Um Andere verstehen zu können, muss man sich aktiv, offen, kritisch aber auch selbstkritisch mit ihren Gedanken auseinandersetzen. Da ist es kontraproduktiv, diese Anderen als Feinde zu betrachten. Konsequenterweise sehe ich deshalb den Mann, dem ich mich gleich widme, auch nicht als Feind und so kritisch ich seinen Gedanken auch gegenüber stehe, werde ich mich bemühen, ihm, wie jedem Menschen die Achtung entgegen zu bringen, auf die ein jeder Mensch Anspruch haben darf. Unter dieser Prämisse habe ich Zbigniew Brzezinskis 1997 erschienenes Buch „The Great Chessboard“ (Die einzige Weltmacht) gelesen und mich dabei intensiv mit den Gedanken des Autors befasst. Was mir die Möglichkeit gab, in die Hintergründe (und Abgründe)  seines Denkens einzutauchen. Meine Erkenntnisse der Analyse aus der Lektüre dieses Buches fasse ich am Ende des Artikels zusammen. Gern dürfen die von mir  vorgebrachten Hypothesen kritisch beleuchtet werden. Hauptanliegen dieses Artikels ist jedoch ein anderer:

Die Einzige Weltmacht; Zgigniew Brzezinsk; 1997; Fischer-tbv; Cover

Etwas fiel mir nämlich beim Studium des Buches auf: Das Psychogramm Zbigniew Brzezinskis lässt aufgrund der von mir bei ihm erkannten psychologischen Konstitution auf eine ausgeprägte Fähigkeit zur Manipulation schließen. Diese Annahme meine ich, im folgenden Artikel immer wieder zu belegen. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass so auch sein Buch „The Great Chessboard“ einen hochmanipulativen Charakter besitzt. Dieses Buch sollte man deshalb auf gar keinen Fall einfach nur so schnell mal durchlesen! Man muss das Buch studieren, denn man setzt sich der Manipulation durch Zbigniew Brzezinski aus! Man sollte sich immer gewahr sein, dass unser Unterbewusstes prinzipiell jeglichen Inhalt ungefiltert aufnimmt. Nur die einhergehende bewusste Verarbeitung kann uns vor der geistigen Vereinnahmung schützen, zu der Menschen wie Brzezinski fähig sind.

Sprache der Macht

Schon mit dem Lesen der ersten Sätze fiel mir also eine besondere Art von Sprache in´s Auge und die setzte sich ungebrochen über das gesamte Buch hinweg fort. In Brzezinskis einleitenden Betrachtungen erscheint so auch gleich eine Sequenz, mit welcher der Verfasser anderen (in speziellen Fall Gesellschaften) unterstellt, von den gleichen Machtphantasien geprägt zu sein wie er selbst. Zwar spricht er von Staaten und gegnerischen Mächten, seine Sicht auf deren Verhalten ist allerdings eine Projektion der eigenen Psyche. Er bildet eine eigene tiefsitzende Angst vor Machtverlust auf die eines Staates vor seinen Feinden ab – und er stellt gleich eingangs eine Behauptung auf, deren Beweis er bis zum Schluss des Buches nicht erbringen wird :

„Inwieweit die USA ihre globale Vormachtstellung geltend machen können, hängt davon ab, wie ein weltweit engagiertes Amerika mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig wird – und ob es dort das Aufkommen einer dominierenden, gegnerischen Macht verhindern kann.“ [1]

Auf dieser unbewiesenen grundsätzlichen Behauptung allerdings beruht das gesamte „Great Chessboard„, einschließlich der formulierten praktischen Ratschläge für politisches Handeln! Das nächste Zitat ist sichtbar getragen von der Arroganz der Macht, dem Selbstverständnis das Richtige zu tun und so als Weltrichter auftreten zu dürfen. Ein Merkmal des Buches wird gewahr; Machtbewusstsein mit der ihr anhängenden Überheblichkeit und die fortwährende Wiederholung dieses Musters.:

„Folglich muss die amerikanische Außenpolitik den geopolitischen Aspekt der neu entstandenen Lage im Auge behalten und ihren Einfluss in Eurasien so einsetzen, dass ein stabiles kontinentales Gleichgewicht mit den Vereinigten Saaten als politischem Schiedsrichter entsteht.“ [2]

Und es setzt sich weiter fort in einer kalten gefühllosen, moralische Bedenken ausgrenzenden Sprache, überzeugt davon, dass z.B. dieses Agieren völlig normal war:

„Der spanisch-amerikanische Krieg 1898 war der erste Eroberungskrieg, den die USA in Übersee führten. Er hatte einen Vorstoß amerikanischer Macht bis weit über Hawaii und die Philippinen hinaus in den pazifischen Raum zur Folge … Mit dem Bau des Panamakanals, der eine Vorherrschaft sowohl über den Atlantik als auch den Stillen Ozean erleichterte, bekräftigten die Vereinigten Staaten ihre Ansprüche auf einen Sonderstatus als alleiniger Sicherheitsgarant der westlichen Hemisphäre, den sie bereits Anfang des Jahrhundert in der Monroe-Doktrin verkündet und in der Folgezeit mit Amerikas angeblich „offenkundigem Schicksale“ gerechtfertigt hatten.“ [3]

Fällt das dem Leser auf? Es könnte schwierig sein, denn diese Sprache hat in gewisser Weise Einzug in den Massenmedien gehalten und ist damit für viele Menschen unauffällige Normalität geworden. Kritisch nur ist, dass mit dem Verinnerlichen dieser Sprache, Menschen auch damit verbundene Handlungsweisen als „normal“ hinnehmen. Die aber zutiefst das verletzen, was eigentlich unsere ethisch menschliche Hülle ausmacht.

Brzezinski ist in der Ideologie des freien Spiels der Kräfte gefangen und so glaubt er auch bedingungslos an das Gute der freien Marktwirtschaft (respektive der freien Konkurrenz), dabei völlig ausblendend, welch gewaltige Machtkonzentrationen sich in den USA schon Anfang des 20.Jahrhunderts herausgebildet hatten. Das als Ergebnis eines ganz und gar nicht gleichberechtigten, eines vielmehr äußerst brutalen Verdrängungswettbewerbs:

„Begünstigt wurde diese beachtliche wirtschaftliche Dynamik durch eine experimentierfreudige und innovatorische Kultur. Amerikas politische Institutionen und seine freie Marktwirtschaft eröffneten ehrgeizigen und himmelsstürmenden Erfindern beispiellose Möglichkeiten, da keine archaischen Privilegien und starren gesellschaftlichen Hierarchien sie daran hinderten, ihre persönlichen Träume zu verwirklichen.“ [4]

Wer schon mal einen Blick in die USA des 19.Jahrhunderts geworfen hat, weiß – ohne den Erfindungsgeist der Ingenieure jener Zeit zu negieren – mit welcher Rücksichtslosigkeit sich die Monopole der Eisenbahngesellschaften, die Kohle- und Öl-Giganten sowie die Finanzmagnaten herausbildeten und umgehend an die Schalthebel der Macht drängten, dabei unzählige soziale Existenzen vernichteten, schrankenlos die Menschen ausbeuteten, „nebenbei“ die Ureinwohner des nordamerikanischen Kontinents faktisch ausrotteten und die Naturressourcen dieses großen (zuvor den Ureinwohnern geraubten) Landes gnadenlos plünderten. Liest man weiter, fühlt man sich in eine Denkfabrik des Neoliberalismus versetzt, Hayek [5] könnte das Wesen dessen nicht besser ausdrücken:

„Der Nachdruck, den die USA auf Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung legen, verbindet sich somit zu einer schlichten ideologischen Botschaft, die bei vielen Anklang findet: Das Streben nach persönlichem Erfolg vergrößert die Freiheit und schafft Wohlstand. Das ist der Nährboden einer unwiderstehlichen Mischung aus Idealismus und Egoismus. Individuelle Selbstverwirklichung gilt als ein gottgegebenes Recht, das gleichzeitig anderen zugute kommen kann, indem es ein Beispiel setzt und Wohlstand erzeugt. Diese Lehre zieht alle jene unweigerlich in ihren Bann, die Energie, Ehrgeiz und eine hohe Wettbewerbsbereitschaft mitbringen.“ [6]

Dass es der Gemeinschaft gut geht, wenn alle ihren Egoismus ausleben, diese irrwitzige Annahme widerlegt ein Blick auf die Welt dieser Tage, die von einer schreienden Diskrepanz zwischen arm und reich geprägt ist, wie es sie wohl nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gegeben hat.. Die „unwiderstehliche Mischung aus Idealismus [welcher?] und Egoismus“ setzt er gleich mit individueller Selbstverwirklichung als „gottgegebenem Recht“. Mit diesem göttlichen Recht verbietet sich auch die Kritik dieses nun unumstößlichen Gesetzes, womit eine erste Methode der Propaganda auffällig wird.

Über die Kraft des (nicht zu beweisenden) per se positiv konnotierten (christlichen) Glaubens werden abweichende Meinungen von vornherein – quasi als gottlos – ausgegrenzt. Die gedanklich in die Menschen eingepflanzte Verbindung von Egoismus und dem (doch eigentlich mit einer ganz anderen Bedeutung versehenen) Begriff der individuellen Selbstverwirklichung ist ein weiterer, oft angewandter manipulativer Trick. Kritikern der Prinzipien egoistischer Lebensweisen wird nun unterstellt, dass sie die individuelle Selbstverwirklichung von Individuen verbieten wollen, was einem Angriff auf die Freiheit des Menschen gleichkommt.

Welcher „Nachdruck auf Demokratie“ damit gelegt wird, bleibt das Geheimnis des Zbigniew Brzezinski (oder dessen Definition von Demokratie ist eine andere, als wir sie annehmen), dass die propagierte Ideologie aber gegenwärtig weltweit noch immer auf einem Triumphzug ist, damit hat er zweifellos recht:

„Dass der american way of life in aller Welt mehr und mehr Nachahmer findet, entsteht ein idealer Rahmen für die Ausübung der indirekten und scheinbar konsensbestimmten Hegemonie der Vereinigten Staaten.“ [7]

Die Rolle der Bündnispartner im Großen Schachspiel

Der eine oder andere mag ja glauben, dass die NATO ein Verteidigungsbündnis gleichberechtigter Staaten ist, die sich als Partner bei Aggressionen auf ihr Staatsgebiet solidarisch unterstützen. Wer die hier untersuchte Abhandlung eines Mannes gelesen hat, der US-Präsidenten, und – Vizepräsidenten wie – Präsidentenschaftskandidaten als Berater zur Seite stand [8], sollte von dieser Illusion befreit sein:

„Die Nordatlantische Allianz, die unter dem Kürzel NATO firmiert, bindet die produktivsten und einflussreichsten Staaten Europas an Amerika und verleiht den Vereinigten Staaten selbst in innereuropäischen Angelegenheiten eine wichtige Stimme.“ [9]

Wer immerfort und ausschließlich in der eindimensionalen Welt der Macht denkt, mag auch ein Geostratege sein. Ein solches Denkmuster (welches sich ohne jeden Bruch durch das gesamte Buch zieht) lässt sich jedoch auch ganz eindeutig als das eines Psychopathen bezeichnen! Bündnispartner kann es in einer solchen Gedankenwelt nicht geben, allenfalls in seiner manipulativen Verwendung. Wer Herrscher und wer Diener ist (nach Brzezinski), eine andere Betrachtung der Welt gibt es für ihn nicht – dafür hier ein weiteres Beispiel, das die Rolle des „Bündnispartners“ Japan beschreibt:

„Die bilateralen politischen und militärischen Beziehungen bindet die bedeutendste Wirtschaftsmacht Asiens an die USA, wobei Japan (zumindest vorerst) im Grunde genommen ein amerikanisches Protektorat bleibt.“ [10]

Ein weiteres Beispiel gefällig?

„Besondere Sicherheitsvorkehrungen im Persischen Golf, vor allem nach der kurzen Strafexpedition gegen den Irak […] , haben diese wirtschaftlich vitale Region in ein amerikanisches Militärgebiet verwandelt.“ [11]

„Strafexpedition“, so nannten auch frühere Kolonialmächte ihre Kriege (um Sicherung ihnen gottgegebener Ressourcen) gegen unbootmäßige Völker und Staaten. Es ist eine kaum zu überbietende Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit, die auch hinter folgendem Satz steht:

„Das [die USA] ist auch der Ort, wo sich der Machtpoker abspielt, und zwar nach amerikanischen Regeln. Vielleicht das größte Kompliment, mit dem die Welt anerkennt, dass im Mittelpunkt amerikanischer globaler Hegemonie der demokratische Prozess steht, ist das Ausmaß, in dem fremde Länder in die amerikanische Innenpolitik verwickelt sind. “ [12]

Auch eine bewusste propagandistische Überhöhung, KEINE Oberflächlichkeit ist übrigens seine Gleichsetzung der USA mit Amerika (welche sich durch das gesamte Buch zieht)! Dass weiterhin deren Hegemonie sich durch Einfluss fremder Länder in die Innenpolitik der USA (und eben nicht Amerikas) manifestiert, kommt einer argumentativen (und misslungenen) Zangengeburt gleich, einer Orwellschen Umkehrung der Wirklichkeit [13]. Wie das funktionieren soll, was in einer Abhandlung mit wissenschaftlichem Anspruch doch zu erwarten wäre, immerhin ist sein Buch seit vielen Jahren eine strategische Handlungsanleitung für die US-Administration, lässt Brzezinski offen. Es geht dabei nicht einmal vordergründig um die Aussage. Auffällig ist, dass er nicht reflektiert – und damit auch nicht in der Lage ist, zu revidieren, zu korrigieren, er zeigt ein sich ständig wiederholendes Denkmuster, das frei von allen Selbstzweifeln ist.

Noch anzumerken: All die bis hierher aufgeführten Zitate stammen aus der Einleitung des Buches.

Merkmale eines eindimensionalen Weltbildes

Ist Brzezinski wirklich so ein genialer Stratege und Kenner der Gesellschaft? Wenn ich das Folgende lese, habe ich da allergrößte Zweifel:

„Die meisten ausländischen Regierungen setzen auch amerikanische Lobbyisten ein, um ihre Sache, vor allem im Kongress, voranzubringen, gar nicht zu reden von den etwa tausend ausländischen Interessengruppen, die in Amerikas Hauptstadt registriert sind.“ [14]

Es gibt eine einzige Machtgruppe, die ich wirksam in Washingtons Politik eingreifen sehe, das ist die zionistische Wirtschafts- und Finanzelite, die ein enges Netzwerk innerhalb der USA sowie zwischen Israel und den USA geknüpft hat. Jede andere in der US-amerikanischen Hauptstadt angesiedelte Interessenvertretung des Auslands ist in meinen Augen eine Interessenvertretung der USA im Ausland, eine wirkungsvolle Methode, über transatlantische Organisationen, die Vasallen (von denen Brzezinski immer wieder ohne Scheu spricht) an den Hegemon zu binden.

Former National Security Adviser Zbigniew Brzezinski testifies before the Senate Foreign Relations Committee on Capitol Hill in Washington February 1, 2007. REUTERS/Jim Young (UNITED STATES)
Former National Security Adviser Zbigniew Brzezinski testifies before the Senate Foreign Relations Committee on Capitol Hill in Washington February 1, 2007. REUTERS/Jim Young (UNITED STATES)

Erschreckend ist seine Vertuschung historischer Zusammenhänge und ich bin sehr nahe daran zu glauben, dass ihm das nicht bewusst ist, hier zum Beispiel blendet er komplett aus, welch enormen Anteil die USA an der Vorbereitung und Durchführung des Zweiten Weltkrieges von deutscher Seite aus hatten und mit unglaublicher Naivität blendet er die dutzenden von den USA verursachten und mit millionenfachen Opfern bezahlten Kriege gleichermaßen aus und redet ein Ende der Kriegsgefahr herbei:

„Treffend fasste der Politologe G. John Ikenberry die wesentlichen Züge dieses Systems wie folgt zusammen: „Es war hegemonial, insofern es um die Vereinigten Staaten zentriert war … Es war liberal, da es legitimiert und wechselseitige Beziehungen geprägt war. Die Europäer (… [und] die Japaner) konnten ihre gesellschaftlichen Strukturen und Volkswirtschaften wieder aufbauen und so integrieren, dass sie mit der amerikanischen Vorherrschaft im Einklang standen, ihnen aber auch genug Spielraum ließen, um mit ihren eigenen autonomen und halbautonomen politischen Systemen zu experimentieren… Die Entwicklung dieses komplexen Systems diente dazu, die Beziehungen der bedeutenden westlichen Staaten zueinander zu domestizieren. Diese Staaten hatten sich immer wieder bekriegt, der entscheidende Punkt aber ist, dass Konflikte innerhalb einer fest verankerten, stabilen und immer besser gegliederten politischen Ordnung im Zaum gehalten wurden … Die Kriegsgefahr ist vom Tisch.“ [15]

Die USA tragen eine gewaltige Verantwortung für fast alle Kriege des vergangenen und gegenwärtigen Jahrhunderts! Verantwortung jedoch übernehmen Leute, die so „ticken“ wie es Brzezinski tut, gerade nicht! Menschen aber, die niemals Verantwortung übernehmen, kennen auch keine Fehler, denn dafür müssten sie ihr eigenes Denken und Handeln reflektieren. Das aber findet nicht statt, sie halten sich im Prinzip für etwas Besseres. Und so leiten sie auch ihr Recht ab, für andere (die sie eindeutig als unter ihnen in der Hierarchie klassifizieren) zu entscheiden, also Macht auszuüben, Gott zu spielen.

Brzezinski lügt, aber nicht im Sinne empathischer Menschen (die so etwas auch tun), er ist sich seiner Lügen nicht aus der Sicht ethisch zweifelhaften Verhaltens bewusst und schämt sich dessen nicht (man könnte sagen, er lügt ohne dabei rot zu werden). Er kann sich nicht schämen, glaubt in seiner pathologischen Machtwelt [a1] ohne jeden Zweifel, dass die USA der Welt den Frieden brachten und bringen, weil er es für sich (so widersprüchlich es auch sein mag) so definiert hat. Auch im weiteren spricht er ohne Scheu von einer Friedensordnung, die erhalten werden müsste, eine Umkehrung der Tatsachen. Und im Bewusstsein absoluter Unfehlbarkeit, als ob ein Naturgesetz zitiert würde, geht es weiter, als er einen weiteren Geostrategen zitiert, den US-amerikanischen Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington, ebenfalls ein Berater der Administration der USA (im Bereich Außenpolitik) [16], von dessen und Halford McKinders (s.w.u.) strategischen Schlüssen Brzezinski entscheidend für dieses Buch beeinflusst wurde):

„Ohne die Vorherrschaft der USA wird es auf der Welt mehr Gewalt und Unordnung und weniger Demokratie und wirtschaftliches Wachstum geben, als es unter dem überragenden Einfluss der Vereinigten Staaten auf die Gestaltung der internationalen Politik der Fall ist. Die Fortdauer der amerikanischen Vorherrschaft ist sowohl für das Wohlergehen und die Sicherheit der Amerikaner als auch für die Zukunft von Freiheit, Demokratie, freier Marktwirtschaft und internationaler Ordnung in der Welt von zentraler Bedeutung.“ [17]

Solche Sprüche kommen dem Leser bekannt vor? Ja doch und absolut nachvollziehbar, denn hier erkennen wir eine Sprache, wie sie tagtäglich über die Massenmedien auf die Menschen nieder regnet. Und wie kann man diese verbal formulierte Umkehrung der Wirklichkeit  anders bezeichnen als – Propaganda!? Aus dieser Propaganda erwirkt Brzezinski das Recht für die USA, alles zu tun, was deren Vorherrschaft sichert. Dabei kommt ihm nicht ansatzweise der Gedanke, dass dieses Tun in überwältigendem Maße ein Hohn auf Freiheit, Demokratie und internationaler friedlicher Ordnung in der Welt ist – und so kommt er auch nicht in die Verlegenheit, sich für diese schmutzigen Nebensächlichkeiten rechtfertigen zu müssen. Man darf hier in keiner Weise unterschätzen, welchen Einfluss Leute wie Brzezinski auf die US-amerikanische Politik haben, sie sind die ideologischen Vordenker eines Systems, dessen „Werte“ schließlich über die Medien die Menschen erreichen, ja sie indoktrinieren und somit Denk- und Verhaltensmuster in Gang setzen, welche u.a. die des Zbigniew Brzezinski sind.

Das „Herzland“ des Halford Mackinder

In seinem Buch geht es Brzezinski vorrangig um den eurasischen Kontinent und die geostrategischen Herausforderungen an die Machteliten (aus seiner Sicht nur der USA, aus meiner Sicht vor allem aber nicht ausschließlich der USA), ein Bündnis der großen Staaten dieser Landmasse zu verhindern – indem man Zwietracht sät! Und so schreibt er:

„Bedient man sich einer Terminologie, die an das brutalere Zeitalter der alten Weltreiche gemahnt, so lauten die drei großen Imperative imperialer Geostrategie: Absprachen zwischen den Vasallen zu verhindern und ihre Abhängigkeit in Fragen der Sicherheit zu bewahren, die tributpflichtigen Staaten fügsam zu halten und zu schützen und dafür zu sorgen, dass die „Barbaren“völker sich nicht zusammenschließen.“ [18]

Ein kurzer Einschub über die Rolle des britischen Geographen und Geostrategen Halford Mackinder [19] erscheint an dieser Stelle notwendig, denn dessen Ideen haben auch die Gedankenwelt Brzezinskis entscheidend geprägt. Den Kerngedanken seiner Heartland-Theorie [20] hat Mackinder folgendermaßen formuliert:

„Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das Herzland. Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel. Wer über die Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt.“ [21]

Heartland v. Halford J.Mackinder (Originalquelle: Geographical Journal 23, 4.4.1904)

Wir werden auf die Gedanken Mackinder´s zurückkommen, dass in diesem Zusammenhang das Wort Osteuropa fiel, ist aber schon ein deutlicher Fingerzeig. Noch eines: Die Theorie über das „Herzland“ ist niemals bewiesen worden! Und trotzdem drängen die Strategen der USA auf ihre Anwendung, sie sind bestrebt, die Realität zu erschaffen, statt sie zu erkennen – das ist eine charakteristisches Merkmal pathologischen Denkens.

Brzezinski spezifiziert in seinem Buch fünf Staaten, denen er eine geostrategische Rolle als Hauptakteure zuspricht: Frankreich, Deutschland, Russland, China und Indien. In seinem eindimensionalen geostrategischen Machtdenken spricht er diesen Staaten das gleiche klassische (und zwar ebenso skrupellose) Machtstreben zu, wie den USA. Und zumindest was Deutschland und Frankreich betrifft, gebe ich ihm Recht. Rücksichtslos hat Deutschland in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts seine Ansprüche auf dem Balkan durchzusetzen versucht, hatte eine entscheidende Aktie an der Destabilisierung einer ganzen Region. [22] Und Frankreich hat ebenso unverfroren seine Interessen durchgesetzt, als eine funktionierende Zivilgesellschaft in Libyen zerschlagen wurde. Neben der militärischen Komponente ist es auch das wirtschaftliche Auftreten dieser Staaten im Ausland – insb. der Dritten Welt – das alle Zeichen einer eigennützigen machtbasierten Politik aufweist. Diese Staaten spielen das Spiel („The Great Chessboard„) also tatsächlich mit und werden damit von den USA (aus dieser Sicht betrachtet) völlig zu Recht auch als Konkurrenten gesehen.

Interessant ist, dass Brzezinski Großbritannien diesem elitären Kreis nicht zurechnet:

„Es [GB] … hegt keine ehrgeizige Vision von der Zukunft Europas und ist aufgrund seines relativen Niedergangs heute nicht mehr in der Lage, wie früher die Rolle eines Schiedsrichters in Europa zu spielen … Natürlich bleibt GB für Amerika dennoch ein wichtiger Partner … Es ist die wichtigste Stütze der USA, ein sehr loyaler Verbündeter, eine unerlässliche Militärbasis und ein enger Partner bei heiklen Geheimdienstaktivitäten. Seine Freundschaft muss gepflegt werden, doch seine Politik fordert keine dauernde Aufmerksamkeit…“ [23]

Brzezinski zählt nachfolgend weitere Staaten auf, beschreibt und begründet ihre (von ihm so wahrgenommene) Rolle im Machtpoker. Und er formuliert angenommene und reale Bündnisse, die er offensichtlich ausschließlich als (in dieser Form von tiefem Misstrauen geprägte) Zweckbündnisse im Spiel der Macht ansieht. Ehrliche Zusammenarbeit, getragen vom vorbehaltlosen Willen, den Partner zu achten und zum gemeinsamen Wohl verpflichtet, eine solche Art der Kooperation gibt es in der Welt des Zbigniew Brzezinski nicht. Und er nennt neben den Hauptakteuren weitere fünf Staaten, denen er eine geopolitische Rolle als Dreh- und Angelpunkte zuspricht: Die Ukraine, Aserbaidshan, Südkorea, die Türkei und den Iran (die beiden letztgenannten auch mit geostrategisch aktiver Rolle). Es fällt der Name Ukraine, womit wir wieder bei Mackinder sind – und hellhörig werden sollten:

„Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. Es kann trotzdem nach einem imperialen Status streben, würde aber dann ein vorwiegend asiatisches Reich werden, das aller Wahrscheinlichkeit nach in lähmende Konflikte mit aufbegehrenden Zentralasiaten hineingezogen würde, die den Verlust ihrer kürzlich erlangten Eigenstaatlichkeit nicht hinnehmen und von den anderen islamischen Staaten im Süden Unterstützung erhalten würden. Auch China würde sich angesichts seines zunehmenden Interesses an den dortigen neuerdings unabhängigen Staaten voraussichtlich jeder Neuauflage einer russischen Vorherrschaft über Zentralasien widersetzen. Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges Europa und Asien umspannendes Reich zu werden.“ [24]

1997 kam dieses Buch heraus und Jedem der ernsthaft glaubt, die USA hätten keine Interessen in der Ukraine, dem sollte man die gerade genannte Passage vorlesen. Was hier so bestürzend zu lesen ist, das ist die Tatsache, dass der Verfasser tief davon überzeugt ist, dass Russland so „tickt“ wie die Geostrategen der USA. Dass es so und nicht anders sein kann. Brzezinski überträgt sein eigenes Denken (und wenn man weiß, dass es pathologisch ist, nur dann versteht man auch seine Logik) auf jeden realen wie vermeintlichen Gegner – und Brzezinski irrt niemals. Daher hat die einzige Weltmacht auch jedes Recht „regulierend“ einzugreifen, wo immer sie das für nötig hält. Brzezinski lebt dementsprechend ausschließlich in Feindbildern, seine Sprache strotzt nur so davon. Dass Russland, China, Indien und der Iran, dass diese großen Nationen vielleicht eine Politik weg von der antiquierten Machtpsychose (denn dafür halte ich sie) suchen, kann ihm aufgrund seiner Beschränktheit nicht in den Sinn kommen.

Diese Beschränktheit äußert sich auch im Unverständnis, dass eine Expansionspolitik für Russland schlicht kontraproduktiv wäre, es zu einer Fülle neuer ethnischer, religiöser und politischer Konflikte führen würde. Was für Russland 1997 existenziell war (und daran hat sich auch bis heute nichts geändert), waren und sind friedliche, kooperative und stabile Gesellschaften an seinen Grenzen. Welche Kräfte dieses Bestreben jahrzehntelang hintertrieben haben, kann hier nicht näher ausgeführt werden. Dass aber bspw. eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens oder der Ukraine für Russland zutiefst bedrohlich wirken muss, wer soll das nicht verstehen? Brzezinski, er versteht es offenbar tatsächlich nicht. Und so schreibt er – aus meiner Sicht, aber leider nicht aus Sicht der Eliten in den USA – diesen Unsinn:

„… Die Türkei stabilisiert das Gebiet ums Schwarze Meer, kontrolliert den Zugang von diesem zum Mittelmeer, bietet Russland im Kaukasus Paroli, bildet immer noch ein Gegengewicht zum islamischen Fundamentalismus und dient als der südliche Anker der NATO. Eine destabilisierte Türkei würde wahrscheinlich mehr Gewalt im südlichen Balkan entfesseln und es zugleich den Russen erleichtern, den seit kurzem unabhängigen Staaten im Kaukasus erneut ihre Herrschaft aufzuzwingen.“ [25]

Wie Europa zukünftig auszusehen hat

Achten wir darauf – wir bewegen uns in der Gedankenwelt des Geostrategen Zbigniew Brzezinski , einer Welt die von den Kategorien Macht und Herrschaft über Menschen und Ressourcen geprägt ist. Bislang, bis zur Seite 79 war nicht ansatzweise von einer anderen Prämisse die Rede, soziale, kulturelle, ethnische, religiöse, wirtschaftliche, politische Besonderheiten spielten im Grunde keine Rolle. Was aber unterstellt wurde, ist die Behauptung, dass es Jedem und immer nur um Macht geht, alles andere steht hinten an. Das ist – ja, ich wiederhole mich – die Ideologie von Psychopathen, deren gedanklicher und sie glücklich machender Reichtum einzig im Ausleben von Machtphantasien liegt.

Das also tut Brzezinski hier und deshalb ist das Bild, das er zeichnet auch so verblüffend einfach gestrickt, da ist überhaupt nichts von der Komplexität gesellschaftlicher Strukturen, es passt nicht in sein Spiel, dass er lebt. Individualität der Menschen selbst spielt damit konsequenterweise auch keine Rolle, sie werden von Brzezinski als mehr oder weniger gleichartig (wie er selbst!) funktionierende Wesen betrachtet – und zwar als Masse, als steuerbares Programm [26] (um die Steuerung, die Kontrolle, geht es solchen Menschen in herausragendem Maße).

Die Frage stellt sich, wie man realistische geostrategische Analysen betreiben und auf deren Basis Prognosen aufstellen kann, wenn man die Komplexität der Gesellschaften, wie derer Mitglieder, was auch die Betrachtung einzelner Individuen einschließen würde, ihre religiösen, kulturellen, wirtschaftlichen Eigenheiten ignoriert? Man kann es nicht und Brzezinski kann es ebenso nicht. Was die Angelegenheit so beunruhigend macht, ist, dass solche Menschen im Zuge ihres Kontrolltriebes die Wirklichkeit quasi schaffen und hier kommen ihnen ihre ausgeprägten, skrupellos eingesetzten manipulativen Fähigkeiten zugute. Die an den Schalthebeln der Macht operierenden Denkfabriken und die mit ihnen verbandelten Politiker, Finanziers, Ideologen und Medienmogule haben also im Verbund konsequent die Prognosen des „Great Chessboard“ als Richtschnur ihres Handelns verwendet – wobei die zugrunde liegenden Theorien natürlich viel älter als das behandelte Buch sind (siehe Mackinder und  Huntington w.o.).

Der Kontrollwahn treibt Brzezinski um. So sieht er auch die Rolle Europa´s zu einer gleichberechtigten Partnerschaft mit gemischten Gefühlen. Seine Angst vor Kontrollverlust, treibt ihn um zur Entscheidungssuche für die USA, wer denn nun geeignet wäre zur Teilhabe an der Macht. Und getrieben von Mackinders Ideen die Kontrolle über das „Heartland“ zu erringen, schreibt er:

„Eine Politik für ein geeintes Europa wird sich außerdem – wenn auch gemeinsam mit den Europäern – der hochsensiblen Frage nach Europa´s geografischer Ausdehnung stellen müssen. Wie weit sollte sich die Europäische Union nach Osten erstrecken? Und sollten die Ostgrenzen der EU zugleich die östliche Frontlinie der NATO sein? … Da zunehmend Konsens darüber besteht, dass die Nationen Mitteleuropa´s sowohl in die EU als auch in die NATO aufgenommen werden sollten, richtet sich die Aufmerksamkeit auf den zukünftigen Status der baltischen Republiken und vielleicht bald auf den der Ukraine.“ [27]

Der seit 2013 (16 Jahre nach Erscheinen dieses Buches) eskalierende Konflikt in der Ukraine soll Folge einer Volksbewegung sein, oder vielleicht doch eher der Umsetzung von Phantasien einflussreicher Strategen? Dass Russland allenfalls eine Rolle als Juniorpartner zugedacht wird, kann nicht überraschen, Brzezinskis Angst (er kann nicht anders) äußert sich so:

„Aber Russland hegt womöglich weitergehende Ambitionen und gibt sich nicht damit zufrieden, als Demokratie Anerkennung und Respekt zu erlangen.“ [28]

Er wägt also ab, wie weit die US-getriebene Politik der NATO-Osterweiterung (vergessen wir nicht, wir schreiben das Jahr 1997), gehen kann und „berechnet“ seinen Gegner Russland.

Es geht nicht um eine Dämonisierung Brzezinskis, sondern um die Offenlegung und Erläuterung von Verhaltensmustern, die nun einmal auf eine pathologische Psyche schließen lassen. Dazu hier ein weiterer Beleg. Nachdem Brzezinski über einhundert Seiten lang die Rolle Amerikas [nein, der USA!] im Kontext von Neuordnung, Kontrolle, Protektorat, Hegemonie, Vorherrschaft beschrieb, wundert er sich allen Ernstes über die folgende „Unterstellung“:

„Überdies wird Amerika unterstellt, es verfolge eine Politik, in der die vom Westen betriebene Neuordnung des europäischen Raumes im Grunde von dem Gedanken geleitet ist, in diesem Teil der Welt neue, relativ kleine und schwache Nationalstaaten durch deren mehr oder weniger enge Bindung an die NATO, die EU und dergleichen zu stützen.“ [29]

Genauso ist es aber doch geschehen, am besten ersichtlich auf dem Balkan. Die beleidigte Note, die hinter der Anmerkung „wird Amerika unterstellt“ durchschimmert, zeugt vom Unverständnis des Autors, dass die Völker genau das erkennen und dadurch zutiefst beunruhigt sind. Zbigniew Brzezinski lügt in diesem Fall wiederum nicht im Gefühl etwas Unethisches zu tun (meine Auffassung), nein er ist nicht in der Lage den Widerspruch seiner niedergeschriebenen Gedanken aufzulösen. Solche Menschen wie er haben „eigentlich“ keine Angst – außer vor sich selbst. Sie wagen es nicht, ihr Selbstbild anzutasten, weil das für sie einer Zerstörung der eigenen Persönlichkeit gleichkäme, fürchten die dahinter liegende Ungewissheit geradezu manisch und lassen aus diesem Grunde ein kritisches Hinterfragen eigenen Denkens und Handelns nicht zu. Deshalb ist Brzezinski auch in der Lage, 20 Seiten später wiederum das genaue Gegenteil eben Zitierten auszudrücken, ohne dass ihn das in irgendeiner Weise beeindrucken würde.

Interessant ist auch die immer wiederkehrende Sorge um die Demokratisierung Russlands, die er dann aber mit solchen widersinnigen Schlüssen kommentiert (Russland soll sich innenpolitisch erholen aber trotzdem ein schwacher Staat bleiben, wer soll diese Logik verstehen?):

„Russlands innenpolitische Erholung ist die wesentliche Voraussetzung für seine Demokratisierung und letztlich Europäisierung. Aber jede Erholung seines imperialen Potenzials wäre beiden Zielen abträglich.“ [30]

Hier gerät Brzezinski nun in Not, in den Grenzen seines Denkens findet er einfach keine Lösung und so setzt er (in geradezu naiver Weise, wenn er wirklich ernsthaft einen NATO-Beitritt Russlands für realistisch hielt, aber dessen Unterwerfung, die Weiterexistenz als Vasall ist für ihn einfach zu reizvoll) fort:

„Zudem könnte es über diese Fragen zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und einigen europäischen Staaten kommen, besonders bei einer Erweiterung von EU und NATO. Sollte Russland als Anwärter auf eine Mitgliedschaft in einer dieser beiden Strukturen in Betracht gezogen werden? Und was wäre dann mit der Ukraine?“ [31]

Aufgrund des eingeschränkten Weltbildes sind seine Erörterungen so theoretisch, so fern von der Realität, dass ihm Wechselwirkungen durch handfeste Interessen diverser Wirtschafts- und Finanzeliten (der eigenen Hegemonialmacht) überhaupt nicht in den Sinn kommen. Interessen, die diese in Russland und der Ukraine des Jahres 1997 längst verfolgt hatte. Wer in solch flachen Strukturen denkt, kann auch keine tragfähigen Lösungen entwickeln. Und logischerweise bleibt ihm so auch verborgen, dass unzählige Konflikte auf der Welt aktiv durch den Machtapparat der US-Eliten entzündet wurden, was bei ihm raus kommt, sieht so aus:

„In diesem von leicht entflammbaren Hassgefühlen zerrissenen und von miteinander konkurrierenden mächtigen Nachbarn umgebenen Raum [Naher- und Mittlerer Osten] werden sich vermutlich Kriege zwischen Nationalstaaten wie auch, was noch wahrscheinlicher ist, langwierige ethnische und religiösen Konflikte [entzünden].“ [32]

Als ob die Völker dieses Raumes eine genetisch bedingte Störung hätten und deshalb leicht entflammbar in ihrem Hass wären! Verzeihung, aber das ist doch krank! Brzezinski stellt sich nie die Frage nach den Ursachen, er sieht nur Macht, da mehr, dort weniger – und rechnet dann, wer gewinnt, oder wer sich verbündet um zu mehr Macht zu gelangen, mehr liest man nicht. Moderne zukunftsgewandte Geostrategie sieht, so finde ich, anders aus.

Brzezinski aber findet auch auf den nächsten 200 Seiten kaum mehr als Machtkategorien, um potenzielle gesellschaftliche Aspekte zu betrachten. Auch wenn er Europa, die Europäische Union (die er als möglichen Machtblock untersucht), Frankreich und Deutschland ausführlich behandelt, ändert sich nichts an der eindimensionalen Betrachtungsweise – und dem Fehlen von Lösungen. Und so bedauert er, dass Europa keine ECHTER Partner der Weltmacht ist:

„Tatsache ist schlicht und einfach, dass Westeuropa und zunehmend Mitteleuropa weitgehend ein amerikanisches Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern. Dies ist kein gesunder Zustand, weder für Amerika noch für die europäischen Nationen“ [33]

Die vereinfachte Darstellung von doch in Wirklichkeit mannigfaltig wechselwirkenden Gesellschaften lässt einen zuweilen im Gefühl zurück, ein Kinderbuch zu betrachten. Die Kennzeichnung der Interessensphären Frankreichs und Deutschlands wirkt dermaßen banal, dass man Lust hat, gleich noch ein paar Kringel um die Türkei, Italien und Großbritannien zu zeichnen. Was soll eine solche Verbildlichung vermitteln?

Interessensphären Frankreichs und Deutschlands (Quelle: Die Einzige Weltmacht; Fischer-tbv)

Über viele Seiten hinweg versucht Brzezinski nun (aus seiner einzig möglichen Sicht) die Machtverhältnisse in Europa zu deuten. Dabei kürt er Deutschland zum bevorzugten Juniorpartner der USA und man muss im nach hinein feststellen, dass der deutsche Staat, die deutsche Gesellschaft, die Vorstellungen Brzezinskis in geradezu vorbildhafter Weise umgesetzt hat:

„Deutschland – fest in Europa verankert und harmlos, aber durch die militärische Präsenz der Amerikaner sicherer geworden – konnte nun die Integration des jüngst befreiten Mitteleuropa in europäische Strukturen vorantreiben. Es würde nicht mehr das alte Mitteleuropa des deutschen Imperialismus sein, sondern eine friedliebende Gemeinschaft wirtschaftlicher Erneuerung, die durch deutsche Investitionen und Handelsbeziehungen angespornt und von einem Deutschland ermuntert wird, das außerdem Befürworter der schließlich auch offiziellen Einbindung des neuen Mitteleuropa in EU und NATO auftritt. Da die deutsch-französische Allianz für Deutschland die unverzichtbare Plattform darstellt, um eine entschiedenere Rolle in der Region zu spielen, braucht es keine Hemmungen mehr zu haben, sich im Bereich seines besonderen Interesses zu behaupten.“ [34]

Dass es hier nicht um das Wohl und Wehe Europa´s geht, wird rasch deutlich. Brzezinski nutzt – das sollten die Europäer sehr ernst nehmen – den militärischen Begriff „Brückenkopf“, er sieht Europa als Kriegsschauplatz für die USA im Machtkampf um Eurasien. Europa ist das Schachbrett, nicht Nordamerika!

„Ein Blick auf die Karte der riesigen eurasischen Landmasse offenbart die geopolitische Bedeutung des europäischen Brückenkopfes für Amerika – und auch seine bescheidenen geographischen Ausmaße. Die Erhaltung dieses Brückenkopfes und seine Erweiterung zum Sprungbrett für Demokratie sind für die Sicherheit Amerikas von unmittelbarer Relevanz.“ [35]

Und sodann tritt der auf emphatiefreiem uneingeschränktem Egoismus beruhende Neoliberalismus mit seiner verlogenen Moral, welche die Kooperation für die Menschen doch nur als hinderlich ansieht (Stichwort: ineffizienter Sozialstaat), in seiner ganzen Brutalität hervor und wird zur (inzwischen umgesetzten) Handlungsanweisung für die Europäer:

Die Krise der politischen Glaubwürdigkeit und des Wirtschaftswachstums, die Westeuropa zunehmend zu schaffen macht – und die es nicht zu überwinden vermag, ist in der alle gesellschaftlichen Bereiche erfassenden Ausweitung des sozial-staatlichen Systems, das Eigenverantwortlichkeit klein schreibt und Protektionismus und Engstirnigkeit begünstigt, tief verwurzelt. Die Folge ist eine kulturelle Lethargie, eine Kombination von eskapistischem Hedonismus und geistiger Leere, die nationalistische Extremisten oder dogmatische Ideologen für deren Zwecke ausnützen könnten.“ [36]

Menschen mit dem Psychogramm Brzezinskis erkennen (instinktiv) Gleichgestrickte an ihren Worten, sie loben diese Menschen gerade für deren psychopathische Denkweisen, was ihrem Verständnis einer elitären Schicht anzugehören, zu spricht. Wohl nicht zufällig findet deshalb der deutsche Politiker Wolfgang Schäuble einen Platz im „Großen Schachspiel„:

„Wolfgang Schäuble […] brachte diese Auffassung mit der Feststellung zum Ausdruck […], dass „Deutschland während des gesamten Mittelalters … daran beteiligt war, in Europa Ordnung zu schaffen.“ [37]

Immer wieder und mit zunehmender Vehemenz pocht Brzezinski darauf, alle europäischen Staaten in die NATO einzubinden, daran macht er die Glaubwürdigkeit der USA als einziger Weltmacht fest! Und er hatte 1997 bereits klare Vorstellungen, wohin der Weg der Ukraine führen sollte:

„Irgendwann zwischen 2005 und 2010 sollte die Ukraine für ernsthafte Verhandlungen sowohl mit der EU als auch mit der NATO bereit sein […]“ [38]

Fällt dem Leser etwas auf? Im Jahre 2004 brach in der Ukraine die sogenannte Orangene Revolution aus – und das war kein Zufall! Brzezinskis Vorstellungen von Geopolitik wurden mit beklemmender Akkuratesse vorangetrieben und der Verlust an „Gestaltungsmöglichkeit“ muss ihn extrem umgetrieben haben, als Viktor Janukowitsch (der für eine enge Bindung der Ukraine an Russland stand), 2010 wider Erwarten erneut zum Präsidenten der Ukraine gewählt wurde. Leute vom Schlage eines Brzezinskis lösen die damit verbundene kognitive Dissonanz in der Weise, dass sie die neu entstandenen Realitäten NICHT akzeptieren und mit aller Macht (im wahrsten Sinne des Wortes und ohne jede empathische Rücksichtnahme, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf) ihre eigenen Vorstellungen doch noch umsetzen. Unterschätzen wir nicht den Einfluss, den der hochbetagte Brzezinski noch heute bis in die höchsten Führungsriegen US-amerikanischer Politik hat.

Das Schwarze Loch

Nicht überraschend wird im Buch unter dieser Überschrift eingehend auf Russland eingegangen, einschließlich der turbulenten Ereignisse während und nach dem Zerfall der Sowjetunion. So ausführlich Brzezinskis Betrachtungen auch sind, nach einigen Seiten beginnen sie zu langweilen, denn immer wieder wird das Mantra von Macht als einzig wesentlichem Existenzmerkmal von Gesellschaften gepredigt. Diese Art von Sprache, fortwährend Botschaften zu wiederholen, ist ein weiteres deutliches Zeichen propagandistischer Beeinflussung.

„Binnen zwei Wochen mußte das russische Volk […] plötzlich erkennen, dass es nicht mehr Herr über ein transkontinentales Reich war […]“ [39]

Natürlich gab es auch zu Zeiten des Verschwindens der Sowjetunion (dort) Machtpolitiker, die mglw. ähnlich dachten wie Brzezinski, insbesondere und naturgemäß bei Ideologen und Militärs. Das russische Volk und auch die allgemeine russische Politik aber hatte mit ganz anderen Widrigkeiten zu kämpfen, als mit den Machtphantasien, welche Brzezinski ihnen unterstellt. Es war mit einem Zusammenbruch der Wirtschaft und Sozialsysteme, mit einer extremen Umweltzerstörung konfrontiert. Die Versorgung der Bevölkerung mit einfachsten lebensnotwendigen Dingen war nicht mehr gesichert.

Noch ein Hebel von Propaganda ist die Selektion. Brzezinski beklagt die geschädigte Gesundheit der Menschen in der Zeit des Postkommunismus, weist auf die verfehlte sowjetische Wirtschaftspolitik hin. Natürlich, die gab es! Aber er verschweigt den ganz und gar nicht nebensächlichen Aspekt, dass die Sowjetunion mit Beginn der Amtsübernahme des US-Präsidenten Ronald Reagan in einen verhängnisvollen Rüstungswettlauf, wie auch militärische Konflikte gezwungen wurde, die einerseits die Welt fast in die nukleare Katastrophe geführt hätten und andererseits zu einem Ruin der sowjetischen Wirtschaft führten. Brzezinski war sogar maßgeblich an den diplomatischen – und Geheimdienstoperationen beteiligt, die die Sowjetunion „in die afghanische Falle lockten“ (Originalaussage: Zbigniew Brzezinski! s.w.u.) [40]. Die Kritik die er also vom Stapel lässt, ist schlicht verlogen und zeigt (typischerweise) auf die Anderen.

Sehr bewusst und manipulativ geht Brzezinski von falschen Tatsachen aus:

„Aber ohne die Ukraine mit ihren 52 Millionen slawischen Brüdern und Schwestern droht jeder Versuch Moskaus, das eurasische Reich wiederaufzubauen, Russland in langwierige Konflikte mit den [..] Nichtslawen […].“ [41]

Die Psyche Brzezinskis ist – wie schon angemerkt – zwanghaft bestrebt, Realitäten zu erschaffen. Wenn Russland eigentlich gar nicht daran interessiert ist, ein eurasisches Reich wieder aufzubauen (die Behauptung ist auch so einfach Quatsch, man braucht nur die Größe des Landes zu betrachten), dann wird halt solange „gestaltet“, bis der Opponent gezwungen ist, im Sinne der strategischen Vorgaben eines Psychopathen zu handeln. Aus diesem Grunde ist auch das geopolitische Handeln Russlands an seiner Westgrenze (insbesondere seit dem Putsch in der Ukraine 2014) durch seine Ausgewogenheit und Besonnenheit außerordentlich bemerkenswert. Die Führer des Landes wissen offensichtlich sehr wohl, mit wem sie es auf der anderen Seite zu tun haben.

Psychopathen prüfen innerhalb ihres Machtdenkens sehr präzise die eigene Position. Ist diese zu schwach, um straffrei gestalten zu können, gehen sie Zweckbündnisse ein oder täuschen Kooperation vor (vorgetäuscht weil nicht das Gemeinwohl, sondern die Verbesserung der eigenen Position im Vordergrund steht). Dabei lauern sie auf Fehler und nutzen rücksichtslos Schwächen des „Partners“ aus, der in Wirklichkeit ein Konkurrent ist, den es zu unterwerfen gilt. Das hat man sehr gut im Falle Libyens erkennen müssen, als man Muammar al-Gaddafi dazu brachte, sein Drohpotenzial (Chemiewaffen) zu vernichten und ihm gleichzeitig das Gefühl vermittelte, er sei nun ein geachteter Partner in der Weltgemeinschaft (Libyen war sogar für das Jahr 2011 zur Auszeichnung für den UN-Friedenspreis nominiert!). Gaddafi wurde von den Massenmedien als Despot, als durchgeknallter Diktator verleumdet. Das war er natürlich ganz und gar nicht und eben deshalb auch ging er Psychopathen auf den Leim, verkannte ihre wahre Natur, was zu seinem Verhängnis wurde!

Eben diese Natur ist inzwischen der gesamten russischen Gesellschaft sehr bewusst geworden und hat sie in einem Maße geeint, wie es ein Brzezinski in seiner beschränkten Sicht niemals erahnen konnte. Russland hat (spätestens seit der gewaltsamen Zerschlagung des libyschen Staatswesens) erkannt, dass die USA zu einer wirklich ehrlichen, gleichberechtigten, von gegenseitigem Verständnis geprägten Zusammenarbeit, einem Miteinander auf Augenhöhe, in ihrer Rolle als (im Selbstverständnis gottgegebenem) Hegemon überhaupt nicht in der Lage sind.

Pathologisches Machtdenken kennt nur ein „Gegen“. Das eigene Handeln ist, da durch den ausgeprägten Egotismus ohne jeden Selbstzweifel,  alternativlos. Dass es Strategien geben könnte, die ein „Neben“ oder „Zusätzlich“ implizieren, kommt ihnen nicht ernsthaft in den Sinn. Von tiefem Misstrauen beseelt, wird argwöhnisch beäugt, ob es Abweichler vom alternativlosen Handeln gibt, auch in den eigenen Reihen (womit die Aufgabe des US-amerikanischen Schnüffeldienstes NSA hinreichend erklärt ist). Dass Russland einfach nur aus Gründen guter Nachbarschaft und zum gegenseitigen Nutzen seine Beziehungen zu den Nachbarn China und Iran zunehmend intensivierte, diese Gründe konnten für Brzezinski aufgrund seiner Prägung einfach nicht nachvollziehbar sein. Er witterte sofort einen aufstrebenden Konkurrenten im Kampf um die Weltmacht:

„Anfang 1996 ersetzte Präsident Jelzin seinen […] Außenminister Kosyrew durch den erfahrenen, aber zu Sowjetzeiten linientreu kommunistischen Fachmann für internationale Beziehungen Jewgenij Primakow, dessen Interesse seit langem schon dem Iran und China galt. Einige russische Kommentatoren stellten bereits fest die Vermutung an, dass es unter Primakow schneller zu einer antihegemonialen Koalition jener drei Mächte kommen werde, die an einer Schwächung der amerikanischen Position das größte geopolitische Interesse haben.“ [42]

Dass ein Bröckeln der unipolaren Welt unter der Hegemonie der USA schon damals absehbar war, konnte Brzezinski ebenfalls nicht erkennen, denn zu einseitig, weil einzig auf machtpolitische Aspekte beschränkt, erfolgte seine Analyse. Die daraus resultierende Überschätzung der Stärke und des langfristigen Potenzials des US-Systems sowie die Überzeugung, dass andere Gesellschaften ideologisch und strategisch in den gleichen Denkmustern gefangen sein müssen (wie er selbst), ließ ihn annehmen:

„Als Partner ist Russland für die USA viel zu schwach, aber es ist immer noch zu stark, um einfach ihr Patient zu sein. […] Obwohl ein langfristiges russisch-chinesisches und russisch-iranisches strategisches Bündnis unwahrscheinlich ist, sollte Amerika [die USA] […] eine Politik vermeiden, die Russland davon abbringen könnte, die notwendige geopolitische Wahl zu treffen.“ [43]

Die „notwendige geopolitische Wahl“ meinte eine vollständige Einbindung in das „an die USA gekoppelte Europa„. Das folgende Angebot setzte somit auch die Unterwerfung voraus:

„Europa und Amerika [die USA] stellen für einen […] demokratischen russischen Nationalstaat keine Bedrohung dar. Sie haben keine territorialen Absichten auf Russland, was man von China nicht behaupten kann, noch teilen sie mit ihm eine unsichere und potentiell explosive Grenze wie die ethnisch und territorial unklar verlaufende zu den muslimischen Völkern im Süden.“ [44]

Die unsicherste Grenze Russlands der Gegenwart liegt mit Sicherheit an einem Land nicht: China! Sie liegt im Westen, dort wo in der Ukraine 2014 ein Bürgerkrieg ausbrach (was zeitweise sogar die bis heute nicht vollständig beseitigte Gefahr eines Weltenbrandes einschloss!) und an der Grenze zu den baltischen Staaten, wie auch im Schwarzen Meer, wo provokativ und wiederholt NATO-Manöver durchgeführt werden. Und in den mittelasiatischen Nachbarstaaten Russlands haben die USA Stück für Stück ihre militärische Präsenz erweitert. So weit zur Bedrohungsanalyse an den Grenzen Russlands aus Sicht des Zbigniew Brzezinski. Und wieder zeigt sich, welche Strategen initial dafür sorgten, dass die Ukraine heute (im Jahre 2015) ein gescheiterter Staat mit faschistischer Note ist:

„Obwohl dies Zeit brauchen wird, kann der Westen – während er seine Sicherheits- und Wirtschaftskontakte mit Kiew weiter ausbaut, schon jetzt das Jahrzehnt zwischen 2005 und 2015 als Zeitrahmen für eine sukzessive Eingliederung der Ukraine ins Auge fassen. Dadurch vermindert er das Risiko, dass die Ukrainer befürchten könnten, Europa´s [die EU-] Erweiterung werden an der polnisch-ukrainischen Grenze haltmachen“. [45]

Brzezinski und seinesgleichen hatten entschieden und die mit ihnen verwobenen politischen Entscheidungsträger handelten. Schon damals agierten NGOs fleißig in der Ukraine, um das Land im Sinne der US-Doktrin um zu formen. Europa setzt Brzezinski übrigens mit der EU gleich. Man könnte das als Schlampigkeit werten, fragt sich aber, wie einem selbsternannten GEOSTRATEGEN entgehen kann, dass der europäische Teil Russlands das größte Staatsgebiet Europas überhaupt ist, gefolgt von dem der Ukraine. Gut möglich ist aber auch, dass hier Sprache propagandistisch bewusst eingesetzt wurde. Der GEOSTRATEGE hat entschieden, wer zu Europa gehört (die Guten) und wer nicht (die Bösen die sich entscheiden müssen, ob sie zu den Guten gehören wollen) und manipuliert damit den mangelhaft reflektierenden Leser seines Buches. Dieser Eindruck festigt sich durch die regelmäßige Wiederholung (als ebenso erprobtes Mittel von Propaganda) dieser wohl doch nicht Schlampigkeit.

Der Eurasische Balkan

Unter diesem Begriff vereint Brzezinski neun Staaten: Kasachstan, Kirgisien, Tadshikistan, Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidshan, Armenien und Geogien. Als geopolitische Akteure (aber nicht Mitglieder) in diesem Kontext fügt er noch die Türkei und den Iran hinzu. Seine Grafik dazu sieht so aus:

„Das Wort Balkan beschwört in Europa Bilder von ethnischen Konflikten und Stellvertreterkriegen der Großmächte herauf. Auch Eurasien hat seinen Balkan, aber der ist viel größer, dichter bevölkert und religiös und ethnisch noch heterogener.“ [46]

Wer beschwört hier was? Nicht das Wort „Balkan“ beschwört das Bild, Brzezinski tut es, warum? Weil er manipuliert! Nachdem diese Aussage im Kopf des Lesers versenkt wurde, folgt wenige Zeilen später die Auflösung:

„Er [der eurasische Balkan] ist ein Machtvakuum. Zwar sind auch die meisten Staaten der Golfregion und im Nahen Osten alles andere als stabil, doch üben im Endeffekt die USA dort eine Schiedsrichterfunktion aus.“ [47]

Man muss genau lesen um zu erkennen, was Brzezinski hier bezweckt. Erst einmal wird der Begriff Balkan mit der Unfähigkeit der dortigen Volksgruppen stabile gesellschaftliche Systeme zu etablieren, vereinfacht gesagt mit Chaos, verbunden. Darauf folgend wird das Chaos mit Eurasien verknüpft. Im nächsten Schritt wird dem (auch noch) größeren chaotischen Eurasischen Balkan auch zusätzlich ein Machtvakuum unter geschoben (nach dem Motto, warum kümmert sich denn keiner?!). Und schließlich wird „die Katze aus dem Sack gelassen“: In der Golfregion herrscht zwar ebenfalls Chaos, dort gibt es aber mit den USA wenigstens einen Schiedsrichter, der das Chaos halbwegs im Zaum hält.

Das Wort „Schiedsrichter“ ist wohl bedacht, es ist positiv konnotiert und beschreibt einen unbestechlichen und gerechten Regler zu Streitfragen, über die sich die unmündigen Gesellschaften und Völker nicht selbst einigen können. Die Manipulation ist perfekt, denn die Schlussfolgerung drängt sich nun beim oberflächlichen Lesen auf: Die USA könnten doch auf dem eurasischen Balkan auch – da ja gerecht und unbestechlich – als Schiedsrichter fungieren! Dieses dem Leser eingeflüsterte Bedürfnis wird noch verstärkt, in dem er „seinen“ Eurasischen Balkan als „ethnischen Hexenkessel“ einstuft.

Nehmen wir uns das von Brzezinski gezeichnete, hinterhältige Bild noch einmal vor. Er redet von einer (ordnenden) Schiedsrichterfunktion der USA im Nahen Osten und der Golfregion. Wie sieht es dort im Jahre 2015 aus? Ein unvorstellbares Chaos, zerbrochene Gesellschaften, Tod und Gewalt ungeahnten Ausmaßes – und die schlimmsten Diktaturen die man sich vorstellen kann. Und es gibt dabei einen essenziellen Zusammenhang zu Russland. Die Kämpfer des extrem radikalen und barbarisch agierenden IS/ISIS, wurden zum großen Teil in den mittelasiatischen Staaten (Brzeziniski´s „ethnischer Hexenkessel„) rekrutiert – und sie sollen dorthin auch wieder zurückkehren! Brzezinski selbst hat übrigens Erfahrung im Aufbau radikaler Milizen, was seine Verlogenheit in der Argumentation nur noch plastischer macht (mehr dazu w.u.). Russland erwächst eine Gefahr, und die Verantwortlichen haben es auch längst erkannt, womit auch klar ist, warum Russland das Schicksal Syriens keinesfalls egal sein kann:

Possible IS/ISIS Offensive in Middle East (Quelle: Minist. f. Nationale Sicherheit, Russland, 2015)

Worum es in Wirklichkeit geht, hat Brzezinski zuvor kurz, allerdings wiederum selektiv angedeutet:

„[…] es ist bekannt, dass die zentralasiatische Region und das Kaspische Becken über Erdgas- und Erdölvorräte verfügen, die jene Kuweits, des Golfs von Mexiko oder der Nordsee in den Schatten stellen. Zugang zu diesen Ressourcen zu erhalten und an ihrem Reichtum teilzuhaben sind Ziele, die nationale Ambitionen, Gruppeninteressen anregen, historische Ansprüche wieder ins Bewußtsein rücken, imperiale Bestrebungen aufleben lassen und internationale Rivalitäten anfachen.“ [48]

Denn der Name der Imperialmacht USA, welche umtriebig die Kontrolle über die Energieressourcen des Planeten anstrebt, fällt nicht – und das nicht zufällig. Der Leser soll den Zusammenhang zu den vitalen Interessen US-amerikanischer Strategen und mit ihr vernetzter monopolistischer Strukturen nicht erkennen, erneut wird er über selektive Information manipuliert. Daher auch wird immer wieder der Fokus auf den „ethnischen Hexenkessel“ gelegt. Weil nämlich die selbsternannten Weltenlenker überhaupt nicht einsehen können, warum ihnen der Zugriff auf Russlands Bodenschätze verwehrt werden soll, aus ihrer Sicht sind diese dem freien Welthandel ebenso frei verfügbar zu machen!

Ein weiteres propagandistisches Merkmal, dass Brzezinski gern anwendet, wird also offenbar: Maximale Selektion, Auflösung jedweder Komplexität und konsequentes Hinführen des Lesers zur eigenen Zielvorstellung. Prozesse und Aspekte, welche das Erreichen der Zielvorstellung in irgendeiner Weise gefährden, müssen dabei ausgeblendet werden. Der Rezipient soll nicht in Versuchung geraten, die Behauptungen zu hinterfragen, er soll sie vielmehr einsaugen, zu seiner eigenen machen und – ohne Veränderung weitertragen! Damit ist die Propaganda dann endgültig in der Masse angekommen.

Viele Ethnien – und das versucht Brzezinski auszublenden – sind perse mitnichten ein Risiko! Sie sprechen für kulturelle Vielfalt wie Reichtum einer Region und inspirieren sich gegenseitg. Gefährlich wird es, wenn ihr soziales Umfeld zerstört wird und wenn manipulativ Schwächen der Menschen in den Ethnien ausgenutzt werden, um sie gegeneinander auszuspielen oder wenn ganz gezielt bis zur Gewalt hin Ethnien aus ihrem historischen Kontext gerissen und neu vereint werden. Hat Brzezinski überhaupt schlüssige Argumente, mit denen er den „ethnischen Hexenkessel“ begründen kann?

„[…] Armenien, Georgien und Aserbaidshan können sich auf historisch gewachsene Staatsvölker stützen, die ein ausgeprägtes, alle Bevölkerungsschichten durchdringendes Nationalgefühl besitzen; ihr Gemeinwohl wird hauptsächlich von äußeren Konflikten bedroht. Die fünf neuen zentralasiatischen Staaten hingegen befinden sich überwiegend in einer nationalen Aufbauphase, in der Stammeszugehörigkeiten und ethnische Identitäten nach wie vor eine große Rolle spielen, so dass Uneinigkeit im Innern zum Hauptproblem wird. “ [49]

Ja, diese Staaten sind von äußeren Konflikten bedroht, aber welchen und durch wen geschürt? Ja, es gibt innere Spannungen in den Staaten Mittelasiens, durch wen und wie hervorgerufen? Wie schon eben angemerkt, ist Selektion einer der Hauptwerkzeuge der Propaganda, aber gern wird auch die Lüge hinzugenommen, quasi beiläufig eingestreut, nebenher angemerkt. Perfiderweise nimmt unser Unterbewusstes die Lüge aber nicht als solche war, es kann nicht zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden. Und das hier ist eine Lüge:

„Beide Gruppen von Staaten wecken somit das Verlangen ihrer mächtigeren und von Großmachtphantasien getriebenen Nachbarn, diese Situation auszuschlachten.“ [50]

Die Großmachtphantasien entspringen aber gar nicht den Nachbarstaaten, sondern Köpfen wie dem Brzezinskis – und sollen die Unsrigen werden, was die Option ergibt, dass wir nach seinem Gustus denken und handeln. Großmachtphantasien werden, nachdem man sie unter Ausnutzung derer Schwächen dafür empfänglich gemacht hat, in die Köpfe von Politikern und Ideologen dieser Staaten geimpft (und diesbezüglich sind fremde Geheimdienste, NGOs und Diplomaten kräftig am Wirken), um chaotische Zustände überhaupt erst herbeizuführen, was den Psychopathen der westlichen Eliten die Möglichkeit gibt, aus wiederum deren Sicht „gestaltend“ einzugreifen. Das aktiv mit herbeigeführte Chaos dient als Legitimation für die manchmal offen ausgesprochene, oft nur unterschwellig vermittelte Botschaft, dass die Völker der Welt die besonnene, wissende, ordnende Hand des US-Imperiums zwingend benötigen.

Und Menschen mit der Psyche eines Brzezinskis sagen auch im übertragenen Sinne: Was stört mich mein krudes Geschwätz von gestern, es war Wahrheit weil ich es sagte und dass meine neue Wahrheit dem widerspricht, ist nicht mein Problem. Hierfür nun ein Beispiel. Wenige Zeilen vorher zitierte ich Brzezinskis Worte:

„[…] Armenien, Georgien und Aserbaidshan können sich auf historisch gewachsene Staatsvölker stützen, die ein ausgeprägtes, alle Bevölkerungsschichten durchdringendes Nationalgefühl besitzen; ihr Gemeinwohl wird hauptsächlich von äußeren Konflikten bedroht.“ [49]

Keine zwei Seiten später schreibt der Geostratege nun das Folgende:

„Anders als in Armenien oder Aserbaidschan mit ihrer ethnisch recht homogenen Bevölkerung gehören etwas 30 Prozent der sechs Millionen Georgier ethnischen Minderheiten an. Überdies hegen diese kleinen Volksgruppen, die in ihrer Organisationsform und ihrem Selbstverständnis eher Stämmchen gleichen, Groll gegen die georgische Herrschaft.“ [51]

Wenig überraschend deckungsgleich zur Sprache der von den Eliten gesteuerten Massenmedien, zelebriert er ebenso „überzeugend“, wie man Russland als Staat wie als Volk diffamieren kann, hier im Kontext ihrer Rolle in Kasachstan:

„Die in dem neuen Staat lebenden Russen sind natürlich der kasachischen Führung nicht wohlgesonnen. Als die ehemaligen Kolonialherren gehören sie zu der gebildeten und besser situierten Schicht und fürchten um ihre Privilegien. Außerdem blicken sie auf den neuen kasachischen Nationalismus mit kaum verhüllter Verachtung herab.“ [52]

 

Brzezinskis besondere Beziehung zu Afghanistan

Nachdem der Geostratege schon auf den Seiten zuvor nicht erlahmend Russland aggressives einmischendes Verhalten in andere Staaten vorwarf und jedes Problem der innerasiatischen Staaten in irgendeiner Weise mit sowjetisch- russischen Herrschaftsansprüchen verband (ohne es jemals zu beweisen!), ist seine Kurzanalyse zu Afghanistan als geradezu bösartig zu bewerten:

„Das gegenwärtige Durcheinander in Afghanistan ist ebenfalls ein sowjetisches Vermächtnis, obwohl das Land nie zur Sowjetunion gehörte. Zerrissen durch die sowjetische Besatzung und den langjährigen Guerillakrieg, der in dem Land geschürt wurde, ist Afghanistan nur dem Namen nach ein Nationalstaat. […] Der Dschihad gegen die russischen Besatzer machte die Religion zum dominierenden Faktor im politischen Leben des Landes und hat die ohnehin scharfen politischen Differenzen mit dogmatischem Eifer versetzt.“ [53]

Bösartig sind diese Worte vor allem deshalb, weil Brzezinski eine besondere aktive Rolle in Afghanistan spielte. Im Jahre 1998, also nach Veröffentlichung des Buches „The Great Chessboard“ gab er der französischen Zeitung Le Nouvel Observateur ein Interview, welches am 15.1.1998 veröffentlicht wurde. In der englischsprachigen Ausgabe wurde der nachfolgend zitierte Teil nicht veröffentlicht (was einer Zensur nahe kommt). Die Journalisten Alexander Cockburn und Jeffrey St. Clair haben nachgeforscht und diesen unveröffentlichten Teil in´s Englische übertragen [54]. Mehrere Blogs haben dies recherchiert und die deutsche Übersetzung nachgereicht:

O (Le Nouvel Observateur): Der ehemalige Direktor der CIA, Robert Gates, hat in seinen Memoiren erwähnt (Anm: „From the Shadows: The Ultimate Insider’s Story of Five Presidents and How They Won the Cold War“, 1996), dass die amerikanischen Geheimdienste begannen, die Mudschaheddin in Afghanistan sechs Monate vor der sowjetischen Intervention zu unterstützen. In dieser Zeit waren Sie der nationale Sicherheitsberater von Präsident Carter. Sie spielten deshalb eine Rolle in dieser Affäre. Ist das richtig?

Brzezinski: Ja. Nach der offiziellen Version der Geschichte begann die CIA-Hilfe für die Mudschaheddin im Jahr 1980, das heisst, nachdem die sowjetische Armee in Afghanistan am 24. Dezember 1979 einmarschiert ist. Aber die Realität, heimlich verschwiegen bis heute, war völlig anders: In der Tat, es war am 3. Juli 1979, dass Präsident Carter die erste Direktive für eine geheime Hilfe für die Gegner des pro-sowjetischen Regimes in Kabul unterzeichnete. Und am selben Tag schrieb ich eine Notiz an den Präsidenten, in dem ich ihm erklärte, dass meiner Meinung nach diese Hilfe eine sowjetische Militärintervention auslösen würde.

O: Trotz dieses Risikos waren Sie ein Befürworter dieser verdeckten Aktionen. Aber vielleicht haben Sie selbst diesen sowjetischen Kriegseintritt gewünscht und versuchten, diesen zu provozieren?

Brzezinski: Es ist nicht ganz so. Wir haben nicht die Russen gedrängt einzugreifen, aber wir haben wissentlich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie es tun würden.

O: Als die Sowjets ihre Intervention mit der Behauptung rechtfertigten, dass sie beabsichtigten, gegen eine geheime Einmischung der Vereinigten Staaten in Afghanistan zu kämpfen, haben die Menschen es nicht geglaubt. Allerdings gab es eine Grundlage für diese Wahrheit. Bereuen Sie bis heute nichts?

Brzezinski: Reue, was? Die geheime Operation war eine hervorragende Idee. Es hatte die Wirkung, dass die Russen in die afghanische Falle liefen, und Sie wollen, dass ich es bereuen soll? An dem Tag, an dem die Sowjets offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Wir haben jetzt die Möglichkeit erhalten, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu geben. In der Tat, für fast zehn Jahre hatte Moskau einen Krieg auszutragen, unerträglich für die Regierung, einen Konflikt, der zur Demoralisierung und schliesslich zum Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums führte.

O: Und Sie bereuen auch nicht, die Islamisten (intégrisme) unterstützt zu haben, sie mit Waffen zu versorgen und Beratung als zukünftige Terroristen gegeben zu haben?

Brzezinski: Was ist in der Geschichte der Welt am wichtigsten? Die Taliban oder der Zusammenbruch des Sowjetimperiums? Einige durcheinander gewirbelte aufgehetzte Moslems oder die Befreiung Mitteleuropas und das Ende des Kalten Krieges?

O: Einige (stirred-up) Moslems? Aber es ist gesagt worden und immer wiederholt worden: der islamische Fundamentalismus ist heute eine Bedrohung für die Welt.

Brzezinski: Unsinn! Das besagt, dass der Westen eine globale Politik in Bezug auf den Islam hat. Das ist dumm. Es gibt keinen globalen Islam. Schauen Sie sich den Islam in einer rationalen Weise und ohne Demagogie oder Emotion an. Es ist die führende Religion in der Welt mit 1,5 Milliarden Anhängern. Aber was ist das Gemeinsame unter dem saudi-arabischen Fundamentalismus, dem moderaten Marokko, dem Militarismus in Pakistan, dem ägyptischen pro-westlichen oder zentralasiatischen Säkularismus? Nicht mehr als das, was die christlichen Länder verbindet. [40] [55] [79]

Brzezinski kann im Interview seinen Triumph nur schwer unterdrücken, ist eingenommen von einer geradezu naiven Schadenfreude darüber, die Sowjetunion in einen Krieg lanciert zu haben, der hunderttausende Menschen das Leben kostete und ein zerstörtes, zerrüttetes Afghanistan hinterließ, in dem heute religiöse Fundamentalisten verschiedener Coleur das Sagen haben. Als ob das alles nur ein Spiel war und hier die gelungene Revanche für den US-amerikanischen Vietnam-Krieg vollzogen wurde. Es war ja auch ein Spiel, es war der gelungene Spielzug im Machtspiel eines Psychopathen!

Man muss die Menschen erkennen, wenn man klug handeln will. Die sowjetischen Außenpolitiker der 70iger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hatten dafür leider nicht das notwendige Format. Zu Gesicht bekommen haben müssten sie Brzezinski eigentlich, denn der war damals Sicherheitsberater (was nebenbei gesagt auch ein manipulativer, weil euphemistischer Begriff ist) des US-Präsidenten Jimmy Carter. Und außerdem war die durchaus vorhandene Instabilität in dieser Region natürlich nicht das Produkt friedensunfähiger Völker, sondern das einer systematischen Destabilisierung, die im Hintergrund vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA orchestriert wurde:

„Zwischen 1982 und 1992 beteiligten sich etwa 35.000 muslimische Extremisten aus 40 islamischen Staaten am Krieg Afghanistans gegen die Sowjetunion, aktiv unterstützt durch Pakistans Geheimdienst ISI und die CIA, deren gemeinsames Ziel es war, den afghanischen Dschihad zu einem weltweiten Krieg aller muslimischen Staaten gegen die Sowjetunion auszuweiten. Zehntausende begannen in den pakistanischen Madrasas [Koranschulen] zu studieren. Letztendlich wurden mehr als 100.000 ausländische muslimische Extremisten direkt durch den afghanischen Dschihad beeinflusst. Die Beziehungen zwischen der ISI und der CIA waren durch die von [General] Zia durchgeführte Amtsenthebung Bhuttos und die Implementierung des Militärregimes immer intensiver geworden. … Pakistans Haltung war in weiten Teilen des Afghanistankrieges sehr antisowjetisch geprägt, mehr als dies jemals in den USA der Fall gewesen war. Schon kurz nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan im Jahr 1980 schickte Zia [ul Haq] seinen ISI Chef los, um die sowjetischen Republiken in Zentralasien zu destabilisieren. Die CIA stimmte diesem Vorhaben erst im Oktober 1984 zu. [56]

Und weiterhin:

Sowohl Pakistan als auch die Vereinigten Staaten nahmen im Bezug auf Afghanistan in der Öffentlichkeit die Rolle von verhandelnden Partnern ein, während man sich im Hintergrund darauf einigte, dass eine militärische Eskalation der Weg der Wahl sein sollte. Hierbei gingen die USA aber wesentlich vorsichtiger vor als Pakistan.“ [57]

Menschen mit Brzezinskis Psyche versuchen Macht auszuüben, das erfüllt sie, das ist ihr Lebensinhalt. Die Demütigung anderer, verbunden mit dem Gefühl der eigenen Überlegenheit ist ihr Triumph. Was sie nicht tun, ist das Wahrnehmen von Verantwortung. Deshalb auch zeigt dieser Mann unverfroren auf Andere, um sie schuldig zu sprechen, es ist das Abwälzen von Verantwortung, was aus seiner Sicht, die Makellosigkeit seiner Persönlichkeit sichert. Dahinter steckt die Unfähigkeit zur Selbstempathie und das macht solche Menschen auch gewissermaßen zu tragischen Figuren. Denn so ist es ihnen auch nicht gegeben, sich in die Gedanken und Gefühle anderer Mensche (die sich grundlegend von den eigenen unterscheiden könnnen)  zu versetzen. Sie transponieren folgerichtig ihre eigene Psyche auf andere, es kann nur diese geben. Aus diesem Grunde geht Brzezinski davon aus, dass Staaten, Völker und Ethnien in Konkurrenz leben, sich potenziell Feind sind und Herrschaft übereinander anstreben – genau so wie er selbst. Vertrauen ist für ihn ein Fremdwort. Folgerichtig analysiert er den Iran so:

„Noch schwerer zu bestimmen, ist die zukünftige Orientierung des Iran. Die Revolution der schiitischen Fundamentalisten […] könnte in ein Thermidordium eintreten, was die Ungewißheit über die geostrategische Rolle des Iran erhöht. Der Zusammenbruch der atheistischen Sowjetunion eröffnete dem Iran einerseits die Möglichkeit, seine nunmehr unabhängigen nördlichen Nachbarn zum Islam zu bekehren. Andererseits neigte Teheran aufgrund seiner Feindschaft gegen die USA zu einer zumindest taktisch prorussischen Haltung, und die Sorge, dass sich die Unabhängigkeit Aserbaidshans negativ auf den eigenen nationalen Zusammenhalt auswirken könnte, bestärkte ihn darin. […] Die Sorge gründet in der Anfälligkeit des Iran gegenüber ethnischen Spannungen […] Abgesehen von den Kurden und den Aseris stellen die anderen [Volksgruppen] derzeit keine Bedrohung der nationalen Einheit des Iran dar, zumal die Perser ein starkes nationales, ja sogar imperiales Bewußtsein beseelt.“ [58]

Auffallend ist weiterhin, dass Brzezinski so gut wie keine Belege für seine Behauptungen (z.B. die Feindseligkeiten zwischen Staaten und Ethnien) anführt, die Behauptungen aber immer und immer wiederholt. Und das bleibt hängen, in dem zur Unterscheidung zwischen Lüge und Wahrheit nicht fähigen Unterbewussten. Im Sinne von Propaganda ist es also egal, ob eine Behauptung bewiesen wird oder nicht, hängen in unserem Kopf bleibt sie immer! Es ist unserem aktiv reflektierenden Bewusstsein vorbehalten, diese Beeinflussung nicht zu einer Vereinnahmung machen zu lassen. Fakt ist, dass Brzezinski in einem fort die potenziellen Rivalitäten zwischen den Völkern aufführt, und zwar in einer äußerst simplen, verallgemeinernden Darstellung. Und sein Wortschatz ist bezeichnend:

  • Einflußsphäre, Einflussbereich
  • Weltmacht, Hauptrivalen, widerspenstig
  • Gegengewicht zur russischen Macht, russischer Druck
  • Angst vor Russland
  • Hexenkessel
  • beherrschende Position, imperiale Herrschaft, rivalisierendes Imperium
  • im Schilde führen, hintertreiben, erpressen, widersetzen
  • bedrohlich, heraufbeschwören, brenzlige Lage, offene Feindseligkeiten
  • einverleiben, unterwerfen, diktieren, unterwürfig
  • Zerschlagung
  • Eroberung, Übernahme
  • Macht, bemächtigen, Machtmittel, Kommandozentrale
  • konkurrierende Interessen, vollständige Kontrolle, Kontrollsystem
  • Stoßrichtung, Zugang
  • besonderes geostrategisches Interesse, geographischer Schild
  • imperiale Vergangenheit, postimperiale Realität
  • Muskeln spielen lassen
  • nationale- und religiöse Mision, geopolitischer Gewinn
  • beherrschende geopolitische Position, geopolitische Interessensphäre
  • postimperiales Beziehungsgeflecht

Das sind Sprachmittel Brzezinskis, Sprachmittel des Krieges, die sich bei einer Suche auf wenigen Seiten fanden, sich jedoch über das gesamte Buch hinweg ständig wiederholen und Einzug in die Köpfe des Lesers halten. Dabei spiegeln sie die Intentionen des Autors und der mit ihm verbandelten Führungseliten der USA wider. Der Finger, welcher eigentlich auf sich selbst zeigen müsste, wird mit magischer Kraft in Richtung der Opfer gelenkt (was mit einem Selbstschutz vor Zerstörung der eigenen Persönlichkeit zusammenhängt) und die Opfer gleichzeitig zu Tätern und Schuldigen transformiert. Dabei wird kaum ein verbindender Aspekt der Völker des Nahen – und Mittleren Ostens sowie Russlands erwähnt, was jedoch (aus meiner Sicht) unbedingt Teil einer geostrategischen Analyse sein sollte.

Letztendlich versteigert sich Brzezinski zum Ausdruck „Hexenkessel politischer Macht„, dabei mit billiger Polemik und durch nichts bewiesenen Behauptungen pausenlos die russische Gefahr betonend (ab Seite 204). Ganz eindeutig, Brzezinski hasst Russland – weil er es fürchtet. Es ist eine Furcht davor, dass der Nachfolger des Staates, den er doch schon einmal (auch ganz persönlich) mit in die Knie gezwungen hatte, wieder auferstehen könnte. Es ist für ihn ein Albtraum, die Angst vor Kontrollverlust, die einzige und bohrende Angst eines jeden Psychopathen. Russlands pausenlos beschworener Eroberungsdrang ist eine Phantasie, entsprungen der Psyche des Zbigniew Brzezinski, seine Zeilen dazu zu lesen, ist anstrengend und intellektuell beleidigend, es ist Propaganda der niedersten Sorte. Und so erläutert Brzezinski auch ausführlichst, wie sich die mittelasiatischen Staaten verbünden um sich so, Ironie eingeschoben, vom Joch des russischen Imperiums zu befreien. Russland als Partner kann er sich nur in dessen Vasallenrolle vorstellen.

Und ein weiteres Beispiel für den Größenwahn, der Leute wie Brzezinski umtreibt:

„Alle Staaten der Region [Mittlerer Osten, Mittelasien] betrachten Amerikas Engagement als für ihr Überleben notwendig. […] Amerikas primäres Interesse muß folglich sein, mit dafür zu sorgen, dass keine einzelne Macht die Kontrolle über dieses Gebiet erlangt und und dass die Weltgemeinschaft ungehinderten finanziellen und wirtschaftlichen Zugang zu ihr hat.“ [59]

US-Ansprüche im fernen Osten

„Für China sollten die USA als Anrainer auf der anderen Seite des Pazifischen Ozeans ein natürlicher Verbündeter sein, da Amerika nichts gegen das asiatische Festland im Schilde führt und in der Vergangenheit sowohl russischen als auch japanischen Übergriffen auf ein schwächeres China entgegengetreten ist. Das gesamt letzte Jahrhundert hindurch war  Japan für die Chinesen der Hauptfeind, Russland hat es lange Zeit mißtraut, und auch Indien türmt sich jetzt als potentieller Gegner auf.“ [60]

Feinde allenthalben, aber die USA sind ein verlässlicher Partner, woher nur nimmt Brzezinski diese Annahme? Es ist inzwischen bekannt, wer ursächlich hinter den geschürten Unruhen in der nordwestlichen autonomen Provinz der Ujguren in China steckt [61]. Und dass die Regenschirm-Bewegung in Hongkong durch den direkt vom US-Außenministerium finanzierten National Endowment for Democracy (NED) gesteuert wurde, ist ein offenes Geheimnis [62]. Nicht zu vergessen die Kriege, welche die USA im Fernen Osten führten, mit Millionen von Toten;  die Destabilisierungen von Staaten, die Etablierung von Militärdiktaturen. Möglich, dass Brzezinski nicht im Fernen Osten aktiv war, aber anzunehmen, dass China das alles ausblendet, zeugt von Realitätsverleugnung – nicht von Unwissenheit. Denn hinter der Denkweise steht sein russisches Feindbild und zu gern würde er China als Werkzeug der endgültigen Niederwerfung des größten Staates der Erde benutzen.

Aber der gebürtige Pole ist auch beeindruckt von der rasant wachsenden Wirtschaftsmacht Chinas und macht sich um Ostasien Sorgen. Natürlich gibt es auch in China eine ganze Reihe ungelöster Probleme, aber er traut prinzipiell eben niemandem ein vertrauensvolles Miteinander zu, dass er dabei auch noch vor Demagogen warnt, hat aus seinem Munde ein gewisses „Geschmäckle“:

„Kurzum, Ostasien brodelt vor Tatendrang und Energie, die bisher durch das rapide Tempo des regionalen Wirtschaftswachstums in friedliche Bahnen gelenkt wurden. Aber dieses Sicherheitsventil könnte eines Tages versagen, wenn politische Leidenschaften die Oberhand gewinnen. Und Anlässe gibt es genug angesichts der zahlreichen ungelösten Probleme und strittigen Fragen, die ein gefundenes Fressen für Demagogen und somit potentiell hochexplosiv sind […]“ [63]

Nachdem er also warnend auf die hochgerüsteten Staaten der Region hingewiesen hat (von denen mir in den letzten Jahrzehnten keine kriegerischen Konflikte bekannt sind), lässt er in seiner verzerrten Sicht auf die Wirklichkeit dann gleich noch eine bange Frage stellen, in der er die US-Soldaten in aller Welt zur Friedenstruppe hoch stilisiert und man fragt sich, welche Strategen er meint (wie fast immer ist die Behauptung durch nichts belegt):

„Tatsächlich stellen sich Strategen in der gesamten Region inzwischen die zentrale, aber noch unbeantwortete Frage: „Wie lange können 100 000 amerikanische Soldaten den Frieden in der […] fast am höchsten gerüsteten Region der Welt noch sichern?“ [64]

Auf jeden Fall hat Brzezinski großen Respekt vor China, er befürchtet, dass dieses Land, statt Russland, die Vormachtstellung der USA brechen könnte. Der besondere Weg Chinas ist für ihn nur ein vorübergehend machbarer, die einzig richtige Wahl ist eine Demokratisierung (nach westlichen Muster). Im folgenden ergeht sich Brzezinski seitenlang über alle möglichen Optionen von Konflkten, von Beherrschen und Unterwerfen, Intrigieren und gegeneinander Ausspielen. Wenn man die Denkweise Brzezinskis einmal begriffen hat, ist das Studieren seiner einseitigen Gedanken einfach nur langweilig. Der Mann hat nichts Substanzielles zu erzählen, außer der Darstellung seiner Machtphantasien. Wie abgefahren seine Ergüsse sind, dafür hier ein weiteres Beispiel:

„Wie in den chinesisch-russischen Beziehungen empfiehlt es sich für China, jede direkte Konfrontation mit Indien zu vermeiden. […] Eine Politik offener Feindseligkeit hätte den negativen Effekt, Chinas aus taktischen Gründen ratsame Einigung mit Russland zu komplizieren, während es zudem Indien in ein kooperativeres Verhältnis zu Amerika triebe.“ [65]

Das spricht nicht für eine gestörte Psyche?! Eine direkte Konfrontation mit Indien ist doch nicht aus taktischen Gründen zu vermeiden, sondern weil alles andere Krieg bedeuten würde! Eine Politik offener Feindseligkeit wäre schlicht Kriegstreiberei und ein kooperatives Verhältnis Indiens zu den USA ist ohne wenn und aber zu begrüßen, statt (China) davor zu warnen. Eine Einigung mit Russland ist nicht taktisch zu begründen, sondern mit langfristiger Friedenssicherung und guter Nachbarschaft. Ein kooperatives Verhältnis ist überhaupt zwischen allen Staaten zu begrüßen. Aber Brezinski ist zu dieser Haltung – aufgrund seiner pathologischen Denkweise – überhaupt nicht fähig!

 

Aufgaben an die US-amerikanische Politik in Ostasien

Die sieht Brzezinski prinzipiell darin (was den globalen Führungsanspruch der USA auch in Zukunft impliziert):

„[…] im Osten des eurasischen Festlands ein geopolitisches Äquivalent zu Europa an der westlichen Peripherie zu schaffen, […] doch ein demokratischer Brückenkopf auf dem östlichen Festland wird noch auf sich warten lassen.“ [66]

Ja, das wird auf sich warten lassen (vielleicht auf ewig) und es ist davon auszugehen, dass China auf die Ratschläge der Führungsnation der „Freien Welt“ keinen großen Wert legen wird. Die Planspiele Brzezinskis sind halt nicht die Chinas.

Wenig überraschend plädiert er weiterhin für den Beibehalt der Stationierung von US-Truppen in Korea und Japan, um (aus seiner Sicht) das Machtgleichgewicht zu sichern. Und er setzt sich für eine echte Aussöhnung zwischen Japan und Korea (meint er wirklich ganz Korea?) ein. Woher kommen plötzlich diese Worte von Verständigung und Versöhnung? Das Rätesel ist schnell gelöst:

„Eine umfassende und sich auf die regionale Stabilität positiv auswirkende japanisch-koreanische Partnerschaft wiederum würde eine ständige Präsenz der USA im Fernen Osten, selbst nach einer Wiedervereinigung Koreas erleichtern.“ [67]

Weiterhin möchte Brzezinski ein „desorientiertes Japan“ verhindern, der Begriff wirkt ulkig, was meint der große Geostratege damit?

„Kurz: ein desorientiertes Japan wäre einem gestrandeten Wal vergleichbar: der hilflos, aber gefährlich um sich schlägt [sic]. Es könnte Asien destabilisieren […]. Nur in einer engen Allianz mit Japan werden die USA Chinas regionale Bestrebungen ausgleichen und deren willkürliche Auswüchse zügeln können. [sic] […] Ein Rückzug Amerikas hätte sehr wahrscheinlich ein größeres japanisches Rüstungsprogramm vor dem Hintergrund einer beunruhigenden strategischen Desorientierung zur Folge.“ [68]

Ja, Ja, Zbigniew, immer schön auf die unmündigen kriegsgeilen Völker aufpassen, die niemals die Reife des selbsternannten und weise regierenden Hegemons erlangen können. Wehe dem, der sich solche Berater in´s Haus holt, denn das ist verbunden mit dem Einzug hochvirulenten pathologischen Denkens, was die Beziehungen erst zwischen den Menschen und dann zwischen den Gesellschaften zu zerstören droht. Noch zwei abschließende Ratschläge Brzezinskis für den US-Distrikt Ostasien:

„Mit Hinblick darauf täten die USA gut daran, ein amerikanisch-japanisches Freihandelsabkommen in Erwägung zu ziehen. Ein solcher Schritt […] würde sowohl die ständige Präsenz Amerikas im Fernen Osten als auch Japans weltweites konstruktives Engagement untermauern. […] In der traditionellen Sphäre der Machtpolitik sollte ein regional herausragendes China Amerikas fernöstlicher Anker werden, wobei Großchinas Rolle im Osten Eurasiens der eines größer werdenden Europa in Eurasiens Westen entspricht.“ [69]

Schlussfolgerungen des Zbigniew Brzezinski

Zuerst schwebt der Geist von Einzigartigkeit durch den Raum, denn Bescheidenheit ist keine Zier von Psychopathen:

„[…] [Es] wird Amerikas Status als führender Weltmacht in absehbarer Zeit […] wohl von keinem Herausforderer angefochten werden. Kein Nationalstaat dürfte sich mit den USA in den vier Schlüsselbereichen der Macht (militärisch, wirtschaftlich, technologisch und kulturell) messen können, die gemeinsam die entscheidende globale politische Schlagkraft ausmachen. […] So gesehen, kann man zu Recht behaupten, dass Amerika, wie Präsident Clinton es ausdrückte, die für die Welt unentbehrliche Nation ist.“ [70]

Und dann zieht ein Gespenst auf, beim Strategen Brzezinski, das Gespenst der Anarchie, des Chaos, was die Alternativlosigkeit oben genannter Einzigartigkeit begründet (Achtung, Manipulation!):

„Man muß hier dem Faktum der Unentbehrlichkeit das Potential für weltweite Anarchie gegenüberstellen. Die verheerenden Folgen der Bevölkerungsexplosion, Armutsmigration, sich rasant beschleunigende Urbanisierung, ethnischer und religiöser Feindeseligkeiten und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen wären nicht zu bewältigen, sollte auch noch das bestehende, auf Nationalstaaten basierende Grundgerüst rudimentärer geopolitischer Stabilität zu Bruch gehen.“ [71]

Zum Ende seines Buches zieht also Brzezinski noch einmal das gesamte propagandistische Arsenal:

  • Schaffe Angst und biete Sicherheit (die des Hegemons), was dem Verlust von Freiheit gleichkommt.
  • Schaffe Angst und biete Feindbilder (um von den tatsächlichen Problemen abzulenken).
  • Schaffe erst ein Problem (Armut durch Raub, Feindseligkeiten durch Infiltration und Manipulation um die eigene Macht zu vergrößern) und biete dann die Lösung (friedenserhaltende Maßnahmen, Systeme kollektiver Sicherheit und Hoheit des Hegemons).
  • Reiße die Aspekte aus ihrem Zusammenhang (Ausblenden der Ursachen von Armut und Krieg).
  • Selektiere und Fokussiere, um die gewünschten Denk- und Verhaltensweisen bei den Menschen zu erzeugen und ihr Hinterfragen zu unterdrücken.
  • Auch wenn die Argumente abstrus, verlogen und bösartig sind, sei Dir gewiss, dass sie bei den Rezipienten ankommen. Wiederhole sie deshalb so oft es geht.
  • Verdrehe Tatsachen, behaupte einfach das Gegenteil, wiederhole so oft es geht.
  • Diffamiere Abweichler, versuche sie über Manipulation der Gemeinschaft auszugrenzen.
  • Entmensche Deine Gegner, um so die Bereitschaft von Gewalt gegen sie zu ermöglichen (Anstacheln des Krieges in den Köpfen).

So sieht das dann in der Anwendung aus:

„Die daraus resultierenden Gefahren für eine globale Stabilität  werden  durch  die Aussicht auf eine allgemeine Verschlechterung der menschlichen Lebensbedingungen noch vergrößert. Vor allem in den ärmeren Ländern der Welt lassen Bevölkerungsexplosion und gleichzeitige Verstädterung das Heer der Benachteiligten und der Abermillionen arbeitsloser und immer unruhiger werdender junger Leute unaufhaltsam anwachsen, deren Frustrationspegel rasend steigt. Die modernen Medien verstärken den Bruch, den diese jungen Leute gegenüber traditionellen Autoritäten vollziehen, und führen ihnen die krasse Ungleichheit auf der Welt vor Augen. Das schürt ihren Unmut und macht sie für extremistische Rattenfänger anfällig. Einerseits könnte das Phänomen weltweiter Wanderungsbewegungen, die bereits in die zehn Millionen gehende Menschen umfaßt, für einige Zeit als Sicherheitsventil wirken, andererseits werden dadurch auch ethnische und soziale Konflikte von einem Kontinent auf den anderen übertragen. Das Amt des  Weltpolizisten, das Amerika geerbt hat, wird daher kaum von Turbulenzen,  Spannungen und zumindest sporadischen Gewaltausbrüchen verschont bleiben“ [72]

Und das, zeugt das von einer gesunden Psyche? Rationalität pur, Fähigkeiten die andere Seite zu verstehen? Mitnichten:

„Ja, das Scheitern einer von den USA getragenen Bemühung, die NATO auszudehnen, könnte sogar ehrgeizigere russische Wünsche wieder aufleben lassen. Es ist noch keineswegs klar ersichtlich – und steht im krassen Gegensatz zu dem, was uns die Geschichte lehrt, ob die politische Elite Russlands Europas Wunsch nach einer starken und dauerhaften politischen militärischen Präsenz der USA teilt. […] Aus diesem Grund sollte keine Vereinbarung mit Russland über die Frage einer NATO-Erweiterung darauf hinauslaufen, dass Russland de facto am Entscheidungsprozess des Bündnisses beteiligt wird.“ [73]

Der machtgeile Brzezinski ist jetzt so richtig in Form – es geht noch besser:

„[…] jede Sicherheitsgarantie, die Russland vom Westen in Bezug auf die Region gewährt wird, [muss] wirklich gegenseitig und somit für beide Seiten beruhigend sein. […] aber im Gegenzug müssten die Russen garantieren, dass es zu einer Entmilitarisierung des unter strategischen Aspekten bedrohlichen Frontkeils von Kaliningrad kommt und größere Truppenstationierungen in Grenznähe der neuen NATO- und EU-Mitglieder unterbleiben. […] Daher würde das Zustandekommen einer fairen NATO-EU-Vereinbarung mit Russland von allen Europäern als ein Signal dafür begrüßt werden, dass Russland endlich die gewünschte postimperiale Wahl zugunsten Europas trifft.“ [74]

Und um noch einmal und abschließend zu unterstreichen, dass die pathologische Gedankenwelt des Zbigniew Brzezinski sich ihre eigene Wirklichkeit schafft (und deshalb diese Worte hier auch niemals nachfragen wird):

„Kurzum, Amerika als die führende Weltmacht hat nur eine kurze historische Chance. Der relative Frieden, der derzeit auf der Welt herrscht, könnte kurzlebig sein.“ [75]

 

Um was es wirklich geht

Das westliche von den USA dominierte Wirtschafts- und Finanzsystem befindet sich in einer tiefgreifenden Krise. Der Systemfehler des zins- und zinseszinsbasierten Schuldgeldsystems mit dem Dollar als Leitwährung hat zu einem unerhörten Anwachsen der (Buch-)Geldmenge geführt. Diese Geldmenge ist auch noch extrem ungleich verteilt, sie ist faktisch zu den gierigsten Schichten der Menschheit geflossen. Denn das Systen nährt unheilvoll eine Schicht von Menschen mit bestimmer psychologischer Konditionierung, die in Rückkopplung das System am Laufen halten. Die Gier dieser Leute ist unstillbar und sie haben diese Gier in die Gesellschaften projiziert, die Geldvermehrung ist der pervertierte Sinnzweck der sich dessen nicht bewusst seienden Menschen. Aber auch das System als Ganzes (Unternehmen, Staaten) ist in Gier und Geiz verfangen, weil trotz der gewaltigen Geldmenge niemals genug davon da ist, um die immer rascher wachsenden Zinsen abzuzahlen.

Doch die Wirtschaftsakteure verlieren weltweit zunehmend das Vertrauen – in das Geld, das ihnen bis heute als Leitwährung verkauft wird. Auf dem Abverkauf ihres zunehmend wertlosen und deswegen mit Vertrauensverlust gewürdigten US-Dollars jedoch basiert die weitere ungebremste Vermögensvermehrung der westlichen Eliten. Daher müssen Menschen, Unternehmen und Staaten zur Not gezwungen werden, dieses Ramschgeld für echte Werte anzunehmen. Und darum geht es.

Dieses krebsartig wuchernde und vor der Selbstzerstörung stehende Wirtschaftssystem versucht krampfhaft die Kontrolle über alle Ressourcen der Welt zu sichern, damit diese gegen den wertlosen Dollar verkauft werden und so noch ein paar Jahre länger seine Rolle als Weltleitwährung ermöglichen. Diese Krise schwelt spätestens seit den 70iger Jahren und die Aufkündigung von Bretton Woods lässt sich mglw. als Startschuss für einen schleichenden Untergang interpretieren. Da kommen den Gierigen dieser Welt Menschen mit psychopathischen Zügen gerade recht, weil die nämlich perfekt politisch Verantwortliche und die Bevölkerung manipulieren können und hinter einem Vorhang euphemistischer Floskeln von Demokratie und Menschenrechten widerspenstige Gesellschaften angreifen, mit allen zur Verfügung stehenden Formen von Gewalt unterwerfen und deren Reichtümer den Gierigen zugänglich machen.

Und so gehen die ungehemmten Egoisten, man nennt sie Soziopathen, mit den Psychopathen eine unheilvolle Symbiose ein, was die einen für die anderen unentbehrlich macht. Beide sind geprägt von einem krassen Mangel an Empathie, sie blenden ohne Schwierigkeiten den Schaden aus, den sie anderen Menschen bei ihrem Handeln zufügen. Und in dieser Konstellation ist ein Zbigniew Brzezinski als der Nicht-Gierige ohne Zweifel unersetzlich und Teil einer Kaste, welche die Geschicke der imperialistischen Führungsmacht und der von ihr abhängigen Nationen bestimmt. Ohne die Möglichkeit der Ausnutzung egotistischer Schwächen würden seine Aktivitäten ins Leere laufen, aber die Menschen sind dessen nicht frei und – es wird ihnen nicht gelehrt, Manipulation zu erkennen und mit dieser umzugehen.

Wir treffen tagtäglich auf diese auffällige Sprache Zbigniew Brzezinskis, die vielen Menschen aufgrund ihrer Manipulierung leider gar nicht auffällig ist – in den Massenmedien. Es muss eine Verbindung zwischen Geostrategen, Vordenkern und Chefideologen (wie immer sie man auch nennen mag) zu den Medienkonzernen geben. Wie diese Netzwerke so funktionieren, dass im Ergebnis eine permanente orchestrierte Propaganda abgestrahlt werden kann, sollte ein weiteres zu untersuchendes Thema sein. Im Vorwort der deutschen Ausgabe (Fischer Taschenbuch-Verlag) hat übrigens der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich GenscherThe Great Chessboard“ „als eine brillante strategische Analyse“ gelobt. Genscher hat das Buch nicht verstanden, vor allem aber hat er den Menschen Brzezinski nicht verstanden.

Geopolitik als sogenannte Wissenschaft wird insgesamt – und nicht nur von mir hinterfragt, Der Politikwissenschaftler Hauke Ritz sagt bspw. dazu:

„Die geopolitischen Überlegungen klingen im ersten Moment sehr logisch, weil sie sich meistens auf faktisch geografische Gegebenheiten wie Meeresengen, Landschaften und Gebirgsketten oder die Lage der Kontinente und Länder beziehen. Aber es handelt sich dabei teilweise dann doch um eine Scheinlogik, ganz ähnlich, wie man das bei so manchen Wirtschaftstheorien kennt, die auch logisch klingen, aber dann dem Test der Realität nicht standhalten. Manchmal muss man sich einfach ein bisschen zurücklehnen und bei bestimmten geopolitischen Konzepten fragen: Ist das denn wirklich so? Es gibt zum Beispiel die Theorie, dass Zentralasien, also die Region, die zwischen dem Kaukasus und der Westgrenze Chinas liegt […] eine Art Machtmultiplikator darstellen würde. Das hieße, dass eine Macht, die in dieser Region eine militärische Präsenz hätte und sie auch wirtschaftlich dominieren würde, den gesamten eurasischen Kontinent ordnen könnte.

Da muss man sich doch fragen: Ist das wirklich so? […] Es ist überhaupt nicht bewiesen, dass sie [die Theorie] stimmt. In der Vergangenheit gab es immer wieder Staaten, die diese Region kontrolliert haben, wie zuletzt die Sowjetunion, die eine Zeitlang sogar über einen massiven Einfluss in Afghanistan verfügte und damit die Region fast vollständig in Besitz genommen hatte. Trotzdem war sie damals nicht in der Lage gewesen, von dort aus ihre Macht auf den gesamten eurasischen Kontinent auszudehnen [Anm.: vielleicht wollte sie es ja auch nicht]. […] Diese Theorie ist vielleicht ein Mythos, eine akademische Kopfgeburt, die ein gewisses Eigenleben führt und die Außenpolitik einiger Staaten bestimmt, aber deren Realität letztlich in Frage gestellt werden muss.

Leider kann das in den Thinktanks, wo sich die Theorien einer großen Beliebtheit erfreuen, gar nicht kritisch diskutiert werden, weil viele der dort tätigen Wissenschaftler im geopolitischen Denken ausgebildet worden sind [!]. Sie können schwerlich eine Wissenschaft hinterfragen, die den Kern ihrer Bildung darstellt.“ [76]

Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen – insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors – kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.

[a1] Machtbedürfnis und Geltungsdrang führen u.a. zum pathologischen Lügen. Die zur Schau gestellte Verachtung für alle Werte und Ideale diene der Abwehr und Verleugnung einer Sehnsucht nach einer idealisierbaren Elternfigur bzw. der Neigung, idealisierende Übertragungen herzustellen. Die Gefahr, die von diesen Übertragungen ausgehe, sei die einer traumatischen Zurückweisung durch das idealisierte Objekt, mit der Folge unerträglicher narzisstischer Spannung und schmerzhafter Beschämung und Hypochondrie. Der Stolz dieser Patienten auf die Geschicklichkeit, mit der sie rücksichtslos ihre Umwelt manipulieren, diene zusätzlich dazu, zu verhindern, dass Leere und Mangel an Selbstwertgefühl an die Stelle der fortwährend kriminellen Aktivität des Größen-Selbst, in Wort oder Tat, treten. [77] [78]

Hauptquelle: The Great Chessboard (Die einzige Weltmacht); Zbigniew Brzezinski; 1997; Basic Books, New York; Deutsche Ausgabe: Fischer Taschenbuch-Verlag (dtv) unter Lizenz Beltz Quadriga Verlag, Weinheim u. Berlin; ISBN 3-596-14358-6;  http://fischer-tb.de

[1] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.15

[2] [3] ebda; S.16; [4] ebda; S18

[5] Friedrich August von Hayek; deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_August_von_Hayek

[6] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.48

[7] ebda; S.48

[8] Zbigniew Brzezinski; deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Zbigniew_Brzezi%C5%84ski#Wachsender Einfluss

[9] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.48

[10][11] ebda; S.49; [12] ebda; S.50

[13] 1984 – Methoden der Machtausübung; deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/1984_%28Roman%29#Methoden_der_Machtaus.C3.BCbung

[14] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.50

[15] ebda; S.51

[16] Samuel P. Huntington; Deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Phillips_Huntington

[17] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.53

[18] ebda; S.65

[19] Halford Mackinder; Deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Halford_Mackinder

[20] Herzland-Theorie von Halford Mackinder; Deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Heartland-Theorie

[21] Democratic Ideals and Reality, Halford Mackinder; S. 106

[22] Der Exodus aus dem Kosovo – Eine Recherche; Ped; 10.4.2015; http://peds-ansichten.de/2015/04/der-exodus-aus-dem-kosovo-eine-recherche/

[23] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.70

[24] ebda; S.74; [25] ebda; S.77

[26] Die Spieletheorie und der Siegeszug des Neoliberalismus (2); Daniel Neun; Radio-Utopie; 29.10.2015; http://peds-ansichten.de/2015/09/die-spieletheorie-und-der-siegeszug-des-neoliberalismus-2/

[27] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.80

[28] ebda; S.81; [29] ebda; S.82; [30] [31] [32] ebda; S.83

[33] ebda; S.92; [34] ebda; S.105; [35] ebda; S.110

[36] ebda; S.111; [37] ebda; S.112; [38] ebda; S.127

[39] ebda; S.132

[40] In 1998 zensiertes Interview: Die Russland-Falle; 16.10.204; petrapez; Radio Utopie; https://www.radio-utopie.de/2014/10/16/in-1998-zensiertes-brzezinski-interview-die-russland-falle/

[41] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.137

[42] ebda; S.169; [43] ebda; S.173; [44] ebda; S.174

[45] ebda; S.178; [46] ebda; S.180; [47] ebda; S.181

[48] ebda; S.182; [49] [50] ebda; S.184

[51] ebda; S.188; [52] ebda; S.190; [53] ebda; S.193

[54] How Jimmy Carter and I Started the Mujahideen; 12.10.2014; Information Clearing House; Alexander Cockburn, Jeffrey St. Claire; http://www.informationclearinghouse.info/article39942.htm

[55] Weitere Quelle zu Brzezinski-Interview: The CIA’s Intervention in Afghanistan, Interview with Zbigniew Brzezinski, President Jimmy Carter’s National Security Adviser. Le Nouvel Observateur, Paris, 15.-21. January 1998; Veröffentlichung in Englisch: Centre for Research on Globalisation: http://www.globalresearch.coa/articles/BRZ110A.html

[56] The Taliban: Exporting Extremism; Foreign Affairs; Ahmed Rashid; November-December 1999

[57] Out of Afghanistan: The Inside Story of the Soviet Withdrawal. Oxford University Press, New York, 1995. Siehe auch: Rezension von Cordovez und Harrison in: International Press Services, 22. August 1995

[58] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.196

[59] ebda; S.215; [49] [60] ebda; S.219

[61] Aus Syrien zurückgekehrte Dschihadisten verursachen 150 Tote; 4.11.2014; https://mundderwahrheit.wordpress.com/tag/uiguren-terroristen/; Originalquelle: Voltaire-Netzwerk; http://www.voltairenet.org/article185820.html

[62] Die Regenschirme in Hongkong sind „Made in USA“; William Engdahl; 7.10.2014; Kopp Online; http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/die-regenschirme-in-hongkong-sind-made-in-usa-.html

[63] The Great Chessboard; Zbigniew Brzezinski; 1997; S.223

[64] ebda; S.226; [65] ebda; S.246; [66] ebda; S.266

[67] ebda; S.274; [68] ebda; S.275; [69] ebda; S.276

[70] [71] ebda; S.278; [72] ebda; S.279

[73] ebda; S.286; [74] ebda; S.287; [75] ebda; S.303

[76] Quo Vadis NATO – Zur Sinnhaftigkeit von Geopolitik; Hauke Ritz; 28.4.2013; Schattenblick; http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0174.html

[77] Pseudologie – Zwanghaftes Lügen; Deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Pseudologie

[78] Heinz Kohut; Deutsche Wikipedia; 25.9.2015; https://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Kohut

[79] The Brzezinski Interview; University of Arizona; Translated from the French by William Blum and David N. Gibbs. This translation was published in Gibbs, „Afghanistan: The Soviet Invasion in Retrospect,“ International Politics 37, no. 2, 2000, pp. 241-242. http://dgibbs.faculty.arizona.edu/brzezinski_interview

[Titelbild] Schachspiel; 8.4.2014; Autor: 18042 (Pixabay); Quelle: https://pixabay.com/en/chess-metaphor-board-business-316657/; Lizenz: CC0 Creative Commons

Von Ped

6 Gedanken zu „Brzezinskis Welt – Ein Psychogramm“
  1. Ein wichtiger Artikel.
    Wichtig, weil Brzezinski nach wie vor Einfluss auf die Politik des ‚Westens‘ hat als Berater und Redner,
    hier z.B. auf derMSC2014

    Das Buch von Zbigniew Brzezinski
    „The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives“ (1998)
    deutsche Ausgabe:
    „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“
    ist besprochen im
    Wikipedia-Artikel

    Brzezinski hat seine Meinung inzwischen – nach außen – geändert:
    http://www.infosperber.ch/Politik/Das-Umdenken-von-Zbigniew-Brzezinski
    https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/juli/warum-der-westen-russland-braucht
    Scheint in der Politik aber noch nicht angekommen zu sein – oder Brzezinski redet mit ‚gespaltener Zunge‘.

  2. Das große Problem – und für mich so Gefährliche – ist, dass Wikipedia sich hier zum Sprachrohr pathologischen Gedankenguts macht! Es wird ohne jede kritische Reflektion Brzezinskis Gedankengut wieder gegeben und der Leser in seinem Unterbewussten manipuliert. Das ist genau jene verhängnisvolle Propaganda, mit der die Indviduen und damit die Gesellschaft in ihrem gegenwärtigen Zustand am Laufen gehalten wird. Das war faktisch die Motivation für diesen Artikel hier.

    Was das Umdenken Brzezinskis betrifft, ist es taktischer Natur. Der Mann ist pathologisch – aber durch und durch vernünftig. Und so hat er schlicht die veränderten Kräfteverhältnisse aus seiner Machtsicht wahr genommen und darauf reagiert. Das möchte ich auch gar nicht kritisieren und ich unterstelle ihm auch nicht, mit gespaltener Zunge zu reden. Aus seiner ureigenen Sicht, ist das alles wahrhaftig.

    Aber dass er nun das Gute in sich und den Menschen entdeckt hat, ist für mich schwer vorstellbar.

    Herzliche Grüße
    ped43z

  3. Der Autor ist bezüglich der Gleichsetzung von Amerika und USA leider einem Irrtum unterlegen. Sie ist nämlich völlig richtig, da sich kein anderer Staat auf dem amerikanischen Kontinent als ‚Amerika‘ bezeichnet. Selbst in Lateinamerika bezeichnen sich die Einwohner nicht als Amerikaner (americanos). Diese Bezeichnung gilt für die Einwohner der USA. Wenn man den amerikanischen Kontinent in seiner Umfasstheit meint, spricht man eben auch von einem solchen oder von Nord- und Südamerika, evtl. noch unter Einschluss von Mittelamerika. Der Interessierte möge sich diesen Podcast zu dem Thema anhören:
    http://www.belleslettres.eu/content/stilistik/landernamen-burma-birma-myanmar-us-amerika.php

    Und noch etwas, es muss „ins Auge“ heißen, nicht „in’s Auge“.
    Abgesehen davon, natürlich ein guter Artikel!

    Herzliche Grüße
    Karl Schmidt

    1. „Der Autor ist bezüglich der Gleichsetzung von Amerika und USA leider einem Irrtum unterlegen.“

      Wenn Sie damit Zbigniew Brzezinski meinen – natürlich. Da steckt auch die ganze Selbstüberhebung dieser Elitenschicht drin, die viele Menschen auch hierzulande einfach reflexionslos adaptieren.
      Ich selbst achte aber da sehr wohl auf Sauberkeit in der Sprache, wenn es um die „Vereinigten Staaten von Amerika“ geht. Und da finde ich es nicht gut, wenn man sich dem allgemeinen Sprachgebrauch unterwirft – einfach nach dem Motto, „weil es alle sagen“. Der Wert von Sprache liegt eben auch in ihrer inneren Logik. Wenn wir diese ständig brechen, verarmt die Sprache. Das wäre in etwa so, als wenn Russland sich fortan „Vereinigte Republiken von Asien“ nennen würden und durch Alltagsgebrauch wären das zukünftig Asiaten. Ein Vietnamese wäre aber eben kein Asiate mehr. Das passt für mich nicht.
      Danke auch „fürs Auge“ ;-), ist korrigiert.

      Herzliche Grüße zurück, Ped

  4. Vielen Dank für diese großartige Analyse! Ich habe mir das Buch gekauft, weil mich Dirk Müller neugierig gemacht hatte, als er in einer Talkshow zur Ukraine daraus zitierte. Ich hatte gehofft, im Buch noch mehr Zitierbares zu finden, allerdings muss ich sagen, dass es eine vor allem anstrengende, aber dabei wenig ergiebige Lektüre war. Anstrengend, weil man sich dauernd der Manipulation erwehren muss. Wenig ergiebig, weil eben außer dem ständig wiederholten Mantra, dass die natürliche Position der USA ihre weltweite Präsenz ist als Garant für Frieden und Wohlstand für die ganze Welt, und außer den von den USA hierfür zu organisierenden Intrigen, nicht viel drinsteht. Die Anmaßung, die sich durch das ganze Buch zieht, ist kaum zu ertragen, etwa (S. 248 in der Kopp-Ausgabe): „Regelmäßige Konsultationen mit Ankara über die Zukunft des Kaspischen Beckens und Zentralasiens würden in der Türkei ein Bewusstsein strategischer Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten fördern.“ – Was um alles in der Welt gehen die Türkei und die USA das Kaspische Becken und Zentralasien überhaupt an?

    Für mich ist das Buch ein Zwitter – einerseits entlarvt es den Verfasser und die US-Politik, indem es in fast naiver Offenheit beschreibt, wie die USA ihre Vormachtstellung in allen Regionen der Welt sichern können – und dass es auch um nichts anderes geht als um diese Vormachtstellung. Auf der anderen Seite transportiert es auf einlullende Weise die immer wiederkehrende Botschaft, dass eine weltweite Vormachtstellung der USA unabdingbar für das Wohl dieser Welt ist, die ohne die ordnende Hand der USA im Chaos der gegenseitigen Machtansprüche versinken würde. Selbstredend sind die USA natürlich frei von jedem Machtanspruch und jedem Eigennutz, und es ist auch ganz natürlich, dass niemand auf der Welt befugt ist, irgendetwas für sich ohne die USA oder deren Billigung zu entscheiden. Der größte Horror für den Geostrategen wäre, wenn irgendwo auf der Welt zwei Länder miteinander friedliche Beziehungen pflegten, ohne die USA als Schiedsrichter zu brauchen. Kränker gehts nimmer.

    Ganz offensichtlich gehen Brzezinski jegliche Fähigkeiten zur Selbstreflexion ab, sonst müsste er erkennen, dass er – und die US-Politik – genau das tut, was er bei allen anderen anprangert (und es ihnen dazu primär schon mal unterstellt). Dass es Länder geben könnte, die einfach nur selbstbestimmt mit anderen in guter Nachbarschaft zusammenleben wollen, kommt ihm nicht einmal ansatzweise in den Sinn. Allenthalben beschwört er „imperiale“ Bestrebungen Russlands (und anderer), denen unbedingt entgegengetreten werden müsse und visioniert ein „postimperiales demokratisches“ Russland, gleichzeitig ist sein Buch eine einzige imperiale Doktrin der weltweiten Vormachtstellung der USA, und die US-Politik unverhülltes Weltmachtstreben. Er ergeht sich in Aussagen, was das Beste für die Japaner, für China, die Europäer, für Russland und alle anderen ist, dabei versteht er nicht einmal die Machtmechanismen im eigenen Haus.

    Wie Sie bin auch ich nach der Lektüre des Buches überzeugt, dass er all das gar nicht bemerkt, er also in dieser kranken Welt gefangen ist und sozusagen „unabsichtlich“ ein solch bösartiges Machwerk verfasst hat – im besten Glauben, damit das Beste für die Welt zu bewirken. Obwohl auch mich manchmal der Verdacht beschlichen hat, die ganzen Auslassungen und orwellschen Verdrehungen können Kalkül sein und auf bewusster böser manipulativer Absicht beruhen. Denn es fällt schwer, jemandem ein solches Maß an Blindheit zu unterstellen.

    Wie immer es sich verhält – er ist in beiden Fällen ein Psychopath. Entweder weil er tatsächlich in dieser Wahnwelt lebt, oder weil er im vollen Bewusstsein versucht, sein Publikum auf bösartige Weise zu manipulieren.

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