Der fixe Blick auf neue und alte Führer hindert uns daran, selbst aktiv die politische Landschaft zu gestalten.


Der reflektierende Blick auf diese Führer erlaubt uns zu erkennen, dass Konformismus und Opportunismus keine spezifischen Eigenschaften der (selbsternannten) Eliten beschreiben. Bei ihnen treten sie freilich — weil mehr oder weniger im öffentlichen Licht stehend — deutlicher hervor.


Doch sollten wir bei aller berechtigten Kritik schon ehrlich zu uns selbst sein: Das Prinzip, gute Beziehungen zu einflussreichen Personen zu pflegen, um daraus ganz profane, persönliche Vorteile zu erlangen, ist schließlich in der gesamten Gesellschaft präsent. Auch wir vernetzen uns und haben dabei unsere oft profanen Interessen im Kopf. Dabei muss es sich keinesfalls nur um Geld handeln. Wir dürsten, je nach charakterlicher Ausprägung, nach Anerkennung, Einfluss, Sicherheit und Bequemlichkeit, und hin und wieder unterliegen wir auch unserem Geltungsbedürfnis. Sicher alles aus nachvollziehbaren Gründen. Und niemand muss sich nun dafür schämen. Aber bewusst sein sollten wir uns dessen schon. Sich etwas bewusst zu sein, hilft uns, besser damit umzugehen.

Die Personalien im politischen Establishment, insbesondere ihre Vernetzung, zeigen uns ziemlich profane Interessengemenge. Sie zeigen uns zudem, dass Opportunismus und Konformismus es auch möglich machen, geschmeidig die Seiten zu wechseln, wenn die Zeiten sich ändern. „Da oben“ wird das freilich für die Gesellschaft deutlicher sichtbar als beim Normalbürger (b1).

Obiges Bild wurde während der Zeremonie der Amtseinführung Donald Trumps zum US-Präsidenten geschossen. Am auffälligsten für mich sind die Personalien Jeff Bezos und Mark Zuckerberg. Diese superreichen „Philanthropen“ nutzten ihren Einfluss über Jahre hinweg, um aktiv Trumps Politik zu bekämpfen.

Jeff Bezos kaufte 2013 eines der angesehensten Massenmedien der USA — die Washington Post. In diesem Blatt wurde jahrelang massiv und oft unter der Gürtellinie Stimmung gegen Trump gemacht. Kurz vor Trumps ersten Einzug in das Weiße Haus hatte Bezos Trump noch eine Sehnsucht nach Vergeltung unterstellt und außerdem, dass er „unsere Demokratie an allen Ecken und Enden aushöhle“ (1). Bezos hatte Trump als „Bedrohung für die Demokratie“ angeprangert und sein Konzern das Pentagon verklagt, weil Trump Milliardengeschäfte zwischen Amazon und dem Pentagon verhindert hatte (2).

Mit Amazon wurde Bezos zum reichsten Mann der Welt und die Gleichstrompresse feierte den erfolgreichen Unternehmer. Als er an der Pandemie-Simulation über die Maßen verdiente, hielt sich der Aufruhr dieser Medien in Grenzen (3). Sein Einfluss auf die Politik und sein Reichtum stehen in engem Zusammenhang. Nun aber, nachdem Bezos einen Deal mit der Trump-Gemeinde gemacht hat, fallen die Hüllen beim woken, progressiven, hyperventilierenden Medienzirkus:

„Jeff Bezos, der Amazongründer, ist einer der reichen Stiefellecker von Trump. […] Die Gefahr, dass sich nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande De­mo­kra­tie­zer­stö­re­r*in­nen durchsetzen, ist so groß, da müssen große Aktionen her. Nicht nur »F*ck Trump und seine reichen Bros.«“ (4)

Es wäre spannend zu erfahren, wie standhaft sich — die im Zitat um Hass und Hetze verdient machende — Waltraud Schwab verhalten würde, bekäme die taz eine neue Führung und Chefredakteur, welche die Ausrichtung des Blattes weg von diesem moralinsauren Empörungs-„Journalismus“ lenken würden. Aber lassen wir das und halten wir fest: So wie Waltraud Schwab gute Gründe nennen darf, gegen Bezos zu hetzen, hat Bezos gute Gründe, sich mit Trump gut zu stellen (a1).

Mark Zuckerberg ist der Chef von Meta und dessen bekannteste „soziale Plattform“ ist Facebook. In PLandemie-Zeiten wurde bei Facebook nach allen Regeln der Kunst zensiert, um die Agenda vom „tödlichen Virus“, den deshalb notwendigen Grundrechtseinschränkungen und der „rettenden wie verpflichtenden Impfung“ in den Gesellschaften durchzuprügeln (5, 6).

Man muss immer ein Gespür dafür besitzen, wohin sich Macht bewegt, wenn man von dieser zu profitieren sucht. Das ist im Großen wie im Kleinen. Der greise Biden und die Karikatur einer Hoffnung namens Kamala Harris signalisierten Zuckerberg, dass der Wind sich drehen würde. So konnte man auch öffentlich zugeben, dass man Grundprinzipien der Demokratie verletzt hat — Zuckerberg wörtlich:

„Wir haben zu viele Fehler gemacht und zu viel zensiert. Es ist an der Zeit, zur freien Meinungsäußerung zurückzukehren.“ (7)

Das war Anfang Januar 2025. Zur Belohnung durfte Zuckerberg der Amtseinführung Trumps beiwohnen und wurde von diesem zuvor gelobt:

„US-Präsident Donald Trump hat die neuen Regeln von Facebook-Chef Mark Zuckerberg gelobt. Diese Regeln betreffen die Kontrolle von politischen Inhalten auf Facebook und anderen Plattformen von Meta […]. Meta wird zukünftig nicht mehr mit externen Faktenprüfern zusammenarbeiten und die Richtlinien zu heißen Themen wie Geschlechter und Einwanderung lockern.“ (7i)

Öffentlich-rechtliche Gleichstrommedien framen das um auf „Lockerung von Hassrede-Regeln und […] Stopp von Faktenchecks“. Passend dazu fährt Meta auch seine „Maßnahmen für Chancengleichheit und Diversität“ zurück (8).

Den Einen mag das freuen, den Anderen mag es frustrieren. Aber widersetzen wir uns dem Impuls, dieses „mit dem Wind segeln“ zu verurteilen. Politiker sind der Spiegel der Gesellschaften. Politiker werden sozusagen von den Gesellschaften nach oben gespült.

Wie bestellt, so geliefert. Der notwendige gesellschaftliche Wandel ist viel umfassender als das Auswechseln von Regierungen. Wenn sich das grundsätzliche Bewusstsein auch in Bezug auf die Akzeptanz und das Leben in Machtstrukturen nicht ändert, werden wir auch den immer wieder gleichen Politikertyp in den Regierungen erleben. Und das Gleiche gilt für „junge, dynamische, aufstrebende Unternehmer“.

Bitte bleiben Sie schön achtsam, liebe Leser.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung — Nicht kommerziell — Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen — insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors — kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.

(a1) Sich den Hass von Waltraud Schwab zu eigen zu machen, ist klar zu unterscheiden von der Kritik, die Jeff Bezos und sein Geschäftsmodell tatsächlich verdient.

(1)12.05.2025; The New Yorker; Clare Malone; Is Jeff Bezos Selling Out the Washington Post?; https://www.newyorker.com/magazine/2025/05/26/is-jeff-bezos-selling-out-the-washington-post

(2) 30.03.2025; Capital; Anna Nicolaou, Stephen Morris, Rafe Uddin, Alex Rogers; Wie Jeff Bezos Frieden mit Donald Trump schloss; https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wie-amazon-gruender-jeff-bezos-frieden-mit-donald-trump-schloss-35585164.html

(3) 24.03.2020; Wolfram Weimer; Person der Woche: Jeff Bezos, Der weltgrößte Corona-Profiteur; https://www.n-tv.de/politik/Der-weltgroesste-Corona-Profiteur-article21664237.html

(4) 02.02.2025; taz, Waltraud Schwab; Amazon-Boykott, jetzt!; https://taz.de/Gegen-den-Trumpismus/!6063217/

(5) 16.09.2021; Deutsche Welle, dpa, rtr, afp; Facebook löscht „Querdenker“-Konten; https://www.dw.com/de/facebook-l%C3%B6scht-querdenker-konten/a-59207307

(6) 12.08.2020; ARD, WDR; Jörg Schieb; Facebook greift durch: Millionen Corona-Fake-Meldungen gelöscht; https://web.archive.org/web/20200818202946/https://blog.wdr.de/digitalistan/facebook-greift-durch-millionen-corona-fake-meldungen-geloescht/

(7, 7i) 08.01.2025; Focus; Meta-Chef gibt nach: Facebook hebt Zensur auf: Trump begeistert über Zuckerbergs neue Richtlinien; https://www.focus.de/politik/ausland/us-wahl/facebook-beugt-sich-trumps-kampf-fuer-freie-meinungsaeusserung-zwingt-zuckerberg-zum-umdenken_id_260616190.html

(8) 11.01.2025; zdf heute; Meta fährt seine Maßnahmen für Diversität zurück; https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/facebook-meta-massnahmen-stopp-diversitaet-inklusion-100.html

(b1) USA, Präsident, Amtseinführung, Oligarchen; Collage von John Helmer; https://johnhelmer.net/wp-content/webpc-passthru.php?src=https://johnhelmer.net/wp-content/uploads/2025/01/The-oligarch-assembly-at-the-Trump-inauguration.png&nocache=1

(Titelbild) USA, Flagge, America First, MAGA; Autor: kalhh (Pixabay); https://pixabay.com/de/photos/fahne-usa-trump-zuerst-amerika-2564554/; Lizenz: Pixabay License

Von Ped

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