“
Noch zehn Monate vorher
Das hier angesprochene Problem der multiplen Koordination und des robusten Bargeld-Ökosystems wurde zuvor in einem Report herausgearbeitet, den USAid 2015 im Rahmen der Anti-Bargeld-Partnerschaft mit dem indischen Finanzministerium in Auftrag gegeben und im Januar 2016 vorgestellt hat. Die Pressemitteilung dazu ist ebenfalls nicht (mehr?) in der Liste der Pressemitteilungen von USAid enthalten. Titel der Studie war „Beyond Cash”.
„Händler und Konsumenten sind in einem Cash-Ökosystem gefangen, das ihr Interesse an (bargeldlosen Verfahren) hemmt“, heißt es darin. Mit anderen Worten: Weil wenige Händler bargeldloses Bezahlen anbieten haben wenige Kunden Interesse daran und weil wenige Kunden Karten haben und damit bezahlen wollen, haben wenige Händler Interesse daran. Hinzu kommt: Banken und Zahlungsdienstleister stellen Händlern für die erstmalige Teilnahme Gerätekosten in Rechnung, sodass diese sich scheuen, digitales Bezahlen anzubieten, solange die Nachfrage danach gering ist. Es brauche also einen Impuls von außen, um zu einer Durchdringung mit Karten zu kommen, die gleichzeitig Angebot und Nachfrage nach digitalen Bezahlmöglichkeiten auf ein höheres Niveau hebt.
Der vom Catalyst-CEO angekündigte „Ökosystem-Ansatz“ um diesen Impuls zu schaffen, bestand, wie erst im November offenkundig wurde, darin, mit einem Schlag für eine begrenzte Zeit das Bargeld-Ökosystem zu zerstören und danach allmählich trocken zu legen, u.a. über Begrenzung der Bargeldauszahlung. Da die Aktion überfallartig durchgeführt werden sollte, um ihre volle katalytische Wirkung zu entfalten, konnten natürlich weder die veröffentlichte Studie, noch die Catalyst-Gruppe offenlegen, was geplant war. Der raffinierte Trick, mit dem die wahren Pläne getarnt wurden, bestand darin, immer nur regionale Feldversuche anzukündigen. Dies erlaubte es, in aller Offenheit Forschungs- und Vorbereitungsarbeiten voranzutreiben und sogar Expertenanhörungen durchzuführen.
„Das Ziel ist es, eine Stadt zu nehmen, und dort die digitalen Bezahlvorgänge innerhalb von einem Jahr zu verzehnfachen“, sagte Maluick noch am 14. Oktober bei der Vorstellung von Catalyst. Damit sie sich bei ihren Untersuchungen und Vorbereitungen nicht auf eine einzige Stadt beschränken mussten, taten der Beyond-Cash-Bericht und Catalyst so, als würden sie verschiedene Regionen und Städte untersuchen, um dann die für den Feldversuch am besten geeignete Stadt oder Region auszusuchen. Im November stellte sich dann heraus, dass ganz Indien die Versuchsregion für eine globale Initiative sein sollte. „Indien ist an vorderster Front der globalen Bemühungen, Volkswirtschaften zu digitalisieren“, hatte US-Botschafter Jonathan Addleton, der Mission Director von USAid in Indien, bei der Vorstellung von Catalyst vier Wochen vorher verklausuliert verkündet.
Die beteiligten Organisationen sind alte Bekannte
Wer sind die Beteiligten an dieser Initiative? „Über 35 wichtige indische, amerikanische und internationale Organisationen haben sich der Initiative von USAid und dem indischen Finanzministerium angeschlossen“, schrieb USAid bei der Vorstellung des Beyond-Cash-Berichts. Auf der treffend benannten Website http://cashlesscatalyst.org/ kann man lesen, wer das ist. Es sind im Wesentlichen IT- und Zahlungsverkehrsunternehmen, die am digitalen Bezahlen und mit den dabei anfallenden Nutzerdaten Geld verdienen wollen. Es sind viele alte Bekannte aus dem „Krieg interessierter Finanzkreise gegen das Bargeld“ (Bundesbank) dabei, unter anderem die Better Than Cash Alliance, die Gates Foundation, Omidyar Network (eBay), die Dell Foundation, Mastercard, Visa, PMB Metlife Foundation.
Die Better Than Cash Alliance
Die Better Than Cash Alliance, der auch USAid selbst angehört, steht nicht zufällig ganz vorne. Seit 2012 gibt es sie. Ihr Sekretariat stellt der United Nations Capital Development Fund (UNCDP) in New York, was damit zusammen hängen dürfte, dass diese arme kleine UN-Organisation in den beiden Vorjahren einmal die Gates-Stiftung und einmal die Master-Card-Stiftung als größte Spender nennen durfte.
Mitglieder der Gruppe, die für die weltweite Zurückdrängung des Bargelds eintritt, sind die großen US-Institutionen, die am meisten von der Abschaffung des Bargelds profitieren würden, also Visa und Mastercard, sowie die US-Organisationen, die in Büchern über die Geschichte des US-Geheimdienstes besonders häufig vorkommen, wie die Ford Foundation und natürlich USAid, außerdem die US-Großbank Citi, sowie ganz vorne die Bill and Melinda Gates Foundation (Microsoft). Auch das Omidyar Network des eBay-Gründers Pierre Omidyar ist unter den Sponsoren. Fast alle diese Organisationen sind – ebenso wie die Alliance insgesamt – Partner der aktuellen USAid-Initiative gegen das indische Bargeld. Im Grunde ist diese Initiative und das daraus hervorgegangene Tarnprogramm Catalyst nicht viel mehr als eine um indische und sonstige asiatische Unternehmen mit starkem Geschäftsinteresse an Bargeldzurückdrängung erweiterte Better Than Cash Alliance.
Eminenz im Hintergrund: IWF-Chicago Boy Raghuram Rajan
Die Partnerschaft zur Vorbereitung der (vorübergehenden) Bargeldabschaffung in Indien fällt weitgehend zusammen mit der Amtszeit des letzten Präsidenten der indischen Notenbank, Raghuram Rajan von September 2013 bis September 2016. Rajan (53) war vorher und ist jetzt wieder Ökonomieprofessor an der Universität Chicago. Er war von 2003 bis 2006 Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. (Das hat er gemeinsam mit Ken Rogoff, einem anderen profilierten Kämpfer für die Bargeldabschaffung.) Er ist Mitglied der in Washington angesiedelten Group of Thirty, einer sehr fragwürdigen Organisation, in der sich Vertreter großer privater Finanzinstitute hinter verschlossenen Türen mit dem Spitzenpersonal der wichtigsten Notenbanken abstimmen. Meine schon länger gehegte und formulierte Vermutung, dass die Group of Thirty eine zentrale Steuerungsinstanz des weltweiten Krieges gegen das Bargeld ist, bestätigt sich immer mehr. Die Mitgliedschaft in der illustren Gruppe hat Rajan gemein mit anderen zentralen Figuren der Anti-Bargeld-Kampagne, darunter Rogoff, Larry Summers und Mario Draghi.
Rajan hat alle Aussichten, noch etwas ganz Großes zu werden und daher allen Grund, das Spiel Washingtons gut zu spielen. Er war bereits Präsident der American Finance Association und erster Preisträger von deren Fisher-Black-Preis für Finanzforschung. Auch die hochdotierten Ehrungen Infosys Preis für Wirtschaftswissenschaften und Deutsche-Bank-Preis für Finanzökonomie, sowie den Financial Times/Goldman Sachs-Preis für das beste Wirtschaftsbuch sammelte er bereits ein. Außerdem wurde er zum globalen Inder des Jahres gekürt (NASSCOM), sowie zum Central Banker des Jahres 2015 (Euromoney) und 2016 (The Banker). Er wird als möglicher Nachfolger der schwer angeschlagenen IWF-Chefin Christine Lagarde gehandelt, kann sich aber sicher auch begründete Hoffnungen auf eine andere globale Führungsposition in dieser obersten Preisklasse machen.
Rajan war als Notenbankgouverneur beliebt und angesehen in der Finanzbranche aber trotz seinem marktliberalen Deregulierungsmantra ungeliebt in der produzierenden und konsumierenden Wirtschaft. Das lag vor allem an seinem Hang zu einer restriktiven Geldpolitik mit relativ hohen Zinsen. Wegen zunehmender Kritik aus den Reihen der Regierungspartei hatte er im Juni verkündete, nach September keine zweite Amtszeit mehr anzustreben. Der New York Times sagte er später, er wäre gern noch länger geblieben, aber keine volle Amtszeit, doch darauf habe er sich mit Regierungschef Modi nicht einigen können. Der frühere Handels- und Justizminister Swamy sagte zu Rajans Abtritt, die indischen Industriellen würden sich freuen, und:
„Ich wollte ihn weghaben, und ich habe das dem Premierminister gegenüber so deutlich gemacht, wie ich konnte. (…) Sein (Rajans) Publikum war im Wesentlichen westlich und sein Publikum in Indien war die transplantierte verwestlichte Gesellschaft. Die Leute kamen in Delegationen zu mir um mich zu drängen, etwas zu unternehmen.“
Desaster mit Ansage
Wenn Rajan an der Vorbereitung der Bargeldbeseitigungskampagne maßgeblich beteiligt war, woran ich angesichts seiner persönlichen und institutionellen Washingtoner Beziehungen und der zentralen Rolle seiner Notenbank bei der Bargeldversorgung nicht zweifle, dann hatte er guten Grund, dabei im Hintergrund zu bleiben. Es war nämlich keineswegs überraschend, dass die Aktion ein schlimmes Desaster für die große Mehrheit der armen und ärmsten Inder werden würde, denen die vorgebliche finanzielle Inklusion angeblich helfen soll. Schließlich hatten USAid und Partner die Lage intensiv sondiert und zum Beispiel in dem Beyond-Cash-Bericht festgestellt, dass fast 97 Prozent der Transaktionen in Indien mit Bargeld ausgeführt werden und nur 55 Prozent der Bevölkerung ein Bankkonto haben. Selbst von diesen Bankkonten seien nur 29 Prozent „in den letzten drei Monaten“ genutzt worden. Nur sechs Prozent der Händler akzeptierten bargeldlose Zahlungen.
All das war also gut bekannt, sodass es nicht überraschen konnte, dass bei dieser Ausgangslage die arme Bevölkerungsmehrheit und die Mehrzahl der kleineren Produzenten und Händler große Probleme bekamen, als man auf einmal das meiste Bargeld für ungültig erklärte. Es zeigte sich deutlich, wie verlogen die Mär von der finanziellen Inklusion durch digitalen Zahlungsverkehr und Verdrängung des Bargelds ist. Gerade für die Armen und Ärmsten in den ländlichen Gebieten gibt es keine Technologie, die ähnlich einfach die Teilnahme aller am Wirtschaftsprozess ermöglicht wie Bargeld.
Aber für Visa, Mastercard und die anderen Zahlungsverkehrs-Dienstleister, die die oft lebens- und existenzvernichtenden Probleme der Bargeldbeseitigung nicht zu tragen hatten, lohnte sich die Aktion natürlich trotzdem. Denn nach dem schrecklichen Chaos, und den Geschäftseinbußen, die jeder erdulden musste, der kein digitales Geld annehmen und verwenden konnte, wird nun natürlich jeder Handeltreibende, der es sich irgendwie leisten kann, Kartenlesegeräte anschaffen. Und die Konsumenten, die nur noch begrenzt Bargeld bekommen, werden ihre Karten endlich benutzen, zur Freude von Visa, Mastercard und der anderen Mitgliedern der erweiterten Better Than Cash Alliance. Und das nicht nur in Indien, denn auch in anderen Ländern erfuhr jeder der Zeitung liest, wie schlimm es sein kann, allein auf Bargeld angewiesen zu sein, wenn die Regierung mit der Finanzbranche gemeinsame Sache gegen die Bevölkerung macht.
Das US-Interesse am der globalen Bargeldbeseitigung
Das Geschäftsinteresse der global dominanten US-amerikanischen Finanz- und IT-Dienstleister ist natürlich ein wichtiger Grund, warum die US-Regierung mit so viel Eifer die Zurückdrängung des Bargelds in anderen Ländern betreibt, aber nicht unbedingt der wichtigste. Daneben gibt es auch das Überwachungsmotiv, da US-Dienste und US-Firmen den gesamten grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und annähernd den gesamten Datenstrom mitlesen können. Hinzu kommt, vielleicht noch wichtiger, dass jede Zahlung, die über eine Bank oder einen Zahlungsverkehrsdienstleister abgewickelt wird, dank der internationalen Dominanz des Dollars, die Macht der US-Regierung stärkt, eigenes Recht weltweit anzuwenden. Das auszuführen muss einem späteren Beitrag vorbehalten bleiben.
Hier soll zum Beleg der Link auf eine vor kurzem erschienene Reportage der FAZ genügen. Darin wird am Beispiel der Commerzbank und der Angestellten einer im internationalen Leasing-Geschäft tätigen Firma beschrieben, wie wenig es gegebenenfalls nützt, sich im internationalen Geschäft an die heimischen Gesetze und internationale Regeln zu halten, wenn die US-Regierung andere Vorlieben und politische Prioritäten hat. Dergleichen Beispiele gibt es viele. Jede international tätige Bank ist durch die USA erpressbar, weil der Lizenzentzug für das Dollar- und US-Geschäft dem Ruin gleichkommt. Man denke nur an die Deutsche Bank, die monatelang mit dem Finanzministerium der USA darüber verhandeln durfte, ob sie nun 14 Milliarden Dollar Strafe bezahlt und Pleite geht, oder mit sieben Milliarden davonkommt, und es überlebt. Wenn man die größten Banken jedes Landes in die Pleite treiben kann, dann kann man natürlich auch Macht über deren Regierungen ausüben. Diese große Macht über das (digitale) Finanzsystem gibt es schon heute. Je weniger Bargeld es gibt, desto größer und besser ist sie gegen Ausweichreaktionen abgesichert.
Ende Text 2 aus Norbert Härings Veröffentlichungen
Welcher Bürger ahnt schon, was für eine Macht hinter dem US-geführten Zentral-Bankensystem steht. Da der US-Dollar nach wie vor die Weltleitwährung darstellt, werden Transaktionen über US-Banken umgesetzt (und kosten übrigens auch Gebühren). Verweigern die USA einer beliebigen Bank – auch und gerade außerhalb der USA – den (und wenn auch nur virtuellen) Weg über US-Banken, wird diese vom weltweiten Zahlungsverkehr regelrecht abgekoppelt. Über diesen Weg hat man z.B. jahrelang versucht, den Iran zu erpressen.
Die Erpressbarkeit von Menschen, welche in den betroffenen Institutionen arbeiten, sollte man sich vergegenwärtigen, wenn man mal wieder selbstgerecht die moralische Keule auspackt und über die Verderbtheit dieser Menschen schwadroniert. Die Abhängigkeit von einem weltweit agierenden privaten Finanzsystem (nämlich dem der Federal Reserve; auch kurz Fed genannt) kann natürlich ohne weiteres auch politische Systeme destabilisieren.
Die gleich thematisierte Boston Consulting Group (BCG) ist mir schon einmal untergekommen, als eine der weltgrößten Unternehmensberatungen, die ihre Rentabilität durch Steuersparmodelle bei PwC (Pricewaterhouse Cooper) veredelte – was über die Luxemburg-Leaks öffentlich wurde – und deren früherer Mitarbeiter Joachim Lauk mit seiner eigenen Investment-Gesellschaft inzwischen zur Bilderberg-Konferenz geladen wird. Für was BCG in Indien so unterwegs ist, dafür hat Norbert Häring doch ziemlich schlüssige Erklärungen:
Der 500-Mrd.-Dollar-Preis: Wie Boston Consulting und Google Modi drängten die Bargeld-Ära zu beenden
von Norbert Häring; 24.1.2017; Quelle: http://norberthaering.de/de/27-german/news/766-bcg-und-google
Auf Seite 3 des Berichts heißt es:
„Wir erwarten, dass das Feld des digitalen Bezahlens in den nächsten Tagen grundlegende Verwerfungen erfahren wird.“
Auf Anfrage betont Koautor und BCG-Seniorpartner Alpesh Shah, die Autoren hätten nichts von Modis Plänen gewusst, die Mehrheit der Geldscheine in Indien für ungültig zu erklären. Der Bericht habe auch keine Beziehung zu der Anti-Bargeld-Partnerschaft von USAid und indischem Finanzministerium. Gegen diese Versicherung spricht nicht nur das obige Zitat. Das Thema könnte nicht besser in die Partnerschaft passen. Und zum Lenkungsausschuss des Berichts gehörten Vertreter von Organisationen, die mit USAid die Better-Than-Cash-Alliance bilden und/oder Teil der Partnerschaft mit dem indischen Finanzministerium sind. Es sind dies Visa, PayTM und und Vodafone.
Außerdem wirkt die Hauptprognose des Berichts ohne Vorahnung des radikalen Anti-Bargeld-Schritts von Regierungschef Modi völlig aus der Luft gegriffen. Obwohl die Zahl der Annahmestellen für Digitalgeld in den letzten Jahren stagniert habe, und obwohl der Bericht starke Gründe aufzählt, warum es schwierig sein werde, mehr Händler zur Bargeldannahme zu bewegen, sagt er eine Verzehnfachung der Zahl der Annahmestellen und des digitalen Bezahlvolumens bis 2020 voraus. Das würde bedeuten, dass die zuletzt stagnierende Zahl der Annahmestellen ab 2016 um 60 oder 70 Prozent pro Jahr zunimmt. Ein überzeugender Grund hierfür wird nicht genannt.
BCG und Google sind bemerkenswert ehrlich, worum es bei der ganze Anti-Bargeld-Aktion geht: um die Gewinne der (vorrangig) US-amerikanischen Zahlungsverkehrs-Dienstleister. Sie nennen den indischen Markt einen 500-Mrd.-Dollar-Preis (Pot of Gold), den es zu ergreifen gelte. Sie sparen sich das ganze scheinheilige Geschwätz von finanzieller Inklusion und Hilfe für die Armen, das man sonst in solchen Berichten liest, wenn sie für die Öffentlichkeit bestimmt sind, und nicht für Zahlungsverkehrs-Dienstleister und die Regierung. Auf 5 Mrd. Dollar im Jahr schätzen BCG und Google das jährliche Gebührenaufkommen für die Zahlungsverkehrs-Dienstleister. Google wäre nicht Google, wenn es nicht einen Rat an die Unternehmen hätte, den Gewinn noch etwas zu vergrößern: Datamining, mit den Kundendaten, um zusätzliche Einkommensströme zu schaffen. „Nicht Käufe treiben Bezahlvorgänge, sondern Bezahlvorgänge treiben Käufe“, lautet das Motto. Mit Datamining ließen sich die Konsumenten zu höheren Käufen verleiten, verspricht der Bericht.
Der Bericht erhält eine Liste von Anweisungen an die Regierung, die bezeichnender Weise in einem Kapitel mit Namen „Die Gelegenheit ergreifen – die Siegesagenda“ stehen. Die erste und wichtigste Forderung an die Regierung lautet, das Bewusstsein für die Kosten des Bargelds zu schaffen, indem sie viel darüber redet, was es kostet, Banknoten zu drucken und „gegen Fälschungen vorzugehen (einschließlich indem man immer wieder neue Banknotenserien einführt und und die alten aus dem Verkehr zieht) und indirekte Kosten durch Steuerhinterziehung, Schwarzgeld etc.“ Das klingt vertraut, nicht wahr.
Die Regierung Modi hat in den letzten zwei Monaten über wenig so viel gesprochen wie über die Kosten des Bargelds und sie ließ die ganze Bevölkerung drastisch die Kosten der Schwarzgeldbekämpfung durch Außerverkehrnehmen alter Banknoten spüren.
Doch das war nicht die einzige Art, wie die Regierung ihre Hilfsbereitschaft demonstrierte.
Im August, nur einen Monat nach Vorlage des BCG-Google-Berichts berief die Regierung eine Kommission, die Gesetzesvorlagen und neue Regeln entwerfen sollte, mit denen man der digitalen Zahlungsverkehrsbranche helfen kann. Zu den Vorschlägen der Watal-Kommission gehörte es, importiertes Gerät für digitales Bezahlen teilweise von Importzöllen freizustellen.
Das alles soll natürlich nicht nur Google und den Mitgliedern des Lenkungsausschusses der Studie bei der Gewinnerzielung helfen, sondern der amerikanischen Zahlungsverkehrsbranche insgesamt. Denn diese hat die besten Aussichten, sich den Großteil des zusätzlichen Marktvolumens zu „greifen“. In einem vor kurzem veröffentlichten Whitepaper der US-Regierung namens “A Framework for FinTech” (26.1. Link ersetzt, da alter Link nicht mehr funktionierte) heißt es:
„Die USA bleiben der globale Führer, was FinTech angeht. Diese Führungsposition sollte jedoch nicht als garantiert betrachtet werden. Die US-Regierung sollte weiterhin eine Strategie vorantreiben, die dazu beiträgt, die Branche voranzubringen (…) und einen soliden Wettbewerbsvorsprung im Technologie- und Finanz-Dienstleistungsbereich bewahren.“
Das Whitepaper zitiert den Bericht “Recent Trends in U.S. Services Trade: 2016 Annual Report” mit der Information, dass die Exporte von Bankdienstleistungen 2015 bei 74 Mrd. Dollar lagen, gegenüber nur 18 Mrd. Dollar Importen.
Das ist es, was hinter der freundlichen Hilfe von USAid, der Gates-Stiftung,Visa, Mastercard und der anderen Mitglieder der Better Than Cash Alliance steckt: eine Strategie, die hilft, die Branche voranzubringen und einen soliden Wettbewerbsvorsprung zu sichern. [24.1.2017]
Ende Text 3 aus Norbert Härings Veröffentlichungen
Es wird deutlich, dass hier ein Netzwerk aktiv ist, dass sich längst nicht mehr einordnen lässt in Politik oder Wirtschaft oder Finanzen. Es ist alles eins, das Gespinst einer Elitenschicht, dass sich über den Globus ausbreitet wie ein Pilz.
Außerdem lässt sich erahnen, was hinter dem philantropischen Mäntelchen der milliardenschweren Stiftungen tatsächlich abläuft. Möglich, dass die handelnden Akteure dort, tatsächlich glauben, Gutes für die Menschheit zu tun. Aber glauben Sie, dass das gut ist?
„Ein wichtiges Ziel auf dem Weg zur weltweiten Abschaffung von Bargeld ist für Bill Gates die Schaffung einer global harmonisierten biometrischen digitalen Identifikationsnummer für alle Erdenbewohner.“ [zitiert aus dem folgenden Artikel von Norbert Häring]
Hier sind Leute am Werk, die ganz offensichtlich dem Größenwahn verfallen sind, aber mit dieser Überhebung die Politik auf unserem Globus steuern. Es sollte einem Angst und Bange werden. Der politische Einfluss der großen US-Stiftungen; das thematisiert Norbert Häring im nächsten Artikel:
Wie Indien zum Versuchskaninchen von Bill Gates wurde – eine Verschwörung beschrieben von den Hauptakteuren
von Norbert Häring; 21.2.2017; Quelle: http://norberthaering.de/de/27-german/news/785-gates-indien
Auf einer Tagung des US-Finanzministeriums zur „finanziellen Inklusion“ Ende 2015 hat Bill Gates verkündet, dass seine Stiftung bis Ende 2018 den Zahlungsverkehr in Indien, Pakistan und Nigeria komplett auf bargeldlos umgestellt haben will, und dass er daran gemeinsam mit der indischen Zentralbank bereits seit etwa 2012 arbeitet. Dabei geht es laut einer Executive Order des US-Präsidenten von 2012 um vitale Sicherheitsinteressen der USA.
Der CEO von Paypal definierte Finanzielle Inklusion als ein Buzzwort das bedeutet, die Leute in das System zu bringen. Im System können sie dann, wie Bill Gates es ausdrückte „beobachtet und bedient“ werden, und zwar nicht nur von den privaten Unternehmen und den nationalen Regierungen, sondern auch von den US-Diensten, die tunlichst verhindern sollten, dass Finanzströme auf ein digitales System gehen, mit dem die USA nicht verbunden sind, weil es dann nämlich viel schwieriger würde, die Transaktionen zu verfolgen, die man kennen oder blockieren will.
Entsprechend diesem Gedankengang hat der US-Präsident bereits 2012 einen Globalen Entwicklungsrat eingesetzt, der ihn dabei beraten sollte, wie man per Entwicklungspolitik und Förderung der Finanziellen Inklusion die „vitalen Sicherheitsinteressen der USA“ verteidigen und „die Macht der USA“ mehren kann. Eine Vertreterin der Bill & Melinda Gates Stiftung war natürlich dabei. Das war auch das Jahr, in dem USAID, die Entwicklungshilfeorganisation der US-Regierung und die Gates Stiftung die Better Than Cash Alliance gründeten.
Zu dieser Zeit begann die Gates Stiftung nach den Worten von Bill Gates auch, eng mit der indischen Zentralbank zusammenzuarbeiten, mit dem Ziel, den indischen Zahlungsverkehr bis Ende 2018 komplett auf bargeldlos umzustellen. Der Chef des indischen Ablegers der Gates Stiftung ist im Vorstand der indischen Notenbank für Finanzaufsicht zuständig. Die enge Kooperation der Gates-Stiftung mit der indischen Notenbank, offenbar im Auftrag der US-Regierung, begann danach schon eineinhalb Jahre bevor in Indien Narendra Modi an die Macht kam, und fast zwei Jahre, bevor er Barack Obama besuchte, diesem von seinem Plan erzählte, die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs zu fördern, und die freudige Kunde vernahm, dass die USA dabei helfen könnten.
Am 8. November verkündete Narendra Modi völlig überraschend, dass mit sofortiger Wirkung die beiden größten Geldscheine, und damit über 80 Prozent des umlaufenden Bargelds ungültig wurden und binnen kurzer Zeit gegen Bankguthaben eingetauscht werden mussten. Das verursachte riesiges Chaos und monatelange extreme Bargeldknappheit, die es den extrem vielen in der Schattenwirtschaft ihr Dasein fristenden Indern sehr schwer machte, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Zuständigkeitshalber hatte den Beschluss zur „Demonetarisierung“ die Notenbank gefasst. Diese verschärfte und verlängerte die Bargeldknappheit, indem sie vor allem neue 2000-Rupien-Noten druckte, die nicht in die Geldautomaten passten und für die meisten Transaktionen mangels Wechselgeld zu groß waren und daher nicht taugten.
Ein wichtiges Ziel auf dem Weg zur weltweiten Abschaffung von Bargeld ist für Bill Gates die Schaffung einer global harmonisierten biometrischen digitalen Identifikationsnummer für alle Erdenbewohner. Der Milliardärs-Club World Economic Forum (WEF), wo Gates ein sehr einflussreiches Mitglied ist, hat diese Zielsetzung übernommen und ein Programm dazu gestrickt. Praktischerweise ist der Vorsitzende der IT-Branche auf dem World Economic Forum 2015 und 2016 ebenfalls im Vorstand der indischen Notenbank.
Damit auch die vielen Millionen Habenichtse auf der Welt sich der einheitlichen biometrischen Identifikationsmethode unterwerfen und den damit verbundenen digitalen Zahlungsverkehr nutzen, vertritt Gates die Philosophie, dass alle, die etwas von der Regierung haben wollen, gezwungen werden sollen, dies auf digitalem Weg entgegen zu nehmen und sich der biometrischen Identifizierung zu unterziehen. In Indien passiert das gerade in sehr großem Stil mit dem sogenannten Aadhaar-System. Auf entgegenstehende Entscheidungen des dortigen Verfassungsgerichts wird dabei keine Rücksicht genommen.
Die Bundesregierung macht auch mit
Das mit der engen Verbindung von Sicherheitsinteressen (wessen?) und Finanzieller Inklusion sieht die Bundesregierung offenbar ebenso wie der ehemalige US-Präsident und Bill Gates. Vor wenigen Tagen hat Entwicklungshilfeminister Gerd Müller auf der Münchner Sicherheitskonferenz (!) mit Bill Gates ein Memorandum of Understanding zur Zusammenarbeit mit der Bill & Melinda Gates Stiftung unterzeichnet. Darin geht es prominent auch um die Förderung der Finanziellen Inklusion, die als Entwicklungspolitik deklariert wird. „Entwicklung ist die beste Friedenspolitik“, sagte er dazu in nur leichter Abwandlung der offeneren Ausdrucksweise von Barack Obama 2012, für den Entwicklungshilfe und Finanzielle Inklusion dem Ziel dienen, die Sicherheitsinteressen und die kommerziellen Interessen der USA zu fördern.
Müller versprach auch, dass Finanzielle Inklusion bei den anstehenden G20-Treffen in Deutschland im Sommer ein zentrales Thema sein werde. Eine vom US-Präsidenten eingesetzte Kommission hatte dem Präsidenten empfohlen, die Weltbank und die G20 noch stärker in die den US-Sicherheitsinteressen dienende Kampagne zur Digitalisierung des Zahlungsverkehrs in den Entwicklungsländern einzuspannen. Check.
Finanzielle Inklusion und der Krieg gegen das Bargeld
Auf einem „Forum Finanzielle Inklusion“, das 2015 vom US-Finanzministerium und USAID veranstaltet wurde, sagten drei Teilnehmer in leichter Abwandlung den Satz: „Bargeld ist unser Gegner, Bargeld wollen wir eliminieren.“ Es waren dies der Chef von PayPal, der Chef eines großen afrikanischen Telekom-Unternehmens und Königin Màxima der Niederlande, die UN-Beauftragte für Finanzielle Inklusion. Letztere berief sich dafür auf den letzten US-Finanzminister Tim Geithner.
Dieser Text ist die Kurzfassung eines auf Englisch verfassten, deutlich längeren Beitrags, der die Zitate und Links zu den (meist englischsprachigen) Quellen enthält: How India became Bill Gates‘ guinea pig: A conspiracy as recounted by the main actors
Ende Text 4 aus Norbert Härings Veröffentlichungen
Wer interessiert ist, wird die Vorgänge nicht übersehen, die uns hin zu einem Überwachungsstaat führen können. Was soll ein solcher Staat dann für eine andere Gesellschaftsform sein als Faschismus? Es sieht ganz so aus, dass in dem von den Gesellschaften gelebten Kapitalismus mit seinen Macht- und Herrschaftsstrategien die Tendenz zum Faschismus inne wohnt! Norbert Härings Texte schlagen hier augenfällig die Brücke zu den abenteuerlichen Vorstellungen und Aktivitäten der Transhumanisten.
In den Ländern der Dritten Welt findet der Probelauf für das Szenario unserer Zukunft hier statt. Wenn wir dem nichts entgegensetzen, wenn wir nicht endlich Alternativen diskutieren, öffentlich machen und angehen, gesamtgesellschaftlich also wirkliche Verantwortung (beginnend bei der für uns selbst) übernehmen, dann wird diese Dystophie zu einer bitteren Wahrheit der Zukunft werden.
Wenn wir nicht tun, wird mit uns getan!
Bleiben Sie schön aufmerksam.
[Titelbild] 2017; Autor: Gerd Altmann; Titel: US-Flagge mit Dollar-Noten; Quelle: https://pixabay.com/de/usa-flagge-dollar-scheine-1974149/; Lizenz: CC0 Public Domain