Nachrichten, nach denen wir uns nicht richten sollten, sind dessen ungeachtet sehr oft von Wert. Denn neben der Selbstentlarvung sendet uns der Überbringer oft ungewollt wichtige Informationen. Schauen wir uns erneut ein Beispiel aus den Öffentlich-Rechtlichen (ÖR) Medienanstalten an und üben uns dabei in Medienkompetenz.


Es müssten so etwa zwei Minuten gewesen sein, die mich eine Suche nach manipulativer Berichterstattung kostete; dann war ich bereits fündig geworden beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Und ich beschränke mich mal auf eine Nachricht. Die Berichterstattung über die neue US-Regierung ist eine wahre Fundgrube, um Propaganda aufzudecken.

Das ZDF vermeldete dem Sonntags-Leser am 26.2.2017 auf seiner Online-Präsenz:

Haben Sie auf den ersten Blick erkannt, was ein seriöses Medium nicht in die Nachricht packen würde?

„Er ist zwar nicht der Erste, der nicht teilnimmt, doch diese Absage ist eine Ansage in Richtung kritischer Medien.“ [1]

Und unten drunter gleich noch ein Link:

„Rückblick: Obama beim Korrespondenten-Dinner“ [2]

Was also passt hier nicht? Es ist die Bewertung! Nachricht und Bewertung wird vermischt und Sie als Leser werden wirkungsvoll davon abgehalten, die Nachricht selbst unvoreingenommen zu bewerten. Und was sollen Sie denken?

„Donald Trump ist ein Feind kritischer Medien.“

Diese Botschaft wird verstärkt, in dem man zusätzlich den Link auf Obama’s Teilnahme an jenem Dinner setzt um den Gegensatz zwischen den Feinden und Freunden kritischer Medien auch dem letzten Deppen klar aufzuzeigen.

Nun werden viele sagen, dass dieser Sachverhalt wirklich unbestritten ist. Schließlich erfahren wir doch tagtäglich von Trumps Verfehlungen. Und; von wem? Und sind sie nicht immer in dem gleichen Stil verfasst, wie bei der gerade betrachteten Meldung? Ist Ihnen klar, dass es, wenn es so ist, grundsätzlich und immer eine Vorbewertung durch die „kritischen Medien“ gegeben hat; Sie also vorsätzlich manipuliert wurden?

Es geht nicht darum, was für ein Mensch Trump ist, sondern darum, auf welche Weise Sie und ich an Informationen über den Menschen Trump gelangen. Das Perfide an der Masche der gleich geschalteten transatlantischen Medien – ja, das sind nämlich die sogenannten „kritischen Medien“ – ist, dass steter Tropfen den Stein höhlt. Sie als Leser werden permanent konditioniert, so dass sie irgendwann die eingeimpfte Vorbewertung selbst auf Lager haben und abrufen.

Es gibt ein Grundprinzip des Journalismus das da lautet: Trenne klar und deutlich die Information, also die Nachricht von der Bewertung. Dass ein Journalist auch eine Position haben darf, stelle ich keinesfalls in Frage. Jedoch muss er diese seine Sicht deutlich als solche zum Ausdruck bringen. So ist die Aussage:

„Er ist zwar nicht der Erste, der nicht teilnimmt, doch diese Absage ist eine Ansage in Richtung kritischer Medien.“ [3]

zwar formaler Teil der Information (Nachricht), aber selbst ist es eben keine Information. Es ist eine bewertende Aussage, die im Kommentarteil Platz finden könnte (Andererseits: Wenn alle Kommentare eine gleich geschaltete Meinung verbreiten? …). Der geübte Leser weiß, dass hier ein Prinzip bei den ÖR gelebt wird, wir es also nicht mit einem bedauerlichen Lapsus zu tun haben. Das möge die das gleiche Thema beinhaltende Meldung aus dem Nachrichten-Ticker (vom Vorabend) unterstreichen:

Ich meine, dass das ein mustergültiges Beispiel für gespurte Informationsverarbeitung ist. Die Nachricht hat keinerlei Quellenangaben, ist also nicht prüfbar! Sie wurde in einer Art Nachrichten-Ticker hinterlegt und das muss man erst mal drauf haben; also Propaganda auch noch in einem Ticker ausreichend unterzubringen. Das geht um so besser, wenn man die gesamte Nachricht unscharf hält. Denn um die geht es eh nicht, es geht um Stimmungen die erzeugt und erhalten werden müssen. Erkennen Sie die Unschärfen?

„Der Streit der US-Regierung mit kritischen Medien war in den vergangenen Tagen eskaliert.“ [4]

Um was für einen Streit handelt es sich eigentlich? Was war da eskaliert? Wer sind die „kritischen“ Medien und wer sind eigentlich die „nicht kritischen“ Medien? Ja, und wer legt das fest? Diese Information ist so angelegt, dass sie nicht hinterfragt werden soll. Sie soll nur aufzeigen, dass es eine (unkritische) US-Regierung darauf anlegt, gegen kritische Medien vor zu gehen.

Es wird nach dem Gut-Böse-Muster vorgegangen. Und wer im Selbstverständnis die Guten sind, das muss ich wohl nicht hervor heben. Aber das nicht Gesagte ist das Interessante an diesen Nachrichten und das wird Ihnen spätestens dann bewusst, wenn Sie sich genau mit den gerade gestellten Fragen auseinander setzen – und auch mit den folgenden:

„Der Ausschluss bestimmter US-Medien von einer Presse-Unterrichtung im Weißen Haus am Freitag …“ [5]

Es sind also ganz bestimmte US-Medien; aber welche?

„… löste unter Journalisten Empörung aus“ [6]

Das ist eine Information die keine ist, erkennen Sie das? Was für Journalisten also sind das? Dort könnte nämlich auch stehen:

„löste unter Journalisten Freude aus“

Und diese Aussage wäre genau so wahr wie die der ZDF-Nachricht. Denn das ist Ihnen ja sicher auch aufgefallen. Es wurden ganz bestimmte Medien nicht eingeladen. „Nicht eingeladen“ ist übrigens auch nicht das Gleiche wie „ausgeschlossen“. Es gibt kein Anrecht darauf, eingeladen zu werden und damit schauen wir schon wieder ein wenig weiter hinter die Kulissen, denn für ganz bestimmte Medien gehörte es zum Selbstverständnis, immer eingeladen zu werden. Sie sehen sich als Teil der Politik, als unverbrüchlichen Teil des Hofstaates.

„Zuletzt hatte Trump die Medien seines Landes als „Feinde des Volkes“ bezeichnet.“ [7]

Aber das hat er doch nun wirklich gesagt, da kann es doch keinen Zweifel geben, oder?

Nein, dass hat Donald Trump nicht gesagt!

Macht macht böse und diese Erkenntnis bringt uns der Wahrheit näher, denn hier geht es um Machtverlust bestimmter Eliten, die es jahrzehntelang gewohnt waren, zu steuern und zu herrschen. Und ihre Werkzeuge waren ihre „kritischen“ Medien. Was hat denn Trump auf Twitter veröffentlicht? [8]

„Fake-News-Medien sind nicht mein Feind, sie sind der Feind des amerikanischen Volkes.“ [9]

Ach schau mal einer an; DAS also sind die (selbst ernannten) freien kritischen Medien: New York Times, NBC News, ABC, CBS, CNN. Und warum bezeichnet Trump sie als Feinde des amerikanischen Volkes? Weil sie Fake-News, Falschnachrichten verbreiten, weil sie lügen und manipulieren. Die FAZ brachte zumindest den korrekten Wortlaut der Twitter-Nachricht. [10] Im Internet jedoch verlinkte sie auf den Artikel mit einem das Selbstverständnis der Leitmedien sehr schön veranschaulichenden: [11]

Sie sehen sich allesamt als „führende Medien“ und die Bedeutung dahinter ist vielschichtig. Wollen Sie von diesen Medien geführt werden? Zu solch einem Spiel gehören immer wenigstens zwei …

Trump hat also nicht die Medien allgemein angegriffen, sondern ganz bestimmte Medien, die über ihre noch immer existierenden Verbindungen zum Weißen Haus gegen die neue Regierung intrigieren.

Würden Sie jemanden, der Sie verleumdet, Sie aus ihrer Arbeit raus mobben möchte und Sie bei Ihren Freunden diskreditiert, zu Ihrer Geburtstagsfeier einladen?

Und nun, liebe Leser, machen Sie sich doch mal an die Arbeit und recherchieren, wem diese Medien gehören, wie sie mit Politik, Militär, Geheimdiensten und Wirtschaft verbandelt sind. Wir haben es hier nämlich mit der dienernden Hofgesellschaft der Machtqlique um Hillary Clinton und John Mc.Cain zu tun. Es könnte sein, sie stellen fest, dass es hier um handfeste private Interessen geht und ganz und gar nicht um „freie, kritische“ Berichterstattung.

Als Einstieg in die Recherche empfehle ich Ihnen, die Umstände zum Rücktritt des US-Sicherheitsberaters Michael Flynn zu untersuchen. Hillary Clinton war eine ausgesprochene Opponentin gegen die eher außenpolitisch sachliche mäßigende Art des ihr vor Jahren unterstellten DIA-Chefs; den sie (über Obama) schon einmal aus dem Amt intrigierte. [12] Bereits im November 2016, also weit vor der Amtsübernahme Flynn´s wurde durch die „kritischen Medien“, hier bspw. die New York Times ein entsprechend konnotiertes Bild an den Medienkonsumenten gebracht – und brav von den deutschen Leitmedien weiter verbreitet. [13]

Wie titelte doch Die Welt im November 2016?

„Michael Flynn – der zwielichtige General in Trumps Schatten“ [14]

Und wohin verlinkte Die Welt u.a. am Ende des Beitrages? Zum „freien, kritischen Medium“ New York Times. So, und jetzt raten Sie doch mal, wie die heute-Redaktion des „freien, kritischen Mediums“ ZDF am selben Tag zum selben Thema titelte und fragen sich dann, was man noch benötigt, um Anzeichen eines gleich geschalteten Mediums zu erkennen:

„Michael Flynn – der zwielichtige General in Trumps Schatten“ [15]

Trump’s Vorwürfe an genau jene Medien folgten also aus gutem Grund nur wenige Tage nach dem erzwungenen Flynn-Rücktritt – und sind aus meiner Sicht auch absolut berechtigt! [16]

Das ZDF aber beleuchtet diesen Zusammenhang in seiner Nachricht nicht. Die ist einerseits selektiv und andererseits, da der kausale Zusammenhang mit Flynn nicht berichtet wird, auch fragmentiert. Sie ist ein Artefakt, welches nur noch taugt, um gezielt Stimmungen beim Rezipienten zu erzeugen und zu verfestigen.

Was also ist die Information hinter der Information?

In den USA tobt ein offener Machtkampf zwischen der entthronten Machtelite der US-Neokonservativen, die aber nach wie vor starke Verbindungen zu Militär und Geheimdiensten sowie Denkfabriken besitzen und an allen möglichen Orten Schlüsselstellen in Netzwerken besetzen, einerseits – und den Machtgruppen hinter Trump andererseits. Vor allem aber haben die Verlierer des US-Wahlkampfes 2016 überragenden Einfluss auf die großen Medien; jene Medien die ihre neoliberale und nach außen aggressive Politik insgesamt kritiklos mit trugen, mehr noch aktiv verbreiteten und nun Gefahr laufen, ihre Verbindungen in die hohe US-Politik zu verlieren. Jene Medien die, deshalb gar nicht verwunderlich, Trump angreifen und dafür mit Nicht-Einladung durch das neue Establishment abgestraft werden.

Und nun, warum berichtet das ZDF nicht einfach objektiv über diesen Machtkampf? Warum zeigt es so unverblümt Solidarität mit ganz bestimmten „freien kritischen Medien“ (s.o.)?

Weil es über seine vielfältigen transatlantischen Bindungen nach wie vor fest an die Netzwerke der in den letzten Jahrzehnten die USA dominierenden Eliten angebunden ist. Auch das lässt sich über die Mitgliedschaften leitender Angestellter des ZDF zu diesen Netzwerken ohne weiteres aufdecken. Deshalb muss das ZDF als Teilnehmer des Machtkampfes, der sich da in Übersee abspielt, parteiisch sein. Und kann somit ganz und gar nicht dem Auftrag objektiver Berichterstattung gerecht werden.

Bleiben Sie schön aufmerksam.


Quellen

[1-2] heute – Nachrichten; ZDF; 26.2.2017, 11:10 Uhr; http://www.heute.de/

[3-7] heute – Nachrichten; ZDF; 25.2.2017, 23:18 Uhr; http://www.heute.de/

[8-9] https://twitter.com/kylegriffin1/status/832705063931895811/photo/1?ref_src=twsrc^tfw

[10] 18.2.2017; http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/vereinigte-staaten-trump-nennt-fuehrende-medien-feinde-des-volkes-14884036.html

[11] 26.2.2017; https://www.google.de/search?q=Feinde+des+amerikanischen+Volkes+FAZ&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=2ciyWJHfOcbkUsO7v9gE

[12] 23.11.2016; http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-michael-flynn-und-seine-widerspruechlichen-aeusserungen-zu-syrien-a-1122389.html

[13] Zorniger General mit klarem Feindbild; Oliver Kühn; 18.11.2016; http://www.faz.net/aktuell/politik/trumps-praesidentschaft/michael-flynn-zorniger-general-mit-klarem-feindbild-14533539.html

[14] https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/hintergruende/article159604627/Michael-Flynn-der-zwielichtige-General-in-Trumps-Schatten.html

[15] 19.11.2017; ZDF-heute; http://www.heute.de/designierter-us-praesident-trump-holt-mit-michael-flynn-einen-weiteren-hardliner-in-sein-regierungteam-45935562.html

[16] 14.2.2017; http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/donald-trumps-sicherheitsberater-michael-flynn-tritt-zurueck

[Titelbild] Autor: TimHaynes; Datum: 2016-04-17; Quelle: flickr.com_Lizenz: CreativeCommons; Bearb. d. Peds Ansichten

Von Ped

3 Gedanken zu „Nachrichten – nach denen wir uns nicht richten sollten (4)“
  1. Hallo Ped,

    auf dein Blog bin ich heute erst durch einen Verweis an anderer Stelle gestoßen.
    Auch als jahrelanger Nicht-Fernsehgucker kann ich die Analyse vollkommen bestätigen, weil ich regelmäßig DLF höre. Dort geschieht exakt das gleiche, vollkommen synchron sowohl zeitlich als auch inhaltlich und methodisch.

    Man konnte gut beobachten, wie kurz nach der Wahl von Trump zunächst der Washington-Korrespondent, der stets die Meinung des WH wiedergab, gewechselt wurde. Ein oder zwei Tage vor der Vereidigung Trumps kehrte er zurück.
    Seitdem berichtet er aus Obamas Bunker, zwei Meilen vom WH entfernt. Immer schön selektiv und mit Auslassungen, die er mit seiner Meinung füllt. Das Vorgehen des DLF bestätigt den oben beschriebenen Machtkampf.

    Danke für die Analyse, werde noch ein wenig weiter stöbern.

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