Aus Jürgens Roman „Die Gläubigen“ sei hier ein weiterer Auszug veröffentlicht. Der Text bezieht sich auf die im Jahr 2017 anstehende fünfhundertste Wiederkehr eines Ereignisses, das die Reformation in Deutschland einläutete. So wie damals sollen auch die Thesen im Roman die Menschen aufrütteln, um die Dinge in eine friedlichere Welt für alle Menschen dieser Erde zu bewegen. Jürgen lädt Euch ein, seinen Text zu diskutieren.


Aus meinem Roman ‚Die Gläubigen‘ – dem Kapitel 63 und Nachlaß des Pfarrers Roth – einige Feststellungen, die eigentlich bekannt sind, jedoch in der hier zusammengefaßten Form Potential zum Nachdenken und Diskutieren provozieren.

Folge 2 : 21 Thesen wider das Nichtwissen, das Verdrängen und Vergessen

Die folgenden Thesen stellen fest, in welchem veränderungswürdigen Zustand sich die Menschheit – hier am Beispiel Deutschland – befindet und warum sich daran in absehbarer Zeit nichts grundsätzlich, etwa durch eine neue Gesellschaftsform, ändern läßt. Natürlich ist unsere Welt nicht nur kriminell und geisteskrank, korrupt und voller skrupelloser Gier. Wäre dies der Fall, hätte die Menschheit nie bis heute überleben können. Es gibt eine mehrheitliche Masse an gesunden, ehrlichen, aufrichtigen, fleißigen Menschen in allen Parlamenten, Ämtern, Arbeitsplätzen – überall. Und besonders unter denen, die man heute die Mittelschicht und die Unterschicht nennt.

Aber sie können oder wollen sich nicht durchsetzen. Sie sind nicht stark genug, was krank und böse ist aus den Führungsebenen und eigenen Reihen zu entfernen. Um darüber nachzudenken sind diese Thesen formuliert.

Wir brauchen alle Kräfte, um den Auswüchsen des Kapitalismus Bremsen anzulegen und das, was in den Verfassungen steht, durchzusetzen: Menschenrechte – Menschenpflichten – Soziale Sicherheiten – Gerechtigkeit – Demokratie – Freiheit auch für die Besitzlosen.

Ausschnitt aus Kapitel 63: 500 Jahre Reformation

Szene 290
2017
Klein Partwitz / SIMEKK / vor der Kirche

Die reformierten christlichen Kirchen hatten sich schon viele Jahre vorher auf diesen besonderen Feiertag vorbereitet, als Martin Luther vor 500 Jahren die 96 Thesen an die Tür zur Kirche in Wittenberg angenagelt hatte. Durch Filme und Bücher, Sondersendungen im Fernsehen und Konzerte, sowie die vielen Möglichkeiten im Internet wurden die Geschehnisse damals und heute, die inhaltlichen Zusammenhänge und geschichtlichen Folgen gewürdigt. Pfarrer Roth beging die Wiederkehr dieses Ereignisses auf seine Art. Er heftete an seine Kirche bei den Gläubigen zwei Plakate an. Er tat es ohne Aufsehen zu erregen und der Inhalt dieser unscheinbaren Blätter wurde erst so nach und nach bekannt.

Einer der ersten Besucher der Partnerschaftsvermittlung an diesem Tag blieb bei seinem Rundgang durch das Areal an der Kirchentür stehen und begann den Inhalt interessiert zu lesen. Pfarrer Roth hielt sich in der Nähe auf und beobachtete die Wirkung seiner Veröffentlichung. Der Mann schüttelte mit dem Kopf, sah sich hilfesuchend um und rief dem Pfarrer zu, ob er das schon gelesen habe. Roth nickte mit dem Kopf und schritt gelassen zur Türe, bereit, in eine Diskussion einzusteigen. „Das sollten sie entfernen, ehe weitere Besucher dies lesen. Es ist eine Provokation. An einer Kirche kann man solche Texte nicht anbringen. Die gehören an ein Rathaus, beispielsweise oder in einen Papierkorb.“

Da sich der Pfarrer nicht bewegte, wurde er extra aufgefordert: “Oder was sagen sie dazu?“ „Sie haben zum Teil wirklich recht. Das gehört auch an Rathäuser und Parlamente, ins Internet und in die Öffentlichkeit.“ Verdutzt sah in der etwa 30 Jährige an und dachte sich, hier mußt du einmal klar Schiff machen. Dieser Priester kapiert auf Anhieb gar nichts. „Ich möchte mich kurz vorstellen, ich bin von der Kreisleitung der CDU aus Senftenberg und Abgeordneter des Kreistages. Mein Name ist Wilschek. Gehe ich recht in der Annahme, daß sie Pfarrer Roth sind?“ „Sie haben es richtig gedeutet.“ ….Er trat an das Pamphlet heran und schlug vor, daß sie es gemeinsam einmal durchgehen.

„Nehmen wir die erste Seite, die den Untertitel hat, warum sich etwas ändern muß. Da es allesamt politische, also weltliche Themen sind, gehört es nicht an eine Kirche. Wir haben doch die Trennung von Kirche und Staat.“ „Stammen sie aus dem Osten? Sind sie hier geboren?“ Die Frage hatte er nicht erwartet. Er wollte sie schnell durch Kopfnicken beantworten, damit man mit dem eigentlichen Thema weiterkommt. „Dann wissen sie ja von ihren Eltern und aus dem Geschichtsunterricht am Gymnasium (Roth sah ihn dabei fragend an und er nickte stolz), daß in der DDR unter dem Schutz der Kirche durch eine Opposition ausschließlich weltliche Dinge bewegt wurden. Unsere Republik findet das bis heute völlig richtig. Was soll also falsch daran sein, daß die Thesen hier hängen?“

„Der Martin Luther hat seine Thesen an die Kirchentür genagelt, weil sie einen religiösen Inhalt hatten.“ „Natürlich waren da religiöse Ausgangspunkte. Aber was haben sie verändert? In der Folge führte man Religionskriege mit ausschließlich weltlichen Zielen. Man benutzte die Freiheiten, die Luther in die Dogmen des Mittelalters schlug, um einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Der Bauer stund auf im Land! Die Unterschicht forderte ihr Mitspracherecht, das Ende aus einer Art der Leibeigenschaft, eine völlige neue gesellschaftliche Ordnung bei der das Bürgertum entstand. Und das habt ihr nicht auf dem Gymnasium gelehrt bekommen?“ „Schon, nur nicht so patriotisch und prinzipiell.“

„Und in den 96 Thesen des Luther stehen auch solche Sätze wie: Darum weg mit allen jenen Propheten, die den Christen predigen: ‚Friede, Friede‘. Und ist doch kein Friede. (These 92) „Nun gut, lassen wir das. Wie wollen sie jedoch diese erste These interpretieren: ‚Das jahrhundertlang für so viele Kriege und Revolutionen herhaltende, korrumpierte, wunderschöne Wort FREIHEIT ist ohne Macht, Besitz und Geld nichts wert. Freiheit ist für die Marktwirtschaft, Geschäftemacherei, Gewinnmaximierung und Machtausweitung reserviert.‘“ „Was soll ich anderes interpretieren, als wie es Schwarz auf Weis da steht? Haben sie einmal einen Hartz IV Empfänger in der Oper gesehen? In seinem Monatsbudget hat der Gesetzgeber einen Kulturbeitrag mit eingerechnet. Davon kann er natürlich nicht in den Urlaub fahren oder Mitglied im Golfklub werden. Er kann einen Fernseher betreiben und RTL ansehen. Von früh bis nachts, was seine Stromrechnung so hergibt.

Das ist alles an Freiheit, was er auf diesem Gebiet hat. Es bleibt dabei, ohne Geld keine Freiheit. Kann man vor Gericht ohne Geld einen Prozeß gewinnen? In der zweiten und dritten Instanz? Kann man ohne Kaution in Freiheit bleiben? Sie können alles mögliche durchgehen, ohne Geld keine Freiheit.“ „Sie haben eine Pressefreiheit und Freiheit zu wählen und gewählt zu werden und, und, und.“ „Was nutzt ihnen diese Freiheit, wenn es weiter nichts ist wie einmal die Luft ablassen. Können sie das Geringste ändern? Können sie Kriege verhindern oder die Bestechlichkeit der Abgeordneten oder den Wahnsinn unserer Wegwerf- und Überflußgesellschaft oder die Ausbeutung der Dritten Welt oder den unwürdigen Umgang mit der Ware Tier? — Und wie viel Hartz IV-Empfänger haben wir denn in den Parlamenten sitzen?“

„Mit ihnen ist eigentlich nicht zu diskutieren. Sie haben auf alles eine Antwort, welche nur Negatives zum Vorschein bringt. Ich will es noch mit der zweiten These versuchen: ‚Demokratie wird zu einer wirkungslosen Alibifunktion für eine korrupte Staatsführung mißbraucht. Die wirkliche Lobby, die in der Gesellschaft das Wesentliche zu bestimmen hat, wurde nicht vom Volk gewählt. Es ist die Finanz-und Wirtschaftsoligarchie. Das Parlament kann bestimmen, wie gerade und groß eine grüne Gurke sein darf. „Das ist doch nun wohl ein harter Brocken. Wie wollen sie diese Zuspitzung von Ausnahmefällen als allgemeingültige These rechtfertigen?“ „Muß ich das wirklich oder kommen sie nicht auch selbst darauf? Nur ein bißchen Nachdenken, tut schon Wunder.

Wer stellt die Kandidaten bei einer Bundestagswahl auf. Der Bürger oder die Partei? Haben sie schon einmal erlebt, daß Kandidaten verändert wurden, weil die Bürger es wollten? Dann kommt die geheime Wahl. Darauf wird ein großer Wert gelegt. Vorher bekommt jeder Bürger gesagt, was er wählen sollte und wie die Chancen stehen, daß sein Kandidat gewählt wird. Es gibt eine 5% Klausel und eine Wahlbeteiligung und damit geraten in der Regel die Hälfte aller möglichen Stimmen in den Abfall. Gewählt wurden die, die es sich zum Beruf gemacht haben, von den anständigen Tantiemen zu leben. Sie haben Nebenverdienste neben ihrer anstrengenden Abgeordnetentätigkeit bis zu über einer Million im Jahr angegeben. Ihre Geldgeber erarbeiten ihnen einen Großteil der Entscheidungsvorlagen. Für die Bundesregierung und den Bundestag sind über 7000 Experten aus der Wirtschaft und dem Finanz- und Militärwesen ganzjährig im Einsatz.

Die Vorlagen sind so dick und die Inhalte für Laien, die sie doch alle sind, so kompliziert, daß sie im Parlament mehrheitlich durchgewunken werden. Wo sitzen denn Fachleute in den Führungspositionen des Staates? Heute Kriegsminister, morgen Innenminister usw.. Das war nur ein kleiner Ausflug in das Gebiet der Demokratie, worauf wir am stolzesten sind und was am bedeutsamsten für die Gesellschaft ist. Wenn ein Kreistag beschließt, eine Kreisstraße zu sanieren – da reißt sich doch die Demokratie kein Bein raus. Ob nun CDU oder ein anderer – die Kreisstraße hätte sowieso saniert werden müssen.“

Wilscheck begann desinteressiert auf die vorbeiziehenden Schönheiten zu blicken. Er denkt, schade um meine Zeit. Das ist ein Besessener. Vielleicht hat er sogar recht. Aber ändern kann er nichts und die Thesen hier sind ihr Papier nicht wert. Er bedankte sich für das Gespräch und verschwand unter den Besuchern. Sie bekamen einige Jahre später eine große Bedeutung. Bis dahin breiteten sie sich im Internet in einer unkontrollierbaren Breite aus. Die Thesen haben wir als Nachlaß der Gläubigen und ihres Pfarrers Roth im Buch 7 abgedruckt. Und hier sind die Thesen im vollständigen Wortlaut:

21 Thesen: Wider das Nichtwissen, das Verdrängen und Vergessen. Warum sich etwas ändern muß

1.

Das jahrhundertelang für so viele Kriege und Revolutionen herhaltende, korrumpierte, wunderschöne Wort FREIHEIT ist ohne Macht, Besitz und Geld nichts wert. Freiheit ist für die Marktwirtschaft, Geschäftemacherei, Gewinnmaximierung und Machtausweitung, die Besitzenden und Mächtigen reserviert. Es ist und es bleibt für den Menschen eine unstillbare Sehnsucht. Der Freiheit nähert man sich nur – man erreicht sie nie. Denn irgendwie wird sie immer eingeschränkt sein und sei es von der Vernunft. Von den Mächtigen werden besonders jetzt durch die fast uneingeschränkten technischen Möglichkeiten die persönlichen Freiheiten und Sicherheiten unter dem Vorwand, unsere Sicherheit zu schützen, ständig minimiert.

Freiheit muß nach der Freiheit für die Untersten beurteilt werden.
– Jawaharlal Nehru – indischer Politiker

2.

DEMOKRATIE wird als eine wirkungslose Alibifunktion für eine korrupte Staatsführung mißbraucht. Die wirkliche Lobby, die in der Gesellschaft das Wesentliche zu bestimmen hat, wurde nicht vom Volk gewählt. Es ist die Finanz-, Wirtschafts- und Medienoligarchie. Das Parlament kann bestimmen, wie gerade und groß eine grüne Gurke sein darf. Aber es kann nichts gegen Kriege, Unterdrückung und andere fundamentale Verbrechen bewirken. Der Demokratiebegriff beinhaltet nicht mehr die Durchsetzung der Mehrheit des Willens der Bevölkerung sondern der Mehrheit der Bedürfnisse des Kapitals.

3.

Im bürgerlichen sogenannten Rechtsstaat bekommt jeder ein Urteil, und vielleicht auch sein RECHT. Aber das Recht ist den Interessen der Mächtigen unterworfen. Nur die am Grundgesetz und dem allgemein Mainstream festhalten sowie über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, können ihr Recht durchsetzen. Für durchgreifende Veränderungen am System, für Bestrafung der großen gesellschaftlichen Verbrechen, für politische Streiks, für eine grundlegende Reform des Kapitalismus gibt es kein Recht.

4.

Die einst funktionierende und gepriesene SOZIALe Marktwirtschaft wird seit dem Ende des Sozialismusexperimentes auf der Erde auf die Größe eines Feigenblattes zurückgefahren. Ein Feigenblatt mit dem man die Blößen notdürftig zudecken kann, die sich aus dem Unvermögen der kapitalistischen Wirtschaft ergeben. Es geht um das Unvermögen, den erarbeiteten Mehrwert gerecht entsprechend den erbrachten Leistungen zu verteilen. Über die Größe des Feigenblattes gibt es unaufhörlich Auseinandersetzungen.

5.

Dabei ginge es doch einzig und allein um die Durchsetzung der MENSCHENPFLICHTEN und MENSCHENRECHTE, zu denen man sich als Mitglied der UNO bekannt hat. Über Menschenpflichten wird kaum ein Wort verschwendet. Denn die Menschenpflicht Nr.1 ist die Pflicht für sich, seine Familie und für die Bedürftigen der Gesellschaft eine werterbringende oder -erhaltende Arbeit zu leisten. Die Mehrzahl der Mächtigen und Reichen tun das nicht. Vermögen zu verwalten, Vermögen durch Spekulationen und Zugrunderichten anderen Menschen zu erweitern, Kriege zu führen und ähnliche Dinge, sind keine werterbringenden oder -erhaltenden Arbeiten. Die Pflicht des Staates muß es sein, diese Menschenpflicht durchzusetzen, indem die Arbeitskräfte auf die vorhandenen Arbeitsplätze bei mindestens gleichbleibendem Lohn aufgeteilt werden.

Das ist ein ständiger Prozeß, weil durch die stetige Entwicklung der Arbeitsproduktivität Arbeitsplätze eingespart werden und der Bedarf wie auch die Mengensteigerung nicht unendlich wachsen. Menschenrechte sind das Recht auf Leben und Gesundheit, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung und Kultur in dem in der jeweiligen Gesellschaft üblichen grundsätzlichen Niveau. Das ist mit Hartz IV u.a. Maßnahmen nicht gewährleistet. Die Methoden sich bei Arbeitslosigkeit oder gesundheitlicher Arbeitsverhinderung die notwendigen Lebenserhaltungsmittel durch diskriminierende Antragstellungen ständig zu erbetteln, widerspricht dem im Grundgesetz verbürgten Recht auf die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, wie auch den allgemeinen Menschenrechten, wie sie in einem Wohlstandsstaat wie der Bundesrepublik möglich wären. Der Umgang mit kranken und alten Menschen sowie mit deren Betreuern ist im Verhältnis zu den Möglichkeiten die dieser Staat hat, strafbar vernachlässigt. Niemals darf man das Gesundheitswesen den Methoden der Gewinnmaximierung und der Akkordarbeit (normierte Leistungserbringung) durch Ärzte und Personal unterwerfen.

6.

Die MARKTWIRTSCHAFT hat mindestens zwei wesentliche Kritikpunkte: Der erste Kritikpunkt: Sie wurde ausgeweitet auf Bereiche, die niemals dem Kommerz, der Unternehmergier ausgesetzt werden dürfen. Das sind insbesondere die sozialen Bereiche wie Medizin, Gesundheitswesen einschl. Krankenhäuser und jegliche ärztliche Tätigkeiten, aber auch das Rentenwesen, sowie soziale Versicherungen, Wasserwerke, Energieversorgung u.ä. Der zweite Kritikpunkt ist die fast vollständige Überlassung der Marktwirtschaft der angeblichen Selbststeuerung – also einer vollkommenen, anarchischen Freiheit der Produzenten, Dienstleister und Geldverleiher. Es ist bewiesen, daß sich eine neoliberale Wirtschaft nicht selbst steuern kann. Diese Erkenntnisse werden von den Mächtigen unterdrückt, um ihrer Profite, ihre Gewinne, ihre Manipulierungen und Glücksspiele an der Börse uneingeschränkt weiter führen können. Die kapitalistische Marktwirtschaft bedarf eines starken Staates, welcher die sytembedingten Auswüchse einer anarchischen Wirtschaft verhindert. Die Vermeidung einer ständigen Überproduktion sowie auch die Verwaltung des Mangels bedürfen einer speziellen staatlichen Planung und Regulierung.

7.

Angesichts des allgemeinen Elends von fünf Milliarden Menschen auf der Welt, im Zusammenhang mit den zu Ende gehenden Ressourcen und ihrem Raubbau sowie mit Blick auf den angerichteten Schaden an der Umwelt und im Ökosystem unserer Erde ist die sinnlose VERSCHWENDUNG von Arbeitszeit, Energie und Material nicht mehr zu verantworten. Durch eine chronische Überproduktion, extreme Warenvielfalt und einen ungezügelten Wohlstandsrausch in einigen Ländern werden 50% mehr hergestellt, als notwendig wäre. Die andauernde Gewaltanwendung von der Drohung mit irrsinnigen Waffensystemen bis zur Durchführung von Kriegen und Kampfhandlungen mit einem mehrfachen Billiarden-$-Schaden kostet die Welt rund ein Drittel der gesamten Werteproduktion.

8.

Die kulturelle Vielfalt unter den Völkern dieses Planeten wird systematisch durch eine rein kommerzielle Einheits-KULTUR nach US-Vorbild ersetzt. Damit weiten sich extreme Anschauungen über Gewalt und Verbrechen aus und es werden seltsame und entwürdigende Vorstellungen über die Rolle der Frauen, Rassen und Religionen verbreitet sowie bewährter Anschauungen und Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders zerstört. Die noch nicht voll begriffenen Veränderungen im Leben der Menschen durch die explosionsartige Umgestaltung unserer Umwelt infolge der technischen-kommunikativen Revolution erfordert schnellstens einen neuen Kulturansatz.

9.

Unsere ETHIK und MORAL verharrt in den für eine Landeskultur wesentlichen Merkmalen auf einem fast mittelalterlichen Stand. Und es gibt tiefe Einbrüche hinsichtlich der allgemeinen Miteinander-Umgangskultur. Die Hörigkeit gegenüber den Mächtigen, das entschuldigen ihrer Prasserei, ihrer Gier, ihrer Machtkämpfe und Eroberungsfeldzüge, ihrer Lügen und ihres Versagens ist typisch für ein religiös untersetztes Staatswesen und für die Manipulierung der Gehirne der Bevölkerung mit modernsten Mittel und Methoden der Kommunikation und Information. Weil diese Zustände existenzsichernd für die Mächtigen sind, wurden die oft widersinnigen, historisch gewachsenen kulturellen Werte der Moral und Ethik nicht angetastet. Anders sieht es aus im Umgang der Menschen miteinander. Da gibt es im Bereich von Gewalt und Erotik, von Übernahme der Hollywood-Kultur einschließlich dem ersatzlosen Wegfall vieler alter europäischer Werte wie Höflichkeit, Rücksichtnahme, Ehrung der Eltern und des Alters, Solidarität und Beistand in Notsituationen u.a.. große Einbrüche und schlechteste Erfahrungen.

Die deutsche und die europäische Kultur der Ethik und Moral liegen auf diesem Gebiet – wahrscheinlich unwiederbringlich – am Boden. Die sogenannten Christlichen Werte und Werte des Abendlandes sind zu hohlen Phrasen verkommen und erfordern eine neue Werteentwicklung und -vermittlung. Ein besonderer Kritikpunkt ist der Umgang mit den Nutztieren, um deren Probleme und Wohl sich nur eine kleine, nicht genügend unterstützte Minderheit kümmert. Der Zustand der Haltung, Fütterung und Schlachtung der Mehrzahl aller Tiere ist strafwürdig. An Alternativlösungen muß in stärkerem Maße gearbeitet werden. Eine dieser Lösungen muß eine radikale Preisveränderung sein, welche eine biologisch einwandfreie Produktion unserer Nahrung ermöglicht. Wir müssen erkennen, daß unser Wohlstand beispielhaft auf Grund folgender Ursachen und Zustände entsteht:

  1. Der technische Fortschritt hatte und hat eine unglaubliche Produktivitätssteigerung zur Folge. Sie steigt seit Jahrzehnten unaufhörlich, obwohl wir besonders seit dem Beginn des neuen Jahrhunderts in unserem Lebensstandard das Gegenteil feststellen. Dieser Fortschritt wird von den immer reicher Werdenden in krimineller Weise zum größten Teil für ihre Interessen abgeschöpft. Unsere Ethik und Moral dazu: Wir wollen letzteres nicht wahrhaben; wir dulden es; wir unterstützen es sogar bei Wahlen und in anderer Weise
  2. Indem wir für Dienstleistungen und andere Tätigkeiten unsere Mitmenschen unterhalb eines Existenzminimums bezahlen, beuten wir sie aus. Wir lassen uns die Haare schneiden und plaudern ohne Bedauern und ohne Gewissensbisse mit diesen bescheidenen Sklaven neben uns. Auf die Felder schicken wir die Polen und andere Ausländer, wenn es um harte Hand-Bückarbeit geht. Abends demonstrieren wir gegen die Ausländer, anstatt ihnen zu danken, daß sie uns die Dreckarbeit bei der Altenpflege, in den Fabriken und Klos abnehmen. Ethik und Moral dazu: Wir wollen es nicht wahrhaben; wir dulden es; wir unterstützen es sogar bei Wahlen und in anderer Weise.
  3. Ein wesentlicher Teil der Produktivitätssteigerung kommt aus der Tierproduktion. So darf man jedoch nicht mit Lebewesen umgehen, wie wir es tun: gefesselt an Maschinen und Automaten, bis zum unbeherrschten, furchtbaren Ende. Das nennen wir technischen Fortschritt. Damit wird eine Unmenge Geld verdient. Wir werden daran durch einen im Konkurrenzkampf heruntergehandelten Bestpreis beteiligt. Ethik und Moral dazu: Wir wollen es nicht wahrhaben; wir dulden es; wir unterstützen es sogar bei Wahlen und in anderer Weise.
  4. Die Ausbeutung fremder Länder hinsichtlich ihrer Ressourcen und völlig unterbezahlten Arbeitskräfte, oft Kinder und viele Frauen unter erbärmlichen Verhältnissen. Ethik und Moral dazu: Wir wollen es nicht wahrhaben; wir dulden es; wir unterstützen es sogar bei Wahlen und in anderer Weise.
  5. Durch Kredite zu Lasten nächster Generationen, wovon wir zur Zeit nicht einmal die Zinsen, geschweige denn eine Rückzahlung hinbekommen. Wir nehmen es schweigend zur Kenntnis und wählen diese Leute, die so etwas zu verantworten haben, immer wieder.
  6. Ein Teil unserer Jugend geht freiwillig zum Bund. Sie geben als Grund ihre Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, die besseren Verdienstmöglichkeiten, die sportliche Betätigung und den Spaßfaktor in der Gemeinschaft an. Sie verdrängen, daß sie ausschließlich zum Töten angestellt sind und daß sie dabei ihr Leben und ihre Gesundheit ruinieren können. Und es interessiert sie nicht, für wen und zu welchem Zweck sie mißbraucht werden. Die Ethik und Moral, die sie bisher hatten, ließ sie diesen Beruf ausüben. Über die vermittelte Ethik und Moral hat sie weder die Schule noch ihr Elternhaus aufgeklärt. Sie werden von einem arglosen Menschen zu einem Killersubjekt. Wer sich diese wenigen Fakten vergegenwärtigt – und diese Fakten müßten eigentlich jedem Wohlstandsbürger bewußt sein oder ihm von den Medien unaufhörlich klar gemacht werden – sollte normaler Weise den Drang zu einer neuen Form von Ethik und Moral spüren. Da das nicht der Fall ist, bleibt nur eine Schlußfolgerung: wir sind moralisch so degeneriert, wie es für Untergangsgesellschaften typisch ist. Uns interessieren die Sklavendienste nicht, die andere Menschen direkt vor unseren Augen oder verdeckt – nur bekannt durch diverse Filmdokumentationen – tun. Wir leben voll in den Tag hinein, ohne über die Zukunft unserer Kinder und unsere Moral nachzudenken. Pfui Teufel!

10.

Die staatliche BILDUNG ist eine religiös untersetzte Mindestbildung und eine klassenbezogene Bildung für privilegierte Bürger. Sie geht ungenügend auf das Leben in der Gesellschaft, auf notwendige Disziplin, Zuverlässigkeit und Höflichkeit im Arbeitsprozeß, auf notwendige gesellschaftliche Mitarbeit und politische Mitwirkung, auf Ehe und Kindererziehung sowie auf die Meisterung der durch die technische Revolution veränderten Lebensbedingungen ein. Die Bildung berücksichtigt prinzipiell nicht die unterschiedlichen Typen der Individuen und ihrer Lebensauffassungen.

11.

Die GESELLSCHAFT als Ganzes ist nicht mehr in der Lage, eine objektive politische Arbeit und Entwicklung zu gewährleisten. Merkmale sind politische Uninteressiertheit und Unverständnis für politische Sachverhalte. Die politische Arbeit wird sogenannten Eliten und Experten überlassen. Das ist eine Dynastie, die obwohl angeblich demokratisch gewählt, ein angenehmes Leben führt und sich danach einen frühzeitigen, gutbezahlten Ruhestand leistet. Sämtliche Tätigkeiten, welche wichtige Entscheidungen mit gesellschaftlicher Auswirkung erfordern, werden von Leuten getroffen, die dazu keinen aktuellen Befähigungsnachweis haben. Eine erschreckend große Zahl von Entscheidungsträgern im Land ist weder fachlich noch demokratisch für ihre Tätigkeit legitimiert.

Warum sich an dem kritischen Zustand In den nächsten Jahrzehnten nichts grundsätzlich verändern läßt:

12.

Für die notwendigen grundsätzlichen Korrekturen und Angleichungen des Kapitalismus an die Erfordernisse des neuen Jahrhunderts gibt es keine wissenschaftlich begründete Theorie und damit auch keine Strategie und Taktik zu deren Umsetzung. Alles was gegenwärtig an Veränderungen geschieht, ist ein Flickenteppich nicht zu Ende gedachter Notmaßnahmen.

13.

Für notwendige Veränderungen gibt es trotzdem eine Vielzahl von Forderungen, Vorstellungen und Ansätzen. Das ‚einfache‘ Volk und selbst die weiterdenkende Oberschicht sind dabei durch die Unterschiede in ihren Interessen zu keinem einheitlichen Denken und Handeln in der Lage. Die Hauptursachen sind die seit Jahrzehnten von den  Mächtigen manipulierten Gehirne (Teile und Herrsche) sowie die unbeherrschten Folgen einer rasanten technischen Revolution, mit der bisher Niemand und Nichts wirklich Schritt halten konnte. Die Menschen müssen sich mit tausend Nebensächlichkeiten, Ablenkungen, Zerstreuungen, mit Halbwahrheiten und Lügen und einem Informationsüberfluß auseinandersetzen und haben dabei jeglichen gesellschaftlichen Zusammenhang aus dem Blickfeld verloren. Es gibt viel Unzufriedenheit, aber keine revolutionäre Situation.

14.

Die Gesetzeslage schützt und bevorteilt die Mächtigen, die Besitzenden, die Vermögenden. Besonders sichtbar in der schier unbeschränkten Freiheit für die Unternehmen sowie in der zaghaften Reichenbesteuerung,… Und sie benachteiligt dadurch die Besitzlosen. Was in dieser Gesellschaft primär wirklich zählt:

  1. Der gesellschaftliche Stand, in dem man hinein geboren wird.
  2. Die Machtverhältnisse, welche entstanden sind aus den persönlichen Eigenschaften einer erbarmungslosen Zielstrebigkeit, der Fähigkeit seine Partner (und ein Arbeitnehmer ist ein Partner, ganz gleich ob hier oder in einer der globalen Kolonien) auszubeuten, zu erpressen sowie ganz wesentlich in der Gier nach immer mehr und immer höher.
  3. Das Vermögen, mit dem man sich alles zur Rechtsbeugung leisten und vertuschen kann. Sekundär dagegen, und das ist das Krankhafte an der Lage, sind Leistung, persönlicher Einsatz, Zuverlässigkeit, Treue, Schöpfertum.

15.

Die Menschheit befindet sich in einem Übergang zu einem neuen Zeitalter und hat noch nicht einmal voll begriffen, was da vor sich geht. Die Globalisierung, die Automatisierung, die noch unbegreifliche und unbeherrschte Welt der Kommunikations- und Informationsüberflutung, die Macht und die Risiken der Finanzlobby, die unkalkulierbaren Spiele der Gewalt mit Hilfe eines ins Wahnsinnige hinein entwickelten militärischen Komplexes sowie die ökologische Zeitbombe, von der niemand weiß, was in den nächsten Jahren wirklich passiert, überfordert die Menschen. Es gibt keinen Menschen und keine kleinere Gruppe von Menschen mehr, welche gegenwärtig die Lage, die Gefahren und die Lösungswege überblicken. Am allerwenigsten sind es die Mächtigen, welche an den Hebeln der Entwicklung der Menschheit stehen.

16.

Die Mächtigen der Welt sind gegenwärtig und scheinbar für lange Zeit eine uneinnehmbare Festung. Sie verfügen über alle wichtigen Ressourcen dieser Erde,  über unermeßliche Reichtümer und sind als Netzwerk mit dem Militär gegenwärtig unverwundbar. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, besteht darin, daß sie überwiegend moralisch und geistig krank sind. Und solche Leute sind unberechenbar, was sie mit ihrer Macht noch alles anfangen. Diese geballte international verflochtene Macht steht außerhalb jeglicher demokratischer Kontrolle und Einflußnahme. Sie verhält sich selbst außerhalb der Kontrolle und dem Einfluß der UNO. Während die Bürger mit Nebensächlichkeiten und Manipulierungen, mit einem kleinen Wohlstand und einer immerzu sich verändernden technischen Welt voller Wunder abgelenkt wurden, haben die Mächtigen dieser Erde vollendete Tatsachen geschaffen, deren wirklichen Umfang wir erst nach und nach entdecken und begreifen.

Aus den bisherigen Thesen kann man folgende Erkenntnisse ableiten:

17.

Die alten Vorstellungen von einem revolutionären Klassenkampf, aus dem ein Sozialismus und Kommunismus hervorgeht, sind längst zur Utopie geworden. Der Kapitalismus wird zwar immer stärker an seine Grenzen kommen. Entweder er geht daran zugrunde und mit ihm ein großer Teil der Menschheit. Oder er wird sich grundsätzlichen Reformen unterziehen müssen. Das ist der Spielraum für unsere weitere Existenz.

18.

Aus der Vielzahl dieser Reformen wird sich vielleicht einmal eine neue Gesellschaftsform herausbilden. Ob diese etwas mit den ehernen Vorstellungen gemein hat, ist aus heutiger Sicht völlig unbedeutend. Den Sozialismus wollten wir, genau genommen, künstlich heranzüchten. Er wird sich womöglich von ganz allein irgendwann einmal aus dem Kapitalismus heraus entwickeln, ohne verlustreiche Revolution und vielleicht sogar in einer bisher unbekannten Qualität.

19.

Wir sollten den Kapitalismus nicht mehr ideologisch bekämpfen, uns nicht mehr auf sozialistische Positionen zurückziehen und auf Dinge hoffen, die nicht mehr realisierbar sind. Wir müssen uns Aufgaben bezogen mit den nächst möglichen und dringend notwendigen Veränderungen am System selbst beschäftigen. Konzentrieren wir uns also auf Reformen. Und zwar grundsätzliche und keine der bisherigen politischen Winkelzüge und Experimente, die nicht einmal die Bezeichnung Reförmchen verdienen. Konzentrieren wir uns auf das Notwenige und Mögliche. Das Notwendige wird die schrittweise Beseitigung der Anarchie der Warenproduktion, der Überproduktion, der Verschwendung von Arbeitszeit und Ressourcen, der Ausbeutung und Erpressung sein müssen. Außerdem muß die Entstehung und Verwendung des Kapitals, dessen Manipulierung und politische Leitfunktion weitgehend unter staatliche Kontrolle gelangen.

20.

Erste Grundvoraussetzung für Reformen an dem neoliberalen Kapitalismus ist ein starker Staat. Um den zu schaffen, sind ausgehend von den Parlamenten neue Kräfteverteilungen und eine zwingende Abkehr von materiellen Verflechtungen mit den nicht demokratisch gewählten Machtverhältnissen notwendig. Die Abwendung von Gewalt zur Lösung politischer und wirtschaftlicher Probleme muß zur Staatsdoktrin werden. Sämtliche Verträge und Vereinbarungen mit Partnern, welche diese Entwicklungsrichtung nicht mitgehen wollen, müssen aufgekündigt und neue Partnerschaften geschaffen werden.

21.

In Vorbereitung auf solch tiefgehende Reformen und Veränderungen muß sich eine Opposition aus Veränderungswilligen zu einer Allianz zusammenschließen, welche über eigene Medien, Bildungseinrichtungen und Institute der Grundlagen- und angewandten Forschung verfügt. Mit deren Hilfe muß eine neue Generation von Führungskräften und ihrer Werkzeuge herangezogen werden. Die zeitliche Geduld für solche Maßnahmen wird sich auszahlen, weil dadurch tiefgreifende Kapitalismusreformen ohne menschliche und materielle Verluste möglich sind. Der Generationsstreit um Links-Mitte-Rechts, um Religionen und philosophische Auffassungen muß zugunsten einer Allianz der Veränderungswilligen ruhen.

Pfarrer Kurt Roth
Klein Partwitz
am 500. Jahrestag der Reformation

Ende Folge 2


Von adolfkurt

5 Gedanken zu „Die Gläubigen (2)“
  1. „Die einst funktionierende und gepriesene SOZIALe Marktwirtschaft wird seit dem Ende des Sozialismusexperimentes auf der Erde auf die Größe eines Feigenblattes zurückgefahren“

    Die ’soziale Marktwirtschaft‘ war Kapitalismus nach einem verheerenden Krieg. Es gab mehr Arbeit als die vorhandenen Arbeitkräfte leisten konnten. Daher standen die Menschen nicht im Wettbewerb um einen Arbeitplatz , sondern die Unternehmer im Wettbewerb um die Mitarbeiter, was zu relativ guten Löhnen führte. Die SystemKonkurrenz durch den Ostblock half da mit.
    Die Unternehmer und Manager glaubten, dass dies so bliebe – und taten etwas dagegen:
    Man holte ‚GastArbeiter‘ ins Land.
    50-Jahre-Migration
    (Suchbegtiff: Ludwig Erhard)
    Die Werber versprachen den zukünftigen ‚GastArbeitern‘ das ‚Blaue vom Himmel‘.
    Und die Menschen kamen, zügeweise Männer, übernächtig, zigarettengeselcht, mit Pappkoffer und Plastiksack, kaum Frauen.
    Die ‚GastArbeiter‘ wurden in die miesesten Unterkünfte gepfercht, Baracken, feuchte Kellerwohnungen, – und das zu unverschämt hohen Mieten.
    Die Österreicher und Deutschen sprachen mit ihnen ‚Kanaksprach‘ und schanzten ihnen die schlechtesten Arbeiten zu.
    Die ‚Gast‘-Arbeiter waren ‚Fremd‘-Arbeiter, behandelt als Menschen 2. und 3.Klasse, ‚Gäste‘ waren sie nicht – dabei kamen sie aus Ländern, in denen Gastfreundschaft viel galt – wer damals in Jugoslawien und Türkei war, weiß das.
    Wer in einer Baracke lebt, riecht danach, daher wurden die FremdArbeiter von den Einheimischen auch nicht eingeladen (integriert).
    Die FremdArbeiter suchten also Ihresgleichen und bildeten Parallelgesellschaften –
    2 Gesellschaften mit gegenseitiger Verachtung. Und diese gegenseitige Verachtung besteht auch heute noch.
    In Österreich und Deutschland war die ’soziale Marktwirtschaft‘ eine üble 2-KlassenGesellschaft und der Mensch ein Kostenfaktor genauso wie jetzt.
    Ein WirtschaftsSystem, in dem menschliche Arbeitskraft wie eine Ware gehandelt wird und die meisten Menschen ihre Abeitkraft auf dem ‚Abeits-Markt‘ anbieten müssen, um überleben zu können, so ein System ist menschenverachtend und instabil – und nicht eine Spur sozial.
    Menschenverachtend, weil dadurch der Mensch selbst zur ‚Ware‘ wird: gekauft zum Marktpreis, wenn gebraucht; abgestoßen(‚freigesetzt‘ ist eine beschönigende Umschreibung), wenn nicht gebraucht.
    Instabil, weil bei an sich belanglosen Störungen, z.B. Finanz- oder Polit-Krisen, viele Menschen arbeitslos werden können, was diese Menschen dann möglicherweise in ExistenzAngst bringt und in der Folge entweder trübsinnig oder ‚radikal‘ werden lässt.
    Das kanns für die Zukunft auch nicht sein,
    wir werden uns da doch etwas Intelligenteres ausdenken müssen *)

    Wie es zur Zeit der ’sozialen Marktwirtschaft‘ den Menschen im Ruhrgebiet ging, zeigt der Artikel:
    Zu blauen Himmeln
    (In China derzeit:
    Himmel über China
    Wie sich doch die Bilder gleichen –
    und wahrscheinlich auch die Geisteshaltung dahinter)

    ‚Soziale Marktwirtschaft‘ ist eine WortZusammensetzung wie ‚rundes Dreieck‘.
    ‚Sozial‘ kommt von Socius=Gefährte und ist gedanklich verbunden mit gemeinsamen Unternehmungen, Teilen (Nahrung und Zelt), Zusammenarbeit, gegenseitiger Ausgleich, gegenseitige Hilfe.
    Marktwirtschaft ist Wettbewerb(Konkurrenz), ‚Jeder gegen Jeden‘, Verdrängung des Schwächeren – und leider auch Täuschung und Betrug, z.B. durch irreführende Werbung

    *) DenkAnsätze für ein neues Gesellschafts- und Wirtschafts-System gibt es bereits seit geraumer Zeit.
    Falls da das ‚richtige‘ noch nicht dabei ist, so werden wir halt weitersuchen müssen…

  2. Hans Göd hat nur die eine These herausgegriffen: die Soziale Marktwirtschaft.
    Seine Sicht ist wohl die eines Altbundesdeutschen, allerdings eines von mir Hochgeschätzten.
    Ich möchte meine ostdeutsche Sicht dazugeben. Im Großen haben wir Übereinstimmung. Bei Einzelheiten gibt es Abweichungen. Und dann behaupte ich etwas, was man einmal beweisen sollte.

    Die ’soziale Marktwirtschaft‘ war Kapitalismus nach einem verheerenden Krieg<
    Entsprechend Göds Darstellung entwickelte sich die SM aus den Möglichkeiten und Notwendigkeiten das Nachkriegsaufschwunges und der Systemkonkurrenz mit dem Ostblock.

    Man kann nachlesen, daß die ersten Vorstellungen zu einer SM auf das Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückgehen. Dabei ging es nicht darum, daß > die Unternehmer im Wettbewerb um die Mitarbeiter (standen), was zu relativ guten Löhnen führte. < Die Absicht, die spätestens seit Karl Marx untersuchten Gebrechen des Kapitalismus zu mildern oder zu beseitigen, reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Dabei ging es nicht um Lohnerhöhungen allein, sondern um ein System von sozialen Leistungen und Sicherheiten. Nach der Oktoberrevolution in Rußland und der bürgerlichen Revolution in Deutschland (z.B. 3 Monate Räterepublik in Bayern) wollte man den Kapitalismus salon- und konkurrenzfähiger zum entstehenden Sozialismus machen. Diese Notwendigkeit verstärkte sich nach dem Sieg der Sowjetarmeen gegenüber Deutschlands. Man fürchtete das Erstarken der Sowjetunion und die Wirkung der neuentstandenen östlichen Länder unter sowjetischem Einfluß. Immerhin war es dem Westen in jahrzehntelanger Invasion und Sabotage, in einem kalten und heißen Krieg nicht gelungen, die Pflanze des Kommunismus zu beseitigen. 1945 wurde bereits von den Westalliierten ein neuer Kalter Krieg gegen den Ostblock ausgerufen. Der Marshallplan gab den Auftakt, dem Sozialismus einen um vieles stärkeren und erstrebenswerten Kapitalismus gegenüberzustellen. Nach dem Motto, ‚alles was du kannst, daß kann ich noch besser‘, übernahm der Westen das Fortschrittliche, was der im Aufbau befindliche Sozialismus im Programm hatte oder bereits praktizierte.
    Man sollte einmal die Reihenfolge der Reifeetappen der SM mit der DDR-Geschichte vergleichen. Sichtbar würde, daß soziale Verbesserungen in der BRD erst eingeführt wurden, nachdem in der DDR entsprechende überzeugende Erfolge nachweisbar waren und große Teile der BRD-Bevölkerung nach Veränderungen drängten. Natürlich kamen die Veränderungen dann entsprechend dem angeblichen Reichtum, immer etwas aufwendiger, größer, blendender. Ein Großteil westdeutschen ‚Errungenschaften‘ wurden durch die Arbeiterklasse, durch Streiks und die Opposition mühsam erkämpft. Das wurde dann alles als SM mit propagiert.
    Was eine SM ist und was alles dazu gehört, wurde bis heute nicht eindeutig definiert. Man läßt es offen. Es gab keine gesetzliche Grundlage dazu, außer das Attribut ’sozialer Staat‘ im Grundgesetz. Die soziale Komponente sollte sich nach dem gesellschaftlichen-politischen Bedürfnissen entwickeln. Denn SM ist sehr umstritten und konnte sich nur als Kriegslist gegen die Reglementierung und Einschränkungen der Macht und Freiheit der Unternehmen durchsetzen. Das Wort Kriegslist hat meines bescheidenen Wissens noch niemand zugegeben. Und so reifte das System bis zu dem Umfang, den wir Ostdeutschen 1989 / 1990 kennenlernten. Mit dem System der SM wuchsen die Ausbeutung der Dritten Welt und die Staatsverschuldung. Das ist statistisch nachweisbar.
    Die SM gab es nur in der BRD und in Österreich. Warum wohl?
    Ich habe aus dieser Zeit, wo man die SM erfolgreich als Waffe gegen die abgewirtschaftete DDR einsetzte, zwei Werbe- und Info-Bücher, die man für uns neuen Bundesbürger angefertigt hatte. Vergleiche ich die Aussagen und Grafiken mit der heutigen Situation, stelle ich nur wenige Änderungen fest. Man blieb bei den Begriffen. Aber man änderte ihren Inhalt. Und man neoliberalisierte, wo man konnte.

      Bedeutende negative Veränderungen sind zum Beispiel:

    • Obwohl die Arbeitsproduktivität in den Unternehmen sich seitdem in bisher unvorstellbarer Weise erhöhte, wurde die Arbeitszeit nicht verringert, sondern stieg größten Teils wieder (bei gleichem Lohn; von 38,5 bzw.35 Std Woche auf 40 und mehr) und wurden die Löhne nicht über die Inflationsrate hinaus erhöht. Der Effekt des wissenschaftlich-technischen Fortschritts floß fast ausschließlich in die Töpfe der Mächtigen.
    • Die Arbeitsmarktreform mit Einführung Harz IV u.a. minderte die sozialen Leistungen des Staates und der Versicherungen.
    • Die Lohnnebenkosten und damit eine Palette von Sozialleistungen wurden reduziert.
    • Das Rentensystem, von Fürst Bismarck als eine der ersten sozialen Maßnahmen des Kapitalismus eingeführt, wurde Teilprivatisiert und damit dem Profit und Risiko von Unternehmen zugeschoben.
    • Zuzahlungen bei Inanspruchnahme versicherter Leistungen im Gesundheitswesen / Herausnahme diverser ehemaliger Versicherungsleistungen aus den Verträgen
    • Kein Außenwirtschaftliches Gleichgewicht; schädlicher Exportüberschuß
    • Die Berufsausbildung wurde weiter vernachlässigt; man erwartet Anwerbung gut ausgebildeter Flüchtlinge
      Was mit der bundesdeutschen SM niemals oder nur teilweise eingeführt wurde (nur Beispiele):

    • Gleicher Lohn für gleiche Leistung / Gleichberechtigung Mann und Frau
    • Haushalttag für berufstätige Frauen
    • Bildung ohne Kostenbeteiligung
    • Sicherung des Grundbedarfs durch Subventionen für Wohnen, Nahrung, Kleidung, Bildung, Kultur
    • Subventionierte Leistungen der Unternehmen wie Werkküchenessen, Urlaubsplätze u.a.

    ‚Soziale Marktwirtschaft‘ ist eine WortZusammensetzung wie ‚rundes Dreieck‘.<
    Das fand ich sehr Interessant. Doch beim Nachdenken und Nachschlagen stellte ich fest:
    Ich finde in der Wikipedia, die ja leider nicht immer als objektives Nachschlagewerk angesehen werden kann, in unserem Fall doch eine mir einleuchtendere Definition:

    Das Adjektiv sozial, von französisch social und lateinisch socialis, ist ein Synonym zu „gesellschaftlich“ und im erweiterten Sinn zu „gemeinnützig, hilfsbereit, barmherzig“<<

      Mein Fazit zur SM:

    • SM war eine Kriegslist im Kalten Krieg, welche dem Sozialistischen Weltsystem erfolgreich ein Fata-Morgana-Land vorgespielte, einen Wohlstand und eine soziale Sicherheit, dies sich in‘ Friedenszeiten‘ niemand leisten kann, ohne Schulden zu machen und auf Kosten anderer zu leben. Deshalb ist ein vorsichtiger und steter Rückbau seit 25 Jahren aus der Sicht der Mächtigen notwendig.
    • SM harmoniert nicht mit einem Neoliberalismus, denn sie erfordert einen ‚Starken Staat‘, der sich gegen die Auswüchse kapitalistischer Ausbeutung und Verschwendung durchsetzt und für eine proportionale Volkswirtschaftsentwicklung sorgt.
    • SM ist für mich die einzige Alternative, um im Kapitalismus soziale Sicherheit, harmonisches Miteinander, Vermeidung von Extremen und ein friedliches Leben der Völker zu ermöglichen.

    Mit freundlichen Grüßen Jürgen

    1. @Jüergen Köhler

      Wir sind so gleicher Meinung, dass die Abweichungen nicht beredenswert sind.

      „Was eine SM ist und was alles dazu gehört, wurde bis heute nicht eindeutig definiert. Man läßt es offen.“
      Ja.
      Wer heute in der BRD oder Österreich von ’sozialer Marktwirtschaft‘ spricht, meint üblicherweise die Zeit von 1945 bis etwa 1975 – warum, das zeigt das Schaubild
      http://www.members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Archiv/Wirtschaft/WirtDatD.jpg
      Diese Zeit habe ich in einem empfindsamen Alter erlebt,
      weiß daher, dass das alles ein Lügen-Märchen ist – deswegen reagiere ich da auch so sauer.
      In der Zeit der ‚SM‘ wurde der Grundstein gelegt für die Probleme, die wir heute mit einem Teil unserer türkisch-stämmigen Mitbürger haben.
      Die jetzige FlüchtlingsKrise wird das Problem wahrscheinlich noch verschärfen …

      „Die SM gab es nur in der BRD und in Österreich. Warum wohl?“
      Weil BRD und Österreich U$-‚FrontStaaten‘ gegen die UdSSR waren – das unterstellen Sie als richtige Antwort, nehme ich an.
      Ja, dasselbe gilt auch für Taiwan und Süd-Korea. Denen geht es wirtschaftlich relativ gut, weil sie U$-‚FrontStaaten gegen China sind.
      Dass diese Staaten von den U$A auch als Schlachtfeld für …- lassen wir das lieber.

      Als Österreicher habe ich die Deutsche WiederVereinigung als Aussenstehender gesehen und es sah mir sehr nach ‚feindlicher Übernahme‘ aus – Kapitalismus eben.

      „SM ist für mich die einzige Alternative, um im Kapitalismus soziale Sicherheit, harmonisches Miteinander, Vermeidung von Extremen und ein friedliches Leben der Völker zu ermöglichen.“
      Da haben wir die einzige Abweichung in unserer Meinung, die diskutierenswert wäre.
      Ich sehe im Kapitalismus das zerstörerischte System, das die Menschheit je hatte, und lehne den Kapitalismus als nicht zukunftsfähiges System ab .

      Mit freundlichen Grüßen
      HG

  3. Hallo Heinz Göd!
    Es freut mich sehr, daß wir nur die eine Abweichung zu unseren bis jetzt bekannten Meinungen haben. Und selbst diese ist beim ersten drüberwegsehen eigentlich keine.

    Ich sehe im Kapitalismus das zerstörerischste System, das die Menschheit je hatte, und lehne den Kapitalismus als nicht zukunftsfähiges System ab < schreiben Sie und ich denke auch so.
    Mein Wortlaut – hier als Gegenüberstellung – geht allerding von einer anderen Betrachtung aus, der Sie sich vielleicht anschließen können:
    SM ist für mich die einzige Alternative, um im Kapitalismus soziale Sicherheit, harmonisches Miteinander, Vermeidung von Extremen und ein friedliches Leben der Völker zu ermöglichen.<
    Die SM ist an die einzige Bedingung geknüpft: Sie funktioniert nur, wenn der Staat stärker ist als die animalischen, anarchischen Triebkräfte des Kapitalismus, also wenn der Staat bremsend in die Auswüchse der Macht und Gier kapitalistischen Wirtschaftens eingreift und für eine sozial gerechte Verteilung des erarbeiteten Mehrwertes sorgt. Wenn der Staat und damit die Demokratie dieses wilde Tier noch solange im Zaume hält, bis uns Menschen eine bessere Form die Gesellschaft möglich ist.
    Ich bin dafür, jetzt alle Kraft zur Stärkung des Staates einsetzten. Gemeint ist nicht die Stärkung durch Polizei und Antiterror, gegen unliebsame Demonstranten und Andersdenkende, gegen eine freies Internet und Volksunwillen. Gemeint ist ein Staat, welcher das Mitwirken der Mächtigen am Regierung, die Bestechung und Manipulierung ausschaltet und sich durchsetzt für eine gerechte, soziale Gesellschaft.
    Unser Ziel sollte auch sein: Wir arbeiten primär für eine hohe Lebensqualität auch der unteren Schichten und sekundär, schaffen wir dies durch eine optimale Arbeitsleistung. Das ist eine ganz andere Lebensauffassung, als eine Gewinnmaximierung, um welchen Preis auch immer.
    Also statt einer Gewinnmaximierung muß der starke Staat eine Gewinnoptimierung durchsetzen. Für die Optimierung sind nach die Formel; Hauptbedingung = Gewinn; Nebenbedingungen sind z.B Soziale Sicherheit > als bisher; Umweltverträglichkeit > als bisher; Ressourceninanspruchnahme < als bisher; usw.. Auch diese Bewertung der Unternehmen in Rahmen der Steuer- und Abgabepflichten würde den Kapitalismus wesentlich von seinen bisherigen Nachteilen befreien.

      Natürlich wäre eine andere Gesellschafts- und Wirtschaftsform, als die kapitalistische, notwendig und wahrscheinlich besser. Es gibt aber leider noch keine wissenschaftlich entwickelte und begründete Vorstellung davon. Was wir unter Sozialismus bisher verstanden haben, hat sich aus mehreren Gründen nicht durchsetzen können.

    • Der Sozialismus wurde von Anbeginn 1917 in sehr wirkungsvollen heißen und kalten Kriegen, militärisch, geheimdienstlich und psychologisch massiv bekämpft und konnte sich nie ungestört entwickeln. Das spricht dafür, das Experiment noch einmal, dieses Mal ohne eine feindliche Gegnerschaft, zu versuchen. Marx ging ja davon aus, daß auf der Erde umfassend der Sozialismus aufgebaut wird – Proletarier aller Länder vereint euch! Doch das war und ist leider nicht möglich. Es ist auf eine große Zeitspanne hinaus, nicht realisierbar.
    • Ein zweiter Grund, den Sozialismus oder wie das den Kapitalismus ablösende System heißen soll, nicht in ähnlicher Art einzuführen, ist seine historische Überlebtheit, besonders in den Details, die für sein Entstehen und Bestehen zugrunde gelegt waren. Beispiele: Es gibt die Arbeiterklasse nicht mehr, die nichts zu verlieren hat, als ihre Ketten. Der allgemeine Wohlstand läßt die Menschen keine Risiken mehr eingehen; man hat je etwas zu verlieren und es ist besser, es bleibt, wie es ist.
    • Die Menschheit ist überinformiert-totinformiert-falschinformiert usw., zerstritten und politisch- gesellschaftlich uninteressiert, in Moral und Ethik degeneriert, unorganisiert. Es gibt kein Programm, wie man die Machtverhältnisse revolutionär verändern und jahrzehntelang halten kann.
    • Viertens haben sich die Mächtigen ihr System so ausgebaut, daß wir Veränderungswilligen keine Chance haben, etwas grundsätzlich zu ändern. Auf demokratischen Weg wird keine Systemveränderung akzeptiert und nach dem Beispiel Chile / Pinochet / CAI rückgängig gemacht. Und mit Gewalt etwas Grundsätzliches verändern zu wollen, ist angesichts der heutigen Technik völlig unmöglich. Die Veränderungswilligen verfügen über keine Medien, keine militärischen Mittel und über keine für diesen Zweck ausgebildeten Fachleute.

    Fazit: Während wir viele Varianten und Möglichkeiten zukünftiger Entwicklungen diskutieren, läuft uns die Zeit davon. Wir müssen den Mächtigen jetzt, sofort die Flügel beschneiden, damit sie wenigstens auf dem Boden der Realität bleiben und eine unter den gegebenen Verhältnissen menschenfreundliche Politik verfolgen.
    Solche Vorstellungen dazu habe ich besonders in dem Roman Die Gläubigen dargestellt. Dies geschah so,, daß es nicht nur die Fachleute, sondern auch einfache, für politisches Denken gewinnbare Leute lesen sollen. Ich habe also in eine Unterhaltung etwas Nachdenken eingemischt. Dabei ist mir nicht so wichtig, ob meine Gedanken richtig sind, sondern daß das Nachdenken gefördert und etwas getan werden muß, jetzt schon, auch wenn wir noch keinen demokratischen Sozialismus oder etwas anderes haben. Beachten wir endlich: Es gibt keinen luftleeren Raum; wo wir nicht sind, können die Mächtigen ihr zum Teil dem Wahnsinn nahes Wesen treiben. Und wir haben diesen Negativkräften zuviel Freiraum und sie zu lange schon unbeaufsichtigt herrschen lassen.

    Wir sollten also deshalb vorerst alle Kraft dafür einsetzen, um wenigstens das zu retten und wieder aufzubauen, was den Kapitalismus menschlicher gemacht hatte und was seit 1990 systematisch abgebaut wurdet.
    Wir brauchen einen Staat, der sich gegen die Mächtigen durchsetzt, der aus der Nato austritt und sich als neutraler Staat erklärt usw.. Und so etwas muß gründlich vorbereitet und im Handstreich nach jahrelanger, intensiver Vorarbeit in einem Netzwerk, was die Veränderungswilligen fast im Untergrund, auf jeden Fall unbemerkt betreiben, umgesetzt werden.

    Ich achte ihre Sammlung an Ideen und Vorstellungen zu Veränderungen. Großartig, umfangreich, phantastisch. Vielleicht beteilige ich mich mit an der Sammlung. Trotzdem keine Abwertung ihrer Arbeit, aber eine kritische Äußerung dazu: Für mich sind es zu viele Details, die erst einmal nichts bewirken können, weil die Frage nicht beantwortet ist, was als Nächstes zu tun ist und wie wir unsere Ideen umsetzen.
    Meine Vorstellungen dazu habe ich oben geäußert: Arbeitsgruppen, Forschungsteams und reguläre Unternehmen müssen sich der vielen Ideen annehmen und an ihrer Realisierbarkeit arbeiten.
    Nur ein Beispiel: Grundeinkommen
    Das ist eine Maßnahme, deren Einführung revolutionär den Kapitalismus verändern würde. Es verlohnt sich also, hier Forschungsarbeit zu investieren. Die Zielstellung sollte tiefer gefaßt werden:
    Der Staat sichert materiell die Menschenpflichten und Menschenrechte ab.
    Erstens durch die Pflicht zur Arbeit, indem er jeden Bürger verpflichtet, der dazu in der Lage ist, eine wertschaffende oder werterhaltende Arbeit und damit seinen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Das bedeutet, daß der Staat durch entsprechende Maßnahmen für jeden arbeitsfähigen Bürger einen Arbeitsplatz sichert.
    Zweitens, indem er jeden Bürger des Landes eine materielle Grundlage gibt, womit er sich seine Menschrechte an Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung und Kultur sichern kann.

      Beispiele aus der DDR, welche 40 Jahre lang durch Preisstützungen und Subventionen folgendes garantierte;

    • 1.600 kcal Nahrung je Tag und Person kostenlos
    • 17 m2 Wohnfläche je Person; das heißt, von den 26 m² WF je Einwohner sind 16 m² kostenlos.
    • 1,1 Kwh je Tag und Person kostenlos
    • 250 l Wasser je Tag und Person kostenlos.

    (Diese Zahlen sind aus dem Statistischen Jahrbuch 1990 als Durchschnittswerte errechnet oder geschätzt/ JK)
    (Über so etwas hört und liest man natürlich in der Bundesrepublik Deutschlands nichts. Und auch die DDR war unfähig, die soziale Sicherheit psychologisch im Kalten Krieg zu vermarkten. Man dachte wahrscheinlich, das weiß doch Jeder.)

    Diese Menschenrechte sind abhängig vom den Möglichkeiten, die sich aus dem gesamtvolkswirtschaftlichen Produkt- und Gewinnverhältnissen ergeben. Sie werden also je Nation und je Zeitraum unterschiedlich sein. Es bedarf eine völlig neuen volkswirtschaftlichen Struktur der Einkommens- und Verteilungsverhältnisse, der Steuern und Abgaben, der Preise (Mehrwertsteuer)und sozialen Sicherung, des Rentensystems, der rechnergestützten automatischen Aktualisierung und vielem anderen. Da sind Regelwerke zu schaffen und durchzurechnen, auf Havarie Möglichkeiten und Alternativen hin zu untersuchen. Also ein gewaltiges Vorhaben, daß wir als Opposition vorantreiben müssen. Die Mächtigen haben nicht nur kein Interesse daran, sie werden es vielfach sogar sabotieren.

    Mit freundlichen Grüßen: Jürgen Köhler

    1. Hallo Jürgen Köhler

      „Es freut mich sehr, daß wir nur die eine Abweichung zu unseren bis jetzt bekannten Meinungen haben.“
      Die Abweichung war, weil ich Sie missverstanden habe.
      Ja, ein neues Gesellschafts- und Wirtschafts-System sollte aus dem bestehenden zwanglos herauswachsen – als Weiterentwicklung der Menscheit.
      1992 glaubte ich noch, einen gangbaren Weg zu wissen
      http://www.members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Zukunft/2069Buch/2069D_21.html#Die%20,,Gro%DFe%20Umgestaltung“
      Habe damals an UNO, Weltbank, Nobelpreis-Träger usw, geschrieben: Reaktion 0.
      China ist einen anderen Weg gegangen.

      „Für mich sind es zu viele Details, die erst einmal nichts bewirken können, weil die Frage nicht beantwortet ist, was als Nächstes zu tun ist und wie wir unsere Ideen umsetzen.“

      Zweifellos richtig.
      Für die jetzige Lage bin ich ratlos.
      Die Erfahrungen in 25 Jahren sind auch nicht ermutigend.
      Ped schreibt in
      http://peds-ansichten.de/2016/05/der-council-on-foreign-relations-und-das-grand-area/
      „Erst wenn diese schweigende Mehrheit ihr Phlegma überwindet, ist eine grundsätzliche Änderung der Politik im Großen vorstellbar.“

      Zweifellos richtig.
      Es ist für mich aber nicht das geringste Anzeichen sichtbar, dass diese schweigende Mehrheit ihr ‚Phlegma‘ überwindet – ich sehe nur zunehmende Hysterie.

      „Wir brauchen einen Staat, der sich gegen die Mächtigen durchsetzt, der aus der Nato austritt und sich als neutraler Staat erklärt usw.. Und so etwas muß gründlich vorbereitet….“

      Ja, bis hierher volle Zustimmung.

      „… und im Handstreich nach jahrelanger, intensiver Vorarbeit in einem Netzwerk, was die Veränderungswilligen fast im Untergrund, auf jeden Fall unbemerkt betreiben, umgesetzt werden.“

      ‚ein Netzwerk unter der Decke‘, mag sein, dass er nur so geht, aber mir geht das gegen den Strich –
      ich bin für offenen Wettstreit der Argumente, aber das verfängt heutzutage erfahrungsgemäß nicht.

      „Meine Vorstellungen dazu habe ich oben geäußert: Arbeitsgruppen, Forschungsteams und reguläre Unternehmen müssen sich der vielen Ideen annehmen und an ihrer Realisierbarkeit arbeiten.“

      Ja, vollkommen einverstanden.
      Das habe ich schon 1992 vorgeschlagen, siehe obigen Link („Die große Umgestaltung“).
      Damals wäre es noch halbwegs locker gegangen.
      Jetzt brennt es an allen Ecken und Enden – im wahrsten Sinn des Wortes.
      Die meisten Betriebe kämpfen in einem globalisierten Konkurrenzkampf ums Überleben. Die Staaten sind bankrott. Die Hochschul-Institute sind bereits von privaten Geldgebern abhängig in ihrer Forschung. Die Geldgeber sind an einer Änderung des Systems zu ihren Ungunsten nicht interessiert. Die Zeitungen sind in der Hand der Groß-Kapitalisten und tröten deren Agenda in die Welt.
      Die pensionierten Techniker, Wissenschaftler … verkriechen sich – bis auf wenige Ausnahmen – hinterm Ofen.
      Meine Webseite ist schon fast 20 Jahre im Netz, aber Mitarbeit hat noch niemand angeboten.
      Die Broschüre „2069“ habe ich in den 1990-ern an UNO, Weltbank, Akademie der Wissenschaften, NobelpreisTräger-Tagung, …verschickt: Reaktion 0.
      Vielleicht habe ich die zündenden Worte nicht gefunden 🙂

      Wir unterscheiden uns in Meinung und Vorstellungen nur geringfügig –
      mir ist es nicht gelungen, die Menschen hinterm Ofen hervorzulocken,
      vielleicht sind Sie geschickter.

      Freundliche Grüße
      HG

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