Massenvernichtungswaffen sind ein wirkmächtiges Argument im Rahmen psychologischer Kriegsführung.


Im Rahmen dieser Kriegsführung, die jedem heißen Krieg vorausgeht, wird mit typischen Methoden zur Manipulation der Bevölkerungen gearbeitet. Nicht zuletzt der Bevölkerungen, die den Krieg ihrer Regierungen mittragen sollen. Eine dieser Methoden nutzt das Prinzip der Beweislastumkehr. Die israelische Gesellschaft ist bereits seit Jahrzehnten ein Hauptopfer dieser Kriegsführung und damit befähigt, die Täterrolle zu übernehmen.


Aber auch die Bevölkerungen im sich selbst so sehenden Wertewesten sind Manipulationen dieser Art ausgesetzt und wurden so in ihrer Mehrheit überzeugt, mitzumachen — passiv oder aktiv. Dahinter steckt das bequeme Selbstverständnis im besten der möglichen Gesellschaftssysteme leben zu dürfen.

Psychologische Kriegsführung gegen den Iran

Beweislastumkehr bedeutet das Aushebeln eines Grundprinzips demokratischer Rechtsstaatlichkeit, und das ist die Unschuldsvermutung. Solange ein Verdacht keine Beweise erbringt, gilt der Verdächtige als unschuldig und ist auch entsprechend zu behandeln. Vor allem aber steht er nicht in der Pflicht, die eigene Unschuld nachzuweisen. Nein, die Schuld muss durch den Kläger bewiesen werden.

Beschuldigungen ohne jede Grundlage sind übrigens auch von juristischer Relevanz. Personen oder Gruppen, die mit getürkten Fakten und pathologischen psychologischen Methoden darauf aus sind, Menschen, Gruppen oder Gesellschaften zu stigmatisieren — mit dem Ziel, sie zum Freiwild zu machen —, erfüllen mit ihrem Tun den Tatbestand der Verleumdung, rufen auf zu Hass und Hetze. Allein dieser Aspekt weist uns darauf hin, dass unser Rechtsstaat ein wackliges Konstrukt ist, denn er verhindert Exzesse wie den der Verleumdung eben nicht. Und je höher das in die Politik hineinreicht, desto kleinlauter wird er. Weil die Judikative nun einmal nicht losgelöst von der Politik, und damit unabhängig, agieren darf. Damit kommen wir zum Iran.

Seit Jahrzehnten wird dem islamischen Land in Mittelasien unterstellt, aktiv an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Und seit Jahrzehnten gibt es keinerlei Beweise für diesen Vorwurf. Doch hat die psychologische Kriegsführung es fertiggebracht, in den Köpfen der Menschen, insbesondere in jenen der westlichen Staaten einschließlich Israel, diesen Vorwurf, diese Verleumdung, diese Lüge als Wahrheit anzuerkennen. Und genau darum geht es auch bei psychologischer Kriegsführung. Es ist ihre grundlegende Strategie, Menschen von etwas zu überzeugen, dessen Wahrheitsgehalt nicht von Relevanz ist. Ihre Ängste, sozusagen ihre Urinstinkte, sollen ihren Verstand aushebeln und die Emotionen regieren lassen.

Warum nun in solch grotesken Dimensionen der Iran verleumdet wird, hat eine strategische und natürlich eine auf dieser basierende operative Komponente. Letztere heißt nichts anderes, als dass der Iran in einen Krieg verwickelt und seine Regierung gestürzt werden soll. So einfach ist das. Hat das etwas mit Demokratie und Menschenrechten zu tun? Hat es nicht. Nicht real, virtuell dagegen schon. Weil man den Mullahs in Teheran nämlich unterstellt, mit diesen Werten nichts am Hut zu haben. Das mag sein. Aber dahinter schwebt der undemokratische Anspruch, dass das westliche System alternativlos wäre. Das Argument ist also auch nur Teil der psychologischen Kriegsführung, um den Gegner als das Böse schlechthin zu zeichnen. Vergessen wir nicht, dass auch Libyen und Syrien auf ihre Souveränität pochten und dafür abgestraft wurden. Aber der Iran ist eine andere Nummer.

Die strategische Komponente ist einfach zu beschreiben: Es geht darum, den Iran als unabhängigen Staat zu zerschlagen. Ob er dann als gescheiterter Staat (failed state) oder als Vasall weiter existiert, ob er zerschlagen und zersplittert wird, ob er von inneren blutigen Konflikten zermürbt wird, ist dann eher nachrangig — siehe dazu auch auf Libyen, Syrien, den Kongo und den Sudan. Aber seine zukünftige Rolle ist die eines Objekts und nicht die eines souveränen, selbstbestimmten Subjekts. Der strategische Flugzeugträger zur Unterwerfung nicht nur des Iran hat einen einprägsamen Namen: Israel. Israel ist der Pfahl im Fleische des Nahen und Mittleren Ostens.

Es ist völlig klar, dass aus geostrategischer Sicht der Krieg gegen den Iran implizit auf Russland und China zielt. Man sieht diese drei Staaten als unbotmäßig an, hasst deren Souveränität. Allein schon deshalb, weil deren Regierungen der westlichen Gier nach den natürlichen Ressourcen dieser eben Souveräne widerstehen. Alle drei Staaten zeichnen sich durch Reichtum an natürlichen Ressourcen, eine entwickelte Ökonomie und Wissenschaft, politische Stabilität, eine gewisse Autarkie und vor allem einen starken militärisch-industriellen Komplex aus.

Westliche, vor allem britische, später die anglo-amerikanische Politik hat sich stets dadurch ausgezeichnet, souveräne Gebilde fragmentieren, filetieren zu wollen, damit man sie später ausweiden kann. So einfach lässt sich ihr in Fleisch und Blut übergegangenes Prinzip des Beutemachens erklären. Dafür ist ihnen letztlich jedes Mittel recht. Wozu auch die Methoden psychologischer Kriegsführung, die des Tricksens und Täuschens, der Verleumdungen und Stigmatisierungen gehören.

Die folgenden Ausführungen zum iranischen Atomforschungsprogramm möchten daher nicht als Verteidigung des Iran missverstanden werden. Diesbezüglich gibt es keine Notwendigkeit. Sie sind vielmehr dafür gedacht, manipulierten Köpfen hierzulande Einsichten zu vermitteln, die sie möglicherweise in die Lage versetzen, das eigene, aber von außen aufgezwungene Bild des Iran wenigstens in Teilen zu hinterfragen. Und damit auch die Rolle, die Israel und der sogenannte Wertewesten in diesem schäbigen Spiel ausfüllen.

Nutzen wir im Folgenden einige Ausführungen von Jochen Mitschka, einem freien Journalisten, die er, man beachte, im Jahre 2018 zu Papier brachte. Die bis heute ungebrochene Aktualität seiner damaligen Recherchen ist verblüffend (a1). Was bei dem Ganzen aber noch einmal ausdrücklich vorangestellt werden möchte:

Israel hat ein eigenes Kernwaffenprogramm, verfügt über Kernwaffen, ist keinem Vertrag zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen beigetreten und lässt auch keine Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde zu. Für die hiesigen Gleichstrommedien ist das, geschmeidig die Doppelstandards lebend, selbstredend kein Aufreger.


Die Iran-Dokumente

So erklärte der Premierminister Israels, Netanjahu, am 30. April 2018 in einer groß angekündigten Fernsehshow mit einer Multimedia-Power-Point-Präsentation, dass der Iran ein Atomwaffenprogramm hätte und gegen den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) verstoßen würde. Man hätte angeblich tausende von Seiten, also alle Dokumente über das Programm „gefunden“ und es würde das Kernwaffenprogramm beweisen.

Tatsächlich bewiesen die vorgestellten Dokumente das Gegenteil des Behaupteten. Sie zeigten, dass der Iran bereits 2003 sein theoretisches [sic] Kernwaffenprogramm eingestellt hatte. Also lange vor dem Abschluss des Atom-Deals mit den alten Atommächten und Deutschland. Der Iran hatte wohl die Vertragspartner in ihrem Glauben gelassen, ein Kernwaffenprogramm möglicherweise zu besitzen, um das bestmögliche an Sanktionserleichterungen in den Verhandlungen herauszuschlagen. Selbst die dem Iran durchaus kritisch gegenüber stehende israelische Zeitung Haaretz schrieb [im Jahre 2018]:

„Was der israelische Ministerpräsident am Montag präsentierte, war kein rauchender Colt, sondern die Jahre alte Fotografie eines rauchenden Colts […] Er verpasste nur Eines zu zeigen: Entscheidende Daten, die bewiesen, dass der Iran derzeit irgendetwas tut, was im Widerspruch zum Joint Comprehensive Plan of Action […] steht, seit dieser im Jahr 2015 unterzeichnet worden war.“ (1)

Und weiter:

Die Informationen, die Netanjahu am Montag enthüllte, werden für die Führer der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und Russlands, die auch den JCPOA unterzeichneten, nicht neu sein. […] Wir haben nichts Neues über das Nuklear-Programm des Iran gelernt, nichts, was wir nicht bereits wussten, oder was nicht bereits durch die Internationale Atom-Energie-Agentur berichtet worden wäre.“ (1i)

Hier noch einmal neben den genannten Fakten ganz kurz zusammengefasst, wie sich in Deutschland und anderen Ländern, die sich offensichtlich als Gegner des Iran betrachten, die Medien über die Atompolitik des Landes äußerten — beziehungsweise was bewusst unterschlagen wurde, weil es nicht ins Narrativ passte. Es geht insbesondere um die Aktivitäten des Iran bis zum Jahre 2003.

Das falsche Narrativ behauptet, dass der Iran ein geheimes und aktives Kernwaffenentwicklungsprogramm vor 2003 betrieben und das Land versucht hätte, über den Schwarzmarkt die Ausrüstung zu beschaffen, um ein geheimes Atombombenprogramm zu betreiben. Dabei wird unterschlagen, dass die Regierung des Iran seit Anfang der 1980er Jahre versuchte, internationale Partner für sein gerade aus der Taufe gehobenes Atomenergieprogramm zu finden, nur um festzustellen, dass ihm der Zugang zur Atomtechnik durch die USA versagt wurde, was einen Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag darstellt. Dem zufolge hat jeder Staat, der dem Vertrag beigetreten ist, das Recht, von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) unterstützt zu werden.

1982 meldeten staatliche iranische Medien nach der Entdeckung von Uranvorkommen, dass der Iran konkrete Schritte unternommen hätte, um Nukleartechnologie zu importieren, während es gleichzeitig eigenes Know-How ausbaute. 1983 lud die iranische Atomenergiebehörde die Internationale Atomenergie-Organisation ein, die iranischen Atomanlagen Esfahan und Teheran zu besuchen, und bat um Hilfe von der Organisation bei der Entwicklung der Forschung bei der Erschließung der eigenen Uranvorkommen und Anreicherung und beim möglichen Bau einer Pilotanlage.

Als die US-Regierung von der möglichen Kooperation erfuhr, intervenierte sie und forderte die IAEO auf, jedwede Hilfe für den Iran zu unterlassen (2). Später, in den 1990er Jahren, brachte US-Präsident Clinton sogar die Regierung Chinas dazu, von einer Hilfe abzusehen. Der Iran führte aber seine eigenen Forschungen weiter und entdeckte 1985 noch weitere Uranvorkommen. Die BBC berichtete über den Fund in der Nähe von Yazd im Jahre 2003 (3). Anfang 1990 war die IAEO voll des Lobes über den Fortschritt des Iran, nachdem die Organisation die Uranminen besucht hatte und keinerlei Anzeichen zur Beunruhigung entdeckt hatte.

Im Jahre 2000 hatte der Iran der IAEO angezeigt, dass das Land eine Uran-Konversionsanlage (Uranium Conversion Facility – UCF) in der Nähe von Esfahan gebaut hatte. Eine Anlage, um im industriellen Maßstab aus dem sogenannten „Yellowcake“ UF6 Ausgangsmaterial für die weitere Anreicherung in Zentrifugen herzustellen. Die Größe der Anlage, die offene Anmeldung bei der IAEO und folgende Inspektionen ließen es unmöglich erscheinen, dass es ein verdecktes Waffenprogramm gab.

Oft wird die „Entdeckung“ einer Pilot-Anreicherungsanlage des Iran in Natanz erwähnt, die angeblich geheim gebaut worden wäre. Dabei wurde die Anlage 2002 der IAEO gemeldet, während sie noch im Bau war. Im Rahmen der Verträge mit der IAEO war der Iran verpflichtet, eine solche Pilotanlage lediglich 180 Tage vor der erwarteten Inbetriebnahme zu melden. Der Iran hatte immer bestritten, die Anlage geheim zu halten. 2004 erklärte Irans Vertreter bei der IAEO gegenüber der Financial Times:

„Es gab kein Geheimnis um Natanz. Wie kann es geheim bleiben, wenn es einige hundert Hektar Land und ein Schild gibt, das »Atomenergie-Organisation« anzeigt, und wenn die Busse von Teheran nach Natanz an einer Station hielten, die »Atom-Station« hieß?“ (4)

Nach der öffentlichen Bekanntmachung von Natanz gegenüber der IAEO erklärte das Land im Februar 2003, dass es beginnen würde, bei Saghand Uran für ein selbst entwickeltes Anreicherungsprogramm abzubauen. Die IAEO erklärte sodann, dass dies keine Überraschung für die Organisation wäre und dass ein IAEO-Verantwortlicher die Mine 1992 besucht hätte.

Natanz wurde im Juni 2006 eröffnet, nachdem die Anlage bereits drei Jahre unter der Beobachtung der IAEO gestanden hatte. Was westliche Medien meist vollkommen unterschlagen, war der Arbeitsplan von 2007, der zwischen dem Iran und der IAEO entwickelt worden war. In diesem waren Wege aufgezeigt worden, um offene Fragen zu klären. Dabei ging es um die Anschuldigungen der USA und Israels. Unter Hinweis auf diesen Plan wies der IAEO-Chef Mohammed El Baradei darauf hin, dass keinerlei deklarierte Aktivitäten, die auf ein Waffenprogramm hinwiesen, aufgetaucht wären (5).

Zu dieser Erkenntnis war man nach zwei Jahren der freiwilligen Zulassung von Inspektionen durch die IAEO gekommen, die auch einen Aufschub des Anreicherungsprogramms vorsah, und den Inspektoren einen vollkommenen und ungehemmten Zugang zu den iranischen Anlagen erlaubt hatte. Entgegen der immer wieder auftauchenden Anschuldigungen eines Waffenprogramms bestätigten die Inspektoren das Gegenteil.

Dann jedoch veränderte die IAEO ihre Zielsetzung. Es tauchten „Beweise“ auf über angebliche „Studien“ für Kernwaffen, die auch von der IAEO als dubios angesehen wurden. Und trotzdem bestätigte die IAEO, dass „keine glaubwürdigen Hinweise bestehen, dass nukleares Material in Verbindung mit einem möglichen militärischen Programm abgezweigt worden wäre“ (6).

Israel und die USA behaupteten nun im Mai 2018, sie hätten Unterlagen, die ein militärisches Kernwaffenprogramm des Iran bewiesen. Die USA erklärten aber, diese Unterlagen der IAEO nicht zur Verfügung stellen zu wollen, da sie die Dokumente von Israel erhalten hätten und nur dieses Land die Dokumente der IAEO zur Verfügung stellen könnte (7).

Als 2009 die USA „enthüllten“, dass der Iran eine weitere Anreicherungsanlage in Fordow baute, die er vor der IAEO „geheim gehalten“ hätte, war auch der Bau derselben noch lange nicht in dem Status, der den Iran zu einer Meldung bei der Internationalen Atomenergie-Organisation verpflichtet hätte. Was die Medien „vergessen“ zu erwähnen ist, dass der Iran fünf Tage vor den „dramatischen Enthüllungen“ Obamas der IAEO die Anlage angezeigt hatte (8).

Wie gesagt musste eine solche Meldung erst bis 180 Tage vor Inbetriebnahme erfolgen. Anfang 2018 wurden von israelischen Zeitungen Satellitenaufnahmen veröffentlicht, die angeblich „ungewöhnliche Maßnahmen“ an der von der IAEO überwachten Fordow-Anlage aufzeigen würden. Interessanterweise wurde nicht die Aufsichtsbehörde aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben, sondern ein Propagandasturm wurde losgetreten: „Iran fängt an mit Anreicherung in Fordow“. Als im Februar 2018 der Iran die Inspektion der Anlage durch die IAEO ankündigte, war das durch die Medien kaum beachtet worden. Ebenso wenig die Tatsache, dass noch im März keinerlei Verstöße des Iran durch Inspektoren festgestellt werden konnten.

Der stellvertretende IAEO-Direktor Herman Nackaerts erklärte schon 2013: „Wir würden es innerhalb einer Woche wissen, ob der Iran Uran von den bekannten Anlagen abzweigen und versuchen würde, es waffentauglich anzureichern“. Er erklärte außerdem schon damals, dass sechs IAEO-Inspektoren jeden Tag im Iran vor Ort waren und die 16 Anlagen überwachten. Im Mittel, so stellte er fest, bedeutete dies, dass die Inspektoren die Anreicherungsanlagen in Natanz und Fordow einmal pro Woche inspizierten. Falls es Verdachtsfälle geben würde, könnte man natürlich noch öfter nachschauen (8i).

Beobachtung in den deutschen öffentlich-rechtlichen Medien: Der SWF 3 berichtete am Abend nach der Power-Point-Präsentation von Netanjahu (30. April 2018) zum ersten Mal von dem Vortrag und endete mit der Bemerkung, dass er nicht bewiesen hätte, dass der Iran gegen den Vertrag verstoßen hätte. Um 22 Uhr fehlte dieser Satz in den Nachrichten. Stattdessen wurde stärker betont, dass US-Präsident Trump sich in seiner Politik bestätigt sehe.

Während alle neutralen Beteiligten bestätigen, dass der Iran vollumfänglich die Verpflichtungen aus dem Vertrag JCPOA einhält, stehen die USA wesentlich deutlicher im Verdacht, gegen den Vertrag zu verstoßen. Im The Atlantic wurde erklärt, warum das so ist:

„Amerikanische Journalisten beschreiben den Vertrag oft als Handel. In den Worten eines CNN-Berichts ist »der Iran verpflichtet, sein Nuklear-Programm zu beschränken, und erhält als Ausgleich einen Erlass der Wirtschaftssanktionen«. Aber es steckt mehr dahinter. Der Deal verlangt nur von den Vereinigten Staaten, die Nuklear-Sanktionen aufzuheben. Er fordert von den USA auch, die Wiedereingliederung des Iran in die Weltwirtschaft nicht zu behindern.“ (9)

Und weiter:

Artikel 26 verpflichtet die USA und ihre Verbündeten, sich nicht einzumischen bei der Realisierung der Vorteile, die der Iran durch die Aufhebung der Sanktionen erhält, wie sie in dem Vertrag festgelegt sind. Artikel 29 verpflichtet die USA und die europäischen Länder, »Abstand zu nehmen von jeder Politik, die spezifisch dazu bestimmt ist, direkt und feindlich die Normalisierung von Handel und Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran zu beeinflussen«. Artikel 33 verpflichtet sie dazu, »Schritten zuzustimmen, die Irans Zugang zu Handel, Technologie, Finanzen und Energie sicherstellt«.“ (9i)

Der Autor erklärt dann, warum Trump sehr wahrscheinlich schon jetzt gegen diese Vertragsklauseln verstößt:

„Die Washington Post berichtete, dass auf dem NATO-Gipfel letzten Mai Trump versuchte, die europäischen Partner zu überzeugen, Handel und Geschäftsabschlüsse mit dem Iran zu stoppen. Dann im Juli prahlte Trumps Direktor für legislative Angelegenheiten, dass auf dem G20-Gipfel in Deutschland Trump »die Notwendigkeit für die Nationen unterstrich […] aufzuhören, mit Nationen Geschäfte zu machen, die Terrorismus unterstützten, besonders mit dem Iran«. Beide Fälle der Lobbyarbeit waren spezifisch und direkt darauf angelegt, die Normalisierung von Handel und Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran zu verhindern.“ (9ii)

Aber das ist längst nicht alles. Im Juli 2017 verhängte die Trump-Regierung wieder neue Sanktionen gegen den Iran (10). Darüber hinaus leiden der Iran und die Sicherheit des Flugbetriebes sehr darunter, dass das Land keine Ersatzteile für die Verkehrsflugzeuge erhielt, die es in den USA gekauft hatte. Die Anfragen, die vom Iran für die Lieferung nach Abschluss des JCPOA noch an die Regierung Obama gestellt worden waren, waren zwei Jahre unbeantwortet geblieben (11). Ob Teile oder Flugzeuge jemals geliefert werden, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse immer noch fraglich.

In dem Vertrag über die Kontrolle der Atomforschung und deren Anwendungen im Iran, JCPOA, gibt es ein genaues Protokoll, wie verfahren werden soll, wenn Zweifel daran auftreten, dass der Iran seine Verpflichtungen erfüllt. Die USA als Vertragspartner, wenn sie diese Zweifel haben, müssten diese Verfahren einleiten, die zu neuen erheblichen Sanktionen auch des Sicherheitsrates führen könnten. Die USA aber weigerten sich, diesen im Vertrag festgelegten Verfahren zu folgen, und behaupteten, nach Gutdünken aus dem Vertrag aussteigen zu können — aus einem Vertrag mit multiplen Partnern und dem Segen des UNO-Sicherheitsrates. Und niemand erhob die Stimme und verwies auf die Regularien des Vertrages (12)!


So weit aus der Analyse von Jochen Mitschka. Durch diese wird erneut bestätigt, dass alle Anschuldigungen des Westens — eingeschlossen das illegal an Kernwaffen gekommene Israel —, in denen dem Iran die Entwicklung von Atomwaffen angedichtet wird, schlicht und einfach Teil einer langfristig angelegten psychologischen Operation sind, die sich vor allem gegen die Bevölkerungen des Westens richtet. Ihnen soll ein heißer Krieg gegen den Iran schmackhaft gemacht werden. Sie sind die entscheidende Zielgruppe, die nämlich aktiv oder wenigstens passiv zulassen muss, dass dieser Krieg durchführbar wird. Es muss erst in die Köpfe, bevor es Realität auf dem Schlachtfeld wird.

2018 wurden (auch) in Bezug auf den Iran die prinzipiell gleichen Methoden angewendet wie heute. Das Feindbild Iran wurde auch in diesen sieben Jahren intensiv weiter gepflegt, auf dass es reiche Ernte einfährt. Wenn die Verteidiger westlicher Werte ohne jede Skrupel das Völkerrecht schleifen, während sie ihre selbsternannten Gegner als Inkarnation des Bösen verteufeln, leben sie damit eine düstere europäische Tradition fort. Denn schließlich gingen den spanischen Konquistadoren während ihrer Raubzüge auf dem amerikanischen Doppelkontinent auch die Vertreter ihrer christlichen Werte voran: Priester. Nun, Predigten erfahren wir heute nicht minder. Ihre moderne Ausprägung wird in psychologischen Operationen und unverhüllter Propaganda deutlich.

Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung — Nicht kommerziell — Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen — insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors — kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.

(a1) Die Textpassagen sind einem Artikel von Jochen Mitschka entnommen, der am 5. Mai 2018 auf der Online-Plattform Rubikon (heute Manova) veröffentlicht wurde; Link zum Originalartikel: https://www.manova.news/artikel/der-nachste-krieg. Der Text wurde unter Beachtung des zeitlichen Abstands und ohne Sinnentstellung redaktionell leicht nachgearbeitet.

(1, 1i) 30.04.2018; Haaretz; Anshel Pfeffer; Great Show, Glaring Flaw: 3 Takeaways From Netanyahu’s ‘Iran Lied’ Speech; https://www.haaretz.com/israel-news/2018-04-30/ty-article/.premium/great-show-glaring-flaw-3-takeaways-from-bibis-iran-lied-speech/0000017f-f453-d5bd-a17f-f67bb28f0000

(2) 17.03.2007; Global Research; Siddharth Varadarajan; US Coercion of India against Iran at IAEA; https://www.globalresearch.ca/us-coercion-of-india-against-iran-at-iaea/5094

(3) 09.02.2003; BBC News; Iran mining uranium for fuel; http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/2743279.stm

(4) 25.09.2009; PBS; Gareth Smyth; Iran’s ’secret‘ nuclear plant: an instant reaction; https://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/tehranbureau/2009/09/irans-secret-nuclear-plant-an-instant-reaction.html

(5) 26.01.2013; Foreign Policy Journal; Nima Shirazi; When Fact Becomes Opinion; https://www.foreignpolicyjournal.com/2013/01/26/when-fact-becomes-opinion-half-truths-non-truths-and-the-phony-objectivity-of-the-associated-press/

(6) 02.12.2015; Reuters; U.N. report on Iran’s effort relevant to nuclear arms work; https://www.reuters.com/article/world/un-report-on-irans-effort-relevant-to-nuclear-arms-work-idUSKBN0TL2KJ/

(7) 01.05.2018; Sputnik News; USA wollen Beweise für Irans Atomprogramm vor IAEA geheimhalten — US-Außenministerium; https://web.archive.org/web/20190514082639/https://de.sputniknews.com/politik/20180501320542886-usa-iran-israel-atomprogramm-beweise/

(8, 8i) 2013; AL-Monitor; Tight IAEA Inspection Regime Hampers Iran’s Nuclear Breakout; https://www.al-monitor.com/originals/2013/07/iran-nuclear-capacity-iaea-inspections-centrifuges-enriched.html; Artikel hinter Registrierschranke; siehe auch: 29.12.2010; Wide Asleep In America; The Phantom Menace: Fantasies, Falsehoods, and Fear-Mongering about Iran’s Nuclear Program; https://www.wideasleepinamerica.com/2010/12/phantom-menace-fantasies-falsehoods-and.html

(9 bis 9ii) 29.04.2018; The Atlantic; Peter Beinart; Trump May Already Be Violating the Iran Deal; https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/04/iran-deal/559235/

(10) 18.07.2017; U.S. Department Of The Treasury; Treasury Targets Persons Supporting Iranian Military and Iran’s Islamic Revolutionary Guard Corps; https://web.archive.org/web/20170718181240/https://www.treasury.gov/press-center/press-releases/Pages/sm0125.aspx

(11) 09.03.2018; Al-Monitor; Saeed Jalili; Questions abound as Iranians claim US Treasury licensing plane sales to Iran; https://web.archive.org/web/20180310002313/https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/02/iran-bombardier-ofac-licens-trump-aircraft-deals-qeshm.html

(12) 05.05.2018; Manova (Rubikon); Jochen Mitschka; Der nächste Krieg; https://www.manova.news/artikel/der-nachste-krieg

(Titelbild) F-16, Kampf-Jet; Autor: WikiImages (Pixabay); Datum: 12.12.2012; Quelle: https://pixabay.com/de/kampfjet-kampfflugzeug-f-16-falcon-63028/; Lizenz: CC0 Creative Commons

Von Ped

3 Gedanken zu „Das Narrativ von der iranischen Sehnsucht nach Atomwaffen“
  1. Den Staatsfunkmedien gemäß verfüge der Iran über ca. 400 kg zu etwa 60% angereichertes Uran. Präsident Ahmadinedschad (2005-2013 im Amt) verkündete einst, der Iran habe unwiderruflich mit der Hochanreicherung begonnen, welche ab etwa 20% gewertet wird; für Leichtwasserreaktoren wird eine Anreicherung von 3-5% benötigt, während Schwerwasserreaktoren mit dem Natururan auskommen, welches etwa 0,3% des U-235 Nuklids enthält. Da stellt sich natürlich die Frage, wozu das ganze, wenn keine Atomwaffen gebaut werden sollen; nationales Prestige allein wird als Erklärung nicht ausreichen. Auch die Nutzung der eigenen Uranvorkommen mittels Atomkraftwerken, z. B. in Buschehr, ist primär ziemlich teuer, aufwendig und umweltschädlich, zumal der Iran über ausreichend Erdöl verfügt.
    Atomkraftwerke wurden in der Vergangenheit im wesentlichen aus zwei Gründen gebaut, bei ansonsten schmaler Rohstoff- und Energiebasis, z. B. in der BRD, der DDR in Greifswald und das nicht fertiggestellte Atomkraftwerk in Stendal, in Finnland, in der Schweiz, in Schweden etc. und dann aber als Grundlage einer Plutoniumwirtschaft für Atombomben (USA, UdSSR, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Pakistan, Nordkorea). (Welche Umweltschäden der Uranbergbau hinterläßt, kann in Ronneburg besichtigt werden, zudem in Aue und Schlema.)
    Israels Ministerpräsident Ehud Olmert (im Amt 2006-2009) mag ein Schnitzer unterlaufen sein, als er im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zugab, über Atomwaffen zu verfügen und damit faktisch die bis dahin als offizielle Staatsdoktrin geltende nukleare Zweideutigkeit Israels aufgab.
    Hauptgrund für das Ende des Zwölftagekrieges Israel – Iran mag wohl die Erkenntnis auf israelischer Seite gewesen sein, daß man sich wohl verhoben hatte, hinsichtlich des ziemlich löchrigen „Iron Dome“, des Eintritts der USA in den Krieg und der Möglichkeit eines Regimewechsels im Iran. Auch wenn es in Teilen der Bevölkerung des Irans Unzufriedenheit mit dem Mullahregime gibt, aus dem ersten Golfkrieg Irak- Iran 1980-1988 hätte man die Lehre ziehen können, daß sich die Bevölkerung des Irans im Kriegsfall um ihre Führung schart – dies ging so weit, daß man der Aufforderung der Führung, jede Familie solle ein Kind zur Minenräumung zur Verfügung stellen, zu großen Teilen willig nachkam – mit dem Versprechen auf das Paradies!
    Eine Revolution kann und sollte nicht exportiert werden, diese Erkenntnis wurde im 20. Jahrhundert erstmals formuliert, ist aber viel älter, aber wie oft wohl wurde gegen sie verstoßen, mit katastrophalen Folgen! Der Iran immerhin hat seine islamische Revolution von 1979 nicht exportieren wollen.
    Herzlich, Steffen Duck!

    1. „Da stellt sich natürlich die Frage, wozu das ganze, wenn keine Atomwaffen gebaut werden sollen ,,,“
      In der Tat, das ist die zentrale Frage an Diejenigen, die ein iranisches Atomwaffenprogramm bestreiten.
      NB
      Ich könnte verstehen, wenn der Iran Atomwaffen haben will. Pakistan vs. Indien funktioniert mit gegenseitiger Abschreckung, Russland und China vs. USA ebenfalls. Für Nordkorea ist es ebenfalls eine Versicherung. Ich kann ebenfalls verstehen, daß Israel gerne der Einzige mit Kernwaffen in der Region wäre.

    2. „dies ging so weit, daß man der Aufforderung der Führung, jede Familie solle ein Kind zur Minenräumung zur Verfügung stellen, zu großen Teilen willig nachkam “

      Das halte ich alles für ziemlich ausgemachten Bullshit.

      Der Anfangsverweis auf die Herkunft solcher Gräuelmärchen aus den „Staatsfunkmedien“ macht es nicht besser solche Lügen zu kolportieren.

      Zu dem Anreicherungsthema: seltsamerweise wird auf Wikiblödia nicht darauf eingegangen, warum eigentlich überhaupt highly enriched uranium, HEU, hergestellt wird. Also nicht nur bezüglich Iran sondern überhaupt. Warum reichern die USA soweit an, warum andere Länder? Der Hinweis nur auf Forschungsneutronenquellen ist doch sehr, sehr dürftig.

      Also nochmal die Frage: warum wird überhaupt höher angereichert als auf 5%? Und nochmal: das macht nicht nur der Iran sondern auch andere Nichtkernwaffenstaaten! Warum?

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